Lebensdaten
1640 – 1714
Geburtsort
Frankfurt am Main
Sterbeort
Passau
Beruf/Funktion
Merkantilist ; Historiker ; Diplomat ; Publizist
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118552228 | OGND | VIAF: 62340491
Namensvarianten
  • Hornick, Philipp Wilhelm Freiherr von
  • Horneck, Philipp Wilhelm Freiherr von
  • Hornigk, Philipp Wilhelm Freiherr von
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Zitierweise

Hörnigk, Philipp Wilhelm Freiherr von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118552228.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ludwig (Reichsadel 1629, 1600-67, seit 1647 kath.), Dr. med., Dr. iur., Arzt in F., 1628 Hofpfalzgraf, seit 1648 kaiserl. Bücherkommissar, seit 1651 in Mainz, hier Prof. d. Med. (s. L), vermutl. illegitimer S d. Landgf. Ludwig V. v. Hessen-Darmstadt ( 1626);
    M Maria Elisabeth ( 1681), T d. Dr. iur. Paulus de Jacobinis, Advokat u. Notar in F.;
    B Joh. Moritz ( 1717), Reichshofratsagent in Wien;
    Schw Maria Veronika ( 1662 Joh. Joachim Becher, 1682, Kameralist, s. NDB I), Ernestine ( Michael Voß, 1647–1712, Prof. d. Med. in Mainz);
    Halb-B Arnold (* 1627), Dr. iur., kurmainz. GR, Gesandter am Reichstag in Regensburg 1676-82 (s. Dipl. Vertr. I);-ledig.

  • Biographie

    H. übersiedelte Ende 1650 mit seinem Vater nach Mainz und inskribierte 1654 als Logicus. 1660 begann er das Studium beider Rechte in Ingolstadt, das er mit einer gedruckten Disputationsschrift beendete, ohne|damit den Doktortitel zu erwerben. Durch seinen Schwager J. J. Becher lernte H. die Zielsetzungen des Merkantilismus kennen. 1664 dürfte er, des Spanischen kundig, als Sekretär den kaiserlichen Gesandten Christoph de Royas y Spinola auf dessen Reisen im Reich und nach Madrid begleitet haben. H. läßt sich seit Dezember 1665 mit Sicherheit in Wien nachweisen, wo er mit dem Hofbibliothekar und Geschichtsschreiber Peter Lambeck in Verbindung getreten war. Zur gleichen Zeit kam auch Becher im diplomatischen Dienst des bayerischen Kurfürsten nach Wien. H. beteiligte sich eifrig an den Reinschriften Becherscher Arbeiten. Ende 1667 hatte Bischof Royas kraft kaiserlicher Resolution die landesfürstliche Pfarre Hartberg in der Oststeiermark als Existenzgrundlage erhalten, die er – von der Residenzpflicht befreit – durch seinen Sekretär H. verwalten ließ, was diesem durch über 9 Jahre eine praktische Erprobung merkantilistischer Grundsätze bei Führung einer Grundherrschaft ermöglichte. Er legte neue Untertaneninventare an und schuf ein neues Urbar über die Stadtpfarre Hartberg sowie – wohl unter dem Einfluß von Lambeck – ein Kopialbuch der Pfarre, das Urkundenabschriften von 1310 bis 1667 enthält. Für A. Stöcklers „Tugent-Spiegel“ (1675) übersetzte H. aus dem Spanischen eine Lebensbeschreibung der Schwester Margareta vom Heiligen Kreuz. Daneben war er an Bechers Lieblingsprojekt, den Vorarbeiten zur Einführung einer Gewerbesteuer, maßgeblich beteiligt. 1673 empfing H. vom Kommerzkolleg die Geheiminstruktion zu einer Informationsreise zwecks Erhebung der Zahl der Handwerker. In 92 Städten und 16 Märkten sammelte er ausführliche Gewerbestatistiken. Becher benützte die Ergebnisse der Reise zu einer umfassenden Denkschrift über die wirtschaftliche Lage der Erbländer. H.s spezifisch österreichischer Staatsgedanke, wie er später in „Österreich über alles“ uns entgegentritt, scheint vor allem aus der Mitarbeit an dieser Denkschrift erwachsen zu sein.

    1676 kehrte H. aus Hartberg nach Wien zurück und begab sich mit Becher, der als Kommissar die Durchführung eines Reichsediktes gegen die Einfuhr französischer Waren betrieb, auf eine Deutschlandreise. Über Salzburg und Augsburg ging es nach Ulm, Nürnberg, Frankfurt, Mainz und Köln. Von hier aus reiste H. im August 1676 nach Rom, wo Royas seine Kirchenunionspläne verfocht. Erst im April 1678 kehrten beide nach Wien zurück und begaben sich anschließend (1678/79) im Auftrag des Kaisers zu Verhandlungen über die Reunion und zu deren Durchführung an deutsche Fürstenhöfe (Salzburg, München, Augsburg, Ulm, Regensburg, Nürnberg, Mannheim, Mainz, Fulda, Kassel, Köln, Paderborn, Osnabrück, Hannover, Wolfenbüttel, Lübeck, Halle und Dresden). In Hannover dürfte H. auch Leibniz aufgesucht haben, jedenfalls beantwortete er 1679 aus Peine einen Brief von ihm, womit ein nahezu 30 Jahre währender Briefwechsel begann (42 Briefe H.s an Leibniz befinden sich im Nachlaß von Leibniz, von den Leibniz-Briefen an H. sind nur einige Briefkladden bekannt, die Originale sind mit dem H.-Nachlaß verlorengegangen). Der Ausbruch der Pest 1679 unterbrach die Reunions-Verhandlungen.

    H. trat 1680 in den Dienst des österreichischen Gesandten Johann Ph. Graf von Lamberg in Berlin. Er verfolgte jedoch die Reunionspläne weiter, unter anderem mit D. Heinsius, dem Jesuitenpater Wolff und H. Conring. Als Graf Lamberg im Frühjahr 1682 zur Berichterstattung nach Wien zurückberufen wurde, harrte H. auf dem schwierigen Außenposten in Berlin allein aus, um die Fäden zwischen Wien und Berlin nicht ganz abreißen zu lassen. Es bestand nur wenig Hoffnung, die Verbindung des Kurfürsten Friedrich Wilhelm mit Frankreich zu lösen und diesen für eine entschiedene Politik gegen Ludwig XIV. zu gewinnen, zu einem Zeitpunkt, da dessen Hilfe gegen die Türken dem Kaiser dringend vonnöten war. Um das nationale Gewissen der Deutschen gegen Frankreich wachzurütteln, ließ H. seine 3 „Francopolita-Schriften“ erscheinen. Gleichzeitig aber führte er die Reunionsgespräche weiter. Gemeinsam mit Royas arbeitete er neue Vorschläge aus, die über Leibniz an Molanus und Barckhausen gingen. Seit Juli 1682 befand sich auch Lamberg wieder in Berlin, jedoch erforderten die gleichzeitigen Verhandlungen mit Kursachsen zwischendurch immer wieder Aufenthalte H.s in Dresden. 1683 reiste er in Begleitung Lambergs an den kaiserlichen Hof und zum Entsatzheer, mußte aber infolge Erkrankung von Prag nach Dresden zurückkehren.

    Nach dem Sieg über die Türken erhielt H. für seine diplomatische Tätigkeit 1684 eine Belohnung in Form der Ernennung zum kaiserlichen Secretarius, verbunden mit einer jährlichen Pension von 300 rheinischenGulden.1684 übersiedelte er mit Lamberg endgültig nach Dresden, wo er sein einflußreichstes Werk „Österreich über alles“ zunächst anonym erscheinen ließ. Die Siegesfreude wurde ihm zum Anlaß, auf die ungenutzten wirtschaftlichen Möglichkeiten des Habsburgerreiches hinzuweisen, damit der Reichsmerkantilismus|erstarke und so das Reich den Erzfeind Frankreich auch wirtschaftlich überflügle. Zwar erhoffte sich H. insgeheim in den folgenden Jahren eine gehobene Stellung am Wiener Hofe, jedoch zerschlugen sich alle Projekte. Als einzige Frucht jahrelanger Arbeit an einer „teutschen Reichshistorie“ erschien 1688 die „Privilegienschrift“, die anhand der Originalurkunden die führende Stellung Österreichs im Reiche nachzuweisen suchte. Als dem Schwager Bechers begegnete man H. mit Mißtrauen, was ihn wohl bewog, mit Graf Lamberg, der 1686 zum Prinzipalgesandten beim Reichstag ernannt worden war, nach Regensburg zu übersiedeln.

    1689 wurde Lamberg Fürstbischof von Passau und ernannte H. zu seinem wirklichen Geheimen Rat, 2 Jahre später berief er ihn als ständigen Beisitzer in den Hofrat. Große Verdienste erwarb sich H. bei der Neuordnung des Passauer Archivs, vermutlich war er der Entdecker des sogenannten Lonsdorfer Codex. Von seinen umfangreichen Arbeiten zur Geschichte des Bistums Passau geben mehrere, in der Bayerischen Staatsbibliothek verwahrte Handschriften Zeugnis, darunter Steuerprojekte, Einkünfteverzeichnisse, aber auch naturrechtliche Abhandlungen. Wiederholt schrieb H. für Leibniz seltene Urkunden ab. 1690 fand in Passau eine Begegnung mit dem aus Rom zurückkehrenden Leibniz statt. Seit 1705 war H. passauischer Gesandter und Lehenspropst beim Reichstag in Regensburg. Auch nach dem Tode des Kardinals Lamberg 1712 behielt H. seine Stellung und trat für die Auszahlung der von Lamberg testamentarisch verfügten Pensionen ein.

  • Werke

    u. a. Disputatio juridica de Jurisdictione in genere et de Ecclesiastica et Saeculari …, Ingolstadt 1661;
    Leben d. durchleuchtigsten Ertz Hertzogin … Margaritae De S. Cruce, 1675;
    Germaniae antiquae et novae Contentio singularis …, 1676;
    H. G. D. C. Francopolitae, Wahrer Ber. v. d. alten Kgr. Austrasien, 1682;
    dass.v. d. alten Kgr. Lothringen, 1682;
    Franco-Germania, 1682 (v. diesen 3 Flugschrr. Sammelausg. u. d. T. Franco-Germania …, 1708);
    Apologia d. so gen. Waldeck. Receß. (1682);
    Oesterreich Über alles wann es nur will, 1684, zahlr. Ausgg. bis 1784, Neuausg. v. G. Otruba 1964 (W, L, Verz. d. Briefe, Biogr.);
    Hist. Anzeig v. d. Eigentl. Ursachen d. Privilegierungen d. Hochlöblichsten Ertz-Hauses Oesterreich, 1688, ⁴1733;
    zahlr. Mss. in d. Bayer. Staatsbibl. München, u. a.: Anhang zu meinem unterthänigen Ber. de origine d. heuntigen Steuerfußes, o. J. (Cgm 1742);
    Chronographia Passaviensis …, 1693 (Cgm 1738);
    Fundamenta Juris prudentiae publicae universalis, n. 1692 (Clm 11056).

  • Literatur

    ADB 13 (unter Hornick);
    W. Stricker, in: Archiv f. Frankfurts Gesch. u. Kunst NF 4, 1869;
    W. Roscher, Die österr. Nat.-Oekonomik unter Kaiser Leopold I., in: Jbb. f. Nat.ök. u. Statistik 2, 1864;
    K. Th. v. Inama-Sternegg, Über Ph. W. v. H., ebd. NF 2, 1881;
    H. Gerstenberg, Ph. W. v. H., ebd. 3. F., 78. Bd., 1930;
    H. v. Srbik, Der staatl. Exporthandel Österreichs v. Leopold I. bis Maria Theresia, 1907, S. 66 ff.;
    ders., W. v. Schröder, in: SB d. Kaiserl. Ak. d. Wiss., phil.-hist. Kl., 164, I, 1910;
    L. Sommer, Die österr. Kameralisten in dogmengeschichtl. Darst., T. 1 u. 2, 1920/25;
    H. Schrohe, L. v. H. u. d. Mainzer Med. Fak. 1653–67, in: Volk u. Scholle 6, 1928;
    R. Maly, Die Stellung d. Merkantilismus z. Landwirtsch. in Österreich, Diss. Wien 1934;
    H. Weidel, Die Stellung d. österr. Kameralisten Becher, Schröder, H. zum Gewerbe, Diss. Wien 1935;
    H. Hassinger, Wien im Za. d. Merkantilisten, in: Wiener Gesch.bll., 1941, H. 1;
    ders., Joh. Joachim Becher, 1635–82, 1951;
    F. Posch, Ph. W. v. H., Werdejahre u. österr.-steir. Beziehungen, in: MIÖG 61, 1953;
    I. Bog, Der Reichsmerkantilismus, 1959, S. 17 f.;
    Ph. W. v. H., Österreich üb. alles, wenn es nur will, hrsg. v. G. Otruba, 1964, S. 11-43 (W);
    Wb. d. Volkswirtsch. I, ³1911;
    Hdwb. d. Staatswiss. V, ⁴1923. - Zu V Ludwig:
    H. F. Friederichs, in: Hess. Fam.kde. 2, 1953, Sp. 209-16, 287-92;
    BLÄ.

  • Autor/in

    Gustav Otruba
  • Zitierweise

    Otruba, Gustav, "Hörnigk, Philipp Wilhelm Freiherr von" in: Neue Deutsche Biographie 9 (1972), S. 359-361 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118552228.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Hornick: Philipp Wilhelm v. H. (auch Hörnigk und Horneck geschrieben) war der Sohn des kurmainzischen Hofraths Ludwig v. H., geb. um das Jahr 1638, kam schon frühzeitig mit seinem Vater nach Wien, studirte die Rechte in Ingolstadt, wo er 1661 die Doctorwürde erhielt, brachte dann lange Zeit in Wien zu, besuchte mit dem spanischen Franziskaner und Bischof von Croatien Christoph Rojas in politischer Mission die deutschen Höfe und trat seit ungefähr 1690 in die Dienste des Cardinals Lamberg, Fürstbischof von Passau, als dessen geheimer Rath er in den Freiherrnstand erhoben wurde, starb um das Jahr 1712. Als Publicist trat er zuerst 1682 mit der Schrift: „Hippophili Galeacii de Corneliis Francopolitae wahrer Bericht von dem alten Königreich Austrasien“ auf, in welcher er für politisches Zusammengehen der deutschen Reichsstände und gemeinsame Aufstellung einer Armee zur Bekämpfung der französischen Annexionsgelüste eintrat. Dieser folgt 1684 sein Hauptwerk: „Oesterreich über alles, wann es nur will: das ist wohlmeinender Fürschlag, wie mittelst einer wohlbestellten Landesökonomie, die kaiserlichen Erblande in kurzem über alle andern Staaten von Europa zu erheben und mehr als einiger derselben von denen anderen independent zu machen“. Das Buch, 12 mal aufgelegt, genoß großes Ansehen bei den Zeitgenossen und den nächstfolgenden Generationen und ist in der That als präcisester, abgeklärtester Ausdruck des deutschen Merkantilismus von bleibendem Werthe für die Geschichte der Nationalökonomik und in seiner umsichtigen, maßvollen und gründlichen Darlegung der Staatskräfte Oesterreichs wie der allgemeinen Bedingungen des Staats- und Volkswohls das Muster eines staatsmännisch gehaltenen wirthschaftspolitischen Programms, das auch für die Praxis der österreichischen Staatsverwaltung im 18. Jahrhundert sehr einflußreich geworden ist. In seinen Spätjahren wendete sich H. mehr geschichtlichen Ausführungen zu, wofür er sich schon in seinem „Austrasien“ für seine Zeit gut vorgebildet erwies. So in den „Historischen Anzeigen von den Privilegien des Erzhauses Oesterreich“ 1708 und in mehreren nachgelassenen Schriften zur Geschichte des Fürstbisthums Passau, welche neben einigen Referaten über passauische Staatshändel als Manuscripte in der k. Hof- und Staatsbibliothek in München verwahrt werden.

    Jöcher, Gelehrtenlexikon, Suppl. (irrthümlich als Paul W. v. H.). Roscher, Gesch. d. Nat.-Oek. 289 ff. Mein Artikel über H. in den Jahrbüchern für Nationalökonomie und Statistik von Conrad Bd. 2 Heft 1. Seine unter dem Präsidium des Pandektenprofessors Matthias Kautt veröffentlichte Doctordissertation „de jurisdictione in genere et de ecclesiastica et seculari S. R. J. principum — episcoporum in specie“ datirt Ingolstadt, den 20. Aug. 1661.

  • Autor/in

    Inama.
  • Zitierweise

    Inama von Sternegg, Theodor, "Hörnigk, Philipp Wilhelm Freiherr von" in: Allgemeine Deutsche Biographie 13 (1881), S. 157-158 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118552228.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA