Lebensdaten
1846 – 1930
Geburtsort
Pflugrade/Naugard
Sterbeort
Meseritzer Mühle bei Semerow Kreis Schivelbein (Pommern)
Beruf/Funktion
Eisenbahnbauer ; Bauunternehmer ; Baurat
Konfession
keine Angabe
Normdaten
GND: 117640026 | OGND | VIAF: 25385200
Namensvarianten
  • Lenz, Friedrich

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Zitierweise

Lenz, Friedrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd117640026.html [16.10.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ferdinand (1825–47), Gutsbes., S d. Gutsbes. Gottlieb u. d. Dorothea Sophia Pribbenow;
    M Augustine Müller, Schmiedemeisters-T aus Stewenhagen;
    1872 Johanna Maager (* 1849) aus Kolberg;
    2 S, 1 T;
    N Fritz (s. 2).

  • Biographie

    Nach dem Abitur an der Provinzial-Gewerbeschule in Stettin (1866) arbeitete L. zunächst als Maurer, dann in einer Stettiner Schiffswerft, ehe er in Berlin eine Anstellung im technischen Büro der Berlin-Stettiner Eisenbahn fand. Seit 1871 war er als Sozius erstmals am Bau von Bahnstrecken beteiligt. 1876 gründete er zu diesem Zweck|ein eigenes Tiefbauunternehmen. Zwischen 1880 und 1883 trat L. als Generalunternehmer beim Bau der 122 km langen Bahn von Altdamm nach Kolberg auf, 1882-87 baute er 230 km vollspurige Nebenbahnen in Mecklenburg-Schwerin. Ende der 80er Jahre war er als Gutachter für Eisenbahnbauprojekte in Ägypten und Siam tätig. Unmittelbar nach Verabschiedung des Preuß. Kleinbahngesetzes 1892 gründete L. in Stettin die Lenz & Compagnie GmbH mit einem Kapital von 4 Mill. Mark. Hauptgesellschafter war die Berliner Handelsgesellschaft (BHG), beteiligt war u. a. die Firma Fried. Krupp. L. war alleiniger Geschäftsführer. Die Gesellschaft hatte den Zweck, Klein- und Nebenbahnen zu bauen. Innerhalb der nächsten Jahre baute L. eine Reihe von Tochterunternehmen auf, mit deren Hilfe er seine Liquidität verbesserte: Ostdeutsche Kleinbahn-Aktiengesellschaft (1893), Westdeutsche Eisenbahngesellschaft (1895), Bank für Deutsche Eisenbahn-Werthe (1896), AG für Verkehrswesen (1901). Obwohl L. bei vielen im Auftrag von interessierten Kreisen oder Gemeinden von ihm ausgeführten Bahnen einen Teil des nur schwer auf dem Aktienmarkt zu plazierenden Kapitals selbst aufbringen mußte und zunehmend als Generalunternehmer für die z. T. mangelhaften Leistungen seiner Subunternehmer zu haften hatte, nahmen seine Unternehmungen bis 1914 einen beträchtlichen Aufschwung. Insgesamt 4 000 km Bahnstrecken wurden innerhalb von 20 Jahren ausgeführt, davon allein 1200 km in Pommern, außerdem zahlreiche Klein- und Nebenbahnen im Rheinland. Da die meisten Gebietskörperschaften nicht in der Lage waren, den Bahnbetrieb durchzuführen, übernahm L. auch diesen. Er war der wichtigste Erbauer und Betreiber von Klein- und Nebenbahnen in Deutschland. Seit 1903 engagierte er sich auch beim Bau von Bahnen in den deutschen Kolonien in Afrika, zunächst in Deutsch-Ostafrika, seit 1904 in Togo, seit 1905 in Südwestafrika und seit 1907 in Kamerun. Hierzu gründete er die Deutsche Kolonial-Eisenbahn-Bau- und Betriebs-Gesellschaft als Tochter der immer mehr in den Vordergrund tretenden AG für Verkehrswesen. Insgesamt entstanden unter seiner Leitung in Afrika Bahnstrecken von fast 2 000 km Länge, von denen die meisten (wie auch andere, nicht von L. stammende Bahnen) auch von ihm betrieben wurden.

    Nach 1918 erstellte L. in Deutschland nur noch wenige Bahnbauten. Insgesamt betrieben die Lenz & Co GmbH und die Ostdeutsche Eisenbahn-Gesellschaft als Töchter der BHG 1924 43 Bahnen mit ca. 2 000 km Streckenlänge. Seit 1915 betätigte sich L. auch erfolgreich als Hoch- und Tiefbauunternehmer, vorwiegend außerhalb des Eisenbahnsektors. Die AG für Verkehrswesen, später AG für Verkehrswesen und Industrie (1954) und dann AG für Industrie und Verkehrswesen, existiert als Mischkonzern mit Sitz in Frankfurt noch heute. Die L.schen Bauinteressen wurden 1927 in der Allgemeinen Baugesellschaft Lenz & Co zusammengefaßt, die sich zu einem der führenden deutschen Großbauunternehmen entwickelte. 1947 wurde sie in eine AG umgewandelt (seit 1952 „Lenz-Bau AG“), die ihren Sitz in Hamburg hatte und einer der erfolgreichsten Baukonzerne der Nachkriegszeit war.

    Die verschachtelte Konstruktion des L.schen Imperiums war für seine Entstehungszeit typisch. Die meisten Bahnbauer verfügten über verschiedene neben- oder nachgeschaltete Unternehmen. Im Gegensatz etwa zum „Eisenbahnkönig“ Strousberg hielt sich L. bemerkenswert im Hintergrund und verfolgte nicht primär das Ziel persönlicher Bereicherung. Seine Bahnbauten waren grundsolide, ihre z. T. geringe Rentabilität kann nicht ihm, sondern muß den auftraggebenden Gemeinden und Kreisen angelastet werden. „Lenz-Bahnen“ wurden zu einer Art Markenzeichen ähnlich wie in der Lokomotivgeschichte die „Lenz-Typen“, speziell für seine Bahnen (zumeist von Vulcan in Stettin) entwickelte leichte, aber leistungsfähige Dampfloks, wie sie noch heute auf den polnischen Schmalspurbahnen zu finden sind. L. war in erster Linie Bahnbauer, Ingenieur, ohne jemals eine Ingenieurausbildung erfahren zu haben. Als sich die AG für Verkehrswesen zu einem Konzern entwickelte, der andere, kleinere Betriebsgesellschaften aufkaufte und mit Erfolg gewinnbringend zu betreiben versuchte, war die Zeit für L. dort im Grunde abgelaufen. Folgerichtig wandte er sich in den letzten 15 Jahren seines Lebens anderen, weniger eindrucksvollen Unternehmungen zu, bei denen er wieder in erster Linie Bauunternehmer sein konnte.|

  • Auszeichnungen

    Dr.-Ing. E. h. (Berlin);
    GKR.

  • Literatur

    Th. Reh, F. L., in: Pomm. Lb. I, 1934 (L, P);
    E. Lübbert u. L. Utsch, AG f. Verkehrswesen u. Industrie 1901–31, 1963 (P);
    Hdb. d. dt. Aktiengesellschaften 1961/62, IV, S. 3901 f., V, S. 4943.

  • Autor/in

    Rolf Löttgers
  • Zitierweise

    Löttgers, Rolf, "Lenz, Friedrich" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 222-223 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd117640026.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA