Lebensdaten
1620 – 1677
Beruf/Funktion
reformierter Theologe ; Prediger
Konfession
reformiert
Normdaten
GND: 119002140 | OGND | VIAF: 69056868
Namensvarianten
  • Lodenstein, Jodocus van
  • Lodenstein, Jodoci von
  • Lodensteyn, Jodocus van
  • mehr

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Lodenstein, Jodocus van, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119002140.html [20.04.2024].

CC0

  • Biographie

    Lodenstein: Jodocus van L., ausgezeichneter reformirter Prediger aus angesehenem Geschlechte, am 6. Febr. 1620 zu Delft geboren. Durch seine Eltern Joost Corneliß van Lodenstein, Rathsherr und Bürgermeister zu Delft, und Maria van Voorburg erhielt er eine fromme und sorgsame Erziehung und wünschte schon frühe sich dem Predigerdienste zu widmen. 1636 sing er seine theologischen Studien zu Utrecht an unter Voetius, Schotanus und de Maats, und fühlte sich besonders von Ersterem angezogen. Als er nach beendetem Studium am 28. April 1642 von der Delfter Classe examinirt war, ging er noch nach Franeker, zum eingehenderen Studium der orientalischen Sprachen unter Coccejus, dessen Hausgenosse er während zweier Jahre war. Er wünschte auch die Universitäten Englands und Schottlands zu besuchen, mußte dies aber aufgeben wegen einer Berufung an die Gemeinde von Soetermeer und Zegwaard in der Nähe von Delft, wo er sein Amt am 28. August 1644 antrat. Schon hier offenbarte sich seine Hinneigung zum Pietismus. Sechs Jahre später folgte er|dem Ruf der Gemeinde zu Sluis und trat am 17. April 1653 das Predigtamt zu Utrecht an. Dort lebte er, unverheirathet, in freundschaftlicher Verbindung mit Essenius, Voetius, van den Bogaert und anderen Geistesverwandten, unter diesen auch Anna Maria a Schurmann und ihr Bruder Johann Godschalk, durch welchen er mit Labadie (Bd. XVII, S. 462) in Berührung kam; 1666 wußte er diesen Genfschen Prediger für die wallonische Gemeinde in Middelburg zu gewinnen, fühlte sich aber bei genauerer Bekanntschaft nicht ganz und gar von ihm befriedigt, und wenn er auch Labadie's Amtsentsetzung 1668 für Unrecht hielt, konnte er doch eben so wenig dessen Trennung von der Kirche billigen. Enger noch war er mit dem bekannten Prediger Jacobus Koelman zu Sluis verbunden, dessen Amtsentsetzung und Ausweisung aus der Provinz Zeeland 1674 ihn zur Abfassung einer Vertheidigungsschrift veranlaßte. In Vereinigung mit diesen Männern arbeitete er eifrigst an der Wiederbelebung inniger Religiosität, dem starren Orthodoxismus gegenüber, mußte aber diese Arbeit zeitweise unterbrechen, als er im November 1673 nebst einigen anderen angesehenen Einwohnern Utrechts von den Franzosen nach der Schanze zu Rees geführt wurde als Geißel für die Zahlung der von Utrecht geforderten Brandschatzung. Im Februar des folgenden Jahres kehrte er nach Utrecht zurück, wo der Tod ihn am 6. August 1677 traf. Er hinterließ, wie sein Biograph van der Hooght sagt, „einen großen Namen für sich, großen Reichthum für seine Verwandten; für Weltleute viel kräftige Ueberzeugungen und seinen Anhängern die Erinnerung vieler Tugenden“. Seine Ruhestätte fand er zu Delft. — L. war unzweifelhaft ein sehr bedeutender Mann. Zwar ist er nicht unter die gelehrten Theologen zu zählen, um so mehr aber ragt er als Vertreter einer praktischen, pietistischen, ja sogar ascetischen Lebensanschauung hervor. Als Prediger, Catechet und Seelsorger stellte er daher nicht das calvinistische Dogma in den Vordergrund, sondern suchte vielmehr, besonders auch durch zahlreiche Dichtungen, eine rein sittliche und religiöse Gesinnung zu erwecken, als Grundlage einer wahren Reformation. Die scholastische Lehrheiligkeit war ihm durchaus zuwider; weit mehr hätte er für die geistige Erbauung der Gemeinde eine Verbesserung des Klosterwesens, der Beichte und des Fastens gewünscht als ihre Aufhebung. Diese ascetische Neigung trat besonders in seinem Privatleben hervor; so erkannte er der Ehelosigkeit den Vorzug zu, genoß weder Fleisch noch Wein, und war ein Mann von strengen Sitten und ernstem, doch nicht unfreundlichem Wesen. Es nimmt daher nicht Wunder, daß ihn Viele für kalt und lieblos hielten, für einen Mann, der die Frömmigkeit mehr im Munde als im Herzen trage, wie denn auch seine Moralpredigten nicht Allen wohl gefielen. Wenn aber seine Frömmigkeit sich auf etwas excentrische Weise offenbarte, so war sie doch eine aufrichtige. Für Arme und Kranke übte er eine durchaus uneigennützige Wohlthätigkeit, wie auch für die Verfolgten in Piemont. Sein Leben war makellos und als Prediger und Seelsorger rühmten ihn Alle. Beim Volke hieß er „Vater Lodenstein“ und durch Lied und Schrift übte er einen großen Einfluß auf die ganze vaterländische Kirche aus. Besonders auch trat er als Vertheidiger der kirchlichen Autonomie auf und bekämpfte eifrig von der Kanzel herab die Einmischung der Staatsgewalt in kirchliche Angelegenheiten. Kennzeichnend für seine tiefere Auffassung eines wahrhaft heiligen Gemeindelebens war nicht nur sein Streben nach kirchlicher Disciplin, sondern auch sein Verhältniß zu den kirchlichen Formularen, die er bei der Taufe änderte und beim Abendmahl ganz beseitigte. Selbst enthielt er sich seit 1673 aus Gründen des Gewissens der Austheilung des Abendmahls sowie der Theilnahme daran, indem er glaubte, es versagen zu müssen, so lange nicht die Kirche sittlich gereinigt sei. Die kirchliche Obrigkeit, welche eine derartige Vermessenheit, den Formularen gegenüber, an Labadie und Jacobus|Koelman mit Amtsentsetzung gestraft hatte, legte ihm gleichwol keine Hindernisse in den Weg, vielleicht mit Rücksicht auf seine ganze Stellung. Ebenso mißbilligte L. die Haltung der christlichen Feiertage, indem sie nur von Menschen eingerichtet seien und der Ehre des von Gott verordneten wöchentlichen Ruhetages schadeten. Daher nahm er auch an den Zwistigkeiten in Betreff der Sabbathsfeier Theil und trat dem Coccejus und Burmannus entgegen, welche nur den jüdischen Sabbath als von Gott befohlen, den christlichen Ruhetag als menschliche Verordnung betrachteten, und damit nur den Weg zur Entweihung des Sonntags bahnten, wie L. bemerkte in seiner Schrift „Kortenzedig onderzoek van 't bericht hopende den Sabbath“, 1668, 1746, und in seinen „Laatste gedachten over de zedelyckheydt des vierden gebodts“, 1681. Nebst diesen und anderen Streitschriften verfaßte er mehrere Erbauungsschriften, unter welchen die „Beschouwingen van Zion“, 1673—1677 und öfter als seine Hauptarbeit zu betrachten ist. Weiter sind noch zu erwähnen: „Weegschaal der Onvolmacktheden“, 1664, 1712 etc., „Geestelyke Opwekker voor het verloochende, doode en geestelooze Christendom in X predicatien, uitgeg. door E. van der Hooght“, 1701, und „Vervallen Christendom in VII reformatie predicatien“, 1711, 1742. Auch als Dichter hatte L. sein Verdienst, wenn man ihn auch nicht gerade mit Max Goebel (Geschichte des christl. Lebens) als „einen vortrefflichen Dichter herrlicher geistlicher und weltlicher Lieder“ betrachten kann. Seine Dichtungen sind der Ausdruck seines pietistischen Wesens, mehr innig als erhaben. Die besten finden sich in seinen „Uitspanningen en andere gedichten“, 4 deln. 1676 und später noch fünfzehn Mal gedruckt. Seine übrigen Schriften hat Dr. P. Izn. Proost in seiner vortrefflichen Monographie „Jodocus van Lodenstein“, Amst. 1880 aufgeführt, wo sein Lebensbild mit großer Liebe gezeichnet ist.

  • Autor/in

    van Slee.
  • Zitierweise

    Slee, Jacob Cornelis van, "Lodenstein, Jodocus van" in: Allgemeine Deutsche Biographie 19 (1884), S. 73-75 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119002140.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA