Lebensdaten
um 1570 – 1613
Geburtsort
Utrecht
Sterbeort
Prag
Beruf/Funktion
Goldschmied ; Medailleur ; Zeichner
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118626795 | OGND | VIAF: 805221
Namensvarianten
  • Vianen, Paul van
  • Vianen, Paulus (I) van
  • Vianen, Paulus Willemsz.
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Zitierweise

Vianen, Paulus van, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118626795.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Willem ( 1603), Ger.vollzieher in U., S d. Ernst u. d. Jannichgen Ysbrantsdr. van Diemen;
    M Elisabeth Paulusdr. Pelser;
    B Adam (1568/69–1627), Goldschmied in U., Gijsbrecht ( 1632), in Diensten d. Niederl. Ostindien Kompanie (VOC), Schw Jannichgen, Catharina;
    München 1598 Christina, T d. Franz Kauf(f)man(n);
    S Wolfgang (* 1602), Paulus (II) (um 1607/13–52), Maler, T Dorothea ( 1667), Maria.

  • Biographie

    Seit seinem zehnten Lebensjahr verbrachte V. eine vierjährige Lehrzeit bei dem Utrechter Gold- und Silberschmied Bruno Ellardsz. van Leydenberch (um 1530–1604) und setzte diese bei dessen Bruder Cornelis fort. Wohl in den 1590er Jahren verließ V. seine Heimatstadt und verbrachte mehrere Jahre in Frankreich, Italien und Deutschland. Über die Aufenthalte in Frankreich und Italien – und ihre zeitliche Abfolge – ist wenig bekannt; belegt ist jedenfalls, daß V. seit 1596 in München arbeitete. Zunächst scheint er hier in der Werkstatt seines Landsmannes Hans Schwanenberger (Schwanenburg, 1597) gearbeitet zu haben. Nach mehreren gescheiterten Versuchen, als Meister in die Münchner Goldschmiedezunft aufgenommen zu werden, gelang dies 1599 schließlich durch Intervention Hzg. Maximilians I. (1573–1651) und unter Dispens von den zunftmäßigen Meisterstücken sowie der Lehr- und Gesellenzeit. Schon ein Jahr zuvor hatte er durch seine Heirat das Münchner Bürgerrecht erlangt. Zahlungen des Münchner Hofes an V. sind bis 1601 belegt. In diesem Jahr schuf er für Maximilian I. eine Silberstatuette des heiliggesprochenen Ks. Heinrich II., die jener als Reliquiar für die Jesuitenkirche St. Michael in München stiftete. Diese wohl letzte Arbeit für den Münchner Hof hat sich lediglich als Darstellung im Schatzbuch von St. Michael erhalten (fol. 56).

    Noch 1601 verließ V. München und trat als Hofgoldschmied in die Dienste von Fürstebf. Wolf Dietrich v. Raitenau (1559–1617) in Salzburg. Hier entstanden mehrere Stadt- und Landschaftsdarstellungen, die eine außerordentlich hohe Realitätsnähe aufweisen und V.s Ruf als bedeutender Landschaftszeichner begründeten. Gesicherte Goldschmiedearbeiten haben sich aus dieser Zeit jedoch nicht erhalten. Lediglich eine Goldene Kreuzgruppe im Museo degli Argenti in Florenz und das Sockelrelief eines Standkreuzes (Salzburg, Stadtpfarrkirche zu Unserer Lieben Frau in Mülln) wurden mit V. in Verbindung gebracht.

    1603 trat V. in die Dienste Ks. Rudolfs II. (1552–1612) in Prag, wo er bis zu dessen Tod als Kammergoldschmied tätig war. Im Inventar der ksl. Kunstkammer werden sieben Werke explizit als Arbeiten V.s ausgewiesen. Es sind dies die Fassung eines Jaspiskruges von Ottavio Miseroni (Kunsthist. Mus. Wien, Kunstkammer), eine Lavabogarnitur mit der Geschichte der Diana (Amsterdam, Rijksmus.), zwei Silberplaketten (ebd.), eine weitere Silbertafel mit einer Landschaftsdarstellung sowie zwei Silberstatuetten, die Adam und Eva darstellen (Verbleib unbekannt). In Prag entwickelte V. auch einen neuen, sehr eigenständigen Figurenstil. Hielt er sich anfangs, v. a. bei seinen frühen Plaketten, noch stark an Nürnberger und Augsburger Vorbilder, so näherte er sich zunehmend stilistisch dem Kreis um Hendrik Goltzius, bis er in Prag schließlich zu einer sehr naturnahen Modellierung fand – möglicherweise auch als Konsequenz seiner vielen Studien nach der Natur. Häufig mit wirklichkeitsnahen Landschaftshintergründen kombiniert, wirken seine oft vielfigurigen Kompositionen äußerst sensualistisch. Durch eine differenzierte Oberflächengestaltung erzielte er eine fast malerische Wirkung, die bereits von Joachim Sandrart gelobt wurde. Richtungsweisend wurde V. durch die Einführung des sog. Ohrmuschelstils in die Goldschmiedekunst, bei dem einzelne Elemente gleichsam teigig zerfließen. Dieser war in Ansätzen bereits bei seinem Vorgänger als Kammergoldschmied, Anton Schweinberger ( um 1603), vorhanden, wurde in Reinform aber erstmals von V. bei einer Tazza mit dem Urteil des Paris 1607 eingesetzt (Amsterdam, Rijksmus.). Auch beim Deckel des Jaspiskruges, den er 1608 anfertigte, um einen Bruch im Steingefäß zu überdecken, findet sich diese knorpelig-teigige Formgebung. Bei seinem letzten großen Werk, der Lavabogarnitur mit der Geschichte der Diana 1613, setzte er dieses amorphe Ornament als bewußten Kontrast zur realitätsnahen figürlichen Darstellung und als deren Rahmung ein. Sein in Utrecht tätiger Bruder Adam (1568/69–1627) führte diesen Ornamentstil fort, indem er die gesamte Form von Silbergeräten in knorpeliger Ausführung gestaltete und dabei Figurales und Abstraktes ineinander verwob, wie etwa bei der 1614 zum Gedächtnis an seinen verstorbenen Bruder für die Amsterdamer Goldschmiedezunft gearbeiteten Deckelkanne (Amsterdam, Rijksmus.).|

  • Werke

    Weitere W u. a. gesicherte Goldschmiedearbeiten: Tazzaschale mit Saul u. David, um 1595 (Centraal Mus., Utrecht);
    Tazza mit Merkur u. Argus, 1607 (Stedelijk Mus. Het Prinsenhof);
    Tazza mit d. Urteil d. Paris, 1607 (Rijksmus., Amsterdam);
    Deckelbecher mit Diana u. Actäon, 1610 (S. D. Friedr. Wilh. Fürst zu Wied, Neuwied);
    Tazzaschale mit Susanna u. d. Alten, 1612 (Mus. Boymans-van Beuningen, Rotterdam);
    Plaketten: in Amsterdam (Rijksmus.), Brüssel (Koninklijke Bibl. Albert I, penninkabinet), Gotha (Museen d. Stadt Gotha), London (Cyrill Humphris), St. Petersburg (Eremitage), Utrecht (Centraal Mus.), Weimar (Kunstslgg.);
    Zeichnungen: in Amsterdam (Rijksmus.), Budapest (Szépmu ˝ vészeti Múz.), Berlin (Kupferstichkab.), Darmstadt (Hess. Landesmus.), München (Staatl. Graph. Slg.), Prag (Náródni Gal.) u. a.;
    zu d. Medaillen: G. Habich, Die dt. Schaumünzen d. XVI. Jh., Erster T.: Die dt. Schaumünzen d. XVI. Jh., geordnet n. Meistern u. Schulen, Bd. II/2 (vollendet v. M. Bernhart u. P. Grotemeyer), 1934, S. 519–22.

  • Literatur

    L ADB 40;
    J. R. ter Molen, Van Vianen een Utrechtse familie von zilversmeden met een internationale faam, Diss. Leiden 1984 (mit älterer L);
    Zeldzaam Zilver uit de Gouden Eeuw, De Utrechtse edelsmeden Van Vianen, Ausst.kat. Centraalmus. Utrecht 1984/85;
    J. A. Spicer, Adam and Eve after the fall by P. v. V. and the interrelationship of the arts, in: Prag um 1600, Btrr. z. Kunst u. Kultur am Hofe Rudolfs II., 1988, S. 273–83;
    R. J. Baarsen, P. v. V., De aanbidding der herders, Prag, 1607, in: The Rijksmus. Bull. 37, 1989, S. 141–47;
    M. Schapelhouman, Een onbekende tekening van P. V. V., ebd. 38, 1990, S. 300–04;
    Ch. Schuckman (Hg.), Hollstein’s Dutch and Flemish etchings, engravings and woodcuts 36, Claudius Vermeulen to P. W. v. V., 1990;
    L. Konečný, More on Adam and Eve in Rudolfine art, in: Studia Rudolphina 8, 2008, S. 106;
    ThB;
    Dict. of Art.

  • Porträts

    P Gem. v. C. Ketel, Öl/Lwd. (Amsterdam, Rjiksmus.); Selbstportrait mit Hans v. Aachen u. Adriaen de Vries, Miniatur, Öl/Kupfer, n. 1596 (Münster, Westfäl. Landesmus. f. Kunst u. Kulturgesch.); Kupf. v. A. Lutma, um 1650

  • Autor/in

    Paulus Rainer
  • Zitierweise

    Rainer, Paulus, "Vianen, Paulus van" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 785-786 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118626795.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA