Lebensdaten
1860 – 1930
Geburtsort
Duisburg
Sterbeort
Belgershain bei Leipzig
Beruf/Funktion
Romanist ; Balkanologe
Konfession
katholisch
Namensvarianten
  • Weigand, Gustav Ludwig
  • Weigand, Gustav
  • Weigand, Gustav Ludwig

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Zitierweise

Weigand, Gustav, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/sfz139724.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann (* 1828), aus Vallendar, S d. Heinrich Joseph;
    M Auguste (1830–98), T d. Carl Gustav Fischer (* 1801) u. d. Elida Dorothea Sophia Elisabeth Jakobi (* 1809);
    Helene (1875–1943);
    1 S Walter (1899–1918), 2 T Elfriede (1896–1979), Irmgard (1901–18).

  • Biographie

    W. besuchte das Gymnasium in Gießen und anschließend das Lehrerseminar in Bensheim. 1878 wurde er Spanischlehrer an der Mädchenmittelschule in Darmstadt, 1881–84 unterrichtete er am Progymnasium in Mainz. Seit 1884 studierte er Neuere Sprachen an der Univ. Leipzig, wo er 1888 bei Adolf Ebert (1820–90) zum Dr. phil. promoviert wurde. Seinen Lebensunterhalt verdiente er in dieser Zeit als Lehrer an der Teilmann-Privatrealschule. Stipendien ermöglichten W. 1889 / 90 eine Forschungsreise auf den Balkan. Im Anschluß an die Habilitation 1891 in Leipzig war W. hier als Privatdozent für Grammatik der Roman. Sprachen und seit 1896 als planmäßiger ao. Professor für Roman. Philologie tätig (em. 1928). 1893 gründete er mit Mitteln der rumän. Regierung das Institut für rumän. Sprache an der Univ. Leipzig, die erste derartige Einrichtung außerhalb Rumäniens. Es ging wie das später von W. gegründete Institut für bulgar. Sprache 1917 in dem ebenfalls von W. initiierten interdisziplinären „Südosteuropa- und Islam-Institut“ auf. Während des 1. Weltkriegs fungierte W. als Ratgeber des dt. Außenministeriums zu Balkanfragen in Makedonien. Seit 1926 lebte er in Belgershain.

    Anstelle der für Romanisten im 19. Jh. üblichen Promotion aufgrund der Edition eines mittelalterlichen franz. Texts wandte sich W. von Beginn an der Balkanforschung zu. Seine Dissertation „Die Sprache der Olympo-Walachen“ (1888, Nachdr. 1988) enthält eine historische Lautlehre des Dialekts von Vlacho-Livadhi am Olymp, eine Flexionslehre und eine Sammlung folkloristischer Texte. Ihre Besonderheit besteht darin, daß sie die Resultate von Aufnahmen abbildet, die an Ort und Stelle erhoben wurden, eine Lautlehre vom Lateinischen bis zum heutigen Sprachstand etabliert und zum ersten Mal eine für die Traditionen der Romanistik zugängliche Behandlung der süddanubischen Romanität bietet.

    Während seiner Forschungsreise 1889 / 90 besuchte W. zahlreiche roman.sprachige Siedlungen und eine spezielle Gruppe nördlich Gevgelija, die er nach der einheimischen Selbstbezeichnung „Meglen“ nannte. W.s Habilitationsschrift „Vlacho-Meglen, Eine ethnographisch-philologische Untersuchung“ (gedr. 1892) bietet einen Reisebericht, thematisiert im zweiten Teil die Beziehungen des Gebiets zu anderen Zweigen des Rumänischen und bringt im dritten Teil Texte mit Übersetzungen. Wichtigstes Resultat von W.s Reise ist die Darstellung des Hauptteils der süddanubischen Romanität. W. erfand in „Die Aromunen, Ethnographisch-philologisch-historische Untersuchungen über das Volk der sogenannten Makedo-Romanen oder Zinzaren“ (2 Bde., 1894 / 95, bulgar. 1899, griech. 2001) in Anlehnung an die Selbstbezeichnung „Ar(o)mun´“ den Namen „Aromunen“, der bis heute in der Romanistik üblich ist. Von dem auf fünf Bände veranschlagten Werk erschienen nur zwei Bände mit der Reisebeschreibung und den Texten, die eine Skizze „Volkslitteratur der Aromunen“ mit Glossar darstellen. Eine weitere wichtige Veröffentlichung war der „Linguistische Atlas des daco-rumänischen Sprachgebietes“ (2 Bde., 1898 / 1909), der in 48 großmaßstäbigen Sprachkarten die Phonetik der norddanubischen Romanität darstellt.

    W. etablierte im positivistischen Geist der Zeit die Studien zum Aromunischen, Megleno- und Istrorumänischen in der akademischen Welt. Er richtete seine Aufmerksamkeit zunehmend auf die Parallelismen zwischen dem Albanischen, Bulgarischen und Griechischen und wurde so zu einem der Begründer der Balkanologie. Besondere Wirkung entfaltete er als akademischer Lehrer der ersten Generation rumän. Romanisten. Seine Schüler Pericle Papahagi, Ion Popovici, Sextil Pu¸scariu und Theodor Capidan setzten seine Forschungen fort; neue Ansätze außerhalb Rumäniens gibt es erst seit den 1970er Jahren.

    Zudem gründete W. die Reihe „Bulgarische Bibliothek“ (9 Bde., 1916–19) und mit seinem „Jahresbericht des Instituts für rumänische Sprache“ (1–26 / 29, 1894–1921) die erste rumänistische Zeitschrift außerhalb Rumäniens; sie entwickelte sich im Laufe der Jahre zu einem balkanologischen Organ (fortges. als „Balkan-Archiv“ 1–4, 1925–28). W. hatte keinen eigentlichen Nachfolger. Sein Institut wurde von den Leipziger Romanisten halbherzig weitergeführt und 1944 mit der wertvollen Bibliothek bei einem Bombenangriff zerstört. W.s Bibliotheksbestände zur Albanienforschung bildeten den Grundstock für die 1920 gegründete Nationalbibliothek in Tirana.

  • Auszeichnungen

    |sächs. GHR;
    ausländ. Mitgl. d. Rumän. Ak. d. Wiss. (1892), d. Bulgar. Ak. d. Wiss. u. d. mazedon. Wiss. Inst. (1930);
    bulgar. Alexanderorden 2. Kl. (1930);
    W.-Straßen in Plovdiv u. Sofia.

  • Werke

    |Nouvelles recherches sur le roumain de l’Istrie, in: Romania 21, 1892, S. 240–56;
    Bulgar. Grammatik, 1907, ²1917;
    Bulgar.-dt. Wb., 1913 (mit A. Doritsch);
    Albanes. Grammatik im südgegischen Dialekt (Durazzo, Elbassan, Tirana), 1913;
    Span. Grammatik f. Lat.schulen, Univ.kurse u. z. Selbstunterr., 1922;
    Ethnogr. v. Makedonien, 1924, Neudr. 1981;
    Die Berglaute Lahuta e Macis Gjergj Fishta, hg., übers. u. erl. v. G. W., 1932;
    Qu Univ.archiv Leipzig.

  • Literatur

    |R. Schlösser, G. W. u. seine Bedeutung f. d. Romanistik u. f. d. Balkanol., in: Balkan-Archiv NF 5, 1980, S. 7–64;
    K. Sucher, Das Leben u. Wirken v. G. W., in: Linguist. Arb.berr. 42, 1984, S. 45–56;
    H. Schaller, G. W. u. d. nat. Bestrebungen d. Balkanvölker, 1993;
    K. Bochmann u. S. Krause, 100 J. Rumänistik an d. Univ. Leipzig, 1996;
    M. P. Aleksandrova, G. W. u. d. Balkansprachwiss., Diss. Sofia 1998;
    Th. Kahl, G. W. in Griechenland, Von d. Schwierigkeiten e. Rezeption, in: Südost-Forsch. 61 / 62, 2002 / 03, S. 399–411;
    ders., Ein Leipziger Balkanol. in d. Bergen Makedoniens, Thessaliens u. d. Epirus, Die Reisen d. G. W. am Ende d. 19. Jh., in: H.-D. Blume u. C. Lienau (Hg.), Der fremde u. d. eigene Blick, Reisen u. Reisende in Griechenland, 2005, S. 153–68 (P);
    Biogr. Lex. Südosteuropa;
    Leipziger Gel. I, S. 125–32 (P);
    Stadtlex. Leipzig(P);
    Kosch, Lit.-Lex.³ (W, L);
    J. Kramer, in: Lex. Grammaticorum;
    Sächs. Biogr. (P);
    Professorenkat. Leipzig(P);
    Biogr. u. Übersicht d. Lehrveranstaltungen: Internetpräsenz d. Univ. Leipzig(P).

  • Porträts

    |Photogr., 1908 (Univ.archiv Leipzig).

  • Autor/in

    Johannes Kramer
  • Zitierweise

    Kramer, Johannes, "Weigand, Gustav" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 588-589 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/sfz139724.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA