Lebensdaten
1868 – 1935
Geburtsort
Wiśniowczyk (Vyšnivčyk, Galizien)
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Musiktheoretiker ; Komponist
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 118607154 | OGND | VIAF: 24644191
Namensvarianten
  • Niloff, Arthur (Pseudonym)
  • Schenker, Heinrich
  • Niloff, Arthur (Pseudonym)
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Zitierweise

Schenker, Heinrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118607154.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann ( 1887), Gde.arzt;
    M Julia ( 1917), T d. N. N. Mosler, Schneider;
    Geschw Markus, Wilhelm, Moriz (Moses), Bankdir., Rebecka, Schifre;
    1919 Jeanette Kornfeld, geb. Schiff (1874–1945); kinderlos.

  • Biographie

    Ersten musikalischen Unterricht erhielt S. während seiner Gymnasialzeit in Lemberg durch den Chopin-Schüler Carl Mikuli. 1884 begab er sich zum Jurastudium nach Wien, das er 1890 mit dem Dr. iur. abschloß. Daneben studierte er 1887-90 am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien als Hauptfach Komposition, später Harmonielehre, u. a. bei Anton Brückner (Harmonielehre u. Kontrapunkt) und bei Ernst Ludwig (Klavier). Seit 1890 veröffentlichte er eigene Kompositionen, wirkte als Liedbegleiter, Privatmusiklehrer und Musikkritiker; Schwerpunkt seiner Beschäftigung aber wurde die Musiktheorie. S. entwickelte eine neue Analysemethode der klass. Meisterwerke von Bach bis Brahms, die weniger die thematisch-motivischen Beziehungen oder die Logik der Akkordfortschreitungen nach Hugo Riemanns Funktionsharmonik in den Blick nahm, sondern den organischen Aufbau des Werks nach Strukturebenen untersuchte. Mittels einer besonderen Reduktionstechnik gelangte er zu einer „Schichtenlehre“, die vom erklingenden „Vordergrund“ des Werks über den „Mittelgrund“ zum|strukturell bestimmenden „Hintergrund“ führt. Dort wird der „Ursatz“ und dessen Oberstimme, die „Urlinie“, gewissermaßen als Matrix des Werkes faßbar, die der Komponist, in der tonalen Musik weitgehend unbewußt, „auskomponiert“. Da diese Schichten nicht nur als genetisch aufeinander bezogen aufgefaßt werden, sondern auch als hierarchisch, wurde S.s Methode mit seinem ausgeprägten Wertedenken, das in einer begeisterten Germanophilie gipfelte, in Verbindung gebracht. Seine Vorstellung vom musikalischen Satz geht von einem untrennbaren, organischen Zusammenhang zwischen Stimmführung, Harmonik und Rhythmik aus. Konzeptionell steht S. Goethes Morphologie nahe (mit ihrer Idee einer mehrfachen Transformation einer ursprünglichen Gestalt, dem „Urphänomen“) sowie der Gestaltpsychologie mit den Vorstellungen organischer Verlaufsformen.

    Obwohl S. nie ein offizielles Amt bekleidete, fand seine Lehre große Beachtung (u. a. bei E. d'Albert, E. Hanslick, M. Kalbeck, A. Halm, W. Furtwängler). Weil er dem autographen Notentext des Komponisten als Zeugnis von dessen innersten Absichten besondere Aufmerksamkeit widmete, wurde S. zum Wegbereiter der textkritischen Ausgaben und Initiator des „Archivs für Photogramme musikalischer Handschriften“ bei der Österr. Nationalbibliothek Wien, das sein Schüler Anthony van Hoboken (1887–1983) 1927 gründete. Größte Wirkung entfaltete seine Analysemethode aber als „Schenkerism“ in den USA. Dort wurde sie v. a. von seinen Schülern Oswald Jonas (1897–1978), Felix Salzer (1904–86) und Ernst Oster (1908–77) verbreitet, erreichte als Unterrichtsfach die Konservatorien und fand sogar auf ältere und neuere Musik Anwendung.

  • Werke

    Kompositionen: Klavierwerke op. 1, 2, 4, 5, 10 (Wien 1897–99);
    Lieder op. 3, Syrische Tänze 4hd.;
    Kammermusik;
    Chöre;
    Editionen, Bearbeitungen u. Erläuterungsausgg.:
    C. Ph. E. Bach, Klavierwerke, Neue krit. Ausgabe, 1902-03;
    G. F. Händel, Sechs Orgelkonzerte, Nach d. Originalen f. Klavier zu 4 Händen bearb., 1904;
    J. S. Bach, Chromat. Phantasie u. Fuge, krit. Ausg. m. Anhang, 1910;
    rev. 2. Ausg. v. O. Jonas 1969;
    engl. Ausg. hg. v. H. Siegel, 1984;
    Beethovens neunte Sinfonie, 1912, Nachdr. 1969, engl. 1992;
    Erl.ausgg. d. letzten Sonaten Beethovens, Op. 109, 1913, Op. 110, 1914, Op. 111, 1915, Op. 101, 1920;
    neu hg. v. O. Jonas, 1971-72;
    Beethoven, Sämtl. Klaviersonaten, Nach d. Autographen rekonstruiert, 1921-23, 2. rev. Ausg. v. E. Ratz, 1947, engl. hg. v. C. Schachter, 1975;
    Schrr.:
    Ein Btr. z. Ornamentik, 1904, Neudr. 1954;
    engl. wiederabgedr.: in: The Music Forum 4, 1976;
    Neue musikal. Theorien u. Phantasien I: Harmonielehre, 1906, Nachdr. hg. v. W. Frisius, 1978, engl. hg. v. O. Jonas, 1954, Nachdr. Cambridge, Mass. 1973;
    II/1;
    Kontrapunkt 1, 1910. engl. 1987, II/2: Kontrapunkt 2, 1922. engl. 1987, III: Der freie Satz, 1935, 2. Aufl. hg. v. O. Jonas, 1956, engl. hg. v. E. Oster, 1979;
    Der Tonwille, H. 1-6, 1921-23;
    Der Tonwille, Vjs. zum Zeugnis unwandelbarer Gesetze d. Tonkunst, H. 7-10, 1924, daraus: Beethovens V. Sinfonie, Nachdr. 1925 u. 1969;
    Das Meisterwerk in d. Musik. Jb. 1-3, 1925, 1926, 1930, Nachdr. 1974 u. 1980;
    Fünf Urlinie-Tafeln, 1932, engl. u. d. T. Five Graphic Music Analyses, hg. v. F. Salzer, 1969;
    Joh. Brahms, Oktaven u. Quinten u. a. …, Aus d. Nachlass hg. u. erl. v. H. S., 1933, engl. in: Music Forum 5, 1980;
    Nachlässe:
    The Oswald Jonas Memorial Collection, incorporating the H. S. Archive at the University Library, Univ. of California, Riverside, USA (P);
    The Oster Collection: Papers of H. S., New York Public Library, USA;
    Reinhard Oppel Memorial Collection at the Univ. of North Texas, USA.

  • Literatur

    O. Jonas, in: Allg. Musikztg., 1933, S. 425 u. 437;
    Das Wesen d. musikal. Kunstwerks, eine Einf. in d. Lehre H. S.s, 1934, ²1972;
    F. Salzer, Structural Hearing, Tonal Coherence in Music, 1952, dt. u. d. T. Strukturelles Hören, Der tonale Zusammenhang in d. Musik, 1977;
    H. Federhofer, H. S., in: FS Anthony van Hoboken z. 75. Geb.tag, hg. v. J. Schmidt-Görg, 1962;
    ders., Akkord u. Stimmführung in d. musiktheoret. Systemen v. Hugo Riemann, Ernst Kurth u. H. S., 1981;
    ders., H. S., Nach Tagebüchern u. Briefen in d. Oswald Jonas Memorial Collection, 1985;
    ders. (Hg.), H. S. als Essayist u. Kritiker: Ges. Aufss., Rezensionen u. kleinere Berichte aus d. J. 1891-1901, 1990;
    M. Yeston (Hg.), Readings in Schenker Analysis and other Approaches, 1977;
    E. Narmour, Beyond Schenkerism: The Need for Alternatives in Music Analysis, Chicago 1977;
    K.-O. Plum, Unterss. zu H. S.s Stimmführungsanalyse, 1979;
    D. Beach (Hg.), Aspects of Schenkerian Theory, 1983;
    H. Siegel (Hg.), Schenker Studies, 1990;
    M. Eybl. Ideologie u. Methode, 1995 (P); Bibliogrr.:
    A. D. Beach, A Schenker Bibliography, in: Journal of Music Theory 13, 1969, S. 1-37;
    ders., 1969-1979, ebd. 23, 1979, S. 275-86;
    ders., The current state of Schenkerian Research (mit Bibliogr. 1979-1984), in: Acta musicologica 57, 1985, S. 275-307;
    ders., Schenkerian Theory (mit Bibliogr. 1985-1988), in: Music Spectrum 11, 1989, S. 3-14;
    L. Laskowski, H. S., An Annotated Index to his Analyses of Musical Works, 1978;
    N. Rast, A Checklist of Essays and Reviews by H. S., in: Musical Analysis 7, 1988, S. 121-32;
    Enc. Jud. 1971;
    ÖBL;
    Hist. Lex. Wien;
    Riemann mit Erg.bd;
    MGG;
    New Grove;
    New Grove².

  • Autor/in

    Klaus Peter Richter
  • Zitierweise

    Richter, Klaus Peter, "Schenker, Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 22 (2005), S. 682-683 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118607154.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA