Lebensdaten
um 1495 – 1552
Geburtsort
Aichach/Paar (Oberbayern)
Sterbeort
Straßburg (an der Pest)
Beruf/Funktion
Komponist ; Kantor
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 104059389 | OGND | VIAF: 61731997
Namensvarianten
  • Greiter, Matthäus
  • Gryter, Matthäus
  • Gritter, Matthäus
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Greitter, Matthäus, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd104059389.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Straßburg 1524 Elisabeth, T d. Bürgers Hermann Hanns;
    6 S, 4 T.

  • Biographie

    G. wurde am 31.12.1510 an der Universität Freiburg (Breisgau) immatrikuliert und studierte vermutlich Theologie. Daneben wird er im Kreise von Th. Sporer und S. Dietrich seine musikalische Ausbildung erhalten haben. Um 1520 war er Mönch (Ordenszugehörigkeit unbekannt) und Kantor am Münster zu Straßburg. 1524 trat G. zum Protestantismus über und erwarb am 8.10.1524 das Bürgerrecht durch Heirat. In der Folgezeit wurden ihm zusätzlich zu seinem Dienst am Münster verschiedene geistliche Ämter unter anderem an Sankt Stephan, Sankt Thomas und Altsanktpeter übertragen. Als Dichter und Melodist wirkte G. wesentlich an den Straßburger Gesangbüchern, unter anderem am „Teutsch Kirchenampt“ (1524), mit. Seit 1538 leitete er den Musikunterricht an dem von J. Sturm und M. Butzer gegründeten „Gymnasium Argentinense“; dafür schrieb er den kleinen Traktat „Elementale musicum“ (1544, ²1546), der dem Lehrplan angepaßt war. 1546 des Ehebruchs angeklagt, verlor er fast alle Ämter und konnte erst nach langen Verhandlungen, in deren Verlauf besonders der Landgraf von Hessen sein Fürsprecher war, die Lektionen am Gymnasium wieder aufnehmen. Als das Münster 1549 auf Grund des Interims wieder katholisch wurde, konvertierte G. abermals, wozu ihn wahrscheinlich seine Notlage zwang, und wurde am 13.1.1550 wieder als Kantor und Musiklehrer am Münster angestellt. – Von G. stammen einige der Hauptweisen der evangelischen Kirche wie „Es sind doch alle selig“ Pseudonym 119 (EKG 54), eine hervorragende Schöpfung, die von Calvin, mit dem G. persönlich bekannt war, für Pseudonym 36 und 68 in den Genfer Psalter übernommen wurde. G.s rhythmisch einfache, syllabische Weisen sind für die Kirchenliedkomposition beispielhaft geworden. In den mehrstimmigen Tenorliedsätzen G.s, überwiegend über Volksweisen beziehungsweise volkstümliche Weisen, vereinigen sich großes kontrapunktisches Können mit Wohlklang und Innigkeit. Bereits die frühdatierten Stücke (1521/22) zeigen ihn als Meister. Seine von Josquin beeinflußte Satzweise nähert sich zum Teil der Liedmotette an. Zu seinen kunstvollsten Sätzen gehören „Ich stund an einem Morgen“, wohl der erste Liedsatz, der im Baß ein Ostinatomotiv streng durchführt, und das Quodlibet, in dem 4 Lieder simultan erklingen. Die klangschönen akkordischen Sätze zeigen G.s ausgeprägten Sinn für Harmonik. Konventioneller in Melodie und Satz sind die Hofweisenlieder. – Seine bemerkenswerteste und genialste Komposition ist die vor 1544 entstandene zweiteilige Motette „Passibus ambiguis“, die im Tenor als Motto (Ostinato) den Anfang der Chanson „Fortuna desperata“ hat und im Quintenzirkel von F-Dur nach Fes-Dur moduliert. Nach Willaerts „Quod non ebrietas“, durch das sie inspiriert sein könnte – vielleicht auch durch Josquins „Fortuna“-Komposition – ist sie das zweite chromatische Experiment im 16. Jahrhundert, die erste Quelle für die Vorzeichnung von „ces“ und „fes“ und die einzige für „doppel b“. – Allein durch dieses Werk wird G. zum bedeutendsten Musiker seiner Zeit im alemannischen Raum.

  • Werke

    7 Psalmlieder, 4 liturg. Stücke (insgesamt werden G. 16-20 Kirchenlieder zugeschrieben) u. 19 mehrstg. Komp. s. MGG, davon 13 weltl. Lieder s. Blume, Chorwerk 87, ferner d. Quodlibet „Von d. Löffeln“ (Ott 1534, Nr. 118;
    Schmeltzel 1544, Nr. 5;
    Zürich Ms. XI-301, S. 28);
    „Passibus ambiguis“ (auch im Heidelberger Kapellkat. Cod. Pal. 318 2mal, Neuausg. E. E. Lowinsky, M. G.s „Fortuna“, An Experiment in Chromatism and in Musical Iconography, in: The Musical Quarterly 47, New York 1956, S. 505 ff.).

  • Literatur

    ADB IX;
    Ph. Wackernagel, Das dt. Kirchenlied, 1863 ff., Bd. 3;
    J. Zahn, Die Melodien d. dt. ev. Kirchenlieder, 1889 ff.;
    M. Vogeleis, Qu. u. Bausteine zu e. Gesch. d. Musik u. d. Theaters im Elsaß 500-1800, Straßburg 1911;
    Th. Gerold, Les plus anciennes melodies de l'Eglise protestante de Strasbourg et leurs auteurs, Paris 1928;
    S. Fornaçon, in: Der Kirchenmusiker, 1955;
    E. Wagner, Akten-Material zu e. Gesch. d. prot. Kirchenmusik in Straßburg v. 1524-1681, 3 T., Straßburg (Ms.);
    F. Muller, in: MGG V, Sp. 799-802 (W, L);
    Eitner.

  • Autor/in

    Hans-Christian Müller
  • Zitierweise

    Müller, Hans-Christian, "Greitter, Matthäus" in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 41-42 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd104059389.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Greiter: Matthäus G. (Greiterus) war als Musiker am Dom in Straßburg angestellt und starb dort am 20. November 1550. Von ihm erschien 1544 in Straßburg ein theoretisches Werk: „Elementale musicum juventuti accomodatum“ etc., von dem 1546 ebenfalls in Straßburg die zweite Ausgabe herauskam. Einige 2-, 4- und 5 stimmige weltliche und geistliche Gesänge von ihm stehen in verschiedenen Sammelwerken des 16. Jahrhunderts. Fétis im 4. Band seiner Biographie universelle des Musiciens (Paris 1862) rühmt außerordentlich einen vierstimmigen lateinischen Gesang von G., der in Gregor Faber's Musices practicae erotematum (1553) steht.

    • Literatur

      Eitner, Bibliographie der Musiksammelwerke des 16. u. 17. Jahrhunderts, Berlin 1877, S. 662.

  • Autor/in

    Fürstenau.
  • Zitierweise

    Fürstenau, Moritz, "Greitter, Matthäus" in: Allgemeine Deutsche Biographie 9 (1879), S. 636 unter Greiter [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd104059389.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA