Lebensdaten
1678 – 1733
Geburtsort
Basel
Sterbeort
Basel
Beruf/Funktion
Mathematiker
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 119112450 | OGND | VIAF: 67268667
Namensvarianten
  • Hermann, Jakob
  • Hermann, Jacob
  • Herman, Jacob
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Zitierweise

Hermann, Jakob, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119112450.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Germanus (1648–1729), Rektor d. Gymnasiums in B., S d. Jacob u. d. Dorothea Obermeyer;
    M Catharina (1653–1732), T d. Pfarrers Theodor Richard (1598–1670) in B. (aus Wundarzt- u. Ratsfam. in B.) u. d. Salome Schlosser (Wirtsfam. in B.);
    Ur-Gvv German Obermeyer (1588–1655), Dr. med., Prof. d. Math. in B. (s. Pogg. I).

  • Biographie

    Bereits während seines Theologiestudiums in Basel (1701 theologische Prüfung) widmete sich H. unter Jakob Bernoulli den mathematischen Wissenschaften, die damals durch die Begründung des Calculus und die unmittelbar darauf einsetzende Entwicklung der Infinitesimalrechnung charakterisiert waren. Schon in jungen Jahren gelang ihm der Anschluß an die kleine Gruppe bedeutendster Mathematiker; er verteidigte 1696 Jakob Bernoullis 3. Reihendissertation und erlangte 1701 mit seiner gegen Nieuwentijt, einen unerbittlichen Kritiker an Leibniz' Differentialbegriff und -methoden, gerichteten Schrift die durch Leibniz erwirkte Mitgliedschaft der Berliner Akademie. Ebenfalls durch Leibniz' Vermittlung wurde H. 1707 als Professor der Mathematik nach Padua berufen. 1708 wurde H. in die Akademie zu Bologna aufgenommen, doch scheint er sich als Protestant in Italien nicht ganz glücklich gefühlt zu haben; eine – wieder durch Leibniz vermittelte – Berufung nach Frankfurt/Oder nahm er 1713 gerne an. In diese Zeit fällt die endgültige Abfassung seines wissenschaftlichen Hauptwerkes, der „Phoronomie“. Dieses Lehrbuch der höheren Mechanik im moderneren Sinne galt als ein recht bedeutendes Werk und wurde von Leibniz selbst in den acta eruditorum äußerst vorteilhaft besprochen. 1724-31 band sich H. an der eben aufblühenden Akademie zu Petersburg und wurde dort zum Vorläufer Leonhard Eulers, mit dem er weitläufig verwandt war. Neben mehreren Abhandlungen namentlich über Probleme der Trajektorien, algebraisch quadrierbarer Kurven und Attraktion verfaßte H. in Petersburg die Teile I und III (Mathematik und Fortifikation) des Lehrbuches „Abrégé des mathématiques …“ (Petersburg 1728–30). Er unterrichtete den nachmaligen Zaren Peter II.|sowie Isaac Brückner in Mathematik. Von Heimweh getrieben, versuchte H. wiederholt, in Basel irgendeine einigermaßen angemessene Beamtung zu erlangen, und erhielt 1727 durch Verlosung die Professur der Moral und des Naturrechts in Basel, wo er sich bis zu seiner erst 1731 erfolgten Heimkehr vertreten ließ. Bis zu seinem Tod wurde in seiner Vaterstadt keine mathematische Professur mehr frei; der Lehrstuhl war mit Johann I Bernoulli glänzend besetzt. Kurz vor seinem Tode ernannte die Pariser Akademie H. zu ihrem Mitglied.

    Von ernster, ruhiger Wesensart, gewann H. durch seinen Charakter, seine Sachlichkeit und Gelehrsamkeit die Achtung aller bedeutenden Fachgelehrten. – Die wissenschaftliche Importanz H.s rechtfertigt durchaus den Entschluß, seine Werke der in Bearbeitung befindlichen Gesamtedition der Bernoulliana einzuordnen. Von der etwa 600 Normalseiten umfassenden erhaltenen Korrespondenz ist etwa ein Drittel bereits früher gedruckt worden, namentlich von C. F. Gerhardt.

  • Werke

    u. a. Responsio ad Clar. Viri Bernh. Nieuwentijt considerationes secundas circa calculi differentialis principia editas, Basel 1700;
    Phoronomia, sive de viribus et motibus corporum solidorum et fluidorum libri duo, Amsterdam 1716;
    G. W. Leibniz, Math. Schrr., hrsg. v. C. F. Gerhardt, IV, 1859, S. 253-413 (Briefe H.s)

  • Literatur

    ADB XII;
    R. Wolf, Biogrr. z. Kulturgesch. d. Schweiz IV, 1862, S. 90 f.;
    Der Briefwechsel v. Joh. Bernoulli, Bd. 1, hrsg. v. O. Spieß, 1955;
    J. E. Hofmann, Über Jacob Bernoullis Beiträge zur Infinitesimalmathematik, Genf 1956;
    V. I. Lysenko, Die geometr. Arbb. v. J. H., in: Istoriko - matematičeskíje issledovannija 17, Moskau 1966, S. 299-307;
    Pogg. I;
    HBLS.

  • Porträts

    Phot. in: Professoren d. Univ. Basel aus 5 Jhh., hrsg. v. A. Staehelin, 1960.

  • Autor/in

    Emil A. Fellmann
  • Zitierweise

    Fellmann, Emil A., "Hermann, Jakob" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 658-659 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119112450.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Hermann: Jacob H., Mathematiker, geb. am 16. Juli 1678 zu Basel, ebenda am 11. Juli 1733. Der Vater, Germanus H., Rector einer basler Schule, gab ihm eine sorgfältige Erziehung und bestimmte ihn zu theologischen Studien. Schon 1695 erwarb sich H. die Würde eines Baccalaureus, 1696 die eines Magisters, 1701 legte er die theologische Prüfung ab. Aber neben diesen ihm auferlegten Studien hatte er aus eigenem Antriebe und unter der Leitung von Jacob Bernoulli mit Mathematik sich beschäftigt und war darin zu einem schon bedeutenden Schriftsteller geworden. Der Infinitesimalcalcül war damals bereits so weit entwickelt, daß Angriffe auf dessen Grundlagen mit der Ausbildung selbst Hand in Hand gingen. Ein holländischer Schriftsteller, Bernhard Nieuwentiit, hatte insbesondere in diesem Sinne gegen Leibnitz und seine Differentialrechnung geschrieben und als Hauptmangel hervorgehoben, das Unendlichkleine dürfe entweder nicht vernachlässigt werden oder müsse genau Null sein; im letzteren Falle dürfe von einer wiederholten Differentiation kein Gebrauch gemacht werden, da Nullen unterschiedslos seien. Leibnitz's eigene Entgegnung rief nur eine neue Schrift Nieuwentiit's hervor, und man kann auch wol nicht anders als zugeben, daß die Vertheidigung wenig gelungen gewesen war. Da trat H. mit einem eigenen Buche für Leibnitz in die Schranken, und der Erfolg dieser Erstlingsveröffentlichung des erst 23jährigen Schriftstellers war ein durchschlagender. Die Acta Eruditorum vom Januar 1701 brachten eine ungewöhnlich anerkennende Besprechung, deren Verfasser nach einer handschriftlichen Randbemerkung des Exemplars der Heidelberger Universitätsbibliothek Jacob Bernoulli war. Die eben gegründete Berliner Akademie nahm H. auf Leibnitzen's Empfehlung 1701 unter ihre Mitglieder auf und auf einer Reise durch Deutschland, die Niederlande und Frankreich wurde ihm allerorten bei Fachgenossen der schmeichelhafteste Empfang zu Theil. So war es entschieden, daß H. hinfort den Mathematikern zugezählt werden sollte. Daß es ihm als solchem auch an äußerlich angenehmen Stellungen nicht fehlte, dafür wußte Leibnitzen's sich treu bleibende Fürsorge einzutreten. 1707 verschaffte Leibnitz seinem Schützlinge einen Ruf als Professor der Mathematik nach Padua, 1713 nach Frankfurt a. d. O., und H. folgte auch der zweiten Berufung mit Freude, weil es trotz aller Anerkennung von gelehrter Seite für ihn doch immerhin mißlich war als Protestant in Italien zu leben. In Frankfurt lebte und lehrte H. bis 1724 und vollendete daselbst seine „Phoronomie“, eine Art höherer Mechanik nach dem heutigen Sprachgebrauche, welche 1716 im Drucke erschien. Die ausführliche Besprechung in den Acta Eruditorum beginnt mit den Worten: „Paucos habemus libros in quibus tantum reconditae Matheseos contineatur“ und diesem seltenen Lobe wird die wahre Bedeutung durch den Verfasser, als welchen wieder eine Randnote Leibnitz selbst nennt. H. selbst legte seiner Vorrede zufolge den meisten Werth auf den Theil seines Werkes, welcher sich mit der Bewegung von Flüssigkeiten beschäftigte und auf die dort vorgetragene Lehre von den Segelcurven. Frankfurt verließ H. 1724, um nach der nordischen Hauptstadt überzusiedeln, in welcher der schöpferische Wille der russischen Kaiser einen plötzlichen Blüthezustand der mathematischen Wissenschaften ins Leben gerufen hatte, getragen von meist deutschen, theilweise basler Gelehrten. H. verpflichtete sich bis 1731 in Petersburg zu bleiben. Er nahm dort eine Professur der höheren Mathematik an und schrieb|einige Abtheilungen eines von 1728 bis 1730 unter dem Titel „Abrégé des mathématiques“ erschienenen Lehrbuches. Noch bevor er seine Verpflichtungen erfüllt hatte, wünschten seine basler Mitbürger ihn wieder unter sich zu besitzen. Er wurde 1727 durch das Loos zum Professor der Moral und des Naturrechts ernannt und erhielt einen Ersatzmann, der statt seiner die Vorlesungen zu halten hatte, bis er selbst 1731 in der Lage war eintreten zu können. In jener Zeit ging nämlich, wie schon bemerkt, seine Verpflichtung in Petersburg zu bleiben zu Ende, und er durfte gegen das Versprechen, nur ab und zu Etwas für die Veröffentlichungen der Akademie zu schreiben, mit einem Ruhegehalt von 200 Rubel nach Basel zurückkehren. Es lag natürlich in der Absicht H. nicht immer die Bürde ethischer und juridischer Vorlesungen aufzuladen, aber bevor ein geeigneter Lehrstuhl für ihn frei wurde starb er selbst, knapp 55 Jahre alt. Wir haben schon gesehen, daß er Mitglied der Berliner sowie der Petersburger Akademie war. Auch die zu Bologna nahm ihn 1708 auf und die Pariser Akademie hatte seine Wahl unmittelbar vor seinem Tode vollzogen. Unter seinen wissenschaftlichen Leistungen steht seine Phoronomie oben an, doch sind auch manche schätzbare Abhandlungen von ihm in den Memoiren der Petersburger Akademie und anderswo erschienen. So beschäftigte er sich mit dem Probleme der Trajectorien, mit dem der Anziehung unter Voraussetzung verschiedener Attraktionsgesetze, mit der Frage nach algebraisch quadrirbaren Curven etc.

    • Literatur

      Vgl. Acta eruditorum für August 1735, p. 380—384. — Athenae Rauricae (Basel 1778), p. 436—437.

  • Autor/in

    Cantor.
  • Zitierweise

    Cantor, Moritz, "Hermann, Jakob" in: Allgemeine Deutsche Biographie 12 (1880), S. 181-182 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119112450.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA