Lebensdaten
1911 – 1995
Geburtsort
Sankt Petersburg
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Physiologe
Konfession
-
Normdaten
GND: 126674272 | OGND | VIAF: 60083168
Namensvarianten
  • Segal, Jakob
  • Segal, J.
  • Segal, Jacob

Objekt/Werk(nachweise)

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Zitierweise

Segal, Jakob, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd126674272.html [25.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hermann (1880–1941), aus Kaunas (Litauen), Kaufm., seit 1919 in Königsberg (Preußen);
    M Rebekka Schlimakowski (1887–1941 ermordet);
    B Moshe (* 1909), Elektroing. in Jerusalem;
    Toulouse 1935 Lilli (1913–99), Dr. agr., Agrarwiss., Mitgl. d. Résistance, 1944 n. Auschwitz u. Kratzau (Sudeten) deportiert, von wo sie in d. Schweiz fliehen konnte (s. W, L), T d. Arthur Schlesinger (1875–1933 Freitod), aus Dresden, Dr. med., Chirurg in B. (s. Dt. Chirurgen-Kal., ²1926), u. d. Fania Zoller ( 1922), aus Rumänien, Krankenschwester; 2 S.

  • Biographie

    S. wurde 1919 litau. Staatsangehöriger und 1940, nach der Annexion Litauens, Bürger der Sowjetunion. 1919 zog die Familie nach Königsberg, wo S. nach dem Abitur 1929 Biologie studierte. 1932 setzte er sein Studium in Berlin und München fort. Seit 1932 Mitglied der KPD, emigrierte er 1933 nach Frankreich, schloß 1936 in Toulouse das Studium ab (Licence cš Sciences) und wurde techn. Assistent bei dem Sinnesphysiologen Henri Piéron (1881–1964) am Collège de France in Paris (Dr. cš Sciences, Sorbonne 1940). Nach der Besetzung von Paris ging S. in den Untergrund und schloß sich der Résistance an. Er arbeitete für die internat. Kampfgruppe „Mains d'Ouvres Immigrés“ (MOI) und eine kath. Widerstandsgruppe v. a. bayer. Offiziere. Alle in Osteuropa verbliebenen Familienangehörigen wurden von den Nationalsozialisten ermordet; nur seine Frau Lilli, 1943 verhaftet und 1944 nach Auschwitz deportiert, konnte aus einem Arbeitskommando fliehen. Nach der Befreiung von Paris kehrte S. 1944 an das Collège de France zurück und wurde 1946 Mitarbeiter (Chargé de Recherches) des CNRS in Paris. 1952 an die Humboldt-Univ. Berlin zum Professor mit vollem Lehrauftrag für Biologie berufen (1955 Prof. mit Lehrstuhl, 1969 o. Prof.), gründete er hier 1953 eines der ersten allgemeinbiologischen Institute an einer dt. Universität. In den 1960er Jahren versuchte er, ein biophysikalisches Fachstudium aufzubauen, wie es Roland Glaser seit 1970 in Berlin verwirklichte. 1967–70 arbeitete S. am Nationalen Forschungszentrum in Havanna (Kuba). 1971 vorzeitig emeritiert, hielt er 1972/73 noch Gastvorlesungen in Mexico City.

    S. kam von der Sinnesphysiologie des Menschen zur Biophysik der Zelle und letztlich zur Physikochemie der Eiweiße. Hatte er sich in Paris mit hirnphysiologischen Fragen befaßt, so interessierte er sich in Berlin für die molekularen Grundlagen der Nerven- und Zellfunktionen, insbes. für die Beziehungen zwischen der chemischen Struktur der Eiweiße und ihrer biologischen Funktion. Dabei fand er in dem bulgar. Chemiker und Mediziner Angel Kalaidjiew (1915–75) einen engen Mitarbeiter. S. entwickelte verschiedene Theorien der Nervenerregung, der Membranpermeabilität, der Immunreaktion und weiterer biologischer Elementarprozesse und brach ostentativ mit herkömmlichen Ansichten. Bekannt wurde sein „Falten-Trommel-Modell“ der Eiweißstruktur, das er dem später allgemein akzeptierten Helix-Modell entgegenstellte. Seine 1987 aufgestellte Hypothese, wonach der AIDS-Erreger einem Biowaffen-Labor der USA entstamme, erregte großes Aufsehen, gilt heute aber als widerlegt. Seine Vorschläge zur Behandlung von AIDS und zur Entwicklung von Impfstoffen, die ähnlich auch Jonas Salk (1914–95) verfolgte, konnten sich nicht durchsetzen. S. verfaßte in der DDR weit verbreitete populärwissenschaftliche Schriften und versuchte, u. a. in Zusammenarbeit mit Hermann Ley (1911–90), philosophische Maximen des „dialektischen Materialismus“ für die Biologie fruchtbar zu machen. Er war Mitglied des „Wissenschaftlichen Beirates für Biologie“ beim Staatssekretariat für Hoch- und Fachschulwesen (1954–65) und Mitbegründer der biologischen (1959) und biophysikalischen (1962) Gesellschaften in der DDR.

  • Auszeichnungen

    Vaterländ. Verdienstorden d. DDR in Silber (1961).

  • Werke

    Le Mécanisme de la Vision des Couleurs, 1953 (dt. 1957);
    Die Erregbarkeit d. lebenden Materie, 1958;
    Die dialekt. Methode in d. Biologie, 1958;
    Globular protein molecules, their structure and dynamic properties, 1960 (mit K. Dornberger-Schiff, A. Kalaidjiew u. A. Wooster);
    Die Struktur biolog. aktiver Eiweiße, 1966 (mit A. Kalaidjiew);
    Das Leben, ein Rätsel?, 1972;
    Biophysikal. Aspekte d. Immunreaktionen, 1974 (mit Lilli Segal);
    Biophysikal. Aspekte d. Struktur, Dynamik u. Biosynthese d. Eiweißmoleküle, 1977 (mit A. Kalaidjiew);
    Biophysikal. Aspekte d. elementaren Zellfunktionen, 1978;
    Die Entstehung d. Lebens a. biophysikal. Sicht, 1983;
    AIDS, die Spur führt ins Pentagon, 1990, ²1990 (mit Lilli Segal);
    AIDS, Zellphysiologie, Pathologie u. Therapie, 1992.

  • Literatur

    Lilli Segal, Vom Widerspruch z. Widerstand, 1986;
    G. Hamacher, Gegen Hitler, Deutsche in d. Résistance, ²2005, S. 189;
    Wi. 1958;
    BHdE II;
    Biogr. Hdb. SBZ/DDR;
    Wer war wer DDR;
    Qu
    Archiv d. Humboldt-Univ. Berlin.

  • Autor/in

    Ekkehard Höxtermann
  • Zitierweise

    Höxtermann, Ekkehard, "Segal, Jakob" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 159-160 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd126674272.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA