Lebensdaten
1881 – 1950
Geburtsort
Krakau
Sterbeort
Leipzig
Beruf/Funktion
Volkswirtschaftler
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 121642453 | OGND | VIAF: 8248015
Namensvarianten
  • Großmann, Henryk
  • Grossmann, Henryk
  • Grosman, Henrik
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Großmann, Henryk, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd121642453.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Kaufmann.

  • Biographie

    G. beendete 1908 sein Studium an der Universität Krakau durch Promotion zum Doktor der Rechte, übte am Landesgericht Wien die Rechtspraxis aus, nahm als Artillerieleutnant im österreichisch-ungarischen Heer am Weltkrieg teil, wurde 1920 als polnischer Staatsangehöriger Ministerialrat in Warschau und erhielt 1922 eine Professur für Wirtschaftspolitik an der Freien Polnischen Universität Warschau. Ende 1925 wurde G. wissenschaftlicher Mitarbeiter des von Carl Grünberg geleiteten Instituts für Sozialforschung an der Universität Frankfurt a. M., woselbst er sich März 1927 für Volkswirtschaftslehre habilitierte. 1930 zum nichtbeamteten außerordentlichen Professor in Frankfurt ernannt, emigrierte er im Februar 1933 zunächst nach Paris, später nach London und New York. Der Forschungsauftrag „Die Zukunftsaussichten der Industrialisierung europäischer Agrarländer“ ermöglichte G. 1949 die Rückkehr nach Leipzig als ordentlicher Professor. Hier las er, obwohl schwer erkrankt, vornehmlich über die Geschichte der Arbeiterbewegung und die Geschichte der ökonomischen Systeme.

    Historisch sehr interessiert, beteiligte sich G. 1910 an einer Preisarbeit der Universität Lemberg über die wirtschaftlichen Zustände Galiziens in der Theresianisch-Josephinischen Reformperiode, später legte er mehrere statistische Veröffentlichungen vor. Seinen wissenschaftlichen Ruf erlangte er durch Arbeiten auf dem Gebiet der bisher vernachlässigten Marxschen wirtschaftswissenschaftlichen Methode. Die von Nationalökonomen geübte Kritik an Marx suchte er durch den Hinweis auf den nur vorläufigen Charakter der Aussagen im 1. Band des „Kapitals“ zu widerlegen: Marx habe hier das Wesen des Kapitalismus behandelt, aber noch nicht die konkreten Erscheinungsformen der Realität; dies geschehe erst in den Bänden II und III. - Auf die Frage, weshalb der Kapitalismus trotz der Ankündigung von Marx bisher nicht zusammengebrochen sei, erwiderte G., daß entgegenwirkende Ursachen wie Extraprofite durch Außenhandel den eigentlich fälligen Zusammenbruch immer wieder verschoben hätten. Letztlich aber könne der Mehrwert für das gesamte akkumulierte Kapital nicht ausreichen. – Gegenüber Hilferding bestritt G., daß Marx in seinen theoretischen Begriffen auf den englischen Klassikern der Nationalökonomie fuße. Durch ein in New York verfaßtes Manuskript, „Marx Ricardensis?“, suchte er zu zeigen, daß Marx die ökonomischen Kategorien der englischen Klassiker verworfen und sie durch eigene Begriffe ersetzt habe. Hierdurch glaubte er allen Versuchen, Marx als einen Epigonen der Klassiker erscheinen zu lassen, ein Ende gemacht zu haben. – G. suchte ferner die Spekulation als einen wesentlichen Bestandteil des Konjunkturzyklus nachzuweisen; das anlagesuchende Kapital sei in der Depression freigesetzt und spiele an der Börse, wo es eine Hausse verursache.

    Zweifellos hat G. in origineller Weise, wohl gerade weil sein Werk umstritten war, die deutsche und internationale Wissenschaft befruchtet, doch ist seinem Wirken infolge der politischen Verhältnisse kein eindeutiger Erfolg beschieden gewesen. Seine Sozialistenbiographien und die weiteren Beiträge zur Geschichte der Arbeiterbewegung im „Wörterbuch der Volkswirtschaft“ sind indessen unbestrittene Glanzstücke. – Aufgrund seines Hauptwerkes wurde G. 1930 ehrenhalber zum aktiven Mitglied des Internationalen Agrar-Instituts zu Moskau ernannt.

  • Werke

    W Vollst. Verz. bis 1931 in: Kürschner Gel.-Kal. 1931;
    späteres in: W. Braeuer, Hdb. z. Gesch. d. Volkswirtsch.lehre, 1952, S. 177 f. - Das Akkumulations- u. Zusammenbruchsgesetz d. kapitalist. Systems (Zugleich e. Krisentheorie), 1929 (Hauptwerk, ins Japan. übers.);
    Die gesellschaftl. Grundlagen d. mechanist. Philos. u. d. Manufaktur, in: Zs. f. Sozialforschung 4, Paris 1935, H. 2 (Gegenschr. zu F. Borkenau, Der Übergang vom feudalen z. bürgerl. Weltbild);
    The Evolutionist Revolt against Classical Economics, in: The Journal of Political Economy 51, Nr. 5 f., Chicago 1943, Okt.- u. Dez.-h.;
    W. Playfair, The Earliest Theorist of Capitalist Development, in: The Economic History Review 18, Nr. 1 f., London 1948. - Mitarb. an: Festschr. f. Carl Grünberg, 1932;
    Archiv f. d. Gesch. d. Sozialismus u. d. Arbeiterbewegung (Grünbergs Archiv), 1928 f.;
    Zs. f. Sozialforschung, 1932;
    Wb. d. Volkswirtsch., 3 Bde., ⁴1931-33;
    Enc. of the Social Sciences, New York 1949. - Selbstdarst. in: Wb. d. Volkswirtsch. III, ⁴1933, S. 337-41.

  • Literatur

    F. Sternberg, Der Imperialismus u. s. Kritiker, 1929;
    ders., Eine Umwälzung d. Wiss.?, 1930;
    P. M. Sweezy, The Theory of Capitalist Development, Principles of Marxian Pol. Economy, New York 1942, ³1949;
    F. Behrens, Zur Methode d. pol. Ökonomie, 1952;
    W. Braeuer, H. G. als Nat.-ökonom, in: Arb. u. Wirtsch. 8, Nr. 5 v. 1.12.1954;
    M. Trottmann, Zur Interpretation u. Kritik d. Zusammenbruchstheorie v. H. G., Diss. Basel 1951, Buchausg. 1956.

  • Porträts

    Tägl. Rdsch., Berlin, Dtld.-Ausg. v. 10.3.1949;
    Landes-Ztg. f. Mecklenburg, Rostock, v. 16.3.1949.

  • Autor/in

    Walter Braeuer
  • Zitierweise

    Braeuer, Walter, "Großmann, Henryk" in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 158-159 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd121642453.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA