Lebensdaten
1866 – 1932
Geburtsort
Kirn/Nahe
Sterbeort
Marburg
Beruf/Funktion
evangelischer Religionspädagoge
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 119501473 | OGND | VIAF: 73994739
Namensvarianten
  • Niebergall, Friedrich
  • Niebergall, F.
  • Niebergall, F., Dt. Theologe
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Zitierweise

Niebergall, Friedrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119501473.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Jakob Philipp, Lehrer;
    M Anna Maria Schug;
    ⚭ Hedwig (1868–1948), aus Ohligs (Rheinland), T d. Caspar Wilhelm Bremshey u. d. Johanna Caroline Wirths;
    5 K, u. a. Alfred (1909–78), seit 1957 o. Prof. f. prakt. Theol. in Marburg (s. Catalogus Marburgiensis II, 1979);
    E Johannes (Buschi) (s. 2).

  • Biographie

    N. studierte Theologie in Tübingen, Berlin und Bonn und war 1892-1903 Pfarrer in Kirn. 1902 erwarb er den Lic. theol. in Gießen und habilitierte sich in Heidelberg auf Grund der Arbeit „Die katechetische Behandlung der paulinischen Erlösungslehre“. 1903-08 war er hier Privatdozent für Praktische Theologie, 1908-22 ao. Professor. Seit 1922 lehrte er als o. Professor in Marburg. In seiner liberalen Theologie legte N. kulturelle (völkischnationale) Werte ungebrochen theologisch aus. Auf dieser Grundlage entfalteten sich seine nationalkonservative Gesinnung, seine Vorbehalte gegen den politischen Liberalismus und seine positiven Stellungnahmen zum 1. Weltkrieg. Nach dem Krieg stimmte er – unentwegt staatsbejahend und kontinuitätsbewußt – der neuen Regierungsform (Weimarer Republik) zu. Obgleich völkischnational eingestellt, wies er jedoch die messianischen Ansprüche eines „Dritten Reichs“ theologisch zurück, indem er schon die jüd. Tradition völkisch deutete.

    N.s Theologie verband die „objektive“ Religion (Tradition, Kult, Institution) unter dem Einfluß Schleiermachers mit der „subjektiven“ Religion (religiöse Empfindung, Frömmigkeit). Religion galt ihm als „Fundament eines sittlich gerichteten Volkslebens“, als „Volksreligion“. N. forderte in diesem Zusammenhang sogar „National- und Rassenstolz“. Weil er dafür die israelitisch-jüdische Tradition zum Maßstab nahm, enthielt seine liberale Religionspädagogik keine direkten antisemitischen Tendenzen. Gleichwohl gab es bei ihm Anknüpfungspunkte für eine deutschvölkische Religionspädagogik. Auch für N. war Religion eine wesentliche Bedingung der Arbeit an Volk, Nation und Vaterland, eine „Quelle völkischer Kraft“, die ihre höchste Bewährungsprobe im Krieg fand. Auf der Basis dieses Religionsverständnisses und seines gesinnungsethischen Ansatzes entwickelte N. sein Konzept religiös-nationaler Volkserziehung zur Ausbildung von Tugenden wie Ergebung, Pflicht, Gehorsam und Opferbereitschaft; sie sollte das ganze Leben umfassen und begleiten. N., der die am subjektiven Erlebnis orientierte Bildung einer religiösen Persönlichkeit anstrebte, erörterte dabei differenziert das Problem der Lehrbarkeit von Religion: Da Frömmigkeit ein nicht erzwingbares Ereignis der „Gnade“ sei, könne allein die objektive Seite der Religion unmittelbar gelehrt werden. Dennoch bemühte sich N. um Klärung der Bedingungen, unter denen sich „subjektive Frömmigkeit“ entwickeln kann. Seine Religionspädagogik ist deshalb nicht Strategie- und methodenfixiert, sondern vorrangig an der psychologischen Erforschung der Situation und Gefühlswelt des Kindes interessiert. Gegen überkonfessionelle Religion wie gegen Staatsreligion in der Schule plädierte N. für den konfessionellen Religionsunterricht unter Verantwortung des Staates, dem es zukomme, die Religion „für seine Aufgaben zu verwenden“. Später zeigte sich die verhängnisvolle Konsequenz dieses Angebots an den Staat: deutsch-völkische (besonders deutschchristliche) Religionspädagogik versuchte, arische Positionen theologisch zu begründen. Die aufkommende, gegenüber dem Staat kritische Dialektische Theologie Karl Barths und ihre Verkündigungsdidaktik hielt N. für eine „düstere Lehre“. Bei der Bewertung der liberalen Religionspädagogik N.s ist umstritten, ob sie ins „Vorfeld der Diktatur“ gehört (Bloth) oder zu dieser nur in sehr indirekter Beziehung steht (Lachmann). Der Zusammenhang von liberaler und deutschchristlicher Religionspädagogik, deren gemeinsamer völkisch nationaler Wertekanon unübersehbar ist, bedarf noch der weiteren, differenzierten Erforschung (Rickers).

  • Werke

    u. a Die moderne Predigt, in: Zs. f. Theol. u. Kirche 15, 1905, S. 203 ff.;
    Prakt. Theol., Lehre v. d. kirchl. Gemeindeerziehung auf religionswiss. Gundlage, I, 1918, II, 1919;
    Der neue Religionsunterricht, I, 1922, III, 1926, IV, 1930;
    Christl. Jugend-u. Volkserziehung, Eine Rel.päd. auf rel.psycholog. Grundlage, 1924.

  • Literatur

    R. Lachmann, Rel.unterricht in d. Weimarer Rep., Zw. liberaler u. dt. Religionspäd., 1966;
    G. Otto, Schule, Rel.unterricht, Kirche, Stellung u. Aufgabe d. Rel.unterrichts in Volksschule, Gymnasium u. Berufsschule, ³1968;
    J. V. Sandberger, Päd., Theol., F. N.s Prakt. Theol. als Erziehungslehre, 1972 (W-Verz.);
    W. Steck, Das homilet. Verfahren, Zur modernen Predigttheorie, 1974;
    H. M. Fraund, Die Gesch. d. Rel.unterrichts zw. 1948 u. 1933 am Beispiel ausgew. Krisen- u. Knotenpunkte u. die Frage nach Freiheit, Konfessionalität u. Wissenschaftlichkeit, Diss. Mainz 1980;
    H. Luther, Prakt. Theol. als Prakt. Wiss., Werk u. Konzeption F. N.s, in: Zs. f. Theol. u. Kirche 82, 1985, S. 430-54;
    D. Zilleßen, in: H. Schröer u. D. Zilleßen (Hg.), Klassiker d. Rel.päd., 1989, S. 161-80;
    P. C. Bloth, Rel.didakt. Grundströmungen u. ihre schulpol. Auswirkung in d. Weimarer Rep., in: R. Dithmar (Hg.), Schule u. Unterricht in d. Endphase d. Weimarer Rep., 1993, S. 176-92;
    F. Rickers, Zw. Kreuz u. Hakenkreuz, Unterss. z. Rel.päd. im „Dritten Reich“, 1995;
    BBKL;
    TRE.

  • Autor/in

    Dietrich Zilleßen
  • Zitierweise

    Zilleßen, Dietrich, "Niebergall, Friedrich" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 214-215 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119501473.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA