Dates of Life
1889 – 1946
Place of birth
Wurzen (Sachsen)
Place of death
Lager Eselheide bei Stukenbrock
Occupation
Reichsjustizminister
Religious Denomination
konfessionslos
Authority Data
GND: 124864309 | OGND | VIAF: 13253547
Alternate Names
  • Thierack, Otto Georg

Relations

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Citation

Thierack, Otto Georg, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd124864309.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogy

    Aus seit 1633 in d. Niederlausitz nachweisbarer Bauern- u. Bürgerfam.;
    V Heinrich Otto (* 1846), Drogist, Kolonialwarenhändler;
    M Antonie Fels (1861–1935);
    1920 Karoline Bernardine Eveline Zumloh.

  • Biographical Presentation

    T. besuchte das humanistische Gymnasium in Wurzen und studierte seit 1910 in Marburg und Leipzig Jura. 1913 legte er die 1. jur. Staatsprüfung ab, 1914 wurde er in Leipzig promoviert. Die freiwillige Teilnahme am 1. Weltkrieg unterbrach das Referendariat. T. kämpfte in Frankreich, Serbien und Mazedonien, erlitt eine Verwundung und wurde mehrfach ausgezeichnet (1918 Lt. d. Reserve). Nach dem 2. jur. Staatsexamen war er seit 1920 als Gerichtsassessor, seit 1921 als Staatsanwaltschaftsrat am Landgericht Leipzig tätig; 1926 wurde er Staatsanwalt am Oberlandesgericht Dresden.

    Am 1. 8. 1932 trat T. in die NSDAP ein. Der nationalsozialistische Reichskommissar und spätere Ministerpräsident Sachsens, Manfred v. Killinger (1886–1944), ernannte ihn im März 1933 zum sächs. Justizminister. In dieser Funktion setzte T. den Ausschluß von Juden und politischen Gegnern aus der Justiz um und wirkte auf die nationalsozialistische Ausrichtung der Juristenausbildung und die Verschärfung des Strafvollzugs hin. Eine zentrale Aufgabe war die Mitwirkung an der „Verreichlichung“ der Justiz. Mit der Auflösung der Landesjustizverwaltungen im April 1935 wechselte T. als Vizepräsident an das Reichsgericht. Als der 1934 geschaffene Volksgerichtshof, dem die reichsgerichtliche Kompetenz für Hoch- und Landesverratssachen übertragen worden war, im April 1936 zu einem ordentlichen Gericht wurde, übernahm T. am 1. Mai die Präsidentschaft. Der mit dem Namen seines Nachfolgers Roland Freisler (1893–1945) verbundene exorbitante Anstieg der Todesurteile seit 1942 begann noch in T.s Ära. Schon 1940 plädierte er dafür, „kleine Mitläufer“ des tschech. Widerstands ohne Gerichtsverfahren in Konzentrationslager zu verbringen. Bei dem Verfahren gegen den der heimlichen Opposition verdächtigten Ministerpräsidenten des Reichsprotektorats Böhmen und Mähren, Alois Eliáš, akzeptierte T. die Usurpation staatsanwaltlicher Funktionen durch die Gestapo und fällte am 1. 10. 1941 das erwünschte Todesurteil. Auf diese Weise empfahl er sich bei der NSFührung für Höheres.

    Am 20. 8. 1942 wurde T. von Hitler zum Reichsjustizminister ernannt und mit der Schaffung einer „nationalsozialistischen Rechtspflege“ beauftragt, ferner mit der Leitung des NS-Rechtswahrerbundes und der Akademie für Dt. Recht als Nachfolger des in Ungnade gefallenen Hans Frank (1900–46). Am 18. 9. 1942 vereinbarte T. mit Heinrich Himmler (1900–45) die Überstellung „asozialer Elemente“ (u. a. Juden, Sinti u. Roma, Häftlinge slaw. Herkunft u. Sicherheitsverwahrte) aus der Justizhaft in die Konzentrationslager zur „Vernichtung durch Arbeit“. Über 20 000 Justizhäftlinge waren betroffen,|von denen nur wenige überlebten. T. trat 1942/43 die Strafverfolgung von Russen und Polen sowie von Juden an die Polizei ab. Mit den „Richterbriefen“ und anderen Maßnahmen sollte die weitere Verschärfung der Rechtsprechung erreicht werden. Die v. a. von Staatssekretär Curt Rothenberger (1896–1959) angestrebten Strukturreformen in der Justiz blieben Makulatur. Ende 1943 nutzte T. eine Plagiatsaffäre, um sich Rothenbergers zu entledigen und seinen Freund Herbert Klemm (* 1903) an dessen Stelle installieren. Im Febr. 1945 ordnete er die Errichtung von Standgerichten in „feindbedrohten Reichsbezirken“ zur Erzwingung von „Kampfentschlossenheit und Hingabe bis zum Äußersten“ in dem verlorenen Krieg an. Hitler bestätigte T. in seinem politischen Testament vom 29. 4. 1945 als Justizminister, „Reichspräsident“ Dönitz’ Wahl fiel indes auf Klemm.

    Nach dem Krieg wurde T. interniert. Der Anklage im Nürnberger Juristenprozeß entging er durch Suizid. In einem postumen Sühneverfahren wurde 1961 eine gegen seine Witwe vollstreckbare Geldstrafe von 175 000 DM verhängt.

  • Awards

    A E. K. 2. Kl.;
    Frontkämpferabzeichen;
    sächs. Albrechtsorden 2. Kl. mit Schwertern;
    reuß. Ehrenkreuz mit Schwertern;
    SA Gruppenführer.

  • Works

    W Wem fällt d. Vermögen e. rechtsfähigen Ver. d. Bürgerl. Gesetzbuches nach d. Verluste seiner Rechtsfähigkeit zu u. wie gestaltet sich dieser Anfall?, Diss. Leipzig 1914;
    Die Aufgaben d. Beauftragten d. Reichsmin. d. Justiz, in: Dt. Justiz 1935, S. 3 f.;
    Grundzüge e. nat.soz. Strafprozesses unter bes. Berücksichtigung d. Ergebnisses d. Arbb. d. Ausschusses f. Strafprozeßrecht d. Ak. f. Dt. Recht, in: Zs. d. Ak. f. Dt. Recht, 1935, S. 94 ff.;
    Aufgaben u. Tätigkeit d. Volksger.hofs, ebd., 1936, S. 855 ff.;
    Die Kriegsaufgaben d. Ak. f. Dt. Recht f. d. Gesetzgebung, ebd., 1943, S. 1 ff.;
    Der Strafvollzug im Dienste d. Volksgemeinschaft, in: Monatsbll. f. Ger.hilfe, Gefangenen- u. Entlassenenfürsorge 11, 1936, S. 209–15;
    Recht u. Richter in d. autoritären Staaten, ebd. 1939, S. 219 ff.;
    Das Berufsethos d. Juristen, in: Reich u. Geist 1942, S. 62 ff.;
    Die Aufgaben d. Nat.soz. Rechtswahrerbundes, in: Dt. Recht, 1942, S. 1473 ff.

  • Literature

    L A. Kobuch, O. G. T. (1889–1946), Sächs. Justizmin. v. (März) Mai 1933 bis Dez. 1934 (März 1935), in: Sächs. Staatsmin. d. Justiz (Hg.), Sächs. Justizmin. 1831 bis 1950, Acht biograph. Skizzen, 1994, S. 142–63;
    N. Wachsmann, Gefangen unter Hitler, Justizterror u. Strafvollzug im NS-Staat, 2004;
    L. Gruchmann: Justiz im Dritten Reich 1933–1940, ³2001;
    K. Braun, Dr. O. G. T. (1889–1946), 2005;
    W. Wagner, Der Volksger.hof im nat.soz. Staat, erw. Neuausg., 2011; W. Howald, O. G. T., Hitlers willfähriger Justizmin., in: C. Pieper u. a., Braune Karrieren, Dresdner Täter u. Akteure im NS, 2012, S. 106–14.

  • Author

    Jürgen Zarusky
  • Citation

    Zarusky, Jürgen, "Thierack, Otto Georg" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 131-132 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd124864309.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA