Lebensdaten
1880 – 1950
Geburtsort
Usch (Ujście, Kreis Kolmar, Provinz Posen)
Sterbeort
São Paulo (Brasilien)
Beruf/Funktion
Bankier ; Mäzen
Konfession
jüdisch
Normdaten
GND: 129962317 | OGND | VIAF: 77408512
Namensvarianten
  • Simon, Hugo

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Zitierweise

Simon, Hugo, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd129962317.html [24.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Victor (1833–98), Lehrer in U., Landwirt in Kahlstädt (Kr. Kolmar);
    M Mathilde Jablowski (1845–1919);
    2 B Dagobert (* 1873, Hedwig Plaut, * 1885), stellv. Dir. d. Berliner Handelsges., dann Gen.bevollmächtigter d. Bankhauses Bett, Simon & Co., Berlin, Leo (* 1882, Helene Seiden, * 1890), Gärtner in Berlin, Schw Frieda (* 1879), Vorsteherin e. städt. Wohlfahrts-Kommission in Charlottenburg;
    – ⚭ Gertrud Oswald (* 1881/85), emigrierte mit S. n. Brasilien;
    2 T u. a. Ursula (* 1911, Wolf Demeter, eigtl. Adolf Ernst Edwin Aloys Demeter, Ps. André Denis, 1906–78, aus Würzburg, Architekt, Bildhauer, Maler u. Graphiker, emigrierte n. Brasilien, s. Vollmer; AKL, S d. Adolf Demeter, Dr., Oberreg.rat in Berlin), Maria Sophie Anette (* 1917).

  • Biographie

    Nach dem Schulbesuch in Westpreußen und einer Banklehre in Marburg (Hessen) wurde der junge Bankkaufmann aus jüd. Elternhaus Mitbegründer, 1911 Mitinhaber und Seniorchef des Berliner Bankhauses „Carsch, Simon & Co.“. Im 1. Weltkrieg gehörte S., der bereits vor 1914 Mitglied der SPD geworden war, zu den entschiedenen Kriegsgegnern, wurde Mitglied des „Bundes Neues Vaterland“ und unterstützte Karl Liebknecht. Die USPD nominierte ihn in der Revolutionszeit 1918 für Regierungsposten: Am 10.11.1918|wurde er Unterstaatssekretär im preuß. Finanzministerium, dann für wenige Wochen preuß. Finanzminister (13.11.1918 – 3.1.1919).

    Ins Bankgeschäft zurückgekehrt, führte er mit dem neuen Teilhaber Hugo Bett sein Bankhaus jetzt als „Bett, Simon & Co.“ Er gehörte auch Aufsichtsräten an u. a. der Thür. Landeshypothekenbank, der Dt. Grundcreditbank und Gesellschaften des in der Berliner Stadtentwicklung tätigen Adolf Sommerfeld–Konzerns, dort auch als Aufsichtsratsvorsitzender. Er beriet die SPD in Finanzfragen und beteiligte sich an der Gründung der gewerkschaftseigenen „Bank der Arbeiter, Angestellten und Beamten“. 1923 arbeitete in seinem Bankhaus Kurt Tucholsky (1890–1935), zeitweise als S.s persönlicher Sekretär.

    Zugleich war S. Förderer der Künste und Literatur, im Vorstand mehrerer Kunstvereine, Mitglied der Ankaufskommission der Berliner Nationalgalerie und des Aufsichtsrates des Verlages S. Fischer sowie förderndes Mitglied der KWG. Seine Kunstsammlung mit Werken dt. Künstler des 19. und 20. Jh. wurde international beachtet. In seinem Haus verkehrten regelmäßig Politiker, Künstler, Wissenschaftler und Gelehrte, darunter Albert Einstein, Harry Gf. Kessler, Max Liebermann und Renée Sintenis. Else Lasker-Schüler widmete S. 1920 ein Gedicht. Engere Verbindungen bestanden zu Heinrich und Thomas Mann, auch zu Arnold und Stefan Zweig. Freunde aus der Politik waren Rudolf Hilferding, Karl Kautsky und Otto Braun.

    Am 27.3.1933 emigrierte S. über die Schweiz nach Paris, wo er erneut ein Bankgeschäft aufbaute. Es war ihm gelungen, Vermögenswerte, u. a. große Teile der Kunstsammlung, in die Schweiz und nach Frankreich zu transferieren. Die Kunstsammlung mußte in der Schweiz stückweise, z. T. weit unter Wert veräußert werden. 1937 wurde ihm das dt. Reichsbürgerrecht aberkannt, nachdem bereits 1935 sein Anteil an der Berliner Bank vom NS-Regime eingezogen worden war. Mit Willi Münzenberg (1889–1940) und anderen diskutierte er eine Volksfrontlösung für Deutschland. Zudem engagierte er sich in der Flüchtlingshilfe, die er nicht auf die politische Linke beschränkte; zu den von ihm Unterstützten gehörte auch der Zentrumspolitiker Joseph Wirth. Auch kulturelle Aktivitäten nahm er wieder auf, z. B. die durch Münzenberg vermittelte Finanzierung der Pariser Aufführung von Bertolt Brechts „Die Gewehre der Frau Carrar“ (1937). Nach der dt. Besetzung Frankreichs 1940 floh S. mit seiner Frau über Montauban nach Marseille; von dort erreichte er mit einem auf den Namen „Hubert Studenic“ ausgestellten Paß über Spanien und Portugal im März 1941 Brasilien. Im Staat Minas Gerais beschäftigte er sich am staatlichen Züchtungsinstitut mit der Seidenraupenzucht. Seit 1947 lebte er auf dem Gut Pesedo bei Resende. Dort verfaßte er seine bisher unveröffentlichte Autobiographie „Seidenraupen“ (Ms. in d. Arbeitsstelle f. dt. Exillit., Hamburg. u. in Fam.bes.).

  • Literatur

    E. Koch, H. S./Hubert Studenic, in: Exil 3, H. 1, 1983, S. 50 f.;
    F. Trapp, Die Autobiogr. d. Bankiers u. Pol. H. S., Pol. Reflexion im Medium d. dt. Realismus, ebd. 6, H. 2, 1986, S. 30–38;
    I. M. Furtado Kestler, Die Exillit. u. d. Exil d. dt.sprach. Schriftst. u. Publ. in Brasilien, 1992;
    Unabhängige Expertenkomm. Schweiz – Zweiter Weltkrieg (Hg.), Fluchtgut – Raubgut, Der Transfer v. Kulturgütern in u. über d. Schweiz 1933–1945 u. d. Frage d. Restitution, 2001;
    H. Goenner, Einstein in Berlin 1914–1933, 2005;
    U. Langkau-Alex, Dt. Volksfront 1932–1939, Zw. Berlin, Paris, Prag u. Moskau, 2004;
    Rhdb. (P);
    BHdE I.

  • Autor/in

    Felix Escher
  • Zitierweise

    Escher, Felix, "Simon, Hugo" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 435-436 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd129962317.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA