Lebensdaten
1526 oder 1527 – vermutlich 1583
Geburtsort
Flensburg
Sterbeort
Kopenhagen (oder kurz danach auf Reisen)
Beruf/Funktion
Graphiker ; Zeichner ; Maler ; Kupferstecher
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 118800868 | OGND | VIAF: 34634096
Namensvarianten
  • Lorichs, Melchior
  • Lorich, Melchior
  • Lorch, Melchior
  • mehr

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Zitierweise

Lorck, Melchior, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118800868.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Thomas (s. Einl.); M Christina ( n. 1542), T d. Andreas Brodersen in Klixbüll b. Niebüll (Schleswig); ledig (?).

  • Biographie

    L. ging wegen seiner frühen Neigung zu künstlerischer Tätigkeit nach Lübeck in die Goldschmiedelehre. Mit seinem namentlich nicht bekannten Lehrmeister hat er die Ostseeländer besucht. Wohl noch vor seinem 20. Lebensjahr begab sich L., unterstützt von Kg. Christian III. von Dänemark, nach Süddeutschland. Während des Augsburger Reichstages 1547/48 wurde er mit dem luth. Pfalzgf. Ottheinrich, in dessen Residenz er sich aufhielt, und mit dem kath. Augsburger Bischof Otto Truchseß v. Waldburg bekannt. 1549 bedankte sich L. aus Flensburg beim dän. König für die Zusage einer vierjährigen Unterstützung, die er wahrscheinlich für einen neuerlichen Aufenthalt in Nürnberg 1550/51 nutzte, bevor er 1551-53 Venedig, Bologna, Florenz und andere Städte Italiens besuchte. Nach erneutem Aufenthalt bei Pfalzgf. Ottheinrich in Neuburg/Donau 1553/54 begab sich L., von Kaiser Ferdinand I. aufgefordert, nach Wien, um die von Augier Ghiselin de Busbecq geleitete Gesandtschaft nach Konstantinopel zu begleiten. L. hat 1555 nicht im Gefolge der Gesandtschaft, sondern vielleicht auf dem Seeweg über Griechenland die Residenz des Sultans erreicht. In Konstanlinopel hat er seine bedeutendsten Werke geschaffen. Neben Bildnissen der Herrscher (12 Sultansbildnisse, vernichtet) entstanden zahlreiche Zeichnungen von Menschen und Tieren, Bauten und Geräten, die L. später für Holzschnitt-Illustrationen ausgearbeitet hat, außerdem die 9 m lange, gezeichnete Stadtansicht von Konstantinopel (datiert 1559, vollendet 1561, Univ.bibl. Leiden, publ. 1902), eine der ersten, die nach Europa gelangten. 1560 kehrte L. nach Wien zurück, wo er 1562 für den Einzug des heugewählten Kaisers Maximilian II Triumphbögen und Brunnen entwarf (1563 veröffentlicht); dafür wurde ihm 1564 vom Kaiser ein Wappenbrief verliehen. 1567 ging L. nach Norddeutschland; in Hamburg leitete er die Gestaltung des Schartores (abgerissen) und zeichnete 1568 zur Sicherung der hansischen Gebietsansprüche die etwa 12 m lange Elbkarte. Weiterhin vom Kaiser besoldet, schuf er in den folgenden Jahren nach seinen in Konstantinopel entstandenen Zeichnungen den frühesten Bildbericht über die europ. Türkei, ihre Bauten, die Menschen und deren Lebensweise. 1575 wurde zunächst nur das Titelblatt gedruckt, die vollständige Ausgabe mit 128 großen, genau beschrifteten Holzschnitten erschien erst 1626 und 1646 in Hamburg: „… Wolgerissene und Geschnittene Figuren, zu Roß und zu Fuß, sampt schönen Türkischen Gebäwden und allerhand was in der Türkey zu sehen …“ Ein Exemplar dieses Werkes ist 1656 im Besitz Rembrandts bezeugt, der für Architekturdarstellungen auf seinen Bildhintergründen offenbar L.s Darstellungen türk. Kuppelbauten benutzt hat. Für den Druck dieses Werkes arbeitete L. 1573/74 in Antwerpen, dem Hauptort Europas für die Veröffentlichung illustrierter Bücher. Dort zeichnete er auch Vorlagen für eine geplante Holzschnittfolge meist norddeutscher Trachtengruppen, kunstvoll stilisierte Zeichnungen, die teilweise erst 1955 im Nachlaß des engl. Gelehrten John Evelyn (1620–1706) entdeckt und veröffentlicht worden sind. In Antwerpen hat L. außerdem Zeichnungen für fünf Holzschnitte zur Kindheit Christi geliefert, die 1575 von Ch. Plantin in einem Missale gedruckt worden sind. 1574, über Hamburg nach Flensburg zurückgekehrt, bat L. Kg. Frederik II. von Dänemark um finanzielle Förderung seiner großen Veröffentlichungen. Aus den folgenden Jahren fehlen Nachrichten über L., der 1580 zum dän. Hofmaler ernannt wurde, wahrscheinlich mit der Verpflichtung zur Übersiedlung nach Kopenhagen. Dort vollendete er 1582 den großen Kupferstich mit dem Bildnis Kg. Frederiks II. 1583 wurden die Zuwendungen an den Künstler letztmalig gezahlt. Weitere Nachrichten über L. fehlen; vielleicht ist er auf einer erneuten Reise nach 1583 gestorben.

    In seinen frühen Werken (Zeichnungen, Radierungen und Kupferstiche vor 1551) zeigt sich L. als Nachfolger Dürers und der deutschen Kleinmeister der 1. Hälfte des 16. Jh.; danach verarbeitete er auf seinen Reisen außer niederländ. offenbar auch Anregungen aus Zeichnungen und Holzschnitten Tizians und seiner im Stil des Manierismus arbeitenden Zeitgenossen. Diese ital. Anregungen bildeten die Grundlage für L.s Schaffen in der Türkei, in Wien und Antwerpen. Aus diesen verschiedenartigen Anregungen hat der etwa 30jährige L. seinen persönlichen Zeichenstil entwickelt, geprägt von der Formenstrenge des Manierismus und einer sachlichen wie zugleich persönlichen Linienführung, ablesbar auch an seinen in Druckgraphiken verbreiteten Bildnissen, Figuren- und Sachdarstellungen, ebenso an den beiden erhaltenen Gemälden L.s, der Hl. Familie von 1552 (Kopenhagen, Statens Mus.) und der Esther-Ahasver-Geschichte (Wien, Kunsthist. Mus., Leihgabe Schloß Ambras b. Innsbruck).

  • Werke

    Kupferstiche: Luther, 1548;
    Dürer, 1550;
    Aristoteles, 1561;
    Sultan Soliman I., 1574. -
    Vollst. Verz. d. Druckgraphiken L.s b. Hollstein, s. L, 1978. Zahlr. Zeichnungen b. Fischer, s. L, 1962.

  • Literatur

    ADB 19 (unter Lorck u. Lorichs);
    E. Oberhummer (Hrsg.), Konstantinopel unter Sultan Suleiman d. Gr., Aufgen. im J. 1559 durch M. L. aus Flensburg, 1902;
    H. Harbeck, M. L., Ein Btr. z. dt. Kunstgesch. d. 16. Jh., Diss. Kiel 1911 (L);
    E. Fischer, Ausst.kat., M. L., Drawings from the Evelyn Collection and the Royal Mus. of Fine Arts Copenhagen, 1962 (L);
    ders., M. L., en Dansk vagants levnedsløb i det 16. aarhundrede, in: Fund og Forskning i Det kongelige Biblioteks samlinger 11, 1964, S. 33-72 (mit dt. Zus.fassung S. 176-80);
    ders., in: Biogr. Lex. f. Schleswig-Holstein u. Lübeck VI, 1982, S. 174-80 (L);
    W. J. Müller, Zeichnungen v. M. L. (Ausst.ber.), in: Kunstchronik 16, 1963, S. 33-38;
    J. Bolland (Hrsg.), Die Hamburger Elbkarte v. M. L., 1964;
    Ausst.kat., Kunst d. Graphik IV, Zw. Renaissance u. Barock, Das Za. v. Bruegel bis Bellange, Wien, 1967 f., S. 159-65;
    E. Lassen u. a., Dansk Kunst Historie, Billedkunst og Skulptur II, 1500–1700, 1973, S. 72-76;
    F. W. H. Hollstein, German Engravings, Etchings and Woodcuts 22, 1978, S. 179-227 (W);
    ThB (unter Lorichs).

  • Porträts

    Selbstbildnis auf d. Stadtansicht v. Konstantinopel (Leiden, Univ.bibl.);
    Holzschn. n. Bildnismedaille v. 1563 auf d. Titelbl. d. Türkei-Veröff.,

  • Autor/in

    Wolfgang J. Müller
  • Zitierweise

    Müller, Wolfgang J., "Lorck, Melchior" in: Neue Deutsche Biographie 15 (1987), S. 164-165 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118800868.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Lorichs: Melchior L., geb. 1527 zu Flensburg, aus wohlhabendem Hause, in dem die dänischen Könige aus oldenburgischem Geschlechte einzukehren pflegten, lernte in Lübeck die Goldschmiedekunst, reiste dann aber mit Unterstützung Christians III. durch Süddeutschland, wo er sich als Kupferstecher und Holzschneider hervorthat. Er hielt sich, obwol damals ausgesprochener Lutheraner, am Hofe Kaiser Karls V. auf, wo er mit H. Aldegrever bekannt wurde, arbeitete für den Pfalzgrafen Otto Heinrich und ging mit reichen Empfehlungen auch des Cardinals Otto, Truchseß von Waldburg, zuerst nach den Niederlanden, dann nach Venedig und Rom, wo er 1550 aus des Michel Angelo Studien zum jüngsten Gericht einen seiner besten Kupferstiche lieferte, während auch von dieser Zeit an seine Holzschnitte als Meisterwerke gelten. Aus der älteren Zeit sind ein Papst in der Hölle, ein Porträt von Luther und von A. Dürer als Kupferstiche von ihm bekannt. Seine Studien in Rom über die Antike trieben ihn nach dem griechischen Süden. Mit der Gesandtschaft Kaiser Ferdinands an Soliman II. kam er 1557 nach Konstantinopel, wo er 3½ Jahre sich mit den dortigen Resten des Alterthums beschäftigte; die werthvollen Zeichnungen sind nicht wieder aufgefunden, das von ihm angekündigte Werk über die gesehenen Kunstwerke ist nicht erschienen. Die Bilder der drei Gesandten Busbecq, Franz Zay und Antonio Wranczy stach er dort in Kupfer. Noch vor Busbecq kehrte er nach Wien zurück, von wo er Ende 1559 Bilder des Sultan Soliman und des persischen Gesandten Fürsten Ismael an Friedrich II. von Dänemark schickte. Der kurze begleitende Bericht über Einkünfte und Heer der Türkei ist 1574 auf einem Folioblatt in Antwerpen gedruckt. Bis 1577 hatte der nun berühmte Mann die verschiedensten Anerbietungen und hielt sich in buntem Wechsel an vielen Orten auf. Italienische und deutsche Höfe, Frankreich, die Niederlande, selbst die Wallachei riefen ihn, aber nur seine|Kunstwerke geben seinen Aufenthalt an; 1567 lieferte er in Sachsen in Holzschnitt das Porträt des unglücklichen, hingerichteten Ritters Wilhelm von Grumbach, 1568 in Hamburg die riesige Elbkarte, richtiger den Elblauf, vom Flusse abgezeichnet ("Vorbiforth") von Geesthacht bis in die See. Er erhielt dafür 406 M. 4 Sch. damaliges Hamburgisches Geld, die Kämmereirechnung nennt ihn „M. Mechlger Loraus, Conterfeier“. Er hatte also den Magistertitel erworben. 1575 lieferte er abermals in Hamburg eine Karte der Vierlande. Nachher ist er in Nürnberg, dann in Regensburg, wo er die Kirchenceremonien der dorthin gesandten Moskowiter in Holz schnitt, dann in Wien. Von hier ging er im Herbst 1577 mit der Gesandtschaft Rudolfs II., doch selbständig, wieder auf drei Jahr nach Konstantinopel. 1580 kam er nach Kopenhagen zurück, wo er als Hofmaler angestellt wurde und das Bild Friedrichs II. malte. Noch 1590 lebte er, als Ort seines Todes wird Kopenhagen, Konstantinopel, auch Rom (sogar mit der Zahl 1583) angegeben. Das große Werk über seine türkische Reise von 1577—80 mit den sehr gesuchten Holzschnitten ist erst 1626 bei Michel Hering in Hamburg in Folio erschienen unter dem Titel: „Des Weltweisen, kunstreichen und wohlerfarnen Herrn Melchior Lorichs Flensburgensis wolgerissene Figuren zu ross und fuss samt schönen türkischen Gebäwden und allerhand was in der Türkey zu sehen“ etc. etc. Lorichs' Porträt mit der Jahreszahl 1575 steht vor dem Titel. Das Werk fand noch 2 Auflagen 1641 und 1646, und die Holzschnitte nahm E. G. Happel 1688 abermals in seinen Thesaurus Exoticorum auf.

    • Literatur

      Vgl. Die Elbkarte des Melchior Lorichs vom Jahre 1568, erläutert von Johann Martin Lappenberg etc. etc.“, Hamburg 1847. S. 2 ff., wo alle Quellen angegeben sind.

  • Autor/in

    Krause.
  • Zitierweise

    Franck, Jakob; Krause, "Lorck, Melchior" in: Allgemeine Deutsche Biographie 19 (1884), S. 196-197 unter Lorichs [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118800868.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA