Lebensdaten
1792 – 1871
Geburtsort
Osthofen bei Worms
Sterbeort
Speyer
Beruf/Funktion
Astronom ; Physiker ; Geodät
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 115755659 | OGND | VIAF: 77052860
Namensvarianten
  • Schwerd, Friedrich Magnus
  • Schwerd, F. M.
  • Schwerd, Friedr. M.
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Zitierweise

Schwerd, Friedrich Magnus, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd115755659.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Ludwig (1769–1818), aus Alsheim b. Oppenheim, kurpfälz. Ger.schreiber, S d. Friedrich Magnus (1736–1828), aus Alsheim b. Oppenheim, u. d. Annamaria Haqué (1731–1808/10), aus Hugenottenfam.;
    M Maria Elisabeth (1769/70–1840, T d. Heinrich Gilardone ( 1790?), kurpfälz. Ger.schreiber, u. d. Apollonia Damidion; 6 jüngere Geschw; - Speyer 1824 Wilhelmina Adelaide (1800/01–46), aus Colmar, T d. Johann Friedrich Butenschön (1764–1842), Schul- u. Reg.rat, Organisator d. Schulwesens im Dep. Donnersberg, Päd., Journ. (s. NDB III);
    7 S, 3 T; E Friedrich (s. 2).

  • Biographie

    Wegen der politischen Wirren infolge der Franz. Revolution konnte S. erst mit 15 Jahren einen regelmäßigen Unterricht am Lyzeum in Mannheim besuchen. 1812 bestand er als franz. Staatsbürger die Aufnahmeprüfung für die renommierte École Polytéchnique in Paris, konnte jedoch aus Geldmangel das Studium nicht aufnehmen. Er besuchte kurzzeitig die „Akademie“ in Mainz, folgte dann seiner Familie nach Speyer und unterrichtete am dortigen Lyceum seit 1814 Latein, Griechisch und Naturgeschichte. 1817–71 war er als einziger Lycealprofessor für Mathematik in dem nun bayer. „Rheinkreis“ (seit 1838 „Pfalz“) tätig. Mehrere Rufe von Universitäten lehnte er ab und blieb 58 Jahre lang Lehrer. Georg v. Neumayer (1826–1909), sein berühmtester Schüler, betonte die besonderen Fähigkeiten S.s als Experimentator. Während in Gesamtdeutschland das metrische System erst 1871 eingeführt wurde, war es durch das „Rechenbuch“ S.s in „Rheinbayern“ schon seit 1828 in Gebrauch. 1825 gründete S. in Speyer auch eine berufsbildende „Baugewerbeschule“ für den Nachwuchs in Handwerk, Handel und Industrie, eine der ältesten Gewerbeschulen in Bayern. Ferner legte er im Juli 1820 mit der „Kleinen Speyerer Basis“ die Grundlage zu einer meßtechnischen Vereinfachung geodätischer Messungen mit einer kürzeren Basis. In der Astronomie bestimmte er die genauen Orte von 1751 Fixsternen, die auch heute noch – nach Vergleichsmessungen – als Grundlage zur Berechnung der Eigenbewegungen von Fixsternen dienen. Als Ergebnis seiner optischen Experimente und aufgrund seiner Berechnungen konnte S. 1833 bestätigen und theoretisch begründen, daß das Licht auch Welleneigenschaften besitzt. 1851 nahm S. im Speyerer Dom die damals präzisesten Pendelmessungen zur Erdrotation vor. Das von ihm konstruierte und 1859 erstmals beschriebene Photometer zur Bestimmung der relativen Helligkeit von Fixsternen war das aufwendigste und beste optisch-mechanische Gerät seiner Art, das je gebaut worden ist.

  • Auszeichnungen

    korr. Mitgl. d. Phil.-med. Ges., Würzburg (1830), d. Royal Astronomical Soc., London (1837), d. Bayer. Ak. d. Wiss., München (1838, ausw. 1855), d. Physikal. Vereinigung Frankfurt/M. (1850);
    ausw. Mitgl. d. Niederrhein. Ges. f. Natur- u. Heilkde. (1864);
    Ehrenmitgl. d. pfälz. Pollichia (1869);
    Ritterkreuz v. Zähringer Löwen (1858);
    bayer. Ritterkreuz (1861);
    Dr. h. c. (Freiburg, Br. 1861);
    Denkmal d. Speyerer Bürgerschaft mit Büste S.s im oberen Speyerer Domgarten (1874);
    F.-M.-S.-Gymnasium in Speyer (seit 1967).

  • Werke

    Die kleine Speyerer Basis oder d. Beweis, daß man mit e. geringen Aufwand an Zeit, Mühe u. Kosten ( . . . ) d. Grundlage e. gr. Triangulation bestimmen kann, 1822;
    Rechenbuch mit bes. Rücksicht auf d. metr. Maaße u. Gewichte, 1828;
    Astronom. Beobachtungen, 3 T., 1829/30;
    Analyt. Unters. d. Weges, den d. Spitze e. Winkels beschreibt, dessen Schenkel e. Linie d. 2. Ordung berühren, 1830;
    Die Beugungserscheinungen aus d. Fundamentalgesetzen d. Undulationstheorie analyt. entwickelt u. in Bildern dargest., 1835;
    Mehrere Abhh. über Sternbeobachtungen in: H. Ch. Schumachers Astronom. Nachrr. 1, 2, 4, 5, 6, 8, 13, 1823 ff.

  • Literatur

    ADB 33;
    G. Müller, Die Photometrie d. Gestirne, 1897, S. 213 ff.;
    G. v. Neumayer, F. M. S. als Geodät, Astronom u. Physiker, 1902;
    A. Becker, in: Pfälz. Mus. 38, 1921, S. 133–37;
    K. R. Müller, in: Pfälzer Lb. II, 1970, S. 180–214;
    ders., F. M. S. u. Speyer, in: Schrr.reihe d. Stadt Speyer, Bd. 6, 1992, S. 58–64;
    W. Böhm, „Wahrheit über alles“, Leben u. Wirken v. F. M. S. z. 200. Geb.tag, in: Vjh. d. Verkehrsver. Speyer, 1992, S. 13–35 (P);
    Pogg. II, III;
    Lex. Pfälzer (P).

  • Autor/in

    Wolf Böhm
  • Zitierweise

    Böhm, Wolf, "Schwerd, Friedrich Magnus" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 71 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd115755659.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Schwerd: Friedrich Magnus S., Astronom und Physiker, geb. am 8. März 1792 in Osthofen (bei Worms), am 22. April 1871 in Speyer. Von F. Schwerd's Jugendjahren ist wenig bekannt, vielmehr beginnt seine Biographie eigentlich erst mit dem Jahre 1814, in welchem er Lehrer am Progymnasium zu Speyer wurde. In dieser Stellung verblieb er vier Jahre lang und wurde|dann Professor der Mathematik und Physik am kgl. Lyceum. Er hat dieses Amt fast volle vierundfünfzig Jahre bekleidet.

    So einfach der äußere Lebensgang des genialen Mannes war, mit einem umso reicheren Inhalte war dieses Leben erfüllt, denn S. hat sowohl als Geodät, wie auch als Physiker unsterbliches geleistet. Schon frühzeitig fühlte er sich durch die damals im Vordergrunde des Interesses stehenden Gradmessungsarbeiten zur Theilnahme an denselben angeregt, allein für ihn, den von äußeren Mitteln entblößten Schulmann, schien sich eine solche von selbst zu verbieten. Gleichwohl ließ er den Gedanken nicht aus den Augen und lieferte endlich wirklich eine Triangulation der Rheinpfalz, welche nach zwei Seiten hin von hoher Bedeutung war. Zum Theile spricht sich dies aus in dem etwas weitläufigen Titel des Werkes (Speyer 1822), in welchem er über seine Arbeit Bericht erstattete ("Die kleine Speyerer Basis oder Beweis, daß man mit geringem Aufwande an Zeit, Mühe und Kosten durch eine kleine, genau gemessene Linie die Grundlage einer großen Triangulation bestimmen kann"). Bis dahin war es als unmöglich erachtet worden, von einer so kleinen Grundlinie aus ein ausgedehntes Dreiecksnetz festzulegen, aber freilich bedurfte es zur Erreichung des Zieles auch eines so hohen Maßes von Genauigkeit, wie es S. zu Gebote stand, der auch durch neue, scharfsinnig erdachte Mittel die Zwischenräume zwischen den an einander gelegten Maßstäben zu ermitteln wußte. Die andere Neuerung, von der wir sprechen, bestand darin, daß S. zur Ausgleichung seines Netzes ein Verfahren anwendete, welches allerdings von der Methode der kleinsten Quadrate abwich und deshalb von der Mitwelt weniger beachtet wurde, welches aber, einer strengen von Jordan vorgenommenen Revision zufolge, eine überraschende Genauigkeit gewährleistete. Schwerd's Erfolge lenkten die Aufmerksamkeit der baierischen Regierung auf ihn, und diese bewilligte die Mittel zum Bau eines Observatoriums und zur Anschaffung eines 20zölligen Meridiankreises. Die von ihm mit den neuen Instrumenten angestellten Beobachtungen findet man theils in den „Astron. Nachrichten“ (Band 1 bis 13) theils in zwei selbstständig erschienenen Quartbänden (Epeyer 1829—30) beschrieben. Zu bedauern ist, daß er später von der Beobachtungsthätigkeit sich fast ganz zurückzog, denn sein Sternkatalog, der 1751 Positionen enthält, und dessen Fundamentalsterne 12—20 mal beobachtet waren, zeugt von seiner Vertrautheit mit diesen schwierigen Arbeiten; übrigens hatte er auch eine jener Sternkarten übernommen, deren Ausarbeitung die Berliner Akademie, um die Auffindung der kleinen Planeten zu erleichtern, angeregt und unter die hervorragendsten Fachmänner des In- und Auslandes vertheilt hatte. In seinen späteren Jahren warf sich S. auf ein enger begrenztes Gebiet der Sternkunde, nämlich auf die Sternphotometrie; leider hat er von diesen Studien nicht mehr viel in die Oeffentlichkeit dringen lassen. Das Diaphragmen-Photometer, welches er für diesen Zweck construirte, darf aber neben den bekannten Apparaten von Seidel und Zöllner einen geachteten Platz beanspruchen.

    Der reinen Mathematik trat S. nur gelegentlich näher. Da er im Anfange seiner Lehrthätigkeit, welche allseitig als eine gesegnete, erfolgreiche geschildert wird, auch in den Elementen zu unterrichten hatte, so verfaßte er ein eigenes arithmetisches Lehrbuch zur Einführung in das damals neue Decimalsystem. Veranlaßt durch den Achsenfehler seines Meridianfernrohres, schrieb er ferner 1830 ein interessantes Gymnasialprogramm, worin er den geometrischen Ort der Spitze eines beweglichen Winkels untersuchte, dessen Schenkel stets an einer Curve zweiter Ordnung berührend hingleiten.

    Keine der Schriften Schwerd's kann sich jedoch an Bedeutung messen mit dem 1835 zu Speyer herausgekommenen Werke „Die Beugungserscheinungen aus den Fundamentalsätzen der Undulationstheorie analytisch entwickelt und in Bildern|dargestellt“. Seitdem Fresnel die Interferenz auf Transversalschwingungen des Lichtäthers zurückgeführt hatte, war in der physikalischen Optik ein gewisser Stillstand eingetreten, bis S. einen neuen großartigen Fortschritt anbahnte. Mit den unscheinbarsten Vorrichtungen (vgl. auch Band 38 der Annalen der Physik und Chemie von Poggendorff) stellte er die schönen Farbenphänomene dar, welche sich ergeben, sobald Lichtstrahlen durch Hindernisse von ihrem gradlinigen Wege abgelenkt, gebeugt und zu gegenseitigem Interferiren gebracht werden; ein mit Asphaltlack geschwärztes Uhrglas, eine innen berußte Glasröhre, eine Vogelfeder genügten ihm als Beobachtungsmittel. Auch theoretisch hat S. diese Probleme aufs gründlichste durchgearbeitet, wobei er sich gewisse mathematische Hilfsmittel, die Summation trigonometrischer Reihen u. s. w., erst schaffen mußte, und sogar der Astronomie und der meteorologischen Optik gab er werthvolle Fingerzeige, welche mehrfach allerdings erst von der Folgezeit richtig verstanden und ausgenützt wurden.

    • Literatur

      Nekrolog von v. Kobell, Sitzungsber. d. k. bayer. Alad. d. Wissenschaften, 1872. II. S. 93 ff. — Nekrolog von Heel, Programmabhandlung des kgl. Gymnasiums zu Speyer, 1872.

  • Autor/in

    Günther.
  • Zitierweise

    Günther, "Schwerd, Friedrich Magnus" in: Allgemeine Deutsche Biographie 33 (1891), S. 415-417 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd115755659.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA