Lebensdaten
1682 – 1750
Geburtsort
Oberelsbach (Unterfranken)
Sterbeort
Kloster Banz
Beruf/Funktion
Benediktiner ; Kirchenkomponist
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 129894311 | OGND | VIAF: 7579135
Namensvarianten
  • Rathgeber, Valentin
  • Rathgeber, Hans V.
  • Rathgeber, Hans Valentin
  • mehr

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Zitierweise

Rathgeber, Valentin, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd129894311.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Valentin, aus Fladungen, 1669-99 Lehrer u. Schulleiter in O.;
    M Anna N. N.; 4 Geschw.

  • Biographie

    Von frühester Kindheit an erhielt R. musikalische Eindrücke durch die Lehrer- und Organistentätigkeit seines Vaters. Dieser dürfte auch sein erster Instrumentallehrer, insbesondere für Orgel, gewesen sein. Über eine gezielte musikalische Ausbildung R.s gibt es keine Belege. 1701 immatrikulierte er sich als Logicus an der Univ. Würzburg, 1704 wurde er als „Theologiae Studiosus“ geführt. Im selben Jahr erhielt er wegen seiner Erfahrung „in Musik und an den Instrumenten“ eine Lehrerstelle an der Waisenhausschule des Juliusspitals, die jedoch 1707 gekündigt wurde. Wenig später fand er eine neue Tätigkeit als Kammerdiener (und Musiker) bei Abt Kilian Düring (1641–1720) im Kloster Banz. Noch Ende 1707 begann R. das Noviziat, jeweils im Jahresabstand folgten die Profeß, die Weihen zum Subdiakon, Diakon, schließlich 1711 zum Priester im Würzburger Dom. Neben den belegten Tätigkeiten als Prediger und Chorregent dürften zu dieser Zeit auch erste Kompositionen enstanden sein, so etwa zur feierlichen Einweihung der von Johann Dientzenhofer neuerbauten Klosterkirche 1719.

    1721 erschienen unter dem Titel „Octava Musica“ acht Messen, aufgeteilt in einzelne Stimmbücher (ohne Partitur) bei dem renommierten Verlag Johann Jakob Lotterd. Ä. in Augsburg. Wie dieser erste Druck (op. 1) waren auch die folgenden jeweils Sammeldrucke mit mehreren liturgischen Werken, wodurch sich die relativ geringe Anzahl von nur 22 opera bei einem Gesamtwerk von über 370 gezählten Einzelkompositionen erklärt. Die Kirchenmusik bildet mit Messordinarien, Vespern, Offertorien, Hymnen, Marianischen Antiphonen u. a. den Schwerpunkt des kompositorischen Schaffens, dem lediglich drei|weltliche Musikwerke gegenüberstehen: „Chelys sonora“ (24 Instrumentalkonzerte, op. 6, 1728), „Ohren-vergnügendes und Gemüth-ergötzendes Tafel-Confect“, kurz „Augsburger Tafelkonfekt“ genannt (1733, 1737) und „Musikalischer Zeit-Vertreib auf dem Clavier“ (60 kurze Spielstücke für Tasteninstrumente, op. 22, 1743, ²1750).

    Kritik an seinem Werk, auf die R. bereits 1726 im Vorwort zu op. IV eingegangen war, sowie seine persönliche Aufgeschlossenheit dürften die tiefere Ursache gewesen sein, neue künstlerische Anregungen außerhalb des Klosters zu suchen. So trat R. 1729 ohne Erlaubnis seines Abtes eine Bildungsreise an (Jäck), während der eine Reihe von Drucken, zumeist mit Widmungen an bedeutende Mäzene, erschien. Auf diese Weise läßt sich der Reiseverlauf über Trier, das Bodenseegebiet und die Schweiz, Südbayern, Österreich bis nach Ungarn in etwa ermitteln. Nach der Rückkehr 1738 soll R. kurze Zeit im Kloster Banz inhaftiert gewesen sein. Nach Ablegung einer Generalbeichte und Erneuerung des Ordensgelübdes wurde er wieder in die Klostergemeinschaft aufgenommen (Jäck). In der Folgezeit erschienen noch vier Messen (op. 19), 30 Offertorien (op. 20), der dritte Teil des „Tafelkonfekts“ (1737) sowie der „Musikalische Zeit-Vertreib …“. Danach schränkte eine Gichterkrankung R.s Schaffenskraft zunehmend ein.

    R. hat in der Vorrede zu op. 1 mit dem Bemühen um „facilitas“, also um Leichtigkeit des musikalischen Ausdrucks und der Aufführbarkeit, „brevitas“, Kürze, und „suavitas“, liebliche, eingängige Melodien und Harmonien, die wesentlichen Absichten seiner kompositorischen Arbeit programmatisch benannt. Obwohl Zeitgenosse Bachs, vollzieht er damit deutlich die Abkehr von barockem Pathos; aus dem Streben nach Einfachheit spricht der „neue Geschmack“ (gusto), der galante Stil. Mit seinem Zug zum Volkstümlichen, der Schlichtheit des Satzes und der Bildung neuer Formen, insbesondere seiner Anpassungsfähigkeit in den verschiedenen Ruralformen (variable vokale u. instrumentale Besetzungsmöglichkeiten), die auf die wichtigsten Gattungen übertragen werden, erweist sich R. als außergewöhnlich vielseitig. Er verhalf dem neuen konzertierenden Stil zum Einzug bei zahllosen kleineren, auch ländlichen Gemeinden, weit über Franken und Süddeutschland hinaus. Einzelne Lieder aus dem „Tafelkonfekt“, wie „Alleweil ein wenig lustig“, „Der hat vergeben“, „Mein Stimme klinge“, werden nach wie vor in (Schul-) Lieder- und Chorbüchern gedruckt. Eine Reihe von Neuausgaben im Zusammenhang mit der Wiederbelebung lat. Gottesdienstgestaltung zeugt von dem steigenden Interesse an R.s Kirchenmusik.|

  • Auszeichnungen

    Gedenktafel in Kloster Banz.

  • Werke

    u. a. Octava musica op. 1, 1721, ²1728;
    Missale tum rurale tum civile op. 12, 1733;
    Sacrarium quadriforme op. 19, 1738. – Vollständiges W-Verz. in: New Grove². – Neudrr. u. a. Ohrenvergnügendes u. Gemütergötzendes Tafelkonfekt in: Das Erbe dt. Musik, 19, ed. H. J. Moser, 1942;
    Missa „Declina a malo“ in F Dur, op. 1, 1, ed. E. Nowak;
    Missa „Sanctorum Apostolorum“ in C Dur, op. 19, 1, ed. W. Dotzauer, 1983;
    Missa civilis in B Dur, op. 12 II, Nr. 8, ed. W. Dotzauer, 1990;
    Concerto pastorello in C Dur, op. 6, 23, ed. W. Dotzauer;
    „Vesperae solennes de Dominica“ aus Psalmodia vespertina, op. 9, ed. J. Dahlberg, 1999.

  • Literatur

    ADB 27;
    J. H. Jäck, Pantheon d. Literaten u. Künstler Bambergs, 1814;
    M. Hellmuth, J. V. R., ein mainfränk. Barockkomp. (1682–1750), Diss. Erlangen 1943 (masch.);
    W. Dotzauer, Die kirchenmusikal. Werke J. V. R.s, Diss. Erlangen 1976;
    G. Dippold, Zur „Geniereise“ V. R., in: Vom Main zum Jura 5, 1988, S. 33-42;
    F. Krautwurst, in: Fränk. Lb. 14, 1991, S. 141-61 (L), Erich Schneider, Die Geniereise d. Komp. P. V. R., in: Montfort 44, 1992, S. 151-59;
    Riemann mit Erg.bd.;
    MGG;
    New Grove;
    New Grove².

  • Autor/in

    Wilfried Dotzauer
  • Zitierweise

    Dotzauer, Wilfried, "Rathgeber, Valentin" in: Neue Deutsche Biographie 21 (2003), S. 178-179 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd129894311.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Rathgeber: Valentin R., einer der fruchtbarsten Kirchencomponisten aus der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Den Titeln seiner Werke zufolge war er in Ober-Elsbach in Franken geboren: „Patria Ober-Elsbacensi“ heißt es in Op. 8. 1721 erschien sein erstes Werk, auf dessen Titel er sich einen Benedictiner-Mönch des Klosters St. Bauthen in Franken nennt. Bis opus 22 lassen sich seine Ausgaben verfolgen, welches im Jahre 1743 und in zweiter Auflage 1751 erschien. Sämmtliche Werke verlegte J. J. Lotter in Augsburg, und daß er dabei kein schlechtes Geschäft machte, ersieht man an den mannigfachen zweiten Auflagen seiner Werke. Von öffentlichen Bibliotheken ist uns nur die Stadtbibliothek in Breslau bekannt, die noch eine Anzahl Drucke von ihm aufbewahrt, und auch im Antiquarhandel tritt hin und wieder einer ans Licht, im übrigen scheinen sie den Weg alles Fleisches gegangen zu sein. Sie bestehen aus Messen, Litaneien, Antiphonen, Vespern u. a. für Singstimmen mit kleinem Orchester und sind dem damaligen Bedarf an Kirchenmusik entsprechend und auch dem seichten Geschmacke huldigend. Es war die Zeit der kleinen Geister, und Bach und Händel ragten aus denselben hervor wie unverstandene Inschriften. Die Lust am Musiciren war groß, und aus keiner Zeit besitzen wir so viel Musik in Handschriften und Drucken, als gerade aus dieser Periode. In Deutschland wimmelte es von Klöstern und Fürstensitzen, und überall war das Bestreben sichtbar, der Musik zu huldigen und sich an ihr zu vergnügen. Kirchenmusik wie Opernmusik wurden wie aus dem Aermel geschüttelt. Wenn man heute die chronologisch geordneten Verzeichnisse der damals beliebtesten Componisten durchsieht und in einem Jahre 4 bis 5 Opern, 1 oder 2 Oratorien und noch eine Unzahl kleinerer Werke, wie Arien, Cantaten, Intermezzi, Instrumentalwerke aller Art verzeichnet findet und zwar meist von Capellmeistern herrührend, die noch für die Aufführungen zu sorgen hatten, so weiß man nicht, ob diese Zeit unsere Bewunderung oder unsere Verwunderung hervorrufen soll.

  • Autor/in

    Rob. Eitner.
  • Zitierweise

    Eitner, Robert, "Rathgeber, Valentin" in: Allgemeine Deutsche Biographie 27 (1888), S. 352 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd129894311.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA