Lebensdaten
1895 – 1980
Geburtsort
Pforzheim
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Physiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 139699961 | OGND | VIAF: 264274158
Namensvarianten
  • Mayer, Hans Ferdinand
  • Mayer, H. F.
  • Mayer, Hans F.

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Zitierweise

Mayer, Hans Ferdinand, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd139699961.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Wilhelm (1855–1922), städt. Beamter in P.;
    M Emilie Käser (1858–1943); Verwandter Alfons M.-Sachs (1871–1960), Schriftsteller (s. Kosch, Lit.-Lex.³);
    1926 Betty Stutius (* 1902) aus Berlin;
    3 S.

  • Biographie

    M. legte 1914 in Pforzheim die Reifeprüfung ab und studierte dann nach Kriegsteilnahme Physik, Mathematik und Astronomie in Karlsruhe und Heidelberg. 1920 promovierte er in Heidelberg bei P. Lenard mit einer Untersuchung „Über das Verhalten von Molekülen gegenüber freien langsamen Elektronen“. Anfang 1922 trat M. bei den Siemens-Schuckertwerken in Berlin ein, wo er im Dynamowerk arbeitete. Im November desselben Jahres wechselte er zum Zentral-Laboratorium der Siemens & Halske AG, ebenfalls in Berlin, über. Hier war er durch eine Vielzahl bahnbrechender Arbeiten maßgeblich beteiligt an der schnellen Entwicklung der Nachrichten-Weitverkehrstechnik über Leitungen und Funkstrecken. Beispiele seiner Forschungen sind die theoretische und experimentelle Untersuchung der bei langen Pupinleitungen auftretenden Echoerscheinungen und Einschwingvorgänge, die Beiträge zur Entwicklung der Verstärker- und Trägerfrequenztechnik sowie wichtige Arbeiten zur Vervollkommnung der Nachrichten-Meßtechnik. Als Nachfolger von B. Pohlmann wurde M. im April 1936 Leiter des Zentral-Laboratoriums von Siemens & Halske.

    Gerechtigkeitssinn und Freiheitsliebe ließen M. früh zu einem Gegner des Nationalsozialismus werden. Kurz nach Kriegsausbruch, im November 1939, ließ M. dem brit. Geheimdienst den sog. „Oslo Report“ zukommen, eine Zusammenstellung wichtiger Forschungsvorhaben zur elektronischen Kriegsführung (Radarsysteme, Fernlenkwaffen, magnetische Zündvorrichtungen etc.). M. blieb damals anonym; die Identität der „Oslo Person“ wurde erst 1989 von R. V. Jones enthüllt, dem 1939 die Wissenschaftsspionage der brit. Luftwaffe unterstand. Jones selbst erfuhr erst 1954, daß M. der Autor dieser äußerst wichtigen Mitteilungen über die deutsche Rüstungsforschung war. M. setzte sich tatkräftig für verfolgte jüd. Mitbürger ein; 1943 wurde er von der Gestapo aufgrund einer Denunziation wegen Abhörens von Feindsendern (BBC) und regimefeindlicher Äußerungen verhaftet. Der Gestapo war nicht bekannt, daß M. vier Jahre vorher den „Oslo Report“ für die Briten erstellt hatte, sonst wäre er mit Sicherheit hingerichtet worden. Die Intervention P. Lenards bei Himmler führte zur Aufschiebung eines drohenden Verfahrens vor dem Volksgerichtshof, doch M. kam ins KZ Sachsenhausen, wo er mit anderen Wissenschaftlern in einem Labor mit dem Codenamen „Wetterstelle“ arbeiten mußte. M. war in weiteren KZs inhaftiert, ehe ihm im April 1945 die Flucht aus Sachsenhausen gelang, wohin er zurückverlegt worden war.

    1946 ging M. in die USA, wo er zunächst als Wissenschaftler für die Luftwaffe in Dayton (Ohio) und dann als Professor für Elektrotechnik, mit den Schwerpunkten Nachrichtentechnik und Informationstheorie, an der Cornell University in Ithaka, N. Y., tätig war. Nach seiner Rückkehr aus Amerika übernahm er 1950 die zentrale Leitung der gesamten nachrichtentechnischen Forschung Entwicklung und Konstruktion der Siemens & Halske AG. M.s Arbeit in dieser Zeit war besonders geprägt durch wesentliche Beiträge zur Miniaturisierung von Bauelementen und der Aufnahme der elektronischen Datenverarbeitung (damals „Nachrichtenverarbeitung“ genannt) in das Aufgabengebiet des Hauses Siemens. 1953 wurde M. zum stellvertretenden Vorstandsmitglied der Siemens & Halske AG ernannt, 1958 zum ordentlichen Vorstandsmitglied; 1962 trat er in den Ruhestand. – Zahlreiche Publikationen sowie mehr als 80 Patente zeugen von M.s hervorragendem theoretischen Wissen und seiner technischen Begabung, die es ihm gestatteten, wissenschaftliche Erkenntnisse schnell und nutzbringend in die Praxis umzusetzen.|

  • Auszeichnungen

    Dr.-Ing. E. h. (TH Stuttgart 1956);
    Philipp-Reis-Plakette d. Dt. Bundespost (1961);
    Gauß-Weber-Medaille d. Univ. Göttingen (1961);
    Goldener Ehrenring d. Verbands Dt. Elektrotechniker (VDE) (1968).

  • Werke

    u. a. Üb. d. Verhalten v. Molekülen gegenüber freien langsamen Elektronen (gekürzte Diss. v. 1920, Heidelberger Ak. Preisschr. v. 1919, m. neuen Hinzufügungen), in: Ann. d. Physik 64, 1921, S. 451-80;
    Üb. d. Dämpfung v. Siebketten im Durchlässigkeitsbereich, in: Elektr. Nachrr.technik 2, 1925, S. 335-38;
    Der Pegelzeiger, ebd. 4, 1927, S. 379-84;
    Üb. Einschwingvorgänge in Pupinleitungen u. ihre Verminderung, in: Wiss. Veröff. aus d. Siemens-Konzern 5/1, 1926, S. 51-79 (mit K. Küpfmüller);
    Echosperrer f. Fernverbindungen, in: Siemens-Zs. 6, 1926, S. 446-51 (mit H Nottebrock);
    Über verzerrungsfreie Niederfrequenz-Widerstandsverstärker, in: Elektrotechn. Zs. 48, 1927, S. 10-12;
    Die Grundzüge d. allg. Fernleitungsplans, in: Europ. Fernsprechdienst, H. 30, 1932, S. 238-47;
    Breitbandkabel mit neuartiger Isolation, in: Elektrotechn. Zs. 56, 1935, S. 1245-48 (mit E. Fischer);
    Fernsehübertragung auf Leitungen, in: Veröff. aus d. Gebiete d. Nachrr.technik 8, 1938, S. 609-21 (mit K. Küpfmüller);
    Principles of Pulse Code Modulation, in: Advances in Electronics 3, 1951, S. 221-60;
    Die Bedeutung d. Informationstheorie f. d. Nachrr.technik, in: VDE-Fachberr. 17, 1953, IV, S. 1-6;
    Interkontinentale Nachrr.übertragung mittels moderner Tiefseekabel u. Satellitenverbindungen, 1961.

  • Literatur

    Siemens-Mitt. 34, 1958, H. 12, S. 7;
    Zs. f. Flugwiss. 8, 1960, H. 10/11, S. 330 (P);
    Nachrr.techn. Zs. 28, 1975, H. 11, S. K 380;
    F. Trendelenburg, Aus d. Gesch. d. Forschung im Hause Siemens, 1975, S. 49, 165 f., 171, 182, 239, 258;
    R. V. Jones, Reflections on Intelligence, 1989;
    Th. Bode, in: SZ v. 16./17.12.1989 (P).

  • Porträts

    Photo im Siemens-Mus., München.

  • Autor/in

    Lothar Schoen
  • Zitierweise

    Schoen, Lothar, "Mayer, Hans Ferdinand" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 539-540 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd139699961.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA