Lebensdaten
1836 – 1907
Geburtsort
Riga
Sterbeort
Wiesbaden
Beruf/Funktion
Chirurg ; Professor der Chirurgie in Dorpat, Würzburg und Berlin
Konfession
lutherisch
Normdaten
GND: 118656104 | OGND | VIAF: 51826888
Namensvarianten
  • Bergmann, Ernst Gustav Benjamin von
  • Bergmann, Ernst von
  • Bergmann, Ernst Gustav Benjamin von
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Zitierweise

Bergmann, Ernst von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118656104.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Die Familie wanderte Mitte des 17. Jahrhunderts aus Pillau (Ostpreußen) nach Livland ein, seit 1785 Pfarrer in Rujen (Livland);
    V Richard (1805–78), S des Benjamin Fürchtegott (1772–1856), Historiker und Sprachforscher, beide Pastoren in Rujen, und der Eleonore Polchow;
    M Bertha Carol. (1816–77), T des Ernst Krüger, Großkaufmann in Riga, und der Eva Wendula von Bergmann (T des Vaterbruders von Benjamin von Bergmann);
    1) Dorpat 1866 Hildegard (1646–68), T des Dorpater Chirurgen Georg von Adelmann (1811–88), 2) Karlsruhe 1871 Pauline Asbrand genannt von Porbeck (1842–1917), T des badischen Oberamtmanns August Asbrand genannt von Porbeck und der Luise Thilo;
    1 T aus 1), aus 2) S Gustav, Internist in München, T Bertha (⚭ Erhard Schmid, Professor der Mathematik Berlin), Alice (⚭ Wilhelm Freiherr von Brand, württembergischer General).

  • Biographie

    B. erhielt eine höhere Schulbildung in der humanistischen Lehranstalt Birkenruh bei Wenden (Livland). Er wollte Altphilologe werden, entschloß sich aber wegen eines von der Regierung eingeführten numerus clausus für das philologische Studium zum Studium der Medizin, für die er von den Ahnen her, die gerne ärztliche Hilfe leisteten, ebenfalls eine Neigung besaß. Er studierte in Dorpat, promovierte (1860), war Assistent an der chirurgischen Klinik und habilitierte sich unter G. von Adelmann und G. von Öttingen für Chirurgie (1864). 1871 wurde er ordentlicher Professor in Dorpat, 1878 nahm er einen Ruf nach Würzburg an, 1882 nach Berlin auf die Lehrkanzel B. von Langenbecks.

    B. war einer der größten deutschen Chirurgen, von operativer Meisterschaft und mit reicher Erfahrung in der Kriegschirurgie, die er sich durch Teilnahme an drei Feldzügen (1866, 1870/71 und 1877) erwarb. Die Entwicklung der Chirurgie hat er bahnbrechend beeinflußt. - 1866 begleitete er den Königsberger Chirurgen A. Wagner auf den böhmischen Kriegsschauplatz, wo die Machtlosigkeit der damaligen Chirurgie gegenüber den Wundkrankheiten einen tiefen Eindruck auf ihn machte. Nach diesem Erlebnis bemühte er sich, die Ätiologie und Pathogenese der Wundkrankheiten zu erforschen. Zusammen mit dem Dorpater Pharmakologen O. Schmiedeberg stellte er aus faulenden Hefezellen einen kristallinen Stoff dar. Auf Grund von Tierversuchen hielten sie ihn für die Ursache der Septikämie und nannten ihn daher Sepsin. Es war eine Hypothese; praktische Erfolge erzielte B. erst mit J. Listers antiseptischer Behandlungsmethode, die er 1875 an der Dorpater Klinik einführte. Doch die Erfahrungen im russisch-türkischen Krieg (1877) führten ihn zur Überzeugung, daß der Schutz der Wunde wichtiger sei als der Kampf gegen die Wundinfektion. Gegen die Schulmeinung der Zeit trat er für eine streng konservative Behandlung der Verletzungen des Kniegelenks ein, indem er das Gelenk sofort im Pirogoffschen Gipsverband ruhig stellte und die Wunde mit dem Listerschen Verband bedeckte. Die Schußverletzungen des Kniegelenks heilten nun in der Mehrzahl der Fälle, während sie unter dem alten operativen Verfahren sämtlich tödlich verlaufen waren. Die neue Methode bedeutete eines der umwälzenden Ereignisse in der Geschichte der Wundbehandlung.

    Schon im folgenden Jahr wandte sich B. vom Listerschen Verfahren ab und ersetzte die ätzende Karbolsäure durch trockene Sublimatgaze. Als dann Untersuchungen, die er durch seinen Assistenten H. Schlange vornehmen ließ, ergaben, daß das wirksame Prinzip der Sublimatgaze auf oberflächlichem Austrocknen der Wunde beruhte, also physikalischer Natur war, verwandte er fortan dampfsterilisiertes Verbandmaterial und verließ somit die chemische Antisepsis (1886). Gemeinsam mit seinem Assistenten K. Schimmelbusch baute er seine Methode in den folgenden Jahren aus, schuf die Asepsis und so die Voraussetzungen der modernen Chirurgie. Auch für diese selbst hat er Großes geleistet. Mit den klassischen Werken „Die Lehre von den Kopfverletzungen“ (1880) und „Die chirurgische Behandlung der Hirnkrankheiten“ (1888) begründete B. die Hirnchirurgie, deren bedeutendster Vertreter er Zeit seines Lebens war. Außerdem verdankt ihm die Chirurgie wichtige Beiträge zur Weiterbildung der Technik der Appendektomie, die erste erfolgreiche Operation eines Oesophagusdivertikels und eine der besten Hydrozelen-Operationsmethoden.

    B. hatte einen internationalen Ruf. Weiten Kreisen bekannt wurde er als einer der Ärzte, die bei der Erkrankung von Kaiser Friedrich zugezogen wurden. Er war eine machtvolle, auch im kulturellen Leben Berlins vielbeachtete Persönlichkeit, beseelt von hohem Berufsethos, ein kühner, verantwortungsfreudiger Chirurg, ein hinreißender Lehrer. Aus seiner Schule gingen hervor: O. von Angerer, F. von Bramann, H. Schlange, E. Lexer, M. Borchardt, H. Coenen und N. Gulecke.

  • Werke

    Weitere W Die Lepra in Livland, St. Petersburg 1870;
    Die Behandlung d. Schußwunden d. Kniegelenkes im Kriege, 1878;
    Die Chirurg. Behandlung d. Hirnkrankheiten, in: Archiv f. klin. Chirurgie 36,1888, S. 759-872, selbständig, ³1899;
    Hdb. d. speziellen Chirurgie, 1899 (mit P. v. Bruns u. J. Mikulicz-Radecki), ³1907.

  • Literatur

    A. Buchholtz, E. v. B., ²1911 (W, L, P);
    W. v. Brunn, in: Gr. Deutsche V, 1937, S. 466 bis 477 (P);
    C. Peter, E. B. u. seine Lehre, 1941;
    M. M. Becker, E. v. B. u. seine Chirurgenschule, Diss. Hamburg 1945 (ungedr.);
    H. Killian-G. Krämer, Meister d. Chirurgie, 1951;
    BJ XII (Totenliste 1907, L), H. Coenen, in BJ XIII, S. 287-96;
    BLÄ I, 1929 (W, P), Erg.-Bd., 1935 (W, L).

  • Porträts

    P Ölgem. v. F. v. Lenbach. 1896 (im Besitz v. Gust. v. B., München), Abb. in: Gr. Deutsche im Bild, 1936, S. 410; Bronzebüste v. A. v. Hildebrand, 1906 (Langenbeck-Haus Berlin); s.a. Singer I, 1937, Nr. 2806–10.

  • Autor/in

    Magnus Schmid
  • Zitierweise

    Schmid, Magnus, "Bergmann, Ernst von" in: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 88-89 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118656104.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA