Lebensdaten
1897 – 1962
Geburtsort
Barkhausen bei Wittlage
Sterbeort
Bad Godesberg
Beruf/Funktion
Schriftstellerin
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 116996137 | OGND | VIAF: 64772299
Namensvarianten
  • Cordes, Irene (Pseudonym)
  • Bartels, Waltraut (geborene)
  • Mattenklott, Waltraut (in erster Ehe verheiratete)
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Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Nicolas, Waltraut, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd116996137.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Clemens Bartels (1857–1918), ev. Pfarrer 1884 in Gehrden, 1889 in B., 1900 in Bordenau, S d. Georg Heinrich Friedrich B. (1816–80), ev. Pfarrer in Ohrum, 1855 in Horst, 1869 in Gerdau, u. d. Marie Friedrike Caroline Elisabeth Grethe;
    M Josefine (1865–1961), T d. Hermann Georg Friedrich Ludwig Haccius (1817–91), ev. Pfarrer 1848 in Lüneburg, 1862 in Bordenau, u. d. Josefine Drewsen;
    Ov Johann Heinrich Christian Adolf Bartels (1857–1911), ev. Pfarrer in Bergen, 1884 in Walsrode, 1892 in Leiferde, 1906 Sup. in Osten;
    Om Georg Haccius (1847–1926), D. theol., Missionsdir. in Hermannsburg (s. Niedersächs. Lb. I, 1939), Adolf Haccius (1849–1932), Geh. Justizrat, Vors. d. Hann. Missionsver. u. d. Hann. Bibelges.;
    Tante-m Anna Haccius (1864–1939), Konventualin d. Klosters Mariensee b. Neustadt a. Rbge.;
    6 Geschw, u. a. Ilse Bartels (1903–85), nahm am Span. Bürgerkrieg teil, in franz. Internierungslager, 1941 nach Dtld. zurückgekehrt;
    1) 1924 Günther Mattenklott, Verw.beamter, 2) 1929 Ernst Gottwalt Nicolas (1901–43, Ps. Ernst Ottwalt), Schriftst. (s. NDB 19); kinderlos;
    S d. 1. Ehemanns Gert Mattenklott (|1942-2009), Schriftst. u. Prof. f. Gesch. d. Neueren dt. Lit. in Marburg, seit 1994 an d. FU Berlin.

  • Biographie

    N. wuchs nach dem frühen Tod ihres Vaters in Hermannsburg b. Celle auf, wo ihr Halbbruder Georg für sechs Geschwister und die Mutter sorgte. Sie besuchte die dortige Missionsschule, danach das Lyzeum in Wolfenbüttel. Nach einer dreijährigen Photographenlehre in Rostock arbeitete sie u. a. als Portraitphotographin. 1929 wurde sie Mitglied der Roten Hilfe, 1932 trat sie in die KPD ein. 1929-33 war sie Gerichtsreporterin für die „Deutsche Allgemeine Zeitung“ und schrieb eigene literarische Texte. 1933 ging sie mit Ernst Ottwalt ins Exil, zunächst auf Einladung von Karin Michaelis nach Dänemark (Insel Thurö, zusammen mit Helene Weigel und Bert Brecht), im Herbst 1933 in die Tschechoslowakei. Auf Einladung des Sowjet. Schriftstellerverbandes übersiedelten sie 1934 nach Moskau, wo N. in der Redaktion der „Deutschen Zentralzeitung“ mitarbeitete. 1936 gerieten beide in die erste große stalinistische Verhaftungswelle und wurden getrennt voneinander interniert. N. wurden zunächst Spionage, Agitation gegen den Sowjetstaat und Zugehörigkeit zu den Trotzkisten vorgeworfen, was später fallengelassen wurde. Dennoch wurde sie nach mehr als drei Jahren Untersuchungshaft zu fünf Jahren Straflager in Kotlas (Sibirien) verurteilt. Im Rahmen der Auslieferungsklausel des deutsch-sowjet. Freundschaftspaktes kehrte N. 1941 schwerkrank nach Deutschland zurück. Auskünfte an die Gestapo über deutsche Exilanten in der Sowjetunion und das dortige Lagersystem sowie ihr schlechter Gesundheitszustand bewahrten sie trotz einer Verurteilung wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ vor erneuter einjähriger Haft. Über die Umstände ihrer Gefangenschaft in der Sowjetunion erschien 1942 das Buch „Laßt alle Hoffnung fahren“ (Ps. Irene Cordes, ²1943 u. d. T.: Der Weg ohne Gnade, überarb. v. antisemit. Passagen gereinigter Neudr. 1958 u. d. T.: Die Kraft, das Ärgste zu ertragen, Frauenschicksale in Sowjetgefängnissen), das sich auf die menschlichen Aspekte der Gefangenschaft konzentriert. Versuche, auch ihren Mann aus einem sibir. Straflager herauszuholen, scheiterten. Bis 1945 lebte N. zurückgezogen und übersetzte russ. Märchen und Gedichte. Auch die späteren Erzählungen thematisieren episodenhaft den Lageralltag in der Sowjetunion, vermeiden aber politische Reflexionen. Im Zentrum steht stets die Ungerechtigkeit der Verfolgung Unschuldiger, der Umgang der Gefangenen untereinander, die Situation von Menschen (zumeist Frauen), welche unter der Trennung von ihren verschollenen Partnern leiden, die Qual ihres zermürbenden Wartens (erst 1958 erfuhr N. vom Tod ihres Mannes) und ihre Ohnmacht. Als späteres Thema kam die Auseinandersetzung mit der ursprünglichen Heimat hinzu, die ihr zur Fremde geworden war, als eine satte, selbstbezogene und vergeßliche Gesellschaft. Als Motiv wirkte bei N. ferner das Verantwortungsgefühl gegenüber den in den Lagern verbliebenen toten oder noch lebenden Mitgefangenen, dazu ein eigenes Schuldempfinden. Ihre Werke zeichnen sich im übrigen durch eine tiefe Faszination für Rußland, die Moral seiner einfachen Bevölkerung und deren Traditionen aus. Nicht nur vor 1945, auch während des Kalten Krieges bot N. somit ein differenziertes Rußlandbild. Die eigenen Grenzerfahrungen führten sie darüber hinaus zu einer intensiven Beschäftigung mit Glaubensfragen. Sie wurde Mitarbeiterin an der Ev. Akademie Hermannsburg, leitete ein Heim für Rußlandheimkehrerinnen in Ostfriesland, war im Aufnahmelager Friedland tätig und leistete neben ihrer Tätigkeit als freie Schriftstellerin kirchliche Jugend- und Strafgefangenenarbeit.

  • Werke

    Weitere W Die Ersten u. d. Letzten, 1947 (Roman);
    Russ. Märchen, 1947;
    … und noch einmal Struwwelpeter, 1947;
    Schattenland (Sonette), 1948;
    Hier wird Gott dunkel, 1952 (Erz.);
    Jungfrau Maleen, 1953 (Spiel);
    Mascha u. d. Krüppel, 1953 (Spiel);
    Die Babuschka u. d. reiche Jüngling, 1954;
    Der Geheime, 1955 (Erz.);
    Der Streik d. Nonnen, 1956 (Erz.);
    Weißt du, wer neben dir geht? Geschichten aus e. fremden Welt, 1958;
    Wir jedoch, wir sind nicht so, 1958 (Erzz.);
    Dein ist die Kraft, Vaterunser-Meditationen, 1959;
    Viele tausend Tage, 1960 (Ber.);
    Der Fall Drostow, hg. v. H. Gf. v. Lehndorf, 1964 (Erz.).

  • Literatur

    A. Kantorowicz, Dt. Schicksale, Intellektuelle unter Hitler u. Stalin, 1964, S. 171 ff.;
    ders., Pol. u. Lit. im Exil, 1983, S. 40, 85-87;
    A. W. Mytze, Ottwalt, Leben u. Werk d. vergessenen revolutionären dt. Schriftst., 1977;
    ders., Ernst Ottwalt, in: europ.|ideen 74, 1990, S. 29 f.;
    G. Uthmann, Ein Lb. d. Schriftstellerin W. N., 1988;
    S. Hilzinger, „Ich hatte nur zu schweigen“, in: Exilforsch., Frauen u. Exil, XI, 1993, S. 31-52;
    C. Tischler, Flucht in d. Verfolgung, Dt. Emigranten im Sowjet. Exil 1933 bis 1945, 1996;
    W. Sternfeld u. E. Tiedemann, Dt. Exil-Lit. 1933-1945, 1970;
    Kürschner, Lit.-Kal., Nekrolog 1936-1970, 1972;
    Kosch, Lit.-Lex.³;
    BHdE II;
    R. Wall (Hg.), Lex. dt.sprach. Schriftstellerinnen im Exil 1933 bis 1945, II, 1995, S. 47-51.

  • Autor/in

    Marianne Kröger
  • Zitierweise

    Kröger, Marianne, "Nicolas, Waltraut" in: Neue Deutsche Biographie 19 (1999), S. 207-209 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd116996137.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA