Lebensdaten
1900 – 1972
Geburtsort
Zwickau
Sterbeort
Glücksburg
Beruf/Funktion
Chirurg
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118778188 | OGND | VIAF: 30332888
Namensvarianten
  • Küntscher, Gerhard
  • Küntscher, Gerhard
  • Küntscher, G.
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Quellen(nachweise)

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Küntscher, Gerhard, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118778188.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Gustav, Kaufm., Dir. e. Maschinenfabrik;
    M N. N.; ledig.

  • Biographie

    Nach Besuch der Volksschule und des Reformgymnasiums in Chemnitz studierte K. Medizin und Naturwissenschaften in Würzburg, Hamburg und Jena, wo er 1925 sein Staatsexamen ablegte und 1926 zum Dr. med. promoviert wurde. Anschließend war er Assistenzarzt am Städt. Krankenhaus Freiberg (Sachsen) und an der Medizinischen Universitätsklinik Jena bei Lommel. Dann wechselte er über an die Chirurgische Universitätsklinik Kiel unter Anschütz und später unter A. W. Fischer. Hier erfolgte 1935 seine Habilitation und 1942 seine Ernennung zum ao. Professor für Chirurgie. Im 2. Weltkrieg war er vier Jahre auf Hauptverbandsplätzen und in Frontlazaretten eingesetzt. Danach wurde|er Chefarzt des Kreiskrankenhauses Schleswig und 1957 Ärztlicher Direktor des Hamburger Hafenkrankenhauses. Als er am 31.12.1965 gegen seinen Willen in den Ruhestand treten mußte, arbeitete er am St. Franziskuskrankenhaus in Flensburg weiter.

    K. zählt zu den außerordentlichen, ingeniösen Knochenchirurgen der ersten Jahrhunderthälfte. Er schuf völlig neue Operationsmethoden und die dazu erforderlichen Instrumente. Fast vergessen ist er heute als Urheber des Hochfrequenzmetallsuchers, den er in Zusammenarbeit mit der Firma Siemens-Reiniger schon um 1930 entwickelte und dem viele Tausende Verwundeter eine schonende operative Entfernung von Geschossen und Stecksplittern verdanken. Als Stationsarzt der Unfallstation an der Kieler Klinik befaßte er sich mit der stabilen Vereinigung der Frakturenden gebrochener Röhrenknochen und führte 1939 zum ersten Mal die nach ihm benannte Marknagelung durch. Dabei übertrug er das Prinzip der Schenkelhalsnagelung nach Smith-Petersen auf die langen Röhrenknochen und führte einen von ihm geschaffenen langen Stahllamellennagel durch eine Stichinzision entfernt vom Ort des Bruches so weit in die Markhöhle ein, daß diese vom Nagel vollständig ausgefüllt und damit der Bruchspalt überbrückt wurde (gedeckte Nagelung). Als K. von seinem Verfahren 1940 auf dem Chirurgenkongreß in Berlin berichtete, schlug ihm schroffe Ablehnung entgegen. Doch er modifizierte und variierte dank seines Erfindungsreichtums Methode und Instrumentarium so vielfältig, daß sich deren Anwendungsbereich im Zeitalter der Sulfonamide und Antibiotika erheblich ausweitete und u. a. nun auch die Nagelung direkt vom Ort des Bruches her möglich wurde (offene Nagelung). Grundlegend für die weitere Entwicklung wurden neue Erfindungen, wie der „Markhöhlenbohrer“ und der „Distraktor“, der es gestattete, auch in Fehlstellung stehende Frakturen und Pseudarthrosen geschlossen zu nageln. Die Konstruktion der „Innensäge“ bildete gleichsam die Vollendung seines Werkes; denn mit ihr gelang es, von einer Stichinzision her den Knochen ohne Eröffnung von außen zu durchtrennen, um Form und Länge einer Gliedmaße durch eine „geschlossene Osteotomie“ zu korrigieren – nach seinen Worten: „eine Präzisionschirurgie in nicht gekanntem Ausmaß“. Aus späterer Sicht hielt daher W. Wachsmuth die „Küntscher-Nagelung“ für die „wohl größte Umwälzung in der Behandlung der Knochenbrüche seit der Einführung der Nagelextension durch Klapp“. Unruhe und Not der Kriegs- und Nachkriegszeit erklären, warum ausführliche Buchveröffentlichungen über das neue Verfahren von fremder Hand noch vor seinen eigenen großen Monographien erschienen sind. Doch sind diese jenen nicht nur überlegen durch die Eindringlichkeit und Klarheit der Darstellung, wie sie nur der Erfinder einer Sache selbst geben kann, sie spiegeln auch das Ringen um die einzelnen Entwicklungsstufen wider, die nur er durchlebt hat.

    Daneben dürfen K.s Arbeiten in der experimentellen Chirurgie nicht unerwähnt bleiben, vermittelten sie ihm doch die theoretischen Einsichten für sein praktisches Werk. Erkenntnisse über die Kallusbildung, den Kraftfluß und die Spannungsspitzen im Knochen und damit über die Frage nach der Ursache von Ermüdungsbrüchen und Knochennekrosen sind von ihm außerordentlich gefördert worden. Das befähigte ihn auch, die von ihm beobachtete und nach ihm benannte Knochennekrose am 2. Keilbein des Fußes richtig zu erkennen und zu beschreiben (Küntscher-Syndrom).|

  • Auszeichnungen

    Dr. rer. nat. h. c. (Kiel 1965);
    Danis-Preis d. Internat. Chirurg. Ges. (1953);
    Paracelsus-Medaille (1972);
    Ehrenmitgl. d. Lateinamerikan. Ges. f. Orthopädie u. Traumatologie in Rio de Janeiro, d. Ges. f. Orthopädie u. Traumatol. in Santiago de Chile, d. Med. Ges. in Sendai (Japan);
    Korr. Mitgl. zahlr. in- u. ausländ, wiss. Ges.

  • Werke

    u. a. Technik d. Marknagelung, 1945 (mit R. Maatz);
    Die Marknagelung, 1950;
    Die Marknagelung d. Knochenbrüche, in: Bier-Braun-Kümmel, Chirurg. Operationslehre, ⁷hrsg. v. A. W. Fischer, E. Gohrbandt u. F. Sauerbruch, VI, 1958, S. 44-83;
    Die Praxis d. Marknagelung, 1962;
    Zur Gesch. d. Marknagelung, in: Ciba-Symposium 10, 1962, S. 50-54 (P);
    Das Kallusproblem, 1970.

  • Literatur

    L. Böhler, Die Technik d. Knochenbruchbehandlung im Frieden u. im Kriege III: Die Marknagelung nach K., 1945;
    O. Kleinschmidt, Operative Chirurgie, 1948, S. 310 ff. (W S. 1433);
    M. Lange, Orthopäd.-Chirurg. Operationslehre, 1951, S. 57 ff. (W S. 785);
    W. Wachsmuth, Die Operationen an d. Extremitäten, in: Allg. u. spezielle Operationslehre, begr. v. M. Kirschner, hrsg. v. N. Guleke u. R. Zenker X, 1956, T. 1, S. 141 ff. (W S. 167 f.), S. 397 ff. (W), T. 2, S. 201 ff. (W), S. 292, 323 ff. (W);
    W. Budde, Die Marknagelung d. Oberschenkels, in: Bier-Braun-Kümmel, Chirurg. Operationslehre, ⁷hrsg. v. A. W. Fischer, E. Gohrbandt u. F. Sauerbruch VI, 1958, S. 448 ff.;
    G. Imhäuser, Ermüdungsbrüche, Umbauzonen u. Spontanfrakturen, ebd. II, 1958, S. 1058 f. (W S. 1114);
    C. Mau u. H. Mau, Die degenerativen Erkrankungen d. Fußes, ebd. IV, 1961, S. 960 f. (W);
    P. Matzen, Die Marknagelung d. Oberschenkelschaftfraktur, in: Hdb. d. Orthopädie,|hrsg. v. G. Hohmann, M. Hackenbroch u. K. Lindemann IV, T. 1, 1961, S. 562 ff. (W S. 580);
    Dt. Ärztebl. 69, 1972, S. 1461 (P);
    ebd. 70, 1973, S. 41;
    K. Werner u. H. R. Labs, Das Hafenkrankenhaus Hamburg 1900–75, in: Hamburger Ärztebl., Nov. 1975, S. 313 f.

  • Autor/in

    Markwart Michler
  • Zitierweise

    Michler, Markwart, "Küntscher, Gerhard" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 227-229 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118778188.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA