Lebensdaten
1796 – 1850
Geburtsort
Oberdreis (heute Puderbach, Landkreis Neuwied)
Sterbeort
Gießen
Beruf/Funktion
Germanist ; Staatswissenschaftler
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 119133725 | OGND | VIAF: 12558803
Namensvarianten
  • Schmitthenner, Friedrich Jakob
  • Schmitthenner, Friedrich
  • Schmitthenner, F. J.
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Schmitthenner, Friedrich Jakob, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119133725.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus d. Oberhonnefelder Linie e. nassau. Offz.- u. Pfarrerfam., d. seit Philipp ( 1674), Schlosserknecht u. Bürger zu Herborn, S d. David Schmit, Bauer u. Ger.schöffe in Eibelshausen, nachweisbar ist;
    V Johann David Jakob (1769–1835), Pfarrer in Dierdorf, O. u. Urbach (Westerwald), S d. Johann Jakob (1731–1802), Pfarrer am Schloß in Neuwied u. überhonnefeld, u. d. Katharina Margarethe Becker (1739–1809);
    M Anna Katharina ( 1837), T d. Johann Wilhelm Jung, Chirurg in Dierdorf;
    Ur-Gvv Johann Philipp (1693–1772), Pfarrer in Grüningen (Solms), Hofprediger in Braunfels, geistl. Insp. in Wölfersheim (Wetterau);
    Dillenburg 1820 Christiana (1797–1848, luth.), T d. August Wilhelm Frhr. v. u. zum Canstein (1765–1848), nassan. Geh. Kammerrat zu Dillenburg, u. d. Friederike Sofie Christiane v. Cochenhausen (1765–1841);
    3 S Karl (* 1822), emigrierte 1855 nach Chile, Arzt in Valparaiso, Alexander (1825–46), Accessist in Friedberg (Hessen), Fritz (* 1832), emigrierte als Student in d. USA, 1 T Thekla (* 1821, Karl Zimmermann);
    E Emma (* 1863), in La Serena (Chile); Verwandte Paul (s. 2), Heinrich (s. 3).

  • Biographie

    S. besuchte das Gymnasium in Idstein und studierte seit 1813 in Marburg, Göttingen und Gießen Medizin, Philosophie und Theologie. 1815 erhielt er seine erste Pfarrstelle in Dierdorf (Wied), im Folgejahr wechselte er nach Dreifelden (Nassau). S., der sich mehr zur Wissenschaft als zum Pfarramt hingezogen fühlte, war zunächst im nassau. Schuldienst tätig und wurde 1819 Prorektor des Pädagogiums in Dillenburg, 1827 Prorektor in Wiesbaden, 1828 Schulinspektor und Seminardirektor in Idstein. 1828 wurde er in Gießen zum Dr. phil. promoviert und dort auch zum Professor der Geschichte berufen. Seit 1832 versah er eine Stelle als Oberschulrat in Darmstadt, 1835 kehrte er als Professor der Staats- und Kameralwissenschaften nach Gießen zurück, wo er bis zu seinem Tod lehrte (Rektor 1836/37). 1841-47 war er Mitglied der II. Kammer der Landstände von Hessen-Darmstadt.

    Das wissenschaftliche Interesse S.s galt der Sprachwissenschaft. Er war 1817 Mitbegründer des „Frankfurter Gelehrtenvereins für Dt. Sprache.“ Sein bekanntestes Werk ist die 1826 erschienene „Ursprachlehre“ (Nachdr. 1976). S. stellte darin die Theorie einer „indisch-teutschen“ Ursprache auf. In Anlehnung daran entstand der Begriff „indogermanisch.“ Von der Mehrheit der Germanisten wurden S.s Theorien abgelehnt; das Verhältnis S.s zu den Gebrüdern Grimm war von methodischen Meinungsverschiedenheiten geprägt, die ihren Ausdruck in wechselseitigen kritischen Rezensionen fanden. S. verfaßte auch Gedichte, einen Roman und Übersetzungen aus dem Englischen, die allerdings wenig Beachtung fanden.

    Etwa seit 1835 wandte sich S. der Staatswissenschaft zu. An die christliche Staatslehre von Friedrich Julius Stahl anknüpfend, stand er zunächst in der Tradition enzyklopädisch betriebener Staatswissenschaft und konzipierte „Zwölf Bücher vom Staate oder systematische Enzyklopädie der Staatswissenschaften“ (I, 1839, III, 1843, Neudr. 1967). Der nur aus dem siebten Buch, den „Grundlinien des allgemeinen oder idealen Staatsrechts“ bestehende dritte Band, fand die größte Resonanz. S. entwickelte hier eine konstitutionelle Staatslehre und ein geschlossenes juristisches System. Für S. war der Staat ein sittlicher Organismus und Voraussetzung jedes Handelns seiner Mitglieder, zugleich aber eine juristische Person. Indem S. zwischen formellen und materiellen Staatsaufgaben differenzierte, leistete er eine wichtige Vorarbeit für die im dt. staatsrechtlichen Positivismus bedeutsame Unterscheidung von Gesetz im materiellen und formellen Sinne. Methodisch steht der politisch rechtsliberale S. damit zwischen traditionellem Konstitutionalismus und spätkonstitutionellem Positivismus; unmittelbar auf S. beriefen sich später etwa Georg Jellinek, Georg Meyer und Albrecht Hänel. Kritiker, insbesondere Otto Mayer, warfen ihm begriffliche Willkür vor. In der Staatsrechtswissenschaft der frühen Bundesrepublik betonten insbesondere Henning Zwirner, Herbert Krüger und Ernst-Wolfgang Böckenförde S.s Bedeutung für den modernen Staatsbegriff. Durch seine germanistische Herkunft habe S.|zu „begriffsanalytischer Betrachtung und epigrammatischer Forschung“ geneigt und so „einige gültig gebliebene Begriffe“ entwickelt (H. Zwirner); dazu zählen der öffentlichrechtliche Vertrag und das Gewaltenverhältnis, die an seinen „organischen Vertrag“ und die „Subjektionsverhältnisse“ anknüpfen. Vereinzelt wurde auch der Begriff des besonderen Gewaltverhältnisses auf S. zurückgeführt.

  • Auszeichnungen

    Geh. Reg.rat (1835);
    Dr. iur. h. c. (Gießen).

  • Werke

    Weitere W Dt. Schreibungslehre, 1821;
    Elementarbuch d. dt. Sprache, 1823;
    Gesch. d. Deutschen, 1824;
    Teutonia, oder Ausführl. dt. Sprachlehre, 1828;
    Kurzes dt. Wb. f. Etymol., Synonymik u. Orthogr., 1834, ³1857-71 in 3 Bdn. u. d. T. Dt. Wb., bearb. v. F. L. K. Weigand;
    Die Main-Weser-Eisenbahn, Staatswiss. Gutachten, 1838;
    Die Culturvfg. v. Nassau, Hessen-Darmstadt u. Rheinpreußen, gerechtfertigt gegen d. Verläumdungen d. Hofraths Thiersch in München, 1839;
    Über Pauperismus u. Proletariat, 1848.

  • Literatur

    ADB 32;
    K. W. Justi, Grundlage zu e. Hess. Gel.-, Schriftst.- u. Künstlergesch., 1831, Nachdr. 1929, S. 590-94 (W-Verz. bis 1831);
    W. Roscher, Gesch. d. Nat.-Ökonomik in Dtld., 1874, S. 937-42;
    Stintzing-Landsberg III/2;
    Hdvvb. d. Staatswiss., ⁴1926 (W-Verz., ältere L);
    G. Meyer, Der Begriff d. Gesetzes u. die rechtl. Natur d. Staatshaushaltsetats, in: Grünhuts Zs. VIII, 1881, S. 17 f.;
    A. Haenel, Das Gesetz im formellen u. materiellen Sinn, in: Stud. z. Dt. Staatsrechte II, 1888, S. 99 ff.;
    O. Maver, Dt. Verw.recht 1, 1895, S. 77;
    G. Jellinek, Allg. Staatslehre, ³1913, S. 609;
    H. Henkel, F. J. S., Ein Btr. z. Gesch. d. Staats- u. Ges.lehre in d. 1. Hälfte d. 19. Jh., Diss. Gießen 1929;
    H. Zwirner, Pol. Treupflicht d. Beamten, Diss. Göttingen 1956 (Buchausg. 1987), bes. S. 92-94;
    E.-W. Böckenförde, Gesetz u. gesetzgebende Gewalt, 1958, bes. S. 106-11;
    H. Krüger, Allg. Staatslehre, ²1964, bes. S. 83, 551, 689, 788, 796;
    H. Brandt, Landständ. Repräsentation im dt. Vormärz, 1968, S. 55, 201, 214;
    H. Boldt, Dt. Staatslehre im Vormärz, 1975, bes. S. 91 f.;
    H.-G. Ruppel u. B. Groß, Hess. Abgeordnete 1820-1933, 1980, S. 233;
    W. Loschelder, Vom besonderen Gewaltverhältnis z. öff.rechtl. Sonderbindung, 1982, S. 55 ff.;
    K. Kröger, F. S.s Bedeutung f. d. dt. Staatsrechtslehre, in: FS E. Stein, 1983, S. 171-80;
    ders., Einf. in d. jüngere dt. Vfg.gesch. (1806–1933), 1988, S. 47 f.;
    L. Deneke, Wilhelm u.Jacob Grimmgegen F. S., Eine bisher unbek. Rez. u. ihre Folgen, in: Brüder Grimm Gedenken, VII, 1987, S. 1 ff.;
    M. Stolleis, Gesch. d. öff. Rechts in Dtld., II, 1992, bes. S. 182 ff.;
    F. E. Schnapp, F. S., Ahnherr d. besonderen Gewaltverhältnisses?, in: FS H.-U. Erichsen, 2004, S. 231-43;
    Nassau. Biogr.;
    Goedeke X;
    I. Seemann, in: Internat. Germanistenlex. (W. L);
    Lex. Grammaticorum;
    zur Fam.:
    J. H. A. Schmitthenner, Geneal. d. Fam. S., 1884;
    Forts. in: Dt. Fam.archiv V, 1956, S. 241 ff.;
    eigene Archivstudien:
    Univ.archiv Gießen (dort auch Personalakte mit Berufungsgesch.).

  • Porträts

    Photograph. Reproduktion e. Lith., nach 1828/vor 1850 (Gießen, Univ.archiv);
    Kupf., in: Die Stände d. Ghzgt. Hessen auf d. X. LT zu Darmstadt 1844/45.

  • Autor/in

    Martin Otto
  • Zitierweise

    Otto, Martin, "Schmitthenner, Friedrich Jakob" in: Neue Deutsche Biographie 23 (2007), S. 245-246 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119133725.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Schmitthenner: Friedrich Jacob S., Grammatiker und Lexikograph, Nationalökonom und Staatsrechtslehrer. Er wurde als der Sohn eines Pfarrers zu Oberdreis im Fürstenthum Wied am 17. März 1796 geboren und erhielt seine Jugendbildung im Vaterhause und auf dem Idsteiner Gymnasium. Im Frühjahr 1813 bezog er die Universität Marburg, die er nur vorübergehend — im Sommer 1815 — mit Gießen vertauschte. Er begann mit dem Besuche medicinischer Vorlesungen, aber, durch Privatstudium zu einem eifrigen Anhänger der Schelling’schen Philosophie geworden, wandte er sich der philosophischen|Facultät zu, um schließlich im Studium der Geschichte die größere Befriedigung zu finden. In wiedrunkelischen und, nach kurzer Soldatenzeit, in nassauischen Diensten war er seit 1815 Rector, Pfarrer, Prorector (erst in Dillenburg, dann in Wiesbaden), Seminardirector (in Idstein), behielt aber immer als höheres Ziel die akademische Laufbahn vor Augen, in die er schließlich 1828 als Professor der Geschichte in Gießen eintreten durfte. Der Ludoviciana hat er dann auch mit einer Unterbrechung von drei Jahren, die er als Oberstudien- und Oberschulrath in Darmstadt zubrachte (1832—1835), als einer ihrer meistgehörten und einflußreichsten Lehrer angehört bis zu seinem Tode: am 19. Juni 1850. Schon seit 1830 behandelte er in seinen Vorlesungen neben der Geschichte auch die Staatswissenschaften und nach der Rückkehr aus Darmstadt vertauschte er die historische Professur mit einer solchen des Staatsrechts und der Nationalökonomie. Die letzten 15 Jahre seines Lebens waren litterarischer wie praktischer Arbeit auf diesem Gebiete gewidmet; die öffentlichen Angelegenheiten des engern und weitern Vaterlandes fanden an ihm einen sachkundigen Beurtheiler und energischen Vertreter, der in wirthschaftlichen und Verwaltungsfragen von entscheidender Bedeutung durch Rede und Schrift wirkte und sich in mehrfachen Vertrauensstellungen die Dankbarkeit vor allem auch der Stadt Gießen erworben hat.

    Schmitthenner's litterarische Thätigkeit ist eine ungemein rege und vielseitige gewesen. Poetische Jugendversuche werden abgelöst durch Lehr- und Handbücher der deutschen Sprache und Geschichte, dann folgen Werke von wissenschaftlicher Haltung und wissenschaftlichen Ansprüchen über deutsche und vergleichende Grammatik, deutsche Lexikographie und Etymologie, die etwa das Jahrzehnt von 1825 bis 1835 beherrschen und schließlich größeren systematischen wie kleineren praktischen Arbeiten staatsrechtlicher und volkswirthschaftlicher Richtung den Platz räumen. Im ganzen vollzieht sich in ihm ein Uebergang von naturphilosophischer zu historischer und weiterhin zu praktisch-empirischer Auffassung, ohne daß jedoch die philosophische Speculation und historische Construction je vollständig überwunden werden.

    Unter seinen sprachwissenschaftlichen Arbeiten verdienen drei besonders genannt zu werden: „Ursprachlehre. Entwurf zu einem System der Grammatik mit besonderer Rücksicht auf die Sprachen des indisch-teutschen Stammes“ (Frankfurt 1826); „Teutonia. Ausführliche Teutsche Sprachlehre, nach neuer wissenschaftlicher Begründung“ (Frankfurt 1828), und sein „Kurzes deutsches Wörterbuch für Etymologie, Synonymik und Orthographie“ (Darmstadt 1834), das in der zweiten Auflage (1837) von 360 auf 573 Seiten anwuchs und später von Schmitthenner's Schüler Weigand umgearbeitet, zuletzt in dessen eigenem Werke ganz aufgegangen, den Namen des Verfassers in den Kreisen der Germanisten fast allein lebendig erhalten hat. Schmitthenner's linguistische Leistungen fallen zeitlich dicht vor die großen Hauptwerke Bopp's und Pott's, welche sein System der vergleichenden Grammatik wie seine etymologischen Grundsätze überholt und bei Seite geschoben haben. Immerhin verdiente seine „Ursprachlehre“ eine historische Würdigung, die vielleicht doch mehr bleibendes Verdienst aufdecken würde, als nur das in Pott's Umformung ("indogermanisch") fortlebende Wörtchen „indisch-teutsch“. S. steht mit seiner Sprachbetrachtung etwa in der Mitte zwischen dem philosophischen Standpunkt K. F. Becker's und dem historischempirischen Jacob Grimm's. Oder richtiger: er will einen solchen Mittelweg einschlagen, bleibt aber thatsächlich trotz allem sprachhistorischen Aufputz der philosophischen Grammatik eng zur Seite. Der Grammatiker braucht nach ihm eine gründliche philosophische Bildung, er darf freilich auf kein philosophisches System schwören; die Grammatik muß ein auf philosophischen Principien entwickeltes|System bieten, aber sie muß ihre Sätze „mit dem Zeugniß der Geschichte ausstatten"; sie soll auf die Grundsätze der Logik gebaut, aber zugleich historisch und vergleichend gestützt sein. Die Psychologie kommt bei ihm nicht zu ihrem Rechte, und die Sprachgeschichte wird auch nur willkürlich und nach Opportunität herangezogen. Ueberdies fehlt es S. für die „Altsprache“ zwar nicht an Belesenheit, wohl aber an gründlichem Studium. In der Etymologie ist er zuweilen glücklich, oft geistreich, aber fast immer willkürlich.

    Aehnliche Mängel wie seine grammatischen zeigen nach dem Urtheile Berufener, denen ich hier folge (Bluntschli, Roscher), auch seine staatsrechtlichen und volkswirthschaftlichen Arbeiten und Erörterungen, in denen sich übrigens der Etymologe von Passion oft genug verräth. Sein Hauptwerk auf diesem Gebiete, die „Zwölf Bücher vom Staate oder systematische Encyclopädie der Staatswissenschaften“. ist unvollendet geblieben (erschienen ist Bd. 1 und Bd. 3, Gießen 1839 u. 1845). Auch hier beherrscht ihn das Streben, historische und philosophische Methode zu einem „geschichtlich-organischen Verfahren“ zu vereinigen. Auf der einen Seite wird die Möglichkeit bestritten, das Wesen eines organischen Systems, wie der Staat ist, durch verstandesmäßige Entwicklung von Begriffen zu erkennen, wo derselben nicht durch geschichtliche Erkenntniß die Prämissen gegeben sind — auf der andern zeigt sich die verhängnißvolle Neigung, das Wesen des Staates aus einzelnen bestimmten historischen Erscheinungsformen zu abstrahiren, wie dem altgermanischen Staate oder dem Staate des classischen Alterthums. Es ist dieselbe Vorliebe für Anwendung einer einfachen Schablone, die ihn auch in der Grammatik „eine höchst einfache, vernunftgemäße Wissenschaft“ finden und durch die Geschichte bestätigt sehen ließ. Aber auch die Lichtseiten von Schmitthenner's Universalität hebt Roscher hervor: bei jeder wissenschaftlichen Specialfrage stand ihm der lebendige Organismus der Volkswirthschaft im ganzen vor Augen, und seiner reichen Bildung verdankt er Interesse und Verständniß auch für die übrigen Seiten des Volkslebens in ihrem Parallelismus gegenüber der Volkswirthschaft. Als Politiker nimmt er eine gemäßigte Haltung, eine liberal-conservative Mittelstellung ein, wie er sie zur Zeit der Frankfurter Nationalversammlung auch journalistisch — in der Oberpostamtszeitung — vertreten hat. Er tritt dem mißtrauischen Vorurtheil, welches das constitutionelle System als eine Erfindung der neuen Zeit behandelt, entgegen mit dem Hinweis auf die älteste germanische Verfassung, aber er will über der Volksrepräsentation eine starke Centralgewalt, in der er die Seele des Staates und den Mittelpunkt des öffentlichen Lebens sieht. Schars betont er den Unterschied zwischen Regierung und Verwaltung. Das Recht der Gesetzgebung soll nur an die Zustimmung des Volkes gebunden sein. Ein Geist sittlicher Erhebung geht durch diese Ausführungen, denen man aber die Zeit des Ueberganges und die kleinstaatlichen Verhältnisse, aus denen sie sich schüchtern hervorwagen, recht wohl anzumerken vermag.

    • Literatur

      Justi, Grundlage zu einer hessischen Gelehrten- etc. Geschichte, S. 590—594. — Scriba, Schriftsteller-Lexikon, Abth. 2, S. 650 f. —
      Oberpostamtszeitung 1850, Nr. 147, Beilage. —
      Neuer Nekrolog der Deutschen. 28. Jahrg. 1850 (Weimar 1852), S. 385—388. — Der letzte Absatz nach Bluntschli, Gesch. des allgem. Staatsrechts, S. 604—609, und Roscher, Gesch. der Nationalökonomik. S. 937—942.

  • Autor/in

    Edward Schröder.
  • Zitierweise

    Schröder, Edward, "Schmitthenner, Friedrich Jakob" in: Allgemeine Deutsche Biographie 32 (1891), S. 48-50 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119133725.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA