Lebensdaten
1485 – 1560
Geburtsort
Pforzheim
Sterbeort
Straßburg
Beruf/Funktion
humanistischer Schriftsteller
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118985949 | OGND | VIAF: 60906847
Namensvarianten
  • Gerbelius, Nikolaus
  • Gerbel, Nikolaus
  • Musophilus, Nikolaus
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Gerbellius, Nikolaus, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118985949.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Anton Gerbel, Maler aus Wien (s. L);
    1) um 1515 N. N., 2) Straßburg 11.12.1525 Dorothea N. N., 3) N. N.;
    S, u. a. Theodosius, seit 1551 Schreiber d. Gr. Rats zu St.;
    E Carolus, 1595 Dr. iur. zu Padua, dann Syndikus d. Stadt Nürnberg.

  • Biographie

    Nach Besuch der Pforzheimer Lateinschule, wo Capito, Hedio und Schwebel seine Mitschüler waren, bezog G. 1502 die Universität Wien und wurde als Celtisschüler 1505 Mitglied der 3. Klasse des Poetenkollegiums, nachdem der von Camers, Cuspinian, Pierius Graccus und Vadian geförderte 19jährige 1504 in einem öffentlichen Redeakt mit 20 formgewandten Versen dem Kaiser gehuldigt hatte. Juni 1506 ließ sich G. an der Universität Köln einschreiben, stand in Beziehung zu Johann Trithemius, lehrte 1507 an der Pforzheimer Lateinschule, wo Melanchthon sein Schüler war, und studierte seit Mai 1508 als Magister in Tübingen weiter, Reuchlin dabei gut kennenlernend. 1510/11 betätigte er sich als Regens der Burse Schenkenberg in Mainz, erschien Anfang 1512 wieder in Pforzheim und ging nach Wien, wo er bis 1514 dem Rechtsstudium oblag und daneben als Korrektor und Lektor bei Alantsee und bei Liebenthal und Singreiner erfolgreich im humanistischen Sinne und für seine Freunde Joachim Vadian, Georg Collimitius und andere wirkte. Durch seine Vermittlung druckte für Alantsee im Mai 1513 Schürer in Straßburg die Oden des Celtis, denen G. 12 eigene Distichen beisteuerte, wie er überhaupt damals zahlreichen Verlagserscheinungen Applause und Kommentationen beigab (zum Beispiel zur Neuauflage der Grammatik B. Pergers 1513, zu Vadians Dialog Gallus pugnans 1513, zu Peuerbachs Tafeln 1514 und andere mehr). Anfang September nach Italien abgehend, promovierte G. am 2.10.1514 in Bologna zum Dr. decret., besuchte auf der Hin- und Rückreise den Drucker Aldus zu Venedig, war zum Jahresende in Basel und bereits Januar 1515 zu Straßburg als Rechtskonsulent der Kirche und bald als Domsekretär tätig, Stellen, die er über das Jahr 1540 hinaus bekleidete. Aus dem Jahr 1515 stammten die ersten persönlichen Freundschaftsbeziehungen G. zu Hutten, der sich damals wie G. um Erasmus mühte. Ihre gemeinsamen Straßburger Freunde waren 1515 Wolfgang Angst aus dem nahen Hagenau und Beatus Rhenanus, seit etwa 1519 Otto Brunfels und Michael Hummelberg. Jakob Wimpfeling, Jakob Sturm, auch Jakob Spiegel schätzten G., der in scharfer Fehde mit Th. Murner lag. Neben unermüdlicher Editions- und Verlagstätigkeit für Schürer, Knobloch, Anshelm, Setzer, auch zuletzt J. Schott, und mehrjähriger Wahrnehmung einer Straßburger Geschichtsprofessur (1541–43) wurde G. nicht müde, ein Menschenalter hindurch selbständig als Historiker und Dialogist mit einem anschaulich-bildhaften Stil in dem sich immer mehr zur Kulturmetropole ausbauenden Straßburg zu wirken.

    Unter den Straßburger Humanisten der reformationsfreundlichste, blieb G. trotz vieler Bedrängnis unerschütterlicher Lutheraner,|entzweite sich deshalb mit Jugendfreunden, wie etwa Capito, und wurde von Wittenberg aus als Säule des Luthertums gefeiert. Sonst war der unendlich eifrige Mann, mehr Sammler und Kompilator als selbständig künstlerisch gestaltend, keineswegs frei von den üblichen Schwächen des Literatendaseins, der Ängstlichkeit, Schwatzsüchtigkeit und Indiskretion. Er war es, der vom Schreibtisch aus und wider die Wirklichkeit agitatorisch Hutten an Luther zu binden und deutsches Nationalbewußtsein mit Luthertum identisch zu machen versuchte. Von der als abgetan geltenden Gerbelhypothese P. Merkers, der die Murner- und Ecksatiren jener Zeit ebenso wie die unter dem verlegerischen Sammelpseudonym eines Abydenus Corallus 1521 erschienenen „Septem Dialogi“ und andere „dem großen Reformationsdialogisten G.“ samt und sonders zuschreiben wollte, bleiben für G., abgesehen von einigen Schriften gegen Murner, die Dialoge „Carolus“ (Mai 1520), stark von Huttens „Phalarismus“ abhängig, „Huttenus captivus“ (Oktober 1520) und vielleicht noch „Huttenus illustris“ (Dezember 1520), vor allem aber die eindringliche „Oratio ad Carolum maximum… et Germaniae principes pro Ulricho Hutteno… et Martino Luthero…“ (Februar 1521) übrig. Auch der etwas grob geschriebene, 8 Briefe umfassende „elsässische Anhang“ der Herbst 1517 in Straßburg erschienenen Zweitausgabe des Huttenschen Dunkelmännerbriefbandes deutet auf G. hin. Sein umfangreiches Geschichtswerk über die Bauernunruhen 1524/25, das weitere Aufschlüsse über G. politische Haltung hätte bieten können, blieb unveröffentlicht und scheint verschollen.

    Die Straßburger Herausgebertätigkeit G. umfaßte in ihrer Erstphase 1514-20 unter anderem neben Neuausgaben antiker Schriftsteller (Ovids Metamorphosen, Schriften Ciceros, des Apuleius, Komödien des Terenz, Sophistenbiographien des Philostratos, eine Schrift des griechischen Grammatikers Palaiphatos, Bellum Catilinarium des Sallust und die Attischen Nächte des Gellius) die Schrift „De natura locorum“ des Albertus Magnus (Straßburg 1515), die Werke des Pomponius Laetus (1516) und eine mehrfach aufgelegte, stets vermehrte lateinische Fabelsammlung. Nach dem Abklingen unmittelbarer Teilnahme G. am politischen Tagesgeschehen wandte er sich in seiner 2. Lebenshälfte mehr der Edition antiker Geschichtswerke, wie der Alexandergeschichte Arrians (1539), dem Geschichtsgedicht des Alexandriners Lycophron (1542), den Chiliaden des Byzantiners Tzetzes (1546) und ähnliche mehr, und der mittelalterlicher und neuerer Darstellungen, so der Türkenrede des Callimachus Experiens (1533), Cuspinians Kaiserbuch (mit G. Biographie seines großen Lehrers, Straßburg 1540 und öfters) und dessen Chronicon Cassiodors (1552), zu. Seine Herausgabe der „Icones imperatorum“ (Straßburg 1544) bleibt trotz der schlechten Holzschnitte bemerkenswert. Bevorzugt pflegte er Rechtsgeschichte, wie die Ausgaben der Barbarossageschichte aus dem Ligurinus (1531) und der von dem italienischen Humanisten Rutilius geschriebenen Biographien älterer römischer Juristen (1537) dartun, vor allem aber geschichtliche Geographie. Mit seiner großen Darstellung des antiken Griechenland auf Grund der Nachrichten der antiken Autoren, der schon 1545 eine Praefatio vorangegangen war, gab G. 1550 auf 300 Foliotextseiten ein anschauliches Bild der Graecia antiqua mit vielen Zitatbelegen, eine lang nachwirkende, monumentale wissenschaftliche Leistung.

  • Werke

    Weitere W u. a. Epigramm - 12 Distichen - G.s in: C. Celtis, Libri Odarum quatuor cum Epodo et saeculari carmine, Straßburg 1513 (fol a 3);
    Dialoge Carolus, Huttenus captivus, Huttenus illustris (?) u. d. Oratio ad Carolum… in: S. Abydenus Corallus, Dialogi septem, o. O. u. J. [ebd. 1521], wieder in: Pasquillorum Tomi duo, Basel 1544;
    Praefatio in descriptionem Craeciae Sophiani, ebd. 1545;
    N. Gerbelli… pro declaratione picturae sive descriptione Graeciae Sophiani libri septem, ebd. 1550.

  • Literatur

    ADB VIII;
    A. Jung. Gesch. d. Ref. in Straßburg, 1830, I. S. 195-202;
    E. Böcking (Hrsg.), Hutteni Opera, 1859-70, I, S. 131, II, S. 102, 459, Suppl. II, S. 378 f.;
    Ch. Schmidt, Répertoire bibliographique Strasbourgeois II, 1893;
    W. Hornung, Der Humanist Dr. N. G., Förderer luth. Ref. in Straßburg, 1918;
    P. Merker, Der Vf. d. Eccius dedolatus u. anderer Ref.dialoge mit Btr. z. Vf.frage d. Epistolae obscurorum virorum, 1923, S. 239 (L), dagegen H. Rupprich, Der Eckius dedolatus u. s. Vf., 1931;
    H. Rupprich, Der Briefwechsel d. K. Celtis, 1934, S. 620 f. (L);
    Sitzmann I, S. 590 f.;
    Schottenloher 7005-09, 46452. - Zu V Anton: A. Merckling, Meister A. G., in: Jb. d. Wiss. Ges. Straßburg, 1935, S. 106-23;
    ThB.

  • Autor/in

    Heinrich Grimm
  • Zitierweise

    Grimm, Heinrich, "Gerbellius, Nikolaus" in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 249-250 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118985949.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Gerbelius: Nikolaus G., geb. in Pforzheim (Jahr nicht bekannt), in Straßburg 1560. Er studirte 1506 in Köln, der Hochschule, die, trotz ihres schlimmen Rufes so manche tüchtige Männer damals ausgebildet hat, von wo aus er mit Joh. Trithemius einen Briefwechsel unterhielt, dann 1507 in Wien, wo er sich in Celtis collegium poeticum den Beinamen Musophilus gab, in Wiener Druckereien als gelehrter Corrector thätig war, u. a. bei der durch Bernhard Perger neu herausgegebenen lateinischen Grammatik des Nik. Perotto, andere Schriften, z. B. Albertus Magnus: „De natura locorum“ (Straßburg 1515) mit empfehlenden Distichen begleitete, von dem Historiker Cuspinian besonders unterstützt wurde, dem er zeitlebens seine Anhänglichkeit bewahrte, auch mit seinem großen Landsmann Reuchlin in Beziehung trat (Reuchlin's Briefwechsel, Stuttgart 1876, S. 173 u. 299). Reuchlin's Tod hat G. später in manchen Briefen herzlich betrauert, Cuspinian's Schriften: „De caesaribus atque imperatoribus“, 1540, „Cassiodori chronicon“, 1552, hat er sorgfältig herausgegeben, der ersteren eine Biographie Cuspinian's beigefügt. Bei diesen Ausgaben ist er blos Editor, nicht etwa auch Commentator; die Biographie Cuspinian's ist mehr der begeisterte Panegyrikus eines enthusiastischen Schülers, als die kritische Würdigung eines Historikers, mehr der dankbare Tribut für empfangene Wohlthaten als eine wissenschaftliche Arbeit. Lange bevor er diese Biographie schrieb, hatte er Wien verlassen. 1513 treffen wir ihn in Bologna auf der italienischen Studienreise, die nothwendig zur Ausbildung des Humanisten gehörte, wo er sich die juristische Doctorwürde erwarb, dann in Basel, wo er in dem Gelehrtenverein sich befand, der in einem Gedichte des Erasmus gepriesen wird, seit Ende 1515 in Straßburg. Den Titel jureconsultus behielt er bei, bemühte sich auch in der ersten Zeit, wir er schreibt „in curiis ecclesiasticis causas agere“, hat aber von seinen juristischen Studien nur ein Zeugniß hinterlassen, die „Vitae jureconsultorum“ (Basel 1537), die mir freilich nur dem Titel nach bekannt sind. Später wurde er in Straßburg, wo er sich am 11. Decbr. 1525 verheirathete, Lehrer und Professor der Geschichte und war, ebenso wie früher in Wien, als gelehrter Corrector einiger Straßburger und benachbarter Hagenauer Druckereien thätig. Auch das väterliche Talent der Malerei scheint er ausgebildet zu haben. Wenigstens ist eine Nachricht erhalten, daß er 1540 dem auf dem Tage zu Hagenau anwesenden französischen Gesandten Lazarus Baif ein von ihm gemachtes Gemälde, die Stadt Genua vorstellend, geschickt habe. Außer mit den genannten Wissenschaften und Künsten beschäftigte er sich auch mit der Theologie. Denn, wie seine Freunde behaupteten, begehrte er zuerst die Stelle eines Geistlichen in Straßburg, konnte sie aber nicht erlangen und nahm sie dann nicht an, als sie ihm zu spät angetragen wurde. Aber wenn er auch kein geistliches Amt bekleidete, so betheiligte er sich doch, wie die meisten Gelehrten jener|Zeit, an den religiösen Kämpfen und zwar als eifriger Lutheraner in einer Stadt, in welcher Mitglieder aller neueren Religionsparteien auftraten und die Reformirten bald die Herrschaft erlangten. Zu dieser Gesinnung wurde er zuvörderst durch freundschaftliche Beziehungen gedrängt, welche er von früh an mit Luther unterhielt. Luther hatte sich schon von der Wartburg aus an ihn gewendet, ihn später zum Pathen seines ältesten Sohnes gemacht, ihm 1528 ein glänzendes Zeugniß ausgestellt; dafür unterrichtete G. ihn von allen theologischen Vorgängen in Straßburg, nicht ohne gehässige Bemerkungen gegen die leitenden Männer, veröffentlichte 1522 Luther's verletzendes Schreiben an Capito in deutscher Uebersetzung, wünschte aber später eine Versöhnung zwischen Luther und den Oberdeutschen anzubahnen und ermahnte ersteren, weniger heftig in seinen Schriften gegen die letzteren aufzutreten. Unter den Lutheranern verkehrte er außerdem besonders mit Melanchthon, mit dem er durch landsmännische Gesinnung eng verbunden war und durch den er von ungerechtfertigten Anklagen befreit wurde und auch mit Bugenhagen; unter den Reformirten mit Bucer und Hedio, welcher letztere mit ihm in manchen religiösen Ansichten übereinstimmte. Er schrieb auch einen „Sendbrief dem klaynenn Heufflin zu Pfortzhaim durch Nicolaum Gerbellium“, 1523, der dem „Sermon Joh. Schwebel's“ vorangestellt ist, in welchem er seine Landsleute und Gesinnungsgenossen zur Gottesfurcht ermahnt. Außer mit den Genannten wechselte er Briefe mit Mich. Hummelberger (München, Hofbibl.) und Joh. Schwebel (Zweibrücken 1597). Ein Zeugniß seiner theologischen und historischen Neigung ist seine Schrift: „De anabaptistarum ortu et progressu“, die aber gänzlich verschollen zu sein scheint. Dagegen sind mehrere Zeichen seiner historisch-geographischen Thätigkeit erhalten. Zuerst die kleine Arbeit „N. G. in descriptionem Graeciae Sophiani praefatio“ (zuerst Basel 1545, c. 90 S. in Fol.). Die Schrift ist keineswegs blos eine Vorrede, sondern eine vollkommene Schilderung der einzelnen Landschaften und Städte des alten Griechenlands, welche G. im Auftrag des Buchhändlers Oporinus, dem er auch einzelne Quellen, z. B. den damals noch ungedruckten Aelian, verdankte und auf Anregung des Joachim Camerarius verfaßte und als Commentar zu den Städtebildern des N. S. hinzufügte. Die Arbeit, den Grafen Wilhelm und Otto v. Eberstein, deren Vater und Onkel G. verpflichtet war, gewidmet, zeigt eine sehr hübsche Verbindung geographischer und historisch-antiquarischer Mittheilungen, und besteht zumeist in einer Aneinanderreihung von Stellen aus römischen und griechischen Schriftstellern. Aber auch die modernen, wie Ermolao Barbaro werden nicht vergessen; befreundete deutsche Zeitgenossen, wie der Mathematiker Christmann Herlinus, der Historiker Caspar Hedio, der Philologe Arnoldus Arlenius und der Hebraist Paul Fagius werden gerühmt, die Stadt Augsburg gepriesen, weil sie kostbare Handschriften aus Griechenland und Italien erworben und Straßburg zum Muster vorgehalten; Straßburgs Lage ausführlich mit der Corinths verglichen. Gelegentlich kommt dann auch die deutsch-patriotische Stimmung zum Ausbruch so daß er bei der Verwüstung von Thessalonien traurig und klagend der Zerstörung Ungarns durch die Türken gedenkt, während er sonst, als echter Humanist, gern den Ruhm und die Vortrefflichkeit der Zeit verkündet, in welcher er lebt. Der Beschreibung der einzelnen Städte und Landschaften folgt eine Aufzählung aller geographisch wichtigen Punkte mit Angabe der geographischen Länge und Breite. Diesen als Vorläufer voraufgeschickten Schriften folgte 1550 das Hauptwerk: „N. G. Phorcensis pro deolaratione picturae sive descriptionis Graeciae Sophiani libri septem“ (c. 300 Folioseiten mit vielen Karten). Es theilt die Vorzüge mit dem voraufgehenden Schriftchen: es ist ein vollkommenes Lehrbuch der physischen und politischen Geographie des alten Griechenlands, also selbstverständlich nicht die Beschreibung dieses Landes nach|eigener Anschauung, sondern streng nach den Mittheilungen der alten Schriftsteller. Diese werden in ihrer Uebereinstimmung mit oder Abweichung von der Zeichnung des Soph. aufgezeigt, mit kritischen Bemerkungen begleitet, die nicht selten eigene philologische Conjecturen enthalten oder die Anderer betrachten. Außer den geographischen Bemerkungen finden sich auch geschichtliche Abschnitte: ein kurzer Abriß der griechischen Geschichte überhaupt, Erörterungen über Entstehung und Ausbildung der griechischen Sprache, über die Sitten der Griechen. Bei der Beschreibung eines jeden einzelnen Landes werden die Autoren aufgeführt, die darüber geschrieben haben, nicht selten auch solche citirt, die nur handschriftlich vorhanden waren, die G. aber doch benutzt oder von deren Existenz er durch Freunde gehört hat Bei jeder Landschaft unterscheidet er regiones, montes, flumina, urbes, insulae, die er alle einzeln durchgeht, oft mit großer Ausführlichkeit, wenn er sich auch häufig genug deswegen entschuldigt, daß er kürzer sei als die Würde des Gegenstandes erfordere. Endlich muß G. als Herausgeber eines historischen Werkchens genannt werden: „Icones imperatorum et breves vitae atque rerum cujusque gestarum indicationes: Ausonio, Jacobo Micyllo Ursino Velio authoribus“, Straßburg 1544, dem er eine Vorrede vorangeschickt hat. Das Werkchen selbst, mit übermäßig schlechten Bildnissen, fügt zu dem Bilde eines jeden Kaisers (nur selten fehlen die Bilder) je drei Distichen hinzu, von denen je eins für alle Kaiser von Ursinus Velius geliefert ist, während die beiden übrigen bis zu Alexander Severus vom Ausonius, von da an bis Ferdinand I. von Jak. Micyllus herrühren.

    • Literatur

      Vgl. die sehr seltenen im Vorstehenden behandelten Schriften des G.; ferner Melch. Adam, Vitae jurecons. Heid. 1620, S. 133 ff. Röhrich, Gesch. der Reform. im Elsaß I. u. II. passim. Aschbach, Gesch. der Wiener Univ. II. (1878), S. 316—18. Horawitz, Analekten z. Gesch. des Humanismus in Schwaben (Wien 1877), S. 49 ff., 55 ff.

  • Autor/in

    Ludwig, Geiger.
  • Zitierweise

    Geiger, Ludwig; Goedeke, Karl, "Gerbellius, Nikolaus" in: Allgemeine Deutsche Biographie 8 (1878), S. 716-718 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118985949.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Gnidius: Matthäus G., pseudonymer Verfasser einer gegen Thomas Murner gerichteten Schmähschrift in Form eines aus Augsburg vom 13. Dec. 1520 „an alle Studirenden und Gelehrten“ datirten Briefes: „Defensio Christianorum de Cruce, id est Lutheranorum“ (o. O. u. J. 12 Bl. 4°.), die nach dem Buchdruckerzeichen des Titelblattes in dem lothringischen Kloster St. Dié|gedruckt sein könnte. Es sind noch einige Stücke schmähenden Inhaltes angehängt, darunter zwei Briefe eines Petrus Francisci, der eine an Luther, der andere an Hütten, angeblich aus Hagenau vom 25. Decbr. 1520. Murner hatte ohne seinen Namen zu nennen vom 10. Novbr. bis zum 24. Decbr. 1520 seine Büchlein von der Messe, den verdächtigen Lehren Luthers (gegen Spenglers Schuhrede), vom Papstthume und an den deutschen Adel erscheinen lassen, in denen er Luther's Lehren rein sachlich erörterte und die Entscheidung darüber von denen erwartete, denen dieselbe zustehe, sei es Papst, Kaiser oder Concil. Luther selbst, dem in dieser Schmähschrift Murner als Verfasser angezeigt wurde, urtheilte milde über dieselbe, während der angebliche G. sie in verächtlichster Weise behandelt, keiner Widerlegung Werth nennt und auch nicht widerlegt, ja nicht einmal irgend etwas vom Inhalte derselben angibt, dagegen den Verfasser mit den ausgesuchtesten Schmähungen überschüttet, der nichts als schmähen könne und darin doch von den alten Weibern übertroffen werde, ja wol selbst ein Weib sei: Non desunt enim qui te spadonem esse contendant qui si etiam nervo emarcido differat nonnihil a sexu foemineo, moribus et animi mollitie nihil differt; oder: interdiu monachus vagus, nocte Milesius strenuissimus. In ähnlicher und gröberer Weise wird Murner lediglich geschimpft und G. rühmt sich, der erste zu sein, der den Mönch anrenne; jeder Lutheraner möge ihm folgen. Von diesem Pasquill datiren dann die zahlreichen Schmähungen gegen Murner, deren Verfasser es gerathen hielten, sich nicht zu nennen, unter denen ein pseudonymer Raphael Musaeus, Verf. des Murnarus Leviathan. ohne Grund mit G. identificirt ist. Eher könnte man G. für den Verfasser des Eccius dedolatus halten, da in dem an Hutten gerichteten Briefe des angeblichen Petrus Francisci gesagt wird: Eram hunc (Murnerum) dedolaturus, velut Eccium illum, aber es habe an Muße gefehlt. Murner erwähnt in einem Briefe an Sebastian Brant (13. Januar 1521) eines versmachenden jungen Mannes, den der Rath in Basel wegen des Eccius dedolatus ausgewiesen habe und dessen Possen nun in Straßburg offen verkauft und ausgestreut würden. Den Namen des Verfassers scheint er jedoch nicht gekannt zu haben, da die einzige Erwähnung des Gnidius in Salats Chronik (wo irrig Ouidius gedruckt ist) nur den Pseudonymen nennt und von Raphael Musaeus unterscheidet.

  • Autor/in

    K. Goedeke.
  • Zitierweise

    CC-BY-NC-SA