Lebensdaten
1770 – 1851
Geburtsort
Mainz
Sterbeort
Mainz
Beruf/Funktion
Dichter ; Kunstschriftsteller ; Maler
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 117608122 | OGND | VIAF: 8169696
Namensvarianten
  • Müller, Nikolaus
  • Müller, Nikolaus
  • Müller, Nicolaus
  • mehr

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Müller, Nikolaus, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117608122.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann ( 1804), Krämer in Flörsheim, seit 1756 Bürger in M.;
    M Katharina Erlenbach ( 1802); 15 Geschw.;
    1) 1801 ( 1826) Marianne Fachinger (* 1786) aus Limburg/Lahn, 2) 1837 Anna Maria Achenbach (1791–1854) aus Pirmasens;
    3 S, 2 T aus 1).

  • Biographie

    M. studierte in Mainz und verließ 1788 die Universität als Baccalaureus. Nach kurzen juristischen und anatomischen Studien begann er als Theatermaler zu arbeiten und sich literarisch zu betätigen. Nach dem Einzug der Franzosen in Mainz wurde er in das Comité d'instruction und das Comité de surveillance aufgenommen. Nach eigenen Angaben schrieb er u. a. für das am 17.2.1793 eröffnete „National-Bürgertheater“ mehrere Stücke, von denen zwei nachweisbar sind. Als franz. Soldat verließ er bei der Übergabe am 24.7.1793 die Stadt und ging nach Paris, wo er seine Künstlerausbildung bei J. L. David fortsetzte (s. nachgelassene Notizen von 1794 zu 51 Bildern von David). Während längerer Aufenthalte in Straßburg und anderen Orten ging er verschiedenen Tätigkeiten nach (Branntweinbrenner, Forstinspektor, Redakteur) und errichtete in Koblenz und Bingen (14.1.1798) Freiheitsbäume. Seit dem 20.2.1798 wieder in Mainz, gründete er eine Zeichenschule und ließ die „Republikanischen Gedichte“ erscheinen, programmatische Texte, die sich an gängige Lieder anlehnten, so die Hymne „An die Gleichheit“ nach Schillers „An die Freude“. 1802 wurde er Professor für Ästhetik und Zeichenkunst am Lyceum, 1805 zudem Konservator der Gemäldegalerie, deren Bestand er im „Rhein. Archiv für Geschichte und Literatur“ beschrieb. In diesen Aufsätzen über Dürer, Andrea del Sarto, Jordaens, Poussin, Rubens u. a. wie in der Schrift zu Raffaels 300. Todestag (1820) zeigt er sich als Kenner der europ. Malerei. Von seinen eigenen Gemälden, die er entweder selbst erwähnt (z. B. ein Brustbild und ein lebensgroßes Porträt Gutenbergs zur Feier am 25.10.1824) oder die in einer Auktion 1840 angeboten und zu diesem Zwecke verzeichnet wurden, ist bislang keines wieder nachgewiesen worden. Aufgrund seiner Aufsätze und zweier handschriftlich erhaltener Vorträge darf man vermuten, daß er neben Porträts und Landschaften historische und allegorische Sujets bevorzugte. Als Mainz 1816 an das Ghzgt. Hessen überging, wurde M. in seinem Amt als Professor bestätigt. Sein anhaltendes Interesse am Theater zeigt sich in einer Schrift von 1823, in der er der Stadt empfiehlt, das Theater, an dessen Unterhalt bisher der Großherzog beteiligt war, ganz zu übernehmen, sowie in einer Artikelreihe zur Geschichte der Mainzer Bühne in der Zeitschrift „Rhenus“ (1824/25). Sein Versuch,|1830 als Theatermaler angestellt zu werden, scheiterte.

    Seit 1800 beschäftigte sich M. mit oriental. und ind. Dichtung und Mythologie; er legte, meist nach franz. Quellen, Collectaneen zum Judentum an und schrieb „Die Lieder von Boas, Ein Vermächtnis aus dem Orient in 12 Gesängen mit Glossarium“ (ungedr.), deren Sprache vom „Ossian“ beeinflußt ist, während Figuren und Motive aus der alttestamentarischen Geschichte kommen. Sich stützend auf Herder und die Orientalisten F. Creuzer und J. v. Hammer-Purgstall, veröffentlichte er 1822 selbst eine Darstellung der ind. Mythologie und ihrer Ikonologie, die als ein frühes, wenn auch kaum rezipiertes Zeugnis der Indologie in Deutschland gelten kann. Stellenweise polemisierend hält er gegen den „hellenischen Fanatismus“ der Europäer die sog. „Brahamantike“ (M.s Wortprägung), die nach der von ihm kritisch gesehenen Kolonisierung Indiens nur noch bruchstückhaft aufzufinden sei und daher verkannt werde. So weist er Goethes Verurteilung des „indischen Götzendienstes“ im „Westöstlichen Divan“ zurück. Seinem Interesse an oriental. Mythologie entsprang auch seine Abhandlung über den Mithras-Kult und das Mithräum von Heddernheim, die er im Verein für Nassauische Altertumskunde und Geschichtsforschung vortrug. Im selben Verein plädierte er in einem Vortrag 1837 für Gelehrtenvereine, indem er deren mehrfachen Nutzen für das Publikum und den Staat (Pflege der Nationalgeschichte) hervorhob. M. hatte 1824 den Mainzer Verein für Literatur und Kunst initiiert, dessen Berichte er herausgab, 1841 gründete er den Mainzer Altertumsverein. Wie weit inzwischen das politische Engagement zurückgetreten war, macht das Vorwort seines Veteranen-Liederbuchs (1837) deutlich: Ausdrücklich werden hier die militärischen Tugenden der Männer und die soldatischen Extremsituationen hervorgehoben; die Veteranenvereine, an die sich das Liederbuch richtete, dienten nur der verklärenden Erinnerung und Geselligkeit jenseits von Standes- und Vermögensgrenzen. M.s zahlreiche Gelegenheitsgedichte in lokalen Blättern, meist auf gängige Liedmelodien, zeigen, daß er an der Geselligkeitskultur der Stadt maßgeblich teilnahm. In M.s Biographie spiegeln sich exemplarisch die politischen Zeitläufte: ist er als jakobinischer Autor zunächst auf die politische Praxis verpflichtet und als Künstler der klassizistisch-antiken Tradition verbunden, so löst er sich nach 1800 davon und entdeckt wie etwa zahlreiche Romantiker die außereuropäischen Kulturen; in seinem Engagement für Gelehrten- und Kunstvereine, die ihrerseits typisch für das 19. Jh. sind, zeigt sich der Ehrgeiz des gebildeten Bürgers, am kulturellen Leben teilzuhaben und in einem Klima politischer Restauration ein Forum öffentlicher Tätigkeit zu finden.|

  • Auszeichnungen

    Mitgl. d. Frankfurter Mus. (1814), Ehrenmitgl. im Ver. f. Nassau. Altertumskde. u. Gesch.forschung (1829).

  • Werke

    u. a. Der Aristokrat in d. Klemme, 1792 (Lustspiel);
    Der Freiheitsbaum, 1796 (Lustspiel);
    Republikan. Gedichte, 1799 (mit F. Lehne);
    Glauben, Wissen u. Kunst d. alten Hindus in ursprüngl. Gestalt u. im Gewande d. Symbolik, I, 1822, Neudr. mit e. Nachwort v. H. Kucharski, 1968;
    Mithras, Eine vgl. Uebersicht d. berühmteren mithr. Denkmäler u. Erklärung d. Ursprungs … ihrer Symbole, 1831;
    Liederbuch f. d. Veteranen d. großen Napoleonsarmee v. 1803-1814, 1837;
    Ueber Gelehrtenvereine, insbes. üb. d. Wichtigkeit d. hist. u. alterthumsforschenden Gesellschaften, in: Nassau. Ann. 3, 1842, S. 120-30;
    Die sieben letzten Kurfürsten v. Mainz u. ihre Zeit, Charakterist. Gem.gallerie v. Ueberlieferungs- u. Erinnerungsstücken zw. 1679 u. 1794, 1846. |

  • Nachlass

    Nachlaß: Stadtarchiv Mainz.

  • Literatur

    ADB 22;
    H. W. Engels, Gedichte u. Lieder dt. Jakobiner, 1971, S. 118-22;
    G. Steiner, Jakobinerschauspiel u. Jakobinertheater, 1973, S. 62-64, 69-76 (dort Nachdr. v. „Der Freiheitsbaum“);
    I. Stephan, Literar. Jakobinismus in Dtld. (1789–1806), 1976, S. 170, 174;
    M. Landschulz, Mainzer Maler aus d. 1. Hälfte d. 19. Jh., 1977, S. 111-18;
    Mainz in napoleon. Zeit, Kultur- u. kunstgeschichtl. Aspekte, 1982, S. 61-63;
    W. Balzer, Mainz. Persönlichkeiten d. Stadtgesch., II, 1989, S. 268-69 (P);
    Die Publizistik d. Mainzer Jakobiner u. ihrer Gegner, Ausst.kat. Mainz 1993, S. 14, 225, 269;
    Die Schrr. d. Mainzer Jakobiner u. ihrer Gegner (1792–1802), hrsg. v. d. Stadtbibl. Mainz, Mikrofiche-Edition, 1993 (dort Nachdr. v. „Der Aristokrat in d. Klemme“, „Republikan. Gedichte“);
    Mainzer Zs. 49, 1994;
    Goedeke VII, S. 236-38, XI, S. 75, 279;
    Scriba I, S. 262-75;
    Scriba II, S. 502 f.;
    ThB;
    B. Brauksiepe u. A. Neugebauer, Künstlerlex. Rheinland-Pfalz, Maler u. Graphiker v. 1450-1950, 1986, S. 170;
    Kosch, Lit.-Lex.³;
    Killy;
    H. Reinalter u. a., Biogr. Lex. z. Gesch. d. demokrat. u. liberalen Bewegungen in Europa I, 1992.

  • Porträts

    Selbstporträt (Original verschollen, Phot. im Stadtarchiv Mainz), Abb. b. W. Balzer (s. L);
    Karikatur v. L. Lindenschmit d. Ä. (Landesmus. Mainz).

  • Autor/in

    Gertrud Rösch
  • Zitierweise

    Rösch, Gertrud Maria, "Müller, Nikolaus" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 460-461 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117608122.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Müller: Nikolaus M., dramatischer Dichter, Maler, ästhetischer und mythologischer Schriftsteller, auch betheiligt an der Mainzer Klubistenbewegung, war geboren zu Mainz am 14. Mai 1770, am 14. Juni 1851. Schon als Schüler ließ er Gedichte drucken, auch vermöge persönlicher Beziehungen zu dem Schauspieldirector Großmann (Bd. IX S. 752) Theaterstücke an der Mainzer Bühne aufführen. Er bezog die Universität, um Philosophie zu studiren, wurde 1788 Baccalaureus und suchte dann durch Malerarbeiten seinen Unterhalt zu finden. Nach dem Einrücken der Franzosen trat er dem Freiheitsklub bei. Er hielt hier öfters Reden, war Mitglied zweier Ausschüsse, auch als Dolmetscher wie durch Leitung politischer Feste und durch Tendenzdramen für die Förderung der Parteizwecke thätig. Bei der Uebergabe der Stadt an die Deutschen entkam er am 24. Juli 1793 in der Uniform eines französischen Soldaten. Zuerst trieb er in Paris Kunststudien, wurde dann in der Pfalz in verschiedenen Subalternstellungen beschäftigt und kehrte nach der abermaligen Besetzung von Mainz durch die Franzosen im Februar 1798 dahin zurück. Er ertheilte hier im Zeichnen Privatunterricht, malte und schrieb für das Theater, bis er 1802 am Lyceum eine Stelle als Lehrer der Aesthetik und des Zeichnens erhielt. 1805 wurde er auch Conservator der städtischen Gemäldegallerie. Er behielt diese Aemter nach dem Uebergang der Stadt an den hessischen Staat, erwarb sich Verdienste um die Förderung der künstlerischen und litterarischen Bestrebungen unter seinen Mitbürgern und dehnte seine Beschäftigungen auch auf wissenschaftliche, namentlich mythologische und sprachliche Studien aus. Als Frucht der letzteren veröffentlichte er namentlich: „Glauben, Wissen und Kunst der alten Hindus“ (1822) und „Mithras“ (1831). Er bewahrte bis in ein hohes Alter Körperkraft und Geistesfrische; sein Tod erfolgte in Mainz am 14. Juni 1851.

    • Literatur

      Selbstbiographie und Schriftenverzeichniß bei Scriba, Lexicon der Schriftsteller des Großherzogthums Hessen I. 262—275, II. 502 f. — Neuer Nekrolog der Deutschen. Jahrg. 29, S. 450—460.

  • Autor/in

    Leser.
  • Zitierweise

    Leser, Emanuel, "Müller, Nikolaus" in: Allgemeine Deutsche Biographie 22 (1885), S. 655 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117608122.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA