Lebensdaten
1939 – 2005
Geburtsort
Leipzig
Sterbeort
Innsbruck
Beruf/Funktion
Archäologe ; Prähistoriker
Konfession
-
Normdaten
GND: 121774945 | OGND | VIAF: 113909229
Namensvarianten
  • Spindler, Konrad
  • Shupindorā, Konrāto
  • Spindler, K.
  • mehr

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Zitierweise

Spindler, Konrad, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd121774945.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Erwin (1894–1984), aus L., RA u. Notar in Hannover, S d. Erwin (1860–1926), Landschaftsmaler in München u. L. (s. ThB);
    M Madgard Beyer (* 1914), aus L.;
    Ur-Gvv Fritz (1816–1905), aus Wurzbach (Thüringen), Pianist, Komp. in Dresden (s. BJ X, S. 224 u. Tl.; Riemann);
    1 B Wolf (* 1940), Vers.kaufm.;
    1) 1970–72 Gretel Gallay geb. Hensler (* 1941), aus Freiburg (Br.), Archäologin (s. W), 2) 1974–82 Evmarie Mühleisen (* 1948), aus Schwenningen, Drogistin, 3) 1983–86 u. 1988 Dorothee Heinze (* 1956), aus Köln, Kunsthist.; 2 außerehel. S Matthias Wendt (* 1963), Germanist, Gero Löw (* 1986), 1 vorehel. S aus 3) Richard (* 1982), Informatiker, 2 S aus 3) Robert (* 1984), Amerikanist, Raimund (* 1990), 1 T aus 3) Lea (* 1988).

  • Biographie

    Bereits während der Schulzeit in Niedersachsen (seit 1947) interessierte sich S. für prähistorische Funde, begann aber nach dem Abitur in Hannover zunächst mit dem Studium der Medizin und Anthropologie in Münster (1961–65), bevor er nach Freiburg (Br.) wechselte, um neben Ur- und Frühgeschichte (bei Edward Sangmeister, * 1916) und Provinzialrömischer Archäologie (bei Rolf Nierhaus, 1911–96) auch Paläoanthropologie (bei Kurt Gerhardt, 1912–92) zu belegen (1965–70). Schon als Student legte S. seine mustergültige Veröffentlichung des Fundkomplexes von Penedo (Portugal) vor. Sein Interesse galt ausschließlich der archäologischen Feldforschung sowie Materialstudien aus allen Epochen. Sein sicherer Blick im Gelände befähigte S. zum vorbildlichen Ausgräber. Den Diskurs über theoretische Grundlagen des Faches suchte er dagegen nie, mit einer modernen Archäologie aus kulturanthropologischer Perspektive konnte er sich nicht anfreunden.

    Prägende Erfahrungen machte S. bei seiner ersten Grabung 1966 in der kupferzeitlichen Befestigung Zambujal (Portugal) unter E. Sangmeister und Hermanfrid Schubart (DAI Madrid). Daraus folgten zahlreiche Reisen und Aufsätze zu portugies. Fundstätten. Nach der Promotion 1970 und nachdem sich sein Wunsch einer Position in Lissabon nicht erfüllt hatte, wandte sich S. der mitteleurop. Eisenzeit zu. Er initiierte über Sponsoren (1970) und die DFG (1971–74) ein spektakuläres Grabungsprojekt, die vollständige Abtragung (und Wiederaufschüttung) des größten Grabhügels der westl. Hallstattkultur, des Magdalenenberges bei Villingen (Schwarzwald). Gut erhaltene Holzfunde ermöglichten dendrochronologische Datierungen, die zu Eckpfeilern der Hallstattchronologie wurden; die 126 Nachbestattungen stellen einen für diese Zeit einmaligen sozialen Querschnitt einer Lebensgemeinschaft dar. Bei seinen rasch folgenden Publikationen stand S. seine Kollegin und zeitweilige Ehefrau Gretel Gallay zur Seite, die ihm durch ihre wissenschaftlichen Kontakte auch den Weg in die franz. Forschung und zu neuen Themen eröffnete. 1974–77 wurde S. Assistent Walter Torbrügges (1923–94) am Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte der Univ. Regensburg. Er habilitierte sich mit einer Studie über die Besiedlungsgeschichte Mittelportugals, deren Thesen z. T. den Forschungsstand der 1950er Jahre aufgriffen. In Regensburg engagierte sich S. mit Grabungen in der Lokalforschung und regte eine Darstellung des röm. Regensburg an, die zum Vorbild für viele weitere derartige Studien wurde. 1977 wurde S. zum wiss. Rat am Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte der Univ. Erlangen ernannt. Hier faßte er seine Hallstattforschungen zu einer populärwissenschaftlichen Darstellung der „frühen Kelten“ zusammen. Von seiner damaligen Definition des „Westhallstattkreises“ als einer von ihm scharf begrenzten „Kulturprovinz“, die er als „Lebensraum der frühen Kelten“ deutete, ist S. trotz der methodisch anfechtbaren Paradigmen, die einer Geschichtsschreibung um 1900 entstammten, nie wieder abgerückt. 1988 wurde S. als o. Professor für Ur- und Frühgeschichte an die Univ. Innsbruck berufen. In Tirol wurde er zunehmend in die Stadtkernforschung involviert; deshalb gründete er eine Abteilung für Mittelalter- und Neuzeitarchäologie (1989) und eine eigene Publikationsreihe „Nearchos“ (31 Bde., 1993–2004). Im Mittelpunkt seines Interesses stand nun die Keramikforschung, speziell zu Bunzlauer Feinsteinzeug, dessen Produktionsgeschichte er anhand einer eigenen Sammlung sämtlicher Prototypen rekonstruierte.

    Nach der Entdeckung einer jungsteinzeitlichen Gletschermumie (ca. 3300/3200 v. Chr.) in den Ötztaler Alpen 1991 (seit 1998 im Südtiroler Archäologiemuseum, Bozen) setzte sich S. erfolgreich dafür ein, daß dieser sensationelle Fund – trotz unsachgemäßer Bergungsumstände – einem internationalen interdisziplinären Forschungsprojekt mit zeitweilig mehr als 100 Mitarbeitern zur Verfügung stand. Zusätzlich zu den herkömmlichen archäologischen Methoden erstreckten sich die Untersuchungen von kriminialistisch-juristisch-moraltheologischen Aspekten des Fundes über medizinische (anthropologische, paläopathologische, molekularbiologische, parasitologische) Fragen bis hin zu chemisch-physikalischen Analysen von Haaren, Fingernägeln, Leder, botanischen Makroresten, u. v. a. m. S., der selbst mehrere biologische und archäologische Untersuchungen beisteuerte, gelang es mit diesem Projekt nicht nur, das Wissen über den Alpenraum in prähistorischer Zeit erheblich zu erweitern, sondern auch eine breite Öffentlichkeit für die Archäologie zu interessieren. S.s populäre Darstellung des „Mannes im Eis“ (des sog. „Ötzi“) wurde in zehn Sprachen übersetzt und erfuhr zahlreiche Auflagen. Gleichzeitig sah S. die Vermarktung einer Leiche durchaus kritisch. Noch vor seiner Emeritierung erkrankte S. an amyotropher Lateralsklerose, die er bis zu seinem Tod in stoischer Haltung ertrug.

  • Auszeichnungen

    korr. Mitgl. d. Associação dos Arqueólogos Portugueses (1973);
    Prof. h. c. (Univ. Arequipa, Peru 1995);
    Verdienstkreuz d. Landes Tirol (1997);
    Premio Internat. Sala di Cultura de Luca (2000).

  • Werke

    18 Monogrr., u. a. Magdalenenberg I–VI, Der hallstattzeitl. Fürstengrabhügel b. Villingen im Schwarzwald, 6 Bde., 1971–80;
    Der Magdalenenberg b. Villingen, Ein Fürstengrabhügel d. 7. vorchristl. Jh., 1976, ²1999;
    Cova da Moura, Die Besiedlung d. atlant. Küstengebietes Mittelportugals v. Neolithikum bis an d. Ende d. Bronzezeit, 1981;
    Regensburg z. Römerzeit, 1979 (mit K. Dietz u. a.);
    Die frühen Kelten 1983, ³1996;
    Der Mann im Eis, 2 Bde., 1992–95 (mit F. Höpfel u. a.);
    The Man in the Ice III, Human Mummis, 1996 (mit H. Wilfing u. a.);
    Der Mann im Eis, 1993, ⁷2000;
    Bunzlauer Keramik, Die Feinsteinzeugfabrik Julius Paul & Sohn in Bunzlau (1893–1945), 2000/02 (mit I. Lippert|u. a.);
    – mehr als 180 Aufss., u. a. Die Kupferzeitl. Siedlung v. Penedo, Portugal, in: Madrider Mitt. 10, 1969, S. 45–116;
    Die Tholos v. Pai Mogo, Portugal, ebd. 13, 1972, S. 38–108 (mit G. Gallay);
    Zur Herstellung d. Zinnbronze in d. frühen Metallurgie Europas, in: Acta Praehistorica et Archaeologica 2, 1971, S. 199–253;
    Der Feuerbock v. St. Bernhard (Ain, Frankreich), in: Archäol. Korr.bl. 2, 1972, S. 169–77 (mit G. Gallay);
    Grabung in d. spätkelt. Siedlung im Sulztal b. Berching-Pollanten, Lkr. Neumarkt, Oberpfalz, in: Germania 62, 1984, S. 311–63 (mit Th. Fischer u. S. Rieckhoff-Pauli);
    Der Mann im Eis unter bes. Berücksichtigung paläopathol. Befunde, in: Verhh. d. Dt. Ges. f. Pathol. 85, 2001, S. 229–36;
    Ötzi als Marktstratege, in: I. Jensen u. A. Wieczorek (Hg.), Dino, Zeus u. Asterix, Zeitzeuge Archäol. in Werbung, Kunst u. Alltag heute, 2002, S. 33–37;
    Der Eibenholzbogen d. Mannes im Eis, in: Cbl. f. Forstwesen 121, 2004, S. 1–24;
    Der Magdalenenberg b. Villingen im Schwarzwald, Bilanz nach 30 J., in: Parerga Praehistorica, Univ.forsch. z. Prähist. Archäol. 100, 2004, S. 135–60;
    Die frühen Kelten, Hist. u. archäol. Evidenz, in: H. Birkhan (Hg.), Kelten-Einfälle an d. Donau, Akten d. Vierten Symposiums dt.sprachiger Keltologinnen u. Keltologen, Philol., hist., archäol. Evidenzen, K. S. (1939–2005) zum Gedenken, Linz-Donau, 17.–21. Juli 2005, 2007, S. 495–502.

  • Literatur

    G. Tomedi, in: Archäol. Nachrr.bl. 10, 2005, S. 349 f.;
    Kürschner, Gel.-Kal. 1983–2007;
    Österr. Gesch.wiss. 20. Jh.

  • Autor/in

    Sabine Rieckhoff
  • Zitierweise

    Rieckhoff, Sabine, "Spindler, Konrad" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 700-702 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd121774945.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA