Lebensdaten
1881 – 1920
Geburtsort
Rostock
Sterbeort
Waldfrieden (Neumark)
Beruf/Funktion
pazifistischer Zivilisationskritiker ; politischer Agitator ; Marineoffizier ; Schriftsteller ; Offizier
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 118591061 | OGND | VIAF: 34571852
Namensvarianten
  • Paasche, Hans Albert Ferdinand
  • Paasche, Johannes Albert Ferdinand
  • Paasche, Hans
  • mehr

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Paasche, Hans, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118591061.html [15.10.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hermann (1851–1925, s. 1);
    Berlin 1908 Ellen (1889–1918), T d. Bankiers u. Politikers Richard Witting (1856–1923, s. DBJ V, S. 395-403) u. d. Gabriele Teuscher (1861–1938);
    3 S Joachim (1911–94), Sprachwiss., Nils (1913–76), Farmer, Ivan (* 1918), Dr. rer. nat., Mathematiker, 1 T Helga (* 1916), Schriftst. (s. W, L);
    Ov d. Ehefrau Maximilian Harden (1861–1927), Publ. (s. NDB VII).

  • Biographie

    P. wuchs in einem konservativ-großbürgerlichen, prot. geprägten Elternhaus auf. Er besuchte das elitäre Joachimsthalsche Gymnasium in Berlin und wurde 1899 Seekadett, 1904 Leutnant im Küstenwachdienst in Deutsch-Ostafrika, 1906 Befehlshaber der deutschen Schutztruppe am Rufiji gegen den Maji-Maji-Aufstand. 1909 nahm er den Abschied als Kapitänleutnant. Im Oktober 1913 gehörte er zu den Sprechern des „Ersten Freideutschen Jugendtages“ auf dem Hohen Meißner. Im 1. Weltkrieg zunächst als Offizier in Kiel und Wilhelmshaven eingesetzt, verließ P. 1916 die Kriegsmarine und zog sich auf das 1912 übernommene Gut Waldfrieden zurück. Pazifistische Aktivitäten brachten ihm 1917/18 einen Hoch- und Landesverratsprozeß und die lebensrettende Einweisung in eine Nervenheilanstalt ein. Nach der Befreiung durch revolutionäre Matrosen und kurzer Tätigkeit im Vollzugsrat der Arbeiter- und Soldatenräte als Redner und Publizist aktiv, wurde er von einem Reichswehr-Schutzregiment als vorgeblicher kommunistischer Verschwörer ermordet.

    P. erwarb sich einen Namen als Kenner Afrikas, als Gegner der deutschen Kolonialpolitik und besonders als Kultur- und Zivilisationskritiker. Publizistische Erträge seiner Militärzeit und einer Forschungsreise 1909/10 mit seiner Frau durch Innerafrika waren abenteuerliche, dann getarnt oder offen antimilitaristische Berichte und Erzählungen. Seine bekannteste Veröffentlichung wurde die zunächst 1912/13 in der Zeitschrift „Der Vortrupp“ erschienene satirische Kritik an der deutschen bürgerlichen Kultur: „Die Forschungsreise des Afrikaners Lukanga Mukara ins innerste Deutschland“ (1921, ⁷1927, Neuausgg. 1955–93). Er wollte damit seinen von hemmungsloser wirtschaftlicher Expansion begeisterten Zeitgenossen den Spiegel eines in Wahrheit kultivierten „Wilden“ vorhalten. Seit 1906 trat P. in zahlreichen Vorträgen, Flugblättern und Aufsätzen als radikaler Lebensreformer, Tier- und Naturschützer, schließlich als ethischer Pazifist und Revolutionär hervor. Er war Autor und Mitherausgeber entsprechender Zeitschriften, Mitgründer und Vorstandsmitglied des Deutschen Vortruppbundes (1912–16), der Zentralstelle Völkerrecht (1916), des illegalen Bundes Neues Vaterland (1916). P. forderte ein neues Denken („Ändert euren Sinn!“), die Rückbesinnung auf die Natur, körperliche Ertüchtigung als Abwehr von Lastern, die Abkehr vom Konsumdenken. Abenteuerlicher Lebenslauf und tragisches Ende, charismatische Ausstrahlung und christlich motiviertes Eintreten für eine „Revolution der Gesinnung“ ließen P. zu einer Leitfigur der Jugend-, Friedens- und Ökologiebewegungen werden.

  • Werke

    Weitere W u. a. Im Morgenlicht, Kriegs-, Jagd- u. Reiseerlebnisse in Ostafrika, 1907, ³1925;
    Fremdenlegionär Kirsch, 1916;
    Meine Mitschuld am Weltkriege, 1919;
    Das verlorene Afrika, 1919;
    Ändert Euren Sinn!“, Schrr. e. Revolutionärs, hg. v. H. Donat u. Helga Paasche, 1992 (P).

  • Literatur

    M. Schwantje, H. P., Sein Leben u. Wirken, 1921;
    O. Wanderer (Ps. f. O. Buchinger), Paasche-Buch, 1921, ²1922;
    H. Donat (Hg.), „Auf der Flucht erschossen“, Schrr. u. Btrr. von u. üb. H. P., 1981 (W-Verz., P);
    Helga Paasche, Ein Leben f. unsere Zukunft, in: Jb. d. Archivs d. dt. Jugendbewegung 15, 1984/85, S. 305-24;
    H. Naumann, Pazifist, Revolutionär, Kommunist H. P., in: Btrr. z. Gesch. d. Arbeiterbewegung 32, 1990, S. 250-60;
    C. Neutsch u. K. H. Solbach (Hg.), Reise in d. Kaiserzeit. Ein dt. Kaleidoskop, 1994 (P);
    W. Lange, H. P.s Forschungsreise ins innerste Dtld., Eine Biogr., 1995 (W-Verz.);
    DBJ II, Tl. (W, L);
    Kosch, Biogr. Staatshdb.;
    Kosch, Lit.-Lex.³;
    Killy;
    |

  • Nachlass

    Nachlaß: Diessen, Privatarchiv Helga Paasche; Witzenhausen, Burg Ludwigstein, Archiv d. dt. Jugendbewegung.

  • Autor/in

    Winfried Mogge
  • Zitierweise

    Mogge, Winfried, "Paasche, Hans" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 735-736 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118591061.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA