Lebensdaten
1810 – 1892
Geburtsort
Koblenz
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Zentrumspolitiker ; Obertribunalrat in Köln
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118743953 | OGND | VIAF: 57410076
Namensvarianten
  • Reichenperger, Peter Franz
  • Reichensperger, Peter
  • Reichenperger, Peter Franz
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Zitierweise

Reichensperger, Peter, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118743953.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    B August (s. 1);
    1837 Anna Maria (1815–64), T d. Franz Georg Severus We(c)kbeker (1775–1862), Gutsbes. („Moselkönig“, „Burgen- u. Güterschlächter d. Maifeldes“), u. d. Sophia Eggener (1786–1822);
    2 S u. a. Peter Franz Georg (1851–82), Amtsrichter, 2 T u. a. Louise (1838–69, Bernhard Danckelmann, 1831–1901, Landforstmeister, Dir. d. Forstak. in Eberswalde, Dr. iur. h. c., s. NDB III), Helene (1842–1909, Hugo Loersch, 1840–1907, o. Prof. f. dt. Rechtsgesch. in Bonn, Geh. JR, Kronsyndicus, Mitgl. d. preuß. Herrenhauses, s. NDB 15).

  • Biographie

    Von Jugend an kämpferischer und impulsiver als sein älterer Bruder, studierte R. nach dem Schulbesuch in Boppard und Kreuznach 1829-32 in Bonn und Heidelberg Rechts- und Staatswissenschaften, Nationalökonomie und Naturwissenschaften. Sein Hauptwerk „Die Agrarfrage aus dem Gesichtspunkte der National-Ökonomie, der Politik und des Rechts“ (1847) stellt eine nahezu komplette „Staatslehre“ dar, die davon ausgeht, daß Staat und Gesellschaft auf breitester (Grund-) Besitzstreuung ruhen sollten, weswegen R. zeitlebens für freie Teilbarkeit und Veräußerbarkeit des Grundbesitzes eintrat. Zuvor hatte er sich schon gegenüber dem preuß. Landesherrn als Fürsprecher freiheitlicher Rechtstraditionen hervorgetan, indem er 1842 Öffentlichkeit und Geschworenengerichte für den Strafprozeß forderte. Nach dem Militärdienst und den üblichen Stationen der Richterausbildung erhielt R. 1839 seine erste etatmäßige Anstellung in Elberfeld; er wurde 1843 Landgerichtsrat in Koblenz, 1850 Appellationsgerichtsrat in Köln und 1859 Obertribunalsrat in Berlin (1879 Ruhestand).

    Durch das „Kölner Ereignis“ politisch wie kirchlich sensibilisiert, verliefen R.s politisch-parlamentarische Aktivitäten weitgehend parallel zu denen seines Bruders. Bereits im Vormärz in lebhafter publizistischer Auseinandersetzung mit einem zunehmend kirchenkritischen Weltanschauungsliberalismus stehend, erwartete R. vom Zusammenwirken der „christlich-monarchischen Tradition“ Preußens mit den überlieferten rhein. und kirchlichen Freiheitsrechten eine erfolgreiche Bekämpfung des „neuen Heidentums“. 1848 Mitglied des Frankfurter Vorparlaments, ließ er sich anschließend in die Preuß. Nationalversammlung wählen und zählte zu den engagiertesten Vätern der Preuß. Verfassung von 1848/49. Er war 1849-56 und 1858-92 Landtagsabgeordneter sowie seit 1867 Mitglied des Norddt. (1867–70) bzw. Dt. Reichstags (1871–92). 1852 gab er mit seinem Bruder den Anstoß zur Gründung einer „kath. Fraktion“ im Landtag. Mit publizistischen Beiträgen suchte er den Kontakt zur Wählerschaft, aber auch die Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner, wobei er zunehmend kirchliche Rechte und Freiheiten verteidigte. Seine Schrift „Kulturkampf oder Friede in Staat und Kirche“ (1876, ⁴1876) rief eindringlich zu Verständigung, Toleranz und Respektierung kirchlicher Freiheitsrechte seitens des Staates auf. R. zählte im Dez. 1870 zu den Begründern der Zentrumsfraktion, nachdem er zuvor in einem vielbeachteten Wahlaufruf zentrale Programmpunkte der neuen Partei vorformuliert hatte. Vergeblich stellte er 1871 namens des Zentrums den Antrag auf Übernahme der Grundrechtsartikel der preuß. Verfassungsurkunde in die Reichsverfassung. Mit seinem Bruder gehörte er zum inneren Führungszirkel der Partei, ohne doch – wohl aufgrund des überragenden Formats Ludwig Windthorsts – an das alte Gewicht in der „Fraction Reichensperger“ anknüpfen zu können. R. verleugnete nie seine Staatsnähe: So stimmte er bei der Bismarckschen Sozialgesetzgebung oder bei der Verlängerung des Sozialistengesetzes entgegen früher bekundeten Auffassungen mehrfach mit der Regierung, und bei der Abstimmung über den Septennat (1887) war er nur mit Mühe zur Stimmenthaltung zu bewegen. Unabhängig von solchen internen Auseinandersetzungen und einer altersbedingten Neigung zur Rechthaberei blieb R.s Ansehen im kath. Deutschland ungebrochen. – Dr. iur. h. c.

  • Werke

    Weitere W Oeffentlichkeit, Mündlichkeit, Schwurgerichte, Von e. rheinpreuß. Ger.beamten, 1842;
    Die freie Agrarvfg., 1856;
    Die preuß. Vfg. in ihrer gegenwärtigen Gestalt, mit Hinblick auf ihre Entstehung u. Entwicklung, 1857, ²1862;
    Die Wahlen z. Hause d. Abg. in Preußen, Von e. Katholiken, 1858;
    Die Fraction d. Centrums (Kath. Fraction), in zwölf Briefen, Gewidmet d. kath. Wählern in Preußen, 1861;
    Das vfg.mäßige Recht d. Kirchen in Preussen u. d. Urtheil d. kgl. Obertribunals v. 19. Mai 1863, in: Archiv f. kath. Kirchenrecht, NF 5, 1864, S. 1-93;
    Die Zins- u. Wucherfrage, 1879;
    Erlebnisse e. alten Parl, im Rev.j. 1848, 1882;
    Die Gemeinschädlichkeit d. in Aussicht gestellten Erhöhung d. Kornzölle, 1887;
    P. R. 1810-1892, hg. u. erl. v. U. v. Hehl, 2000 (W-Verz., P).

  • Literatur

    ADB 53;
    K. Schlesinger, in: Gr. Männer e. gr. Zeit, 1894, S. 266-80;
    [K. H.] Görres, in: Staatslex. ¾1911;
    F. Schmidt, P. R., ²1917;
    A. Wegener, Die vorparl. Zeit P. R.s 1810-1847, 1930;
    E. Herx, P. F. R. als Wirtsch.- u. Soz.pol., 1933;
    T. Rühl, Ges. u. Recht b. P. F. R., 1960;
    W. Becker, in: Zeitgesch. in Lb. V, 1982, S. 41-54, 282 f. (P);
    Th. Mergel, P. R., Der kath. Liberale, in: S. Freitag (Hg.), Die Achtundvierziger, Lb. aus d. dt. Rev. 1848/49, 1998, S. 185-99, 326 f.;
    Kosch, Kath. Dtld.;
    Biogr. Hdb. Preuß. Abg.haus I;
    RT Norddt. Bund (P);
    RT-Abg. Zentrum (P);
    BBKL;
    LThK³;
    Das Deutsche Parlament (Erfurter Unionsparlament) von 1850 (P).

  • Autor/in

    Ulrich von Hehl
  • Zitierweise

    Hehl, Ulrich von, "Reichensperger, Peter" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 310-311 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118743953.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA