Lebensdaten
gestorben vermutlich 1354 oder 1320
Beruf/Funktion
Verfasser des ersten deutschen Schachbuchs
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 119127822 | OGND | VIAF: 64810608
Namensvarianten
  • Heinrich von Berngen
  • Heinrich
  • der vin Beringen
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Quellen(nachweise)

Orte

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Zitierweise

Heinrich von Beringen, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119127822.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographie

    In seinem „Schachbuch“ oder „Schachgedicht“ macht H. keine Angaben, die seine Herkunft, Lebensverhältnisse oder irgendwelche Daten näher bestimmen lassen. Der aus der handschriftlichen Form „Berngen“ erschlossene Name weist ihn einem von verschiedenen im Südwesten des deutschen Sprachgebietes beheimateten Geschlechtern derer von Beringen (jetzt „Böhringer“) zu. Als Verfasser kommt nunmehr am ehesten ein ritterbürtiger Heinrich in Betracht, der zwischen 1323 und 1354 belegt ist, bis 1350 Kanonikus zu Augsburg, dann 4 Jahre lang Propst des Brixener Domkapitels war und während eines Studienjahres in Bologna (1323) den Schachtraktat des Jacobus de Cessolis kennengelernt haben dürfte und ihn um 1330 in deutsche Verse goß; weniger wahrscheinlich als Verfasser ist ein von der früheren Forschung angesetzter älterer Heinrich aus dem in Unterböhringen bei Geislingen unweit von Ulm ansässigen Geschlecht von Beringen, der als Dompropst zu Augsburg zwischen 1282 und 1320 mehrmals urkundlich erwähnt wird und das Schachbuch um 1290 geschrieben haben soll.

    Wenn auch zumindest eine von mehreren, anonymen Prosaübertragungen als allererste Bearbeitung des lateinischen Schachtraktats angesehen werden darf, so ist H.s Schachbuch doch die erste und auch beste deutsche Versbearbeitung des Prosawerkes des Jacobus de Cessolis, der nun endgültig als oberitalienischer (nicht französischer) Dominikaner nachgewiesen ist. In seinem vermutlich um 1300 verfaßten Traktat, dem „Liber de moribus hominum et de officiis nobilium ac popularium super ludo scacorum“, einem der meistgelesenen Bücher des ausgehenden Mittelalters, zieht Jacobus das Schachspiel heran, um an seine Figuren, an ihre Auslegung auf die höheren und niederen Stände (die Geistlichkeit läßt er aus), an ihre Verteilung und Züge auf dem Schachbrett und an die Einrichtung des Schachbrettes selbst in der Form eines Predigtzyklus allerlei Betrachtungen und Lehren zu knüpfen und diese durch zahlreiche beispielhafte Erzählungen aus der antiken, biblischen und zeitgenössischen Überlieferung zu veranschaulichen. In seiner Bearbeitung (10843 Verse) steht H. seiner Quelle insofern frei gegenüber, als er, wenn er auch nichts Wesentliches hinzufügt, der Vorlage nicht sklavisch folgt, sondern eine größere Anzahl von Erzählungen ausläßt, andere zusammendrängt und wiederum andere ausweitet, wodurch seine Umdichtung an Dichte und Übersichtlichkeit, Lebhaftigkeit und Anschaulichkeit gewinnt. Am gelungensten sind die rein erzählenden Partien; weniger geschickt, ja unbeholfen, zögernd und stockend ist er dort, wo Jacobus den Erzählton verläßt, abstrakt wird und sich in verwickelten Konstruktionen ergeht. Ist H. auch kein großer Dichter, so ist er doch andererseits durchaus kein nur Verse und Reime schmiedender Stümper. Seine Erzähl- und Darstellungskunst ist beachtlich. Aus der genauen Untersuchung der zwei noch existierenden Handschriften ergibt sich, daß sein Werk sich einer ziemlich weiten Verbreitung erfreut haben muß.

    Vier kleinere Gedichte, die unter dem Namen Beringen überliefert sind, dürfen auf Grund inhaltlicher, stilistischer und mundartlicher Erwägungen ohne Bedenken dem Verfasser des Schachbuches zugeschrieben werden.

  • Werke

    Schachbuch: Hs. Stuttgart, wird erg. durch e. Bruchstück in Frankfurt/M., Stadtbibl.;
    Hs. London, Brit. Mus. (6000 Verse). - Ausgg.: P. Zimmermann, Das Schachgedicht H.s v. B., 1883 (überholt durch Entdeckung d. Londoner Hs.). - Auszüge b. F. Vetter, Lehrhafte Lit. d. 14. u. 15. Jh., = Kürschners Dt. Nat.-Lit. 12, o. J., 1. T., S. 134-39. -Gedichte, zuletzt b. Zimmermann, S. 358-62, 395 f.

  • Literatur

    ADB II, S. 398 f. (überholt);
    L. Santifaller, Das Brixner Domkapitel in s. persönl. Zusammensetzung im MA, o. J. (1924), S. 276-78;
    Th. Kaeppeli, Pour la biogr. de Jacques de Cessole, in: Archivum Fratrum Praedicatorum 30, Rom 1960, S. 149-62;
    Gerard F. Schmidt, Das Schachzabelbuch d. Jacobus de Cessolis, O. P. in mittelhochdt. Prosa-Übers., 1961, S. 11;
    Ehrismann II, 2, 2, S. 633 (ältere L);
    Vf.-Lex. d. MA II, V.

  • Autor/in

    Gerard F. Schmidt
  • Zitierweise

    Schmidt, Gerard F., "Heinrich von Beringen" in: Neue Deutsche Biographie 8 (1969), S. 405-406 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119127822.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Beringen: der v. B., aus einem ritterlichen Geschlechts Schwabens oder der Schweiz, wo dieser Geschlechtsname vorkommt, lebte in der ersten Hälfte des|14. Jahrhunderts. Wir kennen von ihm drei Lieder minniglichen Inhalts, von denen das eine in kunstvoller Weise, mit Inreimen und daktylischen Versen, Konrads von Würzburg Vorbild verräth, die beiden andern, einfacher, sind beide mit Refrains und dadurch dem volksthümlichen näher stehend. Außerdem verfaßte er ein Gedicht in Reimpaaren, worin eine Frau einen Verläumder, der ihr den Geliebten verleiden will, spottend zurückweist. Möglich daß der Dichter derselbe Heinrich von Beringen ist, der eine poetische Bearbeitung des lateinischen Schachbuches von Jacobus de Cessolis, also ein Seitenstück zu Konrads von Ammerhausen Gedichte, verfaßt hat.

    • Literatur

      Schreiber's Taschenbuch 1844, S. 311; Haupt's Ztschr. X. 270; Mone's Anzeiger, VII. 287.

  • Autor/in

    K. B.
  • Zitierweise

    B., K., "Heinrich von Beringen" in: Allgemeine Deutsche Biographie 2 (1875), S. 398-399 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119127822.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA