Lebensdaten
erwähnt 1497 oder 1510
Beruf/Funktion
Bildschnitzer
Konfession
-
Normdaten
GND: 118806483 | OGND | VIAF: 35252918
Namensvarianten
  • Wydyz, Johannes
  • Weiditz, Hans
  • Weiditz, Johannes
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Quellen(nachweise)

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Zitierweise

Wydyz, Hans, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118806483.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    Eltern unbekannt;
    N. N.;
    vermutl. S Christoph W. (s. 2), Hans W. (s. 3);
    eine v. d. Forsch. lange angenommene Verwandtschaft mit Bartholomäus Widitz, 1467 Bürger v. St., Bildhauer ebd., ist nicht nachweisbar.

  • Biographie

    W. erlernte sein Handwerk in Straßburg um 1480, wohl bei Niclaus Hagenower ( 1538), einem der wichtigsten Bildhauer der Stadt und dem einzigen, der neben Lux Kotter ( 1506 / 09) eine Werkstatt mit mehreren Gesellen betrieb. Enge Verbindungen bestehen daher zwischen W. und den Werken der Hagenower Werkstatt wie dem Retabel der Stiftskirche zu Zabern (Saverne) und dem Fronaltarretabel aus dem Straßburger Münster (insbes. der Predella und der Figur des Hl. Stephanus/ ehem. Laurentius). Stilistisch steht W. damit in der zweiten Generation der Nachfolge Niclaus Gerhaerts von Leyden (um 1420/30–73?), dessen Werke einen großen Einfluß auch auf andere Kunstgattungen ausübten, so z. B. auf die Kupferstiche Martin Schongauers (um 1440/45–91). Diese Arbeiten fanden wiederum ihre künstlerische Umsetzung in die Bildschnitzkunst W.s, so daß sich für Straßburg ein enges Geflecht wechselseitiger Bezüge ergibt.

    Spätestens 1497 ging W. nach Freiburg (Br.), wo der Ausbau des Münsterchores zahlreiche Aufträge und den Aufstieg zum selbständigen Meister verhieß. Er wurde Mitglied der Zunft zum Riesen, hier ist er bis 1508 als „bildhower“ dokumentiert. Nach ersten Arbeiten für verschiedene Klöster und Kirchen (Kloster Wonnental b. Kenzingen, Stiftskirche zu Waldkirch), für die teilweise auch schon sein Lehrer Hagenower gearbeitet hatte, folgten mehrere Aufträge für das Freiburger Münster und private Auftraggeber. In Freiburg fand W. zu einem Stil eigener Prägung. Seine florierende Werkstatt führte Arbeiten für Kirchen, Klöster und das städtische Patriziat aus und belieferte das Freiburger Umland. Zu seinen Auftraggebern zählten hohe weltliche Würdenträger wie der Hofkanzler Ks. Maximilians I., Conrad Stürtzel (um 1433 / 35–1509), für dessen Hauskapelle W. 1505 das Dreikönigsretabel fertigte (mit vollem Namenszug signiert u. datiert). Diesem Kreis ist auch der Auftraggeber des Kabinettstücks der Adam und Eva-Gruppe (nach 1505, Basel, Hist. Mus.) zuzurechnen, die erstmals 1577 / 78 im Inventar des Amerbach-Kabinetts erwähnt wird – möglicherweise handelte es sich ebenfalls um Stürzel. Weitere Bildwerke, die W. stilistisch zugeschrieben werden können, entstanden im Zusammenhang mit der Ausstattung des Freiburger Münsterchores; für diese wurde er – teils in Zusammenarbeit mit dem für die Erstellung des Hochaltars verantwortlichen Maler und Dürer-Schüler Hans Baldung Grien (1484 / 85–1545) – offensichtlich vorrangig hinzugezogen: Hierzu zählen u. a. seine archivalisch nachgewiesene Beteiligung an drei Schlußsteindeckeln (1510) und v. a. die Schreinplastik des Schnewlin-Retabels, das für eine der Chorumgangskapellen (1513 / 14) vorgesehen war. Die Zusammenarbeit mit Baldung Grien, der wie W. von Straßburg nach Freiburg gekommen war, hatte auf das künstlerische Schaffen W.s einen nachhaltigen Einfluß. Etliche Skulpturen aus dem südlichen Schwarzwald und oberen Elsaß belegen dies – wie auch die Tätigkeit seiner expandierenden Werkstatt bis 1516 / 17.

    Die Vielzahl von Bildwerken aus seiner Spätzeit, die sich noch heute in Straßburg und Umgebung finden läßt, legt eine Rückkehr gemeinsam mit Baldung Grien in die Reichsstadt um 1518 nahe. Zu den qualitativ bedeutendsten Kunstwerken dieser Periode zählen zwei Relieftafeln, die Berliner Kreuzigung (Staatl. Museen zu Berlin, Skulpturenslg. u. Mus. f. Byzant. Kunst) und die Anna Selbdritt-Gruppe in Saint-Pierre-le Vieux in Straßburg. Die Reformation, die auch den Straßburger Bildhauern Brot und Arbeit nahm, setzte jedoch dem Schaffen W.s ein Ende.

    W. nimmt eine zentrale Rolle in der Geschichte der oberrhein. Plastik ein. Stilistisch bereitete er den Übergang zu einem modernen Formenrepertoire vor, das in Auseinandersetzung mit den Vorbildern Gerhaerts van Leyden zu einem neuen, feineren, bewegten, und manchmal auch spielerischen Ausdruck fand, ohne in die extreme Bewegtheit jüngerer Zeitgenossen wie dem Meister HL (tätig im Breisgau um 1511–33?) zu verfallen. Seine Adam und Eva-Gruppe ist ein Kunstkammerstück ersten Ranges seiner Zeit. Inspiriert durch die theatralischen Darbietungen der Fronleichnamsspiele, zeugt diese kurz nach dem Dürerstich gleichen Themas (1504) entstandene Skulptur von dem neuen Interesse am menschlichen Körper und am Studium der Natur, das sich in den humanistischen Kreisen des Reiches bis zu der durch die Glaubensspaltung verursachten Zäsur zu verbreiten begann.

  • Werke

    |u. a. Kniender Engel, 1490 / 95 (Musée de l’Œuvre Notre-Dame, Straßburg);
    Johannes Ev. aus d. Kloster Wonnental b. Kenzingen, vor 1500;
    Schreinfiguren d. Antonius-Retabels aus d. Pfarrkirche St. Joseph, Obersimonswald, vor 1505;
    Agnesstatuette aus d. Freiburger Kloster Adelshausen, um 1500;
    Mondsichelmadonna aus d. Freiburger Kloster Adelshausen, n. 1505 (heute sämtl. Augustinermus., Freiburg);
    Dreikönigsretabel aus d. Hauskapelle d. Conrad Stürtzel, 1505 (Freiburger Münster);
    Verkündigungsgruppe, wahrsch. aus d. Klarakloster zu Heilbronn, vor 1510 (Staatl. Museen zu Berlin, Skulpturenslg. u. Mus. f. Byzant. Kunst);
    drei Schlußsteindeckel aus d. Hochchor d. Freiburger Münsters, 1510 (Augustinermus., Freiburg);
    Schreingruppe d. Schnewlin-Retabels, 1513 / 14 (Schnewlin-Kapelle im Chorumgang d. Freiburger Münsters);
    Sebastian u. Christophorus, Figuren e. Retabels aus d. Veitskirche b. Saverne, um 1517 / 18 (Musée de la Ville, Saverne);
    Kreuzigungsrelief, Herkunft unbek., n. 1520 (Staatl. Museen zu Berlin, Skulpturenslg. u. Mus. f. Byzant. Kunst);
    Anna Selbdritt, vor 1525 (Straßburg, Saint-Pierre-le Vieux).

  • Literatur

    |I. Schroth, Zum Werk d. Schnitzers W., in: Zs. f. Schweizer. Archäol. u. Kunstgesch. 22, 1962,|S. 87–92;
    Spätgotik am Oberrhein, Ausst.kat. Karlsruhe 1970, S. 182–96;
    R. Recht, Nicolas de Leyde et la sculpture à Strasbourg (1460–1525), Diss. Strasbourg 1978, 1987, S. 298–300;
    U. Heinrichs, Das Kreuzigungsrelief v. W. in d. Skulpturengal. Berlin-Dahlem, Einige Aspekte in d. Umsetzung v. Bildvorlagen in Relief, in: Das geschnitzte und gemalte bild auf den altaren stehen ist nutzlich und christenlich, Aufss. z. süddt. Skulptur u. Malerei d. 15. u. 16. Jh., hg. v. R. Schreiber, 1988, S. 105–32;
    Sculptures allemandes de la fin du Moyen Âge dans les collections publiques françaises 1400–1530, Musée du Louvre, Paris 1991 / 92, S. 33–35, 107–11 u. 114;
    Bildwerke d. MA u. d. Renaissance im Augustinermus. Freiburg 1100–1530, Auswahlkat. München 1995, S. 96–112;
    S. Groß, H. W., Sein Œuvre u. d. oberrhein. Bildschnitzkunst, Diss. Freiburg (Br.) 1994, 1997;
    B. Berentzen, Patientia u. passiones, Studien z. bildhauer. Werk d. Nicolaus Hagenower, 2014;
    ThB;
    LexMA;
    Dict of Art;
    NDBA.

  • Autor/in

    Sibylle Groß
  • Zitierweise

    Groß, Sibylle, "Wydyz, Hans" in: Neue Deutsche Biographie 27 (2020), S. 579-581 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118806483.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA