Lebensdaten
1854 – 1941
Geburtsort
Posen
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Schriftsteller
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 118715917 | OGND | VIAF: 32791319
Namensvarianten
  • Kretzer, Max
  • Krettser, Maks

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Kretzer, Max, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118715917.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V N. N., Hotelpächter u. Gastwirt;
    M N. N.;
    Hedwig Lösch (1862- n. 1941);
    1 S, 1 T.

  • Biographie

    K. besuchte bis zu seinem 13. Lebensjahr die Realschule in Posen. Als die Familie verarmte und 1867 nach Berlin übersiedelte, mußte er seine Schulausbildung abbrechen. Er wurde Arbeiter in einer Lampenfabrik und schlug sich danach als Porzellan- und Schildermalergehilfe durch. In dieser Zeit lernte er jenes Milieu aus eigener Erfahrung kennen, dessen exakter Schilderer er später wurde. Nach einem Arbeitsunfall begann er, sich autodidaktisch weiterzubilden, u. a. Zola, Dickens und Freytag zu lesen und Beiträge (Humoresken) für Zeitungen zu verfassen. Seit dem Erscheinen seines ersten Romans 1880 lebte K. als freier Schriftsteller und zeitweiliger Mitarbeiter sozialdemokratischer Zeitungen (u. a. der von F. Duncker herausgegebenen „Berliner Volkszeitung“) in Berlin, das er, abgesehen von einigen Reisen, bis zu seinem Tode nicht mehr verlassen hat.

    Hatte K.s Erstlingsroman „Die beiden Genossen“ die sozialdemokratische Arbeiterbewegung in den Mittelpunkt gestellt und damit bereits ein Novum in die deutsche Belletristik eingeführt, so erschlossen die bedeutenderen Romane der 80er und 90er Jahre Schritt für Schritt andere, bislang weitgehend ignorierte Bereiche der modernen gesellschaftlichen Wirklichkeit für die Prosaliteratur: das Milieu der Großstadtprostitution (Die Betrogenen, 1882), die Lebensverhältnisse des Industrieproletariats (Die Verkommenen, 1883; Das Gesicht Christi, 1896), die Salons der Berliner „besseren Gesellschaft“ (Drei Weiber, 1886). K.s bekanntester Roman, „Meister Timpe“ (1888), der u. a. die K.sche Familiengeschichte verarbeitet, ist dem verzweifelten Kampf des Kleinhandwerks (verkörpert durch den Drechslermeister Timpe) gegen die kapitalistische Konkurrenz seitens der Fabriken gewidmet. Andere Romane dieser Jahrzehnte vervollständigen das damit im Grundriß gegebene kritische Bild vom deutschen Kaiserreich unter dem Einfluß der Industrialisierung, vor allem „Der Millionenbauer“ (1891) und „Der Mann ohne Gewissen“ (1905), ein Buch, das sich mit den sozialen Verhältnissen und Folgen der Gründerjahre auseinandersetzt und von allen Romanen K.s mit 185 000 Exemplaren die höchste Auflage erzielte. Obwohl K. noch bis in die 30er Jahre hinein literarisch tätig blieb (Der Rückfall des Doktor Horatius, 1935) und insgesamt 34 (z. T. zweibändige) Romane, 26 Bände mit Erzählungen, sieben Theaterstücke, drei Gedichtbände (1914, 1916, 1919) sowie Autobiographisches publizierte, sind damit bereits alle Werke genannt, die heute noch Aufmerksamkeit beanspruchen können. Die Bücher nach der Jahrhundertwende gehen kaum noch stoffliche Wagnisse ein, haben den ursprünglichen sozialkritischen Impetus aufgegeben und sind weder ästhetisch noch weltanschaulich von besonderem Interesse. Sie sind anspruchslose Unterhaltungsliteratur, teilweise bloße Kolportage. K. hatte sich inzwischen weit von der Sozialdemokratie entfernt und Maximen des „christlichen Sozialismus“ übernommen (bereits erkennbar in „Die Bergpredigt“, 1890, und „Das Gesicht Christi“, 1896). Sein politischer Standort ist eher durch Namen wie F. Naumann und A. Stöcker als durch den A. Bebels zu kennzeichnen. Nach 1933 arrangierte er sich mit dem NS-Regime (vgl. u. a. seinen Briefwechsel mit der Deutschen Schillerstiftung 1933–36, in dem er sich als „sozialen Vorkämpfer der Bewegung“ bezeichnet) und fand bei diesem wegen unübersehbarer nationalistischer und antisemitischer Sentiments (Fidus Deutschling, Germanias Bastard, 1921) auch wohlwollende Anerkennung.

    K.s eigentliche – historische – Bedeutung liegt in seinen Anfängen: Er ist der erste naturalistische Romancier deutscher Sprache (sein Einfluß auf den jungen G. Hauptmann ist belegt; A. Soergel läßt den deutschen Naturalismus mit K.s erstem Roman – 1880 – beginnen). Der Qualitätsunterschied zum Naturalismus franz. und skandinav. Provenienz ist jedoch unübersehbar. Entgegen manchem zeitgenössischen Urteil, das K. sogar über Zola setzte (C. Bleibtreu, D. v. Liliencron), ist offensichtlich, daß K. in keinem Werk die souveräne, kühle, unerbittliche Darstellungskunst eines Zola erreicht hat.|Seine Prosa ist charakterisiert durch eine Vielzahl ästhetischer Brüche (vulgäre und umgangssprachliche Ausdrücke stehen unvermittelt neben allzu hoch greifenden Metaphern und Allegorien) und erzähltechnischer Ungereimtheiten (nüchternes Beschreiben wechselt eher zufällig mit sentimentalem Erzählerkommentar). Zu Unrecht hat man K. den „Romancier des Proletariats“ genannt. Vielmehr ist er in seinen besten Werken ein sozialkritischer Unterhaltungsschriftsteller, der, aus seiner Neigung für alle „Erniedrigten und Beleidigten“ heraus, die Arbeiter als Thema gewählt hat. Zudem kann er das Verdienst beanspruchen, als erster in Deutschland (trotz Spielhagen, Raabe und Fontane) die industrialisierte Großstadt kenntnisreich geschildert zu haben.

  • Werke

    Weitere W u. a. Sonderbare Schwärmer, 2 Bde. (Roman), 1881/1913;
    Im Sturmwind d. Sozialismus, Erzz. aus großer Zeit, 1884/1907;
    Der Holzhändler (Roman), 1900/19;
    Was ist Ruhm? (Roman), 1905/11;
    In Frack u. Arbeitsbluse (Roman), 1911;
    Lebensbilder, 1912;
    Wilder Champagner, Berliner Erinnerungen u. Stud., 1919;
    Ausgew. Werke, 3 Bde., 1911.

  • Literatur

    C. Bleibtreu, Rev. d. Lit., 1885;
    J. E. Kloss, M. K., Eine Studie z. neueren Lit., 1905;
    Soergel (P);
    E. Müntefer, M. K., 1923;
    W. Stammler, Dt. Lit. v. Naturalismus b. z. Gegenwart, 1924;
    G. Keil, M. K., A Study in German Naturalism, 1928 (W-Verz., L; darin auch:
    M. K., Meine Stellung z. Naturalismus, S. 105-08);
    H. May, M. K.s Romanschaffen n. s. Herkunft, Eigenart u. Entwicklung, 1931;
    K. Haase, Die Zeit- u. Ges.-kritik in d. soz. Romanen v. M. K., Diss. Würzburg 1954;
    H. Watzke, Die soziolog. Problematik b. M. K., Diss. Wien 1958 (ungedr.);
    P. Angel, M. K., peintre de la société berlinoise de son temps, Le romancier et ses romans (1880-1900), 1966 (W-Verz., L);
    H. D. Tschörtner (Hrsg.), Die Akte M. K., Aus d. Archiv d. Dt. Schillerstiftung Weimar, 1969 (P);
    ders., Zwei Briefe Gerhart Hauptmanns an M. K., in: Marginalien 50, 1973, S. 40-51;
    S. Reinhardt, Meister Timpe, in: Kindlers Lit. Lex. IV, 1968, Sp. 2341 f.;
    Kürschner, Lit.-Kal., Nekr. 1936–70.

  • Porträts

    Zeichnung v. F. Skarbina, in: Quickborn I, 2, 1898, u. b. Soergel, s. L.

  • Autor/in

    Wolfgang Emmerich
  • Zitierweise

    Emmerich, Wolfgang, "Kretzer, Max" in: Neue Deutsche Biographie 13 (1982), S. 17-18 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118715917.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA