Lebensdaten
unbekannt
Beruf/Funktion
Unternehmer
Konfession
-
Normdaten
GND: 1084009978 | OGND | VIAF: 102145663042805071149
Namensvarianten
  • Ströher

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Zitierweise

Ströher, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd1084009978.html [28.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Der gelernte Friseur und Perückenmacher Franz (1854–1936) aus Oberwiesenthal (Erzgebirge) gründete 1880 in Rothenkirchen (Vogtland) einen kleinen Betrieb zur Herstellung und zum Vertrieb von Haartüll, der Grundlage für die Herstellung von Perücken. Versuche zur maschinellen Herstellung waren zunächst nicht erfolgreich, sie gelangen erst mit engl. Seidentüll, für den Franz eine Appretur entwickelte, die den Tüll wasserund schweißfest machte. Mit dieser Erfindung begann um 1900 der wirtschaftliche Erfolg der Firma. Produziert wurde zunächst im Wohnhaus der Familie, seit 1904 im neu errichteten Fabrikgebäude in Rothenkirchen. 1908 traten die beiden ältesten Söhne Karl (1890–1977) und Georg (1891–1964, beide s. Klimesch) in das Unternehmen ein und begannen mit der Erschließung des europ. Marktes, seit 1910 auch des US-amerik. Marktes. Während Karl nach dem Besuch der Handelshochschule in Leipzig den Aufbau der kaufmännischen Organisation verantwortete, war der gelernte Friseur Georg in der Forschung und Entwicklung tätig. Nach dem 1. Weltkrieg ließen die wechselnde Haarmode und das Aufkommen der Dauerwelle die Nachfrage nach Perücken und künstlichen Haarteilen rasch sinken. Karl und Georg erwarben deshalb 1924 die Lizenz zum Bau von Dauerwellapparaten. Im selben Jahr meldete die Firma beim Dt. Patentamt das Wortzeichen „Wella“ für Friseurarbeiten an und brachte 1927 mit dem „Wella Junior“ den ersten eigenen Dauerwellapparat auf den Markt. Daneben produzierte Ströher Trockenhauben, elektrische Haarschneidemaschinen, Frisierstühle und weitere Einrichtungsgegenstände für Friseurgeschäfte, außerdem neu entwickelte chem. Präparate zur Behandlung von Dauerwellen und für die Haarpflege. Niederlassungen entstanden in den USA und in mehreren europ. Ländern. Seit 1930 firmierte das Unternehmen als „Franz Ströher AG“. 1937 wurde die gesamte technische Produktion, der Versand und die Verwaltung aus dem verkehrstechnisch ungünstig gelegenen Vogtland nach Apolda in Thüringen verlagert, in Rothenkirchen verblieb die chem. Produktion. Karl und Georg wurden in der Firmenleitung unterstützt von ihren Schwagern Karl Megerle (* 1901) und Kurt Erbert, die die Werke in Apolda und Rothenkirchen leiteten. Im 2. Weltkrieg verlor die Franz Ströher AG die Niederlassungen im Ausland, ebenso erworbene Patente. 1940 mußte die Produktion von Friseurgeräten und schließlich Frisierprodukten aufgrund der Rohstoffbewirtschaftung eingestellt werden. In Apolda wurden Bauteile für U-Boote hergestellt. Nach Kriegsende wurde das Werk in Apolda demontiert, das Stammwerk in Rothenkirchen enteignet und 1948 in einen Volkseigenen Betrieb umgewandelt, der bis 1956 unter dem Namen „Wella“, danach als „VEB Londa“ produzierte. Der Neubeginn erfolgte im Sept. 1945 in Hünfeld bei Fulda. Hier gründeten Karl und Georg die „Ondal GmbH“ und führten die Produktion von Wella-Erzeugnissen fort. 1946 wurde in Berlin die „Wella Friseurbedarf GmbH“ unter Leitung von Kurt Erbert gegründet, die bis zur Übernahme durch Wella 1979 als eigenständiges Unternehmen im Besitz der Familie Ströher blieb. 1950 verlegte die Ströher AG den Firmensitz mit Verwaltung, Forschungslaboratorien, Lager und Versand nach Darmstadt, wo die Stadt ein günstiges Grundstück zur Verfügung stellte. Zugleich erfolgte die Umbenennung in „Wella AG“, damit wurde die Marke auch zum Firmennamen. Den Vorstand bildeten weiterhin Karl und Georg sowie ihr Schwager Karl Megerle. Anfang der 1950er Jahre trat die nächste Generation der Familie in die Firma ein. Karl blieb als Seniorchef dem operativen Geschäft verbunden, Georg führte den Vorsitz im Aufsichtsrat. Erhardt (1924–77), der Sohn Georgs, trat in den Vorstand ein, 1973 in den Aufsichtsrat. Erich Olbricht (1918–2003), seit 1943 verheiratet mit Georgs Tochter Annemarie (1920–94), war bereits in Rothenkirchen für die Firma tätig und maßgeblich am Aufbau der Fertigung in Hünfeld beteiligt. Er war 1969–73 Vorstandsmitglied und 1973–93 im Aufsichtsrat. Gerhard Pohl (1913–98), Ehemann von Karls Tochter Erika (* 1919), war Vorstandsmitglied 1955–72, 1973–88 im Aufsichtsrat, in dessen Vorsitz er sich mit Erich Olbricht abwechselte. In den Jahrzehnten nach 1950 entwickelte sich die Wella AG|zum weltweit zweitgrößten Hersteller von Haarkosmetikprodukten und Friseurbedarf. In mehr als 140 Ländern war die Firma mit ihren Produkten vertreten, Produktionsstätten und Vertriebsgesellschaften bestanden in 50 Ländern. In den 1980er Jahren kamen Körperpflege- und Kosmetikprogramme hinzu. 1985 hatte der Konzern weltweit ca. 10 000 Mitarbeiter, 1994, nach einem Konzentrationsprozeß und gleichzeitigen Akquisitionen, hatte das Unternehmen ca. 16 000 Mitarbeiter. 1983 wurden etwa 25 % des Kapitals, bisher im Besitz der Inhaberfamilien, über Vorzugsaktien an der Börse eingeführt, 1993 gab die Familie gut 20 % der Stammaktien für den Börsenhandel frei. Im Vorfeld des Börsengangs 1983 übernahm die Wella AG auch die 1950 in Marly (Schweiz) gegründete und bisher von der Familie kontrollierte „Ströher SA“ mit 32 Beteiligungen und gliederte sie dem Konzern ein. Bereits 1973 war das Verhältnis der Familienmitglieder zum Unternehmen neu geregelt worden: Angehörige der Gründerfamilie sollten nicht mehr in der eigenen Firma tätig sein, sondern nur noch dem Aufsichtsrat und dem von den Inhaberfamilien gebildeten Beirat angehören. Im operativen Geschäft waren familienfremde Manager tätig. Die vierte Generation der Gründerfamilie hatte sich mittlerweile in vier Familienstämme geteilt (Ströher, Pohl, Olbricht und Sander), die jeweils einen Vertreter in den Beirat der Firma entsandten. Die zunehmende Entfremdung von der vom Urgroßvater gegründeten Firma führte 2003 schließlich zum Verkauf des gesamten Aktienbesitzes der Familie an den US-Konzern „Procter & Gamble“. Familienangehörige sind seitdem als Sammler, Stifter, Mäzene und Förderer sozialer Einrichtungen tätig. Horst Sander und seine Frau Gisa, Enkelin Karls, planen derzeit die Errichtung und Unterhaltung eines Museums auf der Darmstädter Mathildenhöhe für ihre umfangreiche Gemäldesammlung. Sie folgen darin dem Beispiel des Großvaters Karl, der nicht nur das heute noch bestehende Wella-Museum zur Geschichte der Kosmetik und des Friseurhandwerks (1952) einrichtete, sondern auch eine bedeutende Sammlung zeitgenössischer Kunst zusammentrug, die jahrelang im Hess. Landesmuseum in Darmstadt ausgestellt war, von den Erben jedoch 1981 verkauft wurde. Ein Teil dieser Sammlung befindet sich seit der Eröffnung 1991 im Frankfurter Museum für moderne Kunst. Heute noch als Geschäftsmann aktiv ist Immo (* 1946), Sohn von Erhardt, der sich als Investor in der Solarindustrie betätigt.

  • Quellen

    Qu StadtA Darmstadt, Biograph. Material: Fam. Ströher, Erich Olbricht, Gerhard u. Reinald Pohl; Zeitgeschichtl. Slg. z. Wella AG.

  • Literatur

    75 J. fachverbunden, Wella Nachrr. Darmstadt Juli 1955 (P) (FS z. 75j. Bestehen);
    Der Schönheit verpflichtet, Von Franz S. z. Ströhergruppe, hg. v. d. Wella AG, Presse- u. Öffentlichkeitsarb., z. hundertj. Untern.bestehen, 1980;
    W. Sachse, Fam.unternehmen in Wirtsch. u. Ges. bis z. Mitte d. 20. Jh., Ein hist. Überblick, in: ZUG 36, 1991, H. 1, S. 9–25;
    Stadtlex. Darmstadt.

    P zu Franz: Gem., 1934, Abb. in: FS 1955 (s. L), S. 9;
    zu Georg: Fotos in: Darmstädter Echo v. 18. 10. 1956, 18. 10. 1961 u. 20. 10. 1964;
    zu Karl: Zeichnung, 1958, Abb. in: Darmstädter Tagbl. v. 14. 3. 1960; Fotos, Abb. ebd. v. 15. 3. 1965 u. 14. 3. 1970; Totenmaske v. G. v. Kovats (StadtA Darmstadt);
    – weitere Fotos in: Procter & Gamble Service GmbH, Untern.archiv Wella.

  • Autor/in

    Peter Engels
  • Zitierweise

    Engels, Peter, "Ströher" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 567-568 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd1084009978.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA