Lebensdaten
1775 – 1851
Geburtsort
Sulzheim (Unterfranken)
Sterbeort
Bamberg
Beruf/Funktion
Jurist ; Politiker ; Publizist ; Bürgermeister von Würzburg
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118654853 | OGND | VIAF: 32790097
Namensvarianten
  • Behr, Michael Wilhelm Joseph
  • Behr, Michael Wilhelm Josef
  • Behr, Wilhelm Joseph
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Zitierweise

Behr, Wilhelm Joseph, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118654853.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Paul, Justizbeamter;
    M Christine Reinstein; verheiratet;
    1 S, 1 T.

  • Biographie

    Nach der Promotion zum Dr. phil. (1794) und Dr. jur. (1798) in Würzburg sowie einem Studienaufenthalt in Göttingen wurde B. schon 1799 Professor für Lehn- und Staatsrecht in Würzburg (1819–21 Prorektor). Nach dem Sturze Napoleons vertrat er in Ch. von Aretin nahestehenden verfassungspolitischen Schriften nationale und liberale Gedanken; u. a. forderte er eine monarchische Exekutive und eine kollegiale Legislative des Bundes, die einer Volksvertretung verantwortlich sein sollten. Abgeordneter der Universität Würzburg auf dem ersten bayerischen Landtag (1819),|wurde er als glänzender Redner einer der Führer der liberalen Opposition; besonders wurde er durch seine Unterstützung von L. von Hornthals Antrag auf Vereidigung der Armee auf die Verfassung bekannt. Die Regierung, die durch diese Opposition gegenüber Metternich in eine ungemein schwierige Lage geriet, stellte zunächst die Vorlesungen des auch den Burschenschaften nahestehenden B. unter Aufsicht und benutzte seine Wahl zum Ersten Bürgermeister von Würzburg (1821), um den unbequemen Professor kurzerhand in den Ruhestand zu versetzen und ihm so die Grundlage seines Landtagsmandates zu entziehen. Trotz mehrmaliger Wahl zum Abgeordneten der unterfränkischen Städte (1825, 1827, 1831) erhielt er weder von Max Josef noch von Ludwig I., der in seiner Würzburger Zeit fast freundschaftlich mit B. verkehrt hatte, die Erlaubnis zum Eintritt in die Kammer. Mehrere scharfe Angriffe gegen Regierung und Stände führten, von persönlichen Gegnern ausgenützt, zu seiner Amtsenthebung als Bürgermeister (Oktober 1832) und unter Einwirkung des Königs 1836 in zweiter Instanz zu seiner Verurteilung, u. a. zu Festungshaft auf unbestimmte Zeit. Erst 1847 wurde er begnadigt und 1848 gänzlich rehabilitiert, ja sogar entschädigt. Als Abgeordneter in der Frankfurter Nationalversammlung ist er nicht mehr wesentlich hervorgetreten. - B., dessen unglückliches Schicksal durch seinen doktrinären Starrsinn zum Teil selbstverschuldet war, erhob sich zwar in seinen verfassungspolitischen Schriften nicht über das Niveau einer ziemlich verschwommenen, im wesentlichen von Kant und dem frühen Fichte abhängigen konstitutionellen Ideologie. Wohl aber hat er durch die in seinem Hauptwerk „System der allgemeinen angewandten Staatslehre oder Staatskunst (Politik)“ (3 Bände, 1810) niedergelegte liberal-rechtsstaatliche Verwaltungslehre als Vorläufer des realistischeren Robert von Mohl Bedeutung für die Überwindung des Polizeistaatsgedankens.

  • Literatur

    ADB II;
    R. Piloty, Ein Jh. bayer. Staatsrechtslit., in: Staatsrechtl. Abhh., Festgabe f. P. Laband, Bd. 1, 1908, S. 222 ff.;
    Stintzing-Landsberg III/2, Noten S. 82 f.;
    L. Größer, Der gemäßigte Liberalismus im bayer. Landtag v. 1819–48, Diss. München 1929;
    A. Priesack, Die bayer. Abgeordneten in d. Frankfurter Nat.versammlung…, 1930;
    F. Leininger, in: Fränkische Lebensbilder IV, 1930, S. 29-59 (L);
    E. Pfeiffer, W. J. B., Diss. München 1936 (vollst. W-Verz., L);
    B. Dennewitz, Die Systeme d. Verwaltungsrechts, 1948, S. 44-47 u. ö.;
    L. Zimmermann, Die Einheits- u. Freiheitsbewegung u. d. Revolution v. 1848 in Franken, 1951, S. 94-99;
    J. Kordowich, W.J.B., Staatsrechtslehrer - Politiker - Bürgermeister - Begründer d. Städt. Sparkasse Würzburg, 1775–1851, in: Festgabe z. 130jähr. Bestehen der Städt. Sparkasse in Würzburg, 1952.

  • Porträts

    Ölgem. (Städt. Sparkasse Würzburg);
    Phot. (Stadtarchiv Würzburg).

  • Autor/in

    Erich Angermann
  • Zitierweise

    Angermann, Erich, "Behr, Wilhelm Joseph" in: Neue Deutsche Biographie 2 (1955), S. 10-11 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118654853.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Behr: Wilhelm Josef B., Staatsrechtslehrer, geb. 26. August 1775 zu Sulzheim, 1. August 1851. Er studirte die Rechte in Würzburg und Göttingen, wurde nach beendeter Praxis (1799) als Lehrer des Staatsrechts an der Universität Würzburg angestellt und blieb in diesem Amte bis zum Jahr 1821. In dieser Zeit erschienen die Schriften: „System der Staatsrechtslehre", „Verfassung und Verwaltung des Staats“, „Darstellung der Wünsche und Hoffnungen deutscher Nation“ u. a. 1819 als Vertreter der Universität zum ersten bairischen Landtag abgeordnet, schlug er sich zur Opposition, und es wurde deshalb, als in Folge der Karlsbader Beschlüsse die Demagogenjagd anhob, durch eine Ministerialentschließung die polizeiliche Beaufsichtigung seiner Vorlesungen angeordnet. 1821 wurde er zum Bürgermeister der Stadt Würzburg gewählt, er konnte die Erlaubniß, seine Vorlesungen fortzusetzen, nicht erlangen, behielt jedoch Gehalt und Titel. 1822 gab er die „Lehre von der Wirthschaft des Staats“ heraus. Damals stand B. in freundschaftlichem Verkehr mit dem in Würzburg residirenden Kronprinzen Ludwig, der seine liberalen Anschauungen theilte. Dieses Verhältniß erfuhr jedoch eine Aenderung, als Ludwig, durch revolutionäre Anzeichen erschreckt und durch das maßlose Auftreten eines Theils der oppositionellen Partei erbittert, in das Metternich’sche System einlenkte und nun sich auch gegen den constitutionellen Liberalismus argwöhnisch zeigte. Für den Landtag 1831 zum Abgeordneten der Städte Unterfrankens gewählt, erhielt B. nicht die königliche Bestätigung. Dies schürte die Aufregung in Würzburg und reizte B. und seine Anhänger zu heftigeren Auslassungen gegen die Regierung. Bei dem sogenannten Constitutionsfest in Gaibach, das dem Hambacher Fest nachgebildet war (27. Mai 1832), hielt B. eine Rede, deren Inhalt von der Polizei als aufrührerisch bezeichnet wurde. Er wurde verhaftet und, obwol er in zahlreichen Bittgesuchen die Ehrlichkeit seiner monarchischen Grundsätze betheuerte, nach mehrjähriger Untersuchungshaft „des fortgesetzten Verbrechens des nächsten Versuchs zum Hochverrath“ für schuldig erkannt und zu unbestimmter Festungsstrafe und Abbitte vor dem Bildniß des Königs verurtheilt (9. Mai 1836). B. gab sogar noch nach geleisteter Abbitte schriftlich und mündlich dem Bedauern Ausdruck, seinen König beleidigt zu haben, aber weder dieser Act der Reue noch die häufig an den König gerichteten Gesuche hatten Begnadigung zur Folge. Erst 1839 wurde er aus der Festung Oberhaus entlassen und durfte in der Stadt Passau eine Privatwohnung beziehen. Später durfte er nach Regensburg übersiedeln, 1847 wurde ihm vom König „die weitere Festungsstrafe für das, wofür er verurtheilt, nachgelassen, jedoch daß er nicht nach Würzburg kommen darf.“ Erst die Amnestie vom 6. März 1848 gab ihm die volle Freiheit wieder und die Kammern bewilligten ihm als „Entschädigung“ 10000 Gulden. Während seiner Gefangenschaft schrieb er verschiedene, namentlich auf seinen Proceß bezügliche Abhandlungen, die noch unter den Proceßacten verwahrt sind. 1848 wurde er vom Wahlkreis Kronach in die Frankfurter Nationalversammlung geschickt, doch war die politische Wirksamkeit des in Folge der langen Haft kränklichen Greises nicht mehr von Belang. Er wohnte seit seiner Freilassung in Bamberg, wo er auch starb. Wenn B. in seinen Schriften oft die Betheuerung wiederholt, daß ihn nur die reinste patriotische Absicht unter die Gegner des damals herrschenden Regierungssystems führte, so haben wir gar keinen Grund daran zu zweifeln, auch sein gelehrtes Wissen war nicht unbedeutend, aber seine weitschweifige Redseligkeit wirkt ermüdend und verwirrend.

    • Literatur

      Vgl. Heigel, Ludwig I., König von Baiern; N. Nekrolog XXIX. (1851) 577

  • Autor/in

    Heigel.
  • Zitierweise

    Heigel, Karl Theodor von, "Behr, Wilhelm Joseph" in: Allgemeine Deutsche Biographie 2 (1875), S. 286 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118654853.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA