Dates of Life
1501 – 1559
Place of birth
Annaberg (Erzgebirge)
Place of death
Magdeburg
Occupation
evangelischer Theologe ; Pädagoge
Religious Denomination
evangelisch
Authority Data
GND: 122057635 | OGND | VIAF: 47633971
Alternate Names
  • Schürer, Erasmus
  • Sarcerius, Erasmus
  • Schürer, Erasmus
  • more

Relations

The links to other persons were taken from the printed Index of NDB and ADB and additionally extracted by computational analysis and identification. The articles are linked in full-text version where possible. Otherwise the digital image is linked instead.

Places

Map Icons
Marker Geburtsort Place of birth
Marker Wirkungsort Place of activity
Marker Sterbeort Place of death
Marker Begräbnisort Place of interment

Localized places could be overlay each other depending on the zoo m level. In this case the shadow of the symbol is darker and the individual place symbols will fold up by clicking upon. A click on an individual place symbol opens a popup providing a link to search for other references to this place in the database.

Citation

Sarcerius, Erasmus, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd122057635.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographical Presentation

    Sarcerius *)Zu Bd. XXX, S. 373.): Erasmus S., eigentlich Schürer, protestantischer Schulmann und Theologe der Reformationszeit. Geboren am 28. November 1501 zu Annaberg (daher Annaemontanus) als der Sohn eines begüterten Metallhändlers, erlangte er seine wissenschaftliche Vorbildung in Freiberg, wo er Schüler des Peter Schade (Mosellanus) war, und machte seine Universitätsstudien in Wien, wo er zum Magister artium promovirt wurde. Er war dann bis Anfang 1530 in einem in der Diöcese Laibach gelegenen Orte „Garsen“, wo er vielleicht die Priesterweihe erhielt. Von Ostern 1530 bis in den Winter 1530/31 war er in Rostock, zuletzt als Mitglied der Artistenfacultät und zugleich als Lehrer an dem mit der Universität verbundenen Pädagogium; darauf übernahm er eine Lehrerstelle am Katharineum zu Lübeck, und zwar war er 1533 sicher dort und bis zum Sommer 1536. Schon längst war er für die Reformation gewonnen und wirkte im Geiste der von Melanchthon ausgegangenen Schulreform. Im September 1536 übernahm er das Rectorat der lateinischen Schule zu Siegen und wurde 1538 vom Grafen Wilhelm von Nassau-Dillenburg zum Hofprediger und Superattendent der Grafschaft ernannt. Er begann sofort seine organisatorische Thätigkeit als Reformator der nassauschen Kirche, nahm 1540 am Convent zu Schmalkalden theil und wurde 1541 zum lebenslänglichen Superattendent, Pfarrer und Schloßprediger in Dillenburg ernannt. Sein Einfluß erstreckte sich auf die Kirchenverbesserung in den Grafschaften Weilburg, Wiesbaden und in dem Vierherrischen d. i. in den Territorien, die die drei Grafen mit dem Landgrafen von Hessen gemeinsam hatten. 1543 wirkte er an dem Reformationsversuche des Kurfürsten Hermann von Köln im Erzstifte Köln mit und wohnte 1546 einer Kirchenvisitation zu Bonn bei. Sein ausgeprägter lutherischer Standpunkt veranlaßte ihn 1548 mit Entschiedenheit das Interim zurückzuweisen; diese Zurückweisung hatte seine Entlassung aus dem nassauschen Dienst zur Folge, die der Graf Wilhelm nur mit schwerem Herzen genehmigte. S. zog sich zunächst nach seiner Vaterstadt Annaberg zurück und hielt hier Predigten, die er 1549 unter dem Titel „Kreuzbüchlein“ in Leipzig herausgab. Nach Jahresfrist folgte er einem Rufe als Pfarrer an St. Thomä zu Leipzig und wirkte als Seelsorger fünf Jahre lang sehr segensreich. Zu dem 1552 ausgeschriebenen Concil zu Trient wurde er vom Kurfürsten Moritz abgeordnet und reiste mit Melanchthon und Valentin Pacäus ab, gelangte aber nur bis Nürnberg, da das Zustandekommen des Concils durch die inzwischen erfolgte Kriegserklärung des Kurfürsten an den Kaiser vereitelt wurde. In Nürnberg hielt S. mehrere Predigten, von denen noch in demselben Jahre zwei im Druck erschienen. Sein Ruf als tüchtiger Kanzelredner erwirkte 1552 seine zweimalige durch Bugenhagen veranlaßte Empfehlung nach Augsburg, die jedoch erfolglos war. Dem in der Schlacht bei Sievershausen gefallenen Kurfürsten Moritz hielt S. am 20. Juli 1553 in der Thomaskirche zu Leipzig die Leichenrede. Sie erschien mit der des Superintendenten Pfeffinger im Druck. Im J. 1554, wo er einen Bericht von dem Abscheiden des Kurfürsten Johann Friedrich veröffentlichte, schied er nach fünfjähriger Wirksamkeit aus dem Pfarramte in Leipzig, um einem Rufe der Grafen von Mansfeld in die Generalsuperintendentur der Mansfeldschen Kirche zu Eisleben zu folgen. In dieser Stellung zeigte sich S. einerseits als Gegner der von Georg Major aufgestellten Lehre von der Heilsnothwendigkeit der guten Werke, anderseits als trefflicher Organisator des Kirchenregiments durch Einführung von Kirchenvisitationen und Kirchensynoden. Er nahm auch an dem im September 1557 zu Worms abgehaltenen Religionsgespräche theil; da er aber auf der Seite der Orthodoxen die Ansichten Melanchthon's und der Philippisten bekämpfte, so verließ er mit den Weimarschen Theologen Worms. Das Gespräch verlief bekanntlich ohne jedes Ergebniß. Seine Stellung in Eisleben wurde dadurch erschüttert, daß die Grafen von Mansfeld, erzürnt darüber, daß er ohne ihr Wissen und ihren Willen einen lüderlichen Geistlichen seines Amtes entsetzt hatte, ihm die Inspection über die Geistlichen der Grafschaft entzogen. Gern nahm S. daher die Berufung des Magistrats zu Magdeburg zur Uebernahme des Pfarramts an der St. Johanniskirche an, mit dem das Seniorat des geistlichen Ministeriums verbunden war. In der Mitte des Jahres 1559 traf er an seinem neuen Wirkungsorte ein, hielt auch noch unter allgemeinem Beifall vier Predigten; aber bald wurde er auf ein hartes Krankenlager geworfen, von dem er sich nicht wieder erhob. Am 28. November 1559 starb S. Johann Wigand, Pfarrer an St. Ulrich, hielt ihm die Leichenrede.

    S. war ein Mann von festem, gediegenem Charakter, wahrer Frömmigkeit, unbescholtenem Wandel. Sein Wahlspruch war: „Mein Schwert soll durchdringen Große und Kleine, Herren und Knechte.“

    Seine litterarische Thätigkeit war eine ausgedehnte. Seine erste schon 1528 in Basel erschienene Schrift „Methodus divinae scripturae locos praecipuos explicans“ wurde auf Befehl des Königs Heinrich VIII. von England, dem er sie gewidmet hatte, ins Englische übertragen. Er erweiterte sie 1540 zu einer Ausgabe, die er wiederum dem König Heinrich widmete, und 1546 zu einer neuen Ausgabe „Nova methodus in praecipuos scripturae divinae locos“, die er dem Magistrate zu Joachimsthal widmete. Diese Schrift ist das ausführlichste dogmatische Compendium des Sarcerius. — Mit Ausnahme der Erstlingsschrift von 1528 verfaßte er während seiner schulamtlichen Thätigkeit nur pädagogische Schriften: „Exercitia dialectices et rhetorices"; „Libellus in usum puerorum qui primum exponere discunt“ (1533). Die erstere enthält im Anhang eine „Laudatio Lubecae“. Von 1539 an gab S. nur theologische Werke heraus. In diesem Jahre schrieb er Schotten zum Marcusevangelium, denen später Schotten zu verschiedenen Büchern des A. und N. Testaments folgten; ferner erschien eine „Postille zu den Sonntagsevangelien“, „Expositiones in epistolas dominicales et festivales“ (1539), „Conciones annuae“ und „Evangelia dominicalia pro iis qui in ecclesia docent“ (1541). Es kam ihm vor allem darauf an, den Geistlichen Bücher in die Hand zu geben, die ihr wissenschaftliches Studium fördern und sie zugleich für ihr Amt tüchtiger machen sollten. 1537 verfaßte er einen „Catechismus per omnes quaestiones et circumstantias quae in justam tractationem incidere possunt, in usum praedicatorum absolutus“, nächst Melanchthon's loci die erste ausführliche Glaubenslehre des deutschen Protestantismus; 1538 „Loci aliquot communes theologici, pro aperienda et tuenda veritate methodice explicati“, worin die Unterscheidungslehren der evangelischen und der katholischen Religion behandelt werden. Eine zunächst für Studierende der Theologie bestimmte einfache Zusammenstellung Augustinischer|Aussprüche gab S. in den „Praecipui sacrae scripturae loci communes a sanctissimo ecclesiae doctore tractati“, während die Lehren der heiligen Schrift neben denen des Augustin in der Schrift „Locorum communium ex consensu divinae scripturae et auctorum patrum confirmatio“ (1540) behandelt worden sind. Von polemischem Charakter sind: „De vanitate theologiae scholasticae“ (1541); „Dictionarium scholasticae doctrinae“ (1546), „Bericht, daß der Papisten fürnemster Grund, dadurch sie vermögen das Papstthum zu halten, nichtig sey", „Vom Bann und andern Kirchenstrafen“, „Warnungsbüchlein vor papistischen und andern listigen und täuschenden Lehren“ (gewidmet dem Fürsten Wolfgang von Anhalt), „Der Papisten Tauf und andere Ceremonien und Kirchendienste“.

    In die Leipziger Zeit fällt sein damals vielverbreitetes „Hausbuch für die einfältigen Hausväter von den vornehmsten Artikeln der christlichen Religion“ (1553), das er dem Herzog Johann Albrecht von Mecklenburg widmete. Nach Heppe (Dogmatik des deutschen Protestantismus, 1857, I, 58) stellt dieses Handbuch den Höhepunkt der patristischen Apologetik in der protestantischen Dogmatik der Reformationszeit dar und zeigt eine so umfassende Belesenheit des Verfassers in der patristischen Litteratur, wie sie außer ihm nur Brenz in gleicher Weise kundgegeben und in der Dogmatik zu verwenden gewußt hat. — In einigen von ihm herausgegebenen Predigten erscheint S. wie ein Prophet, der die schrecklichen Zeiten des dreißigjährigen Krieges voraussieht und mit strengen Worten zur Buße und Besserung des Lebens mahnt. Sie erschienen 1551 zu Leipzig: „Etliche Predigten von Zeichen und Ursachen, wo wir uns nicht bessern und wahre Buße thun, es werde einmal übel mit uns Deutschen zugehen“. Die Widmung ist an die Gebrüder Heinrich und Abraham Einsidel auf dem Gnandtstein und Scharffenstein gerichtet. — Die kirchenregimentliche Seite seiner Thätigkeit zeigt sich in der zu Eisleben 1555 verfaßten Schrift „Von christlichen nötigen und nützen Consistorien oder geistlichen Gerichten Erasmi Sarcerii einfältiges Bedenken auf Erforderung, darinnen zu sehen, was für Händel in die Consistorien gehören und billig darinnen sollen gehandelt werden“. Sie enthält die Grundzüge unserer heutigen Consistorialverfassung, während eine andere ebenfalls im J. 1555 verfaßte Schrift „Von jährlicher Visitation und was hiedurch für Mängel und Gebrechen fast an allen Orten mögen befunden werden und wie dieselben sollen gebessert werden“ eine Hauptquelle für die Kenntniß der sittlichen Zustände der Grafschaft Mansfeld um die Mitte des 16. Jahrhunderts bildet.

    • Literature

      Zu den in Herzog's Real-Encyklopädie für protestantische Theologie und Kirche XIII, 400 angeführten Werken, unter denen besonders Engelhardt's Aufsatz in Niedner's Zeitschrift für die historische Theologie 1850, 70—142 wichtig ist, kommen noch: Moller, Cimbria literata II, 759. — Dietericus, Dissertatio de Annaeberga et claris viris inde oriundis, p. 22.
      van Seelen, Athenae Lubecenses I, 84; III, 43. —
      Biedermann, Nova Acta scholastica I, 934. —
      Unschuldige Nachrichten 1718, S. 769; 1726 S. 200. —
      Neumeister, Zeitschrift des Harzvereins XX (1887), 515—531. —
      Röselmüller, Das Leben und Wirken des Erasmus Sarcerius. Ein Beitrag zur Reformationsgeschichte. Programm des Realgymnasiums zu Annaberg, 1888, Nr. 518. — Krause, Zeitschrift des Harzvereins XXI (1888), 426—428.

  • Author

    H. Holstein.
  • Citation

    Holstein, H., "Sarcerius, Erasmus" in: Allgemeine Deutsche Biographie 33 (1891), S. 727-729 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd122057635.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA