Lebensdaten
erwähnt 1579 oder 1587 , gestorben 16. Jahrhundert
Geburtsort
Sperenberg Kreis Zossen
Sterbeort
wohl Trebbin Kreis Teltow (Mark Brandenburg)
Beruf/Funktion
Dramatiker ; Stadtschreiber und Organist in Trebbin
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 121284891 | OGND | VIAF: 18074906
Namensvarianten
  • Krüger, Bartholomäus
  • Krueger, Bartholomäus
  • Krüger, Bartholomäus
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Objekt/Werk(nachweise)

Orte

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Zitierweise

Krueger, Bartholomäus, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd121284891.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Über K.s Lebensumstände ist wenig bekannt. Aus den Titeln, Vorreden und Widmungen seiner Veröffentlichungen geht hervor, daß er Stadtschreiber und Organist in Trebbin gewesen ist. Dem Rat der Bergstädte Schneeberg und Joachimsthal im Erzgebirge ist je ein Werk gewidmet. Sein Leben scheint im engeren Raum der Mark Brandenburg verlaufen zu sein.

    K.s Werk stimmt mit der Entwicklung anderer deutschsprachiger ev. Literatur im ausgehenden 16. Jh. überein. Das über 3 000 Verse umfassende, fünfaktige geistliche Schauspiel verbindet Elemente des mittelalterlichen Mysterienspiels mit kämpferischen Zügen des prot. Glaubens. Eingerahmt durch einen didaktischen Prolog und Epilog, führen 46 Personen, darunter solche mit sprechenden Namen und auch personifizierte Allegorien, eine reiche Handlung auf, die in geschickter Raffung vom Aufstand und Fall Lucifers bis zum Jüngsten Gericht reicht. Die Auseinandersetzung zwischen der himmlischen und der teuflischen Macht findet einen Bezug zur Gegenwart im 4. Akt, wenn der Gegensatz der höllischen und auch der kath. Welt und andererseits der reinen Glaubenslehre Luthers stellvertretend an dem individuellen Beispiel eines Christophorus ausgetragen wird. Das Drama verwendet gleichzeitig die Simultan- und die Guckkastenbühne. Mit den recht regelmäßigen Knittelversen kontrastieren im Schlußakt lebhaft Christi Urteilsreden in fünffüßigen Jamben, die möglicherweise durch Paul Rebhun und seine Schule beeinflußt sind. Ferner ist für den Organisten K. der häufige theatralische Einsatz von – vornehmlich Luthers – Kirchenliedern bemerkenswert. – Auch das weltliche Drama (fünf Akte, Pro- und Epilog, 2 607 Verse, 29 Personen, darunter wieder solche mit sprechenden Namen) hat ein geistliches Ziel: es stellt das Walten göttlicher Gerechtigkeit als Vorbild und Verpflichtung weltlicher Obrigkeit dar, dazu die Geduld des Gläubigen und sein Vertrauen auf die Gnade Gottes gegenüber der Unbeständigkeit der Welt. K. gestaltet mit Rückgriff auf die Alltagswelt damaliger Bauern eine angeblich 1537 vorgefallene Episode, die ihm nicht, wie K. an mehreren Stellen vorgibt, Sleidanus, sondern Georg Lauterbachs „Regentenbuch“ (1557 u. ö.) nach Johannes Gasts „Convivalium sermonum tomus secundus“ (1548) vermittelte. Ein unschuldig zum Tode verurteilter Landsknecht ruft vor der Hinrichtung seine bäurischen Richter und Schöffen nebst deren juristischem Ratgeber, einem Mönch, vor Gottes Richterstuhl. Innerhalb kurzer Frist sterben alle eines außergewöhnlichen Todes. Die Episoden werden von einem „Mordteufel“ in Gang gesetzt und auch kommentiert. Gerichtsverhandlung und Henken als Handlungsmotive schon des älteren Fastnachtsspiels werden mehrfach, jedoch ohne satirischen Einschlag, verwendet. Auffällig sind vierstimmige Choralsätze mit Notendruck, darunter eine Parodie auf „In dulci jubilo“.

    „Hans Clawerts Werckliche [d. i. seltsame] Historien“ sammeln 35 lustige Episoden nebst zwei Lügengeschichten um eine angeblich historische Gestalt, die K. noch persönlich gekannt haben will. Den naiven, nur gelegentlich derben Schwänken hängt er stets ein gereimtes, lehrhaftes, in der didaktischen Unvermitteltheit häufig unfreiwillig komisch wirkendes „Morale“ an und verweist darin auf die Bibel, „Reineke Fuchs“ oder Johannes Paulis „Schimpf und Ernst“ (1533 u. o.). Die ebenfalls gereimte Vorrede setzt Clawerts Schwänke mit den Fabeln Äsops gleich. Trotz K.s Versicherung, nichts erdichtet zu haben, lassen sich mehrfach Wandermotive erkennen. Außer bei einer (inhaltlich nicht integrierten) Nennung Ungarns zur Zeit der türk. Eroberung von Pest und Ofen (1529) spielen alle Episoden in der Mark Brandenburg. Seit der Mitte des 17. Jh. fehlt neben Anerkennung auch nicht Kritik an den Schwänken. Conrad von Hövelen (= Candorin) prangert sie in seinem „Zimber-|Swan“ (1667) an; Gottfried Wilhelm Sacer empfiehlt sie in seiner Satire „Hans Wurst“ (1673); der Pseudonyme Johann Peter von Memel übernimmt einzelne Episoden in seine „Anmuthige lustige Gesellschaft“ (1666 u. ö.). Das Volksbuch wurde im 18. Jh. in sogenannten Jahrmarktsausgaben weiter verbreitet. Eine erste freie Bearbeitung wurde 1847 von Oskar Ludwig Bernhard Wolff vorgelegt, gefolgt von Karl Simrocks Sammlung deutscher Volksbücher 1880. Einzelne Schwänke finden sich im 19. Jh. noch in anderen Sammlungen. Mit autobiographisch identifizierenden Zügen ist die Gestalt und der Stoff aufgenommen in dem expressionistischen, mythenverschränkenden Roman von Klabund. Eine wieder andere Erneuerung für weitere Kreise, ein Beispiel für die Aneignung des literarischen Erbes im sozialistischen Deutschland, legte Johannes Bobrowski vor und stellte dabei den Sieg des pfiffigen kleinen Mannes über die Tücken des verwalteten Alltags und über die Ränke der Mächtigen in den Mittelpunkt.

  • Werke

    |Eine schöne u. lustige newe Action, Von d. Anfang u. Ende d. Welt, darin d. gantze Historia unsere Herrn u. Heylandes Jhesu Christi begriffen …, 1580, Neudr.: Schauspiele aus d. 16. Jh., hrsg. v. J. Tittmann, 1868, 2. T., S. 1-120 (ohne d. Widmungsvorrede d. Autors u. d. Lobgedicht d. Johs. Gualtherus);
    Ein Newes Weltl. Spiel, Wie d. Pewrischen Richter e. Landsknecht unschuldig hinrichten lassen u. wie es ihnen so schrecklich hernach ergangen, Welche Geschicht v. Schleidano im Regenten buch beschrieben wird …, 1580, Neudr.: B. K.s Spiel v. d. bäur. Richtern u. d. Landsknecht, 1580, hrsg. v. J. Bolte, 1884;
    Hans Clawerts Werckl. Historien, 1587, Nachdrucke: 1589, 1590, 1591, 1598 (niederdt.), 1599, 1649 (niederdt.), 1659, Neudr.: Hans Clawerts Werckl. Historien v. B. K., Abdr. d. 1. Ausg. (1587), eingel. v. Th. Raehse, 1882;
    Der Mark. Eulenspiegel, Das ist: Seltsame u. kurzweilige Geschichten v. Hans Clauert in Trebbin, bearb. v. O. L. B. Wolff, o. J.;
    Der Märk. Eulenspiegel od. Hans Clauerts kurzweilige Gesch., hrsg. v. K. Simrock, o. J.;
    Klabund, Bracke, 1918 u. ö.;
    Joh. Bobrowski, Hans Clawert, d. märk. Eulenspiegel, 1956.

  • Literatur

    ADB 18;
    O. Pniower, in: Brandenburgia 6, 1897/98, S. 290-307;
    G. Schüler, B. K., ein alter Sperenberger, in: Kreiskal. Teltow 4, 1907, S. 89 f.;
    M. Heyne, Das dichter. Schrifttum d. Mark Brandenburg bis 1700, Eine Bücherkde., 1939, S. 77 f., 98 f.;
    F. Delbono, Il „Volksbuch“ tedesco, Ricerche e interpretazioni, 1961;
    Goedeke II, S. 368, 559;
    Ersch-Gruber, II, Bd. 40, S. 107 f.

  • Autor/in

    Jörg-Ulrich Fechner
  • Zitierweise

    Fechner, Jörg-Ulrich, "Krueger, Bartholomäus" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 97-98 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd121284891.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Krüger: Bartholomäus K., Verfasser des Volksbuches von Hans Clauert und Dramatiker. Er stammte aus Sperenberg und war im J. 1580 Stadtschreiber und Organist zu Trebbin; 1587, als er den Clauert herausgab, nannte er sich nur Stadtschreiber zu Trebbin. Er hat ein geistliches und ein weltliches Drama verfaßt, welche beide 1580 erschienen. Jenes widmete er dem Magistrate der Bergstadt Schneeberg, dieses dem Magistrate der Bergstadt Joachimsthal;|beide Widmungen sind am 19. Nov. 1579 unterzeichnet und nach demselben Schema gearbeitet; zu beiden hat der Schulrector von Trebbin die nöthigen lateinischen Lobgedichte geliefert. Die geistliche Action „von dem Anfang und Ende der Welt“ (jetzt bei Tittmann, Schausp. aus dem 16. Jahrh., 2, 7, neu abgedruckt) läßt sich dem Gegenstande nach mit den alten Fronleichnamsspielen vergleichen: sie umfaßt Sündenfall und Erlösung; sie beginnt mit dem Sturze der Engel und schließt mit dem jüngsten Gericht. Der Verfasser hat den Stoff, der großentheils überliefert und längst vorbereitet war, im allgemeinen recht geschickt ausgewählt; er hat die Thatsachen zusammengedrängt ohne unklar zu werden, und wenn er wiederholt Handlungen durch Berichte ersetzt, so weiß er doch in solchen Erzählungen Maß zu halten und hütet sich, sie undramatisch auszudehnen. So hat er ein fünfactiges Stück voll Abwechselung und dramatischem Conflict zu Stande gebracht. Die altbeliebten und schauspielerisch so dankbaren Teufelsfiguren, in deren Reihe sich auch der Tod, naiver Weise unter dem Namen Athanatus, befindet, läßt er oft eingreifen, um zuletzt die Vorstellung zu erwecken, daß sie dem gläubigen Christen doch nichts anhaben können. Der erste Act geht bis zu dem Rathschlusse der Erlösung und schließt mit einem Teufel- und Hexenballett. Im zweiten Act sehen mir aus dem Stoffkreise des Weihnachtsspieles die Hirten und Magier, aber nicht das göttliche Kind in der Krippe und nur die Vorbereitung zu dem bethlehemitischen Kindermorde vor uns: der Act schließt mit der Taufe Christi im Jordan. Zwischen dem zweiten und dritten Acte liegt die Passion: ihre unmittelbare dramatische Vorführung hatte Luther widerrathen, und so war sie auch in der Mark, wie anderwärts, verschwunden. Das Publicum entnimmt aber, was geschehen, aus den jubelnden, vom Verfasser nicht ohne Ironie hingestellten Berichten der Teufel an ihren Obersten, Lucifer; aber Christus öffnet die Thore der Hölle; seine Auferstehung verkünden die Wächter, und er erscheint seinen Jüngern. Im vierten Acte sendet Lucifer seine Teufel aus, um das Werk Christi zu zerstören; aber gleich danach kommt die Reformation in Gang, um es wieder herzustellen: die ihr feindlichen Mönche und Canoniker werden charakterisirt; der Protestant Christophorus, der allen Versuchungen der Menschen und Teufel widersteht, entspricht der bekannten Gestalt des christlichen Ritters. Der fünfte Act enthält das Weltgericht und ist voll Anklagen gegen das Papstthum. Ueberall erweist sich K. als ein eifriger Lutheraner. Seine Verse enthalten zwar falsche Betonungen, aber nicht auffallend viele. Ebenso sind sie von Flickwörtern frei, überhaupt kräftig und gelenkig. Wenn er Christus gelegentlich in fünffüßigen Jamben sprechen läßt, so reiht er sich der Schule Rebhuns an. — Sein weltliches Spiel will er aus dem Sleidan geschöpft haben; es soll ein historisches Factum des J. 1537 behandeln: ein Landsknecht, der gute Beute gemacht hat, wird von den Bauern aus Geldgier wegen eines Diebstahls, den ein anderer begangen, hingerichtet. Aber die Rache Gottes kommt über die Schuldigen: der eine wird vom Blitz erschlagen, der andere beim Spiel erstochen, der dritte wegen Pferdediebstahls gehenkt, der Schulze, der. den ungerechten Urtheilsspruch gefällt, vom Fieber geplagt und vom Teufel geholt. Dasselbe Schicksal ereilt einen Mönch, der als juristischer Beirath der Bauern fungirte und ihre Habsucht stachelte: die Teufel, welche dreistimmig singen, verlangen, daß er die vierte Stimme übernehme und schleppen ihn zur Hölle. Man erkennt die protestantische Tendenz und die Technik seines geistlichen Dramas: der Mordteufel hat von Anfang an die Hand im Spiel, und andere Collegen gesellen sich ihm bei. Die schon im Fastnachtsspiel des 15. Jahrhunderts beliebte Gerichtsverhandlung kommt zwei Mal vor; und zwei Mal wird auf der Bühne gehenkt. Aber die Gelegenheit zu satirischer Charakteristik, die mehrfach vorhanden war, hat K. nicht stark ausgebeutet. Er|war eine grundernste Natur, wie auch sein Hans Clauert ("Hans Clawerts Werckliche Historien“, Berl. 1587 u. ö., Neudruck. Halle a/S. 1882) beweist. K. erzählt in Prosa die komischesten Geschichten und hängt ihnen in Versen eine trockene, oft schiefe Moral an, durch die er sie auf Eine Stufe mit dem Aesop zu erheben meint. Hans Clauert wird der märkische Eulenspiegel genannt; aber er ist kein solcher Unflath, wir Eulenspiegel. Seine bösesten Streiche sind gutartiger und weniger roh, als die eigentlichen Eulenspiegeleien. Das für den alten Till so bezeichnende Wörtlichnehmen bildlich ausgedrückter Befehle kommt hier gar nicht vor. Freilich auch Hans Clauert ist kein Tugendspiegel; in seinen Wanderjahren war er unter den Spitzbuben; wiederholt verspielt er sein Geld; mit seiner Frau lebt er nicht in idealer Ehe, und eheliche Treue scheint ihm nicht unbedingt geboten; sich für etwas auszugeben, was er nicht ist, macht ihm keine Skrupel; wo er Gelegenheit findet, sich einen guten Bissen oder kräftigen Trunk zu verschaffen, da ist er nicht wählerisch in seinen Mitteln. Aber stets haben seine Streiche etwas Harmloses; auf allen Dörfern der Umgegend stellt er sich bei Gastereien und Kirchweihen ein und sieht zu, ob nicht für einen Schwank Raum sei; da er kurzweilig ist, hat ihn jeder gern um sich und bezahlt für ihn; er bringt die Leute dazu, daß sie nicht blos über andere, sondern auch über sich selbst lachen; und ein paar Mal tritt er sogar als Schutz der gefährdeten Moral auf. Zuweilen ist Er der Geprellte, und er hält es dann nicht für seine Pflicht, wie Eulenspiegel, grausame Rache zu nehmen. Er ist Bürger von Tredbin; der Kurfürst Joachim II. (1535—71) findet an ihm Gefallen, und Eustachius von Schlichen, des Kurfürsten Hauptmann auf Trebbin und Zossen, gehört ebenfalls zu seinem dankbaren Publicum. Seine Lebensgeschichte führt uns nur einmal in weitere Ferne, nach Ungarn zur Zeit der türkischen Eroberung von Pest und Ofen (1528). Wiederholt begleiten wir ihn als Viehhändler nach Mecklenburg; meist aber bewegt er sich in der wohlbekannten Umgebung seines Geburts- und Wohnortes: Berlin, die Spree, Spandau, Teltow, Prenzlau, Sperenberg, Zossen, Treuenbriezen, Jütervogk, Zerbst u. a. sind die Schauplätze seiner Thaten. Er ist 1566 gestorben, und der Verfasser seiner Geschichte hat ihn noch selbst gekannt, wie er versichert. Er mag sich die Historien aufgezeichnet haben, wie er sie einzeln vernahm; es sind nur 35 an der Zahl, aber widersprechende Angaben kommen vor, und vollends Wiederholung von Motiven wird nicht gemieden. Der Verfasser legt das höchste Gewicht darauf, daß er nichts erdichtet habe, und sucht seinen Helden in einer gereimten Vorrede noch besonders herauszustreichen; er versteigt sich dabei bis zu dem Satze: „Ja, so er hätte können lesen, wär' seines gleichen kaum gewesen“.

  • Autor/in

    Scherer.
  • Zitierweise

    Scherer, Wilhelm, "Krueger, Bartholomäus" in: Allgemeine Deutsche Biographie 17 (1883), S. 224-226 unter Krüger [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd121284891.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA