Lebensdaten
um 1535 – um 1622
Beruf/Funktion
Kunstschreiner ; Baumeister
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 124812694 | OGND | VIAF: 60026562
Namensvarianten
  • Diettrich, Wendel
  • Dietrich, Wendel
  • Diettrich, Wendel

Quellen(nachweise)

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Zitierweise

Dietrich, Wendel, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd124812694.html [16.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    ca. 1558 Ursula Sturm; 3 Söhne, Wendel d. J., Goldschmied, Paulus, Kunstschreiner, Jakob, Kunstschreiner.

  • Biographie

    Über die künstlerische Herkunft des baukundigen Kunstschreiners („Kistlers“) D., der nachweislich 1561 in Augsburg ein Haus erwarb, ist nichts bekannt. 1562 mußte er sich wegen Neigung zur Wiedertäufersekte, welcher er alsbald entsagte, einer Untersuchung unterziehen. 1566 führte er Arbeiten im Auftrag des Kunstschreiners B. Weisshaupt für König Philipp II. von Spanien aus. Von 1567-87 fungierte er als „Geschaumeister“ seiner Zunft. Seine kassettierte Zedernholzdecke im Saal des Fuggerschlosses Kirchheim/Mindel (1585) gehört zu den reifsten Leistungen profaner Renaissanceausstattung in Deutschland. Beim Bau des Rehlinger-Schlößchens zu Inningen bei Augsburg „in welscher Manier“ arbeitete er 1586-87 mit Johann und Elias Holl zusammen. Von D. empfing E. Holl dort erste architektonische Anregungen zu seiner handwerklichen Grundlage; später rühmte er ihn als kunstreichen Mann. Bereits 1582/83 wurde D. zur Planung der Münchner Jesuitenkirche Sankt Michael herangezogen, nachdem er schon 1575 eine Sänfte und 1582 mechanische Spielwerke für den Münchner Hof geliefert hatte. 1587 als „herzoglicher Baumeister“ angestellt, hat er für diese Kirche „etliche Visier“ geliefert. Trotzdem gilt er nicht als entwerfender Architekt, da seine Stellung zum „Obristbaumeister“ Friedrich Sustris bisher nicht völlig geklärt werden konnte. Doch war er Bauleiter beim angrenzenden, ab 1585 nach F. Sustris' Plänen begonnenen Jesuitenkolleg. In den 90er Jahren lockerte sich D.s Verhältnis zum Münchner Hof und er kehrte 1596 nach Augsburg zurück, behielt aber sein vom Herzog Wilhelm V. geschenktes Haus, Burggasse 9, bei. Ende Juni 1600 reiste er auf dessen Empfehlung nach Würzburg, um Fürstbischof Julius Echter von Mespelbrunn beim Wiederaufbau der abgebrannten Festung Marienberg zu beraten, nahm aber wegen seines hohen Alters die ihm angetragene Baumeisterstelle nicht an. Bis zu seinem Tode war D. mit seinem jüngsten Sohn Jacob (seit 1585 Meister) ausschließlich als Kunstschreiner tätig.

  • Werke

    Weitere W Fuggerschloß Stettenfels b. Heilbronn/Neckar, 1573;
    Hochaltar in d. Jesuitenkirche St. Michael zu München (nach Entwurf v. F. Sustris u. Chr. Schwarz), 1586-1500;
    Chorgestühl für St. Michael (nach Entwurf wohl v. F. Sustris), 1589;
    „mehrlei Arbeit u. Kistlwerk“ sowie drei Schreibtische für Hzg. Wilh. V. in Augsburg, 1588.

  • Literatur

    ADB XLVII;
    N. Lieb, Münchener Barockbaumeister, 1941, S. 26 u. ö.;
    ders., Augsburg. Baukunst d. Renaissancezeit, in: Augusta 955-1955, 1955, S. 229-47;
    M. H. v. Freeden, Festung Marienberg, 1952, S. 109 f.;
    G. Dehio u. E. Gall, Hdb. d. Dt. Kunstdenkmäler, Oberbayern, 21956, S. 8, 20, 22;
    ders., Östl. Schwaben, 1954, S. 17, 30, 147;
    Reallex. z. Dt. Kunstgesch., II, 1948, Sp. 94, III, 1954, Sp. 528, 535, 1136, 1138 f.

  • Autor/in

    Hans Reuther
  • Zitierweise

    Reuther, Hans, "Dietrich, Wendel" in: Neue Deutsche Biographie 3 (1957), S. 699-700 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd124812694.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Dietrich: Wendel D., ein Schreinermeister, welcher in Augsburg zuerst „auf welsche Art“ arbeitete und, nach neuerer Annahme, auch als Baumeister an der Michaelskirche zu München sich bethätigte. Das Jahr seiner Geburt (1535?) ist unbekannt, ebenso der Gang seiner Entwicklung. Das Augsburger Steuerregister enthält 1557 zuerst seinen Namen, bald darauf heirathete er die Ursula Sturm, kaufte 1562 ein Haus und richtete dort seine Schreinerwerkstätte ein, kam in demselben Jahre noch in Untersuchung wegen seiner Neigung zur Genossenschaft der Wiedertäufer, welchen er alsbald wieder entsagte. In der Zeit von 1567 bis 1587 bekleidete er als besondere Auszeichnung öfters das Amt eines „Geschaumeisters“ und „Vorgehers“ der Innung. Zu Ende der 70er Jahre decorirte er für den Stadtpfleger Marx Fugger alle Innenwände, nebst den Thüren, Portalen und Decken eines Hauses, welches 1875 in den Umbau des Gasthofes zu den „Drei Mohren“ gezogen wurde, bei welcher Gelegenheit größere Reste von alten Holzarbeiten zu Tage traten, darunter ein schöner, wohlerhaltener Plafond, der jetzt die Decke des Vorsaales zum großen „Drei Mohren"-Saal bildet. Anfangs 1582 betraute|ihn Kaiser Rudolf mit einer größeren, bis jetzt unbekannten Arbeit. Im Herbste desselben Jahres begann D. für Hans Fugger, den Bruder des vorgenannten Marx Fugger, die Innenräume des neuerbauten Schlosses u Kirchheim an der Mindel zu decoriren; darunter befand sich auch der prächtige Holzplafond in dem sog. Cedernsaal, eines der schönsten Werke deutscher Renaissance, welches durch Baurath Leybold (in Ortwein's „Deutsche Renaissance“, Augsburg, 2. Liefg., Tafel 11—14) zu weiterer Kenntniß und Würdigung gelangte. D. hatte über der Ausführung den Neid seiner engherzigen Zunftgenossen erregt, welche ihn durch allerlei Handwerkerbestimmungen inbetreff der Aufnahme weiterer Gesellen behindern wollten, doch erlaubte ihm ein Rathsbeschluß vom 27. September 1582 so viele Extragehülfen auf ein Jahr anzunehmen, als er für diese Arbeit bedürfe, ein Conclus, welcher noch mehrmals, zuletzt am 10. December 1585, erneut wurde. Wahrscheinlich fertigte D. 1586 die Pläne zu einem Schlößchen „in welscher Manier“, welches der Patricier Marx Rehlinger zu Inning erbaute. Im folgenden Jahre trat D. mit einer Besoldung von jährlich 300 Gulden als Baumeister an der Michaeliskirche in die Dienste des kunstliebenden Herzogs Wilhelm V., mit welchem er schon seit 1583 von Augsburg aus in Beziehung stand; er übersiedelte 1587 nach München. Wie weit seine Thätigkeit als Architekt sich erstreckte, ist schwer ersichtlich. Während Einige gerne bereit scheinen, ihm als Architekt eine weittragende Leistung einzuräumen, bescheidet sich der treffliche Leopold Gmelin zu der ruhigeren Ansicht, D. habe „den ungefähren Ideen des Italieners Sustris eine praktisch ausführbare Gestalt verliehen“. Der Meister, welcher bei der eigenhändigen Schreibung seines Namens zwischen Wendel Diettrich und Dietrich (niemals aber „Dieterlin") schwankt, bekennt sich als den Verfertiger des imposanten, im Herbste 1589 aufgerichteten Hauptaltars und des herrlichen Chorgestühls — vielleicht war er auch der Architekt der übrigen Seitenaltäre und der südlichen Hauptfaçade. Ob D. eine baugeschäftliche Werkstätte zu München hatte, ist fraglich, vielleicht besorgte die Ausführung in Augsburg sein Sohn Jacob, welcher seit 1585 zu Augsburg eine Meistergerechtigkeit als Schreiner besaß und am 26. Mai 1589 vom Rathe die Vergünstigung erhielt, vier Extragesellen aufzunehmen, dieweil Herzog Wilhelm von Baiern ihn mit einer größeren Lieferung begnadet hatte. Daß Wendel D. inzwischen immer noch mit seiner Heimath verkehrte, beweist der Umstand, daß der Meister zu der für den Sommer 1593 in Aussicht genommenen Aufstellung des „Augustusbrunnen“ nach Augsburg berufen wurde, um mit Hubert Gerhard, dem berühmten Bildner der Figuren, den Platz für das monumentale Werk zu bestimmen. Zu Ende 1597 schied D. aus Herzog Wilhelm's Diensten und übersiedelte in seine Vaterstadt, wo er in seinem Hause an der mittleren Schloßmauer noch über ein Vierteljahrhundert, vielleicht in gemeinsamer Arbeit mit seinem Sohn Jacob verbrachte, welcher als Kunstschreiner sich eines bedeutenden Namens erfreute und seit 1615 und in den folgenden Jahren den feinen Ausschmuck der beiden östlichen Fürstenzimmer des Augsburger Rathhauses leitete. Wendel D., der einen großen Einfluß auf Elias Holl übte, starb hochbetagt, angeblich über 80 Jahre alt, zwischen Ende October 1621 und dem 23. Februar 1623. Er hinterließ drei Söhne und zwei Töchter; diese hatten Goldschmiede (Paulus Hiebner, 1614 und Jakob Thurnhofer, 1597) geheirathet, waren jedoch bei ihres Vaters Tode längst verwittwet. Von seinen Söhnen widmete sich Wendel der Goldschmiedekunst und wanderte frühe von Augsburg; Paulus und der schon mehrfach erwähnte Jacob wurden Schreiner. Der Erstere soll sich zu München niedergelassen haben. Der so vielfach gerühmte Jacob verarmte|infolge der Drangsale des dreißigjährigen Krieges, gab 1636 sein Bürgerrecht auf und zog, wie ehedem der alte Holbein, aus der Vaterstadt in die unbekannte Fremde. Diese Familie verklingt tragisch, wie ehedem die vielberühmten Vischer zu Nürnberg.

    • Literatur

      Vgl. Sighart, Gesch. d. bildenden Künste in Baiern. 1863, S. 683 u. 687. — Reber, Bautechn. Führer durch München. 1876, S. 39. — L. Gmelin, Die St. Michaelshofkirche (Sep.-Ausg. von Ortwein's Deutsch. Renaissance). Lpz. 1883 und Gmelin's neue Arbeit über diese Kirche, 1890. —
      U. Buff, Urkundl. Nachrichten üb. Wendel Dietrich, sein Leben u. seine Thätigkeit, i. d. Zeitschr. d. Histor. Vereins f. Schwaben-Neuburg 1888. XV, 89—149. — A. Buff in Nr. 206 d. Münch. Neuesten Nachr. v. 4. Mai 1890 und Buff, Augsburg in d. Renaissance. 1893. —
      W. Vogt, Elias Holl. 1890, S. 16 ff. — Alb. Schulz, Gesch. d. Michaelskirche. 1897, S. 23 ff.

  • Autor/in

    Hyac. Holland.
  • Zitierweise

    Holland, Hyacinth, "Dietrich, Wendel" in: Allgemeine Deutsche Biographie 47 (1903), S. 692-694 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd124812694.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA