Lebensdaten
1468 oder 1469 – 1540
Geburtsort
Augsburg
Sterbeort
Salzburg
Beruf/Funktion
Kardinal ; Erzbischof von Salzburg ; Bischof von Gurk und Albano
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 119442620 | OGND | VIAF: 52499206
Namensvarianten
  • Matthäus Lang von Wellenburg
  • Lang von Wellenburg, Matthäus
  • Lang, Matthäus (bis 1507)
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Zitierweise

Matthäus, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119442620.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    Aus Augsburger Patrizierfam.;
    V Hans L. v. W. (Reichsadel 1498, Beiname 1507), Kaufm. (1463 falliert, erholt sich durch mütterl. Erbschaft wieder), S d. Paul L. ( kurz vor 1466), Kaufm., Ratsherr u. Bgm. in A., u. d. Anna Engelschalk v. Pähl;
    M Margaretha, T d. Patriziers Ulrich Sulzer in A. u. d. Maria Langenmantel;
    B Johannes, Goldschmied, dann Hofmeister M.s, Markus, Rat d. Kg. v. England;
    Schw Regina (⚭ Ulrich v. Haselbach, in Nd.österreich), Ottilia ( Joh. v. Schad, Silberkämmerer Ferdinands I.), Apollonia (s. L, 1] 1503 Julian Gf. Lodron, 2] 1513 Christoph Gf. v. Frangipani); – 2 unehel. S (v. d. Augsburger Bürgers-T Sibilla Miller) Matthäus u. Dr. Christoph Lang (1541 durch Karl V. legitimiert);
    N Leonhard ( 1532), salzburg. Gesandter, Paul ( 1521), Dompropst zu Passau u. Freising.

  • Biographie

    M. studierte in Ingolstadt (1486 Baccalaureus), Tübingen (1490 Magister) und Wien (1493). Geistig prägten ihn der Humanismus und das Studium des röm. Rechts. 1494 verlieh Kg. Maximilian I. ihm die juristische licentia doctorandi. Der junge Reichsstädter wurde anscheinend gefördert von Hzg. Georg dem Reichen von Bayern-Landshut, dem man ein Verhältnis mit L.s Schwester Apollonia nachsagte. M. stand vorübergehend im Dienste des Mainzer Kf. Berthold von Henneberg, seit 1494 war er Sekretär des Königs, dessen Vertrauen er gewann. In der königl. Kanzlei, die damals noch keine feste behördenmäßige Organisation hatte und die mit dem Hof umherzog, gab er faktisch den Ton an. M. galt bald als der einflußreichste Rat in der Umgebung des Königs, noch vor Cyprian v. Serntein und Paul v. Liechtenstein, mit denen er sich gut zu stellen wußte. Als Gehilfe Maximilians I. nahm er an den Reichstagen seit 1495 teil und wurde Zeuge, wie sich das Reich im Zeichen der Reichsreform politisch verdichtete. Er lernte die neuen Institutionen kennen, in denen sich das Miteinander von König und Ständen im Reich formierte. Die Gegner Maximilians lehnten M. scharf ab; der sozial aufgestiegene, ehrgeizige Stadtbürger erweckte in der ständischen Gesellschaft bereits als Typus rasch Antipathien. Er wurde zur Zielscheibe von hämisch verbreiteten Gerüchten und – vor dem Hintergrund des zeitgenössischen Antiklerikalismus – von polemischen Angriffen. Der König ermöglichte seinem Kammersekretär nämlich eine glänzende Karriere in der Reichskirche, die sonst fast ausschließlich vom Adel beherrscht war. Kirchliche Pfründen kumulierte M. in großem Stil, darunter die Propsteien in den Domkapiteln von Augsburg (1500) und Konstanz. 1501 wurde er Koadjutor, 1505 Bischof des Bistums Gurk in Kärnten (resigniert 1521/22). Er hatte Zugang zu dem Kapitalmarkt seiner Vaterstadt, vermittelte die Beziehungen zwischen Maximilian und dem Fuggerschen Geld und wußte das Geld auch zur Vermehrung seines Pfründenbesitzes zu benützen. Maximilian I. verpfändete ihm 1506 die Herrschaft Kitzbühel. 1507 kaufte M. Schloß Wellenburg b. Augsburg. Im Landshuter Erbfolgekrieg kämpfte er 1504 persönlich neben dem König in der siegreichen Schlacht bei Regensburg. Bei den auswärtigen Missionen, die ihm jetzt mehr und mehr übertragen wurden, kam ihm im diplomatischen Zeremoniell die Fürstenwürde eines Bischofs von Gurk zustatten. In Verhandlungen mit Ungarn, mit Frankreich und mit dem Papst konnte er die europ. Mächtepolitik mitgestalten und die habsburgischen Interessen vor allem im Südosten und in Italien vertreten. Es war M., der am 4.2.1508 im Dom zu Trient feierlich vor dem Hofe die Entscheidung Maximilians verkündete, den Titel „Erwählter Römischer Kaiser“ anzunehmen. Vielleicht hatte er seinem Herrn diesen Ausweg gewiesen, nachdem sich ein Romzug als undurchführbar erwies. Die mit geschickter Improvisation gefundene Formel blieb dann der offizielle Titel der nachfolgenden Kaiser bis zum Ende des Alten Reiches 1806. Ebenfalls 1508 war M. am Abschluß der Liga von Cambrai beteiligt. 1511 sollte er die etwas phantastischen Pläne des Kaisers verwirklichen, sich zum Papst wählen zu lassen. 1512 brachte er in Rom die Versöhnung und ein Bündnis Maximilians mit Papst Julius II. zustande. Der in der Ewigen Stadt besonders prunkvoll auftretende Prälat wurde zum Lohn für seine Verhandlungskünste von Julius II. zum Kardinaldiakon von Sant' Angelo erhoben. Auf Wunsch des Kaisers erteilte der Papst ihm auch eine Provision für das Erzbistum Salzburg. 1514 bestätigte ihn das Salzburger Domkapitel als Koadjutor für den Erzbischof Leonhard v. Keutschach. Um dem Domkapitel entgegenzukommen, erwirkte M. in Rom dessen „Säkularisation“, d. h. die Aufhebung der bislang gültigen Augustiner-Chorherren-Regel und die Überführung der Domherren in den weltpriesterlichen Stand. Der Versuch, das Erzbistum Magdeburg und das Bistum Halberstadt zu gewinnen, schlug fehl und hatte darüber hinaus eine andauernde Rivalität zwischen M. und dem erfolgreichen Albrecht von Brandenburg zur Folge. Sein größter diplomatischer Erfolg waren die habsburgisch-jagellonischen Heiratsverhandlungen, die 1515 in Wien abgeschlossen wurden: Die damals vereinbarte Doppelhochzeit zwischen den beiden Dynastien führte 1526 zur Verbindung von Ungarn und Böhmen mit Österreich. 1519 diente M. dem Hause Habsburg noch einmal an hervorragender Stelle, indem er während des Interregnums nach dem Tode Maximilians I. die Wahl von dessen Enkel Karl im Reiche maßgeblich betrieb und auch die reibungslose Nachfolge Karls in den Erblanden besorgte. Als Dank dafür übertrug ihm der neue Kaiser das spanische Bistum Cartagena-Murcia. Gleichzeitig wurde der erzbischöfl. Stuhl zu Salzburg vakant: Am 26.9.1519 empfing M. im Dom zu Salzburg die Priester- und die Bischofsweihe sowie das Pallium.

    Bei den Querverbindungen M.s zum Haus Österreich, zum Augsburger Patriziat und zur Röm. Kirche verwundert es nicht, daß er nach kurzem Schwanken eindeutig gegen Luther und gegen die ev. Bewegung Stellung bezog. Anders als mehrere seiner Mitbischöfe in der Reichskirche besaß er auch ein Gespür für die theologische Dimension der beginnenden Glaubensspaltung. M. hatte die Entwicklung des Humanismus aufmerksam verfolgt, er unterhielt Kontakte zu den Humanistenkreisen in Augsburg (Peutinger) und in Wien (Cuspinian) und zog auch Humanisten zu seinem Gefolge (Bartolini). Seit dem Wormser Reichstag 1521, auf dem er sehr hervortrat, suchte er die geistigen Abwehrkräfte und die Glaubwürdigkeit der alten Kirche zu stärken. Er förderte mit Johann v. Staupitz einen profilierten Vertreter der monastisch-humanistischen Reform, eröffnete ihm ein neues Tätigkeitsfeld als Stiftsprediger in Salzburg und berief ihn 1522 zum Abt des Benediktinerklosters St. Peter. M. ermutigte auch den Bischof Berthold Pürstinger, der 1526 auf sein Bistum Chiemsee resignierte, um sich der gelehrten theologischen Auseinandersetzung mit den Evangelischen zu widmen; Pürstingers Hauptwerk „Tewtsche Theologey“ (1528, lat. 1531) ist dem Kardinal gewidmet. Auf Wunsch der bayer. Herzöge führte M. 1522 den Mühldorfer Konvent durch, auf dem kirchliche Reformen für die Salzburger Kirchenprovinz beschlossen wurden. Die Reformbeschlüsse wurden zwar vorerst kaum ausgeführt, da die Gravamina der Bischöfe gegen das österr. und bayer. Landeskirchentum lange hinderlich im Wege standen. Aber seit Mühldorf läßt sich doch eine Linie altgläubiger Politik verfolgen, die Abwehr des Protestantismus und innerkirchliche Reform zu verbinden suchte. Der Salzburger Kardinal-Erzbischof vertrat diese|Konzeption neben Erzhzg. Ferdinand und Hzg. Wilhelm IV. von Bayern und war dabei bestrebt, die Stellung seiner Metropolitankirche und insgesamt die der Fürstbischöfe zu wahren. Er trug 1524 den von Ferdinand I. einberufenen Konvent und die Einung von Regensburg mit. Gleichzeitig sah M. allerdings seine weltliche Herrschaft im Erzstift harten Bewährungsproben ausgesetzt. Die Autonomiebestrebungen der Salzburger Bürgerschaft konnten 1523 noch durch eine Demonstration militärischer Stärke unterdrückt werden („Lateinischer Krieg“); eine neue Stadtordnung schränkte 1524 die Selbstverwaltung der Gemeinde ein. Der Bauernkrieg 1525 aber brachte den Landesherrn in ärgste Bedrängnis: Das Heer der aufständischen Bauern und Bergknappen belagerte M. fast drei Monate auf der Hohensalzburg. Bayern und Österreich versuchten, in Rivalität zueinander die Krise für ihre eigensüchtigen Zwecke auszunützen. Sie wollten das Erzstift ihrem jeweiligen Einfluß unterwerfen. M. verstand es jedoch schließlich, mit diplomatischem Geschick die Hilfe des Schwäb. Bundes gegen die Bauern zu gewinnen. Er trat dem Bund jetzt auch bei. Ein zweiter Aufstand 1526 wurde blutig niedergeschlagen. Die weltliche Herrschaft des Salzburger Erzbischofs war gerettet. Allerdings hatte M. noch viele Jahre an den Kriegskosten zu tragen. Er mußte seine Hofhaltung einschränken, was dem passionierten Kunst- und Musikfreund sicherlich schwerfiel. Die bayer. Regenten erhielten die Nachfolge ihres Bruders, Hzg. Ernst, des Administrators von Passau, im Erzbistum zugesagt, außerdem verschafften sie sich Vorteile im Salzhandel. Hinsichtlich der salzburg. Besitzungen in den Erblanden mußte M. rechtliche Zugeständnisse an Ferdinand I. als Landesfürsten machen. Im Erzstift konnte er, trotz strenger Maßnahmen, nicht verhindern, daß der Protestantismus mancherorts auf Dauer einwurzelte. Der erzbischöfl. Territorialstaat stand am Ende von M.s Regierungszeit jedoch nach innen und außen gekräftigt da. M. regierte mit Hilfe gelehrter Juristen. In Verwaltung und Gesetzgebung schuf er Grundlagen, die im Kern bis 1803 Bestand hatten.

    Auch die Reichspolitik brachte Erfolge: M. nahm an fast allen Reichstagen der 20er und 30er Jahre persönlich teil. Er konnte das Salzburger Fürstenratsdirektorium fest in der sich gleichzeitig ausformenden Reichstagsverfassung verankern. So behauptete er sich neben Albrecht von Mainz und Magdeburg, der das Direktorium des Reichstags und des Kurfürstenrats innehatte. In Konkurrenz zu dem Mainzer gelang es dem Salzburger Erzbischof auch, 1529 den Ehrentitel eines „Primas Germaniae“ vom Papst verliehen zu bekommen. M. unterhielt im allgemeinen gute Beziehungen zu Rom: 1534 nahm er am Konklave teil, 1535 erhielt er von Papst Paul III. das suburbikarische Bistum Albano. Um das angekündigte allgemeine Konzil vorzubereiten, führte M. 1537 eine Salzburger Provinzialsynode durch. Er versuchte noch einmal, die altkirchlichen Reformkräfte in den bayer. und österr. Diözesen zu koordinieren. Im Zeichen der sich anbahnenden Gegenreformation ging die Initiative allerdings mehr und mehr auf die weltlichen Landesfürsten über. – M. war einer der letzten nicht-adeligen Bischöfe der Reichskirche. Der humanistisch gebildete Diplomat und Jurist wußte als Erzbischof während 21 Jahren die reichskirchlichen Positionen klug zu verteidigen. Wiewohl in seinem Werdegang und Lebensstil ein Repräsentant der vorreformatorischen verweltlichten Kirche, war er doch auch ein Wegbereiter der kath. Reform.

  • Literatur

    ADB 20 (Ulmann);

    RTA, Jüngere R., Bde. 1-4 u. 7-8;
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    G. Frhr. v. Pölnitz, Jakob Fugger, 2 Bde., 1949/51;
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    R. R. Heinisch, Die bischöfl. Wahlkapitulationen im Erzstift Salzburg 1514-1688, 1977;
    M. Hopfner, Synodale Vorgänge im Bistum Regensburg u. in d. Kirchenprovinz Salzburg, in: Btrr. z. Gesch. d. Bistums Regensburg 13, 1979, S. 235-388;
    E. W. Zeeden, Berthold Pürstinger, Bischof v. Chiemsee, in: Rottenburger Jb. f. KG 5, 1986, S. 177-212;
    A. Schindling, Reichskirche u. Reformation, Zu Glaubensspaltung u. Konfessionalisierung in den geistl. Fürstentümern d. Reiches, in: Zs. f. hist. Forschung, Beih. 3, 1987, S. 81-112.

  • Porträts

    2 Zeichnungen v. A. Dürer, 1518 (?) (Basel, Öffentl. Kunstslg., u. Wien, Albertina), Abb. in: Kat. d. Dürer-Ausst. German. Nat.mus. Nürnberg 1971, S. 289, u. b. Reuter, s. L;
    L.s Bild mit Wappen auf e. Ablaßurk. v. 1516 (Bayer. Hauptstaatsarchiv München, KU Augsburg St. Moritz 984/1), Abb. in: Ausst.kat. d. staatl. Archive Bayerns 11, Aus 1200 J., 1979, S. 168 f.;
    Eisenradierung v. H. Hopfer, 1539 (?), Abb. in: Welt im Umbruch, Augsburg zw. Renaissance u. Barock, Kat. I, 1980, S. 135 f.;
    Relief v. H. Daucher, um 1520–25, Abb. ebd. II, S. 161.

  • Autor/in

    Anton Schindling
  • Zitierweise

    Schindling, Anton, "Matthäus" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 394-397 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119442620.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Matthäus Lang, Staatsmann und Kirchenfürst, zuletzt Erzbischof von Salzburg und Cardinal, war keineswegs, wie lauge gefabelt worden ist, der uneheliche Sohn des (nur wenige Jahre älteren) Kaisers Maximilian I., sondern ein schlichtes Augsburger Bürgerkind. Erst später hat er nach dem von ihm erworbenen Schloß Wellenburg an der Wertach bei Augsburg den Namen Lang von Wellenburg erhalten. Er gehört zu jenen interessanten Glückskindern, welche ihr Talent aus sehr einfachen Verhältnissen zur Höhe des Lebens emporträgt. L. hat sich dem Studium wol der Rechte aber auch, wie sein späteres Mäcenatenthum wahrscheinlich macht, der humanistischen Disciplinen auf den Universitäten Ingolstadt. Wien und Tübingen, wo er 1490 Magister wurde, gewidmet und ist an den Hof des Kaisers Friedrich III. gekommen, wo ihm seine geistige Anstelligkeit und besonders seine Sprachgewandtheit ein rasches Fortkommen sicherte. Aus den Diensten des Vaters ist er dann in die des Sohnes getreten, wo er als königlicher Secretär sich rasch geltend zu machen verstand. Vielleicht trifft die Vermuthung nicht daneben, daß er nicht sehr lange nach Maximilians Regierungsantritt daran gedacht hat, jene Stellung aufzugeben und seine Kenntnisse als Universitätslehrer zu verwerthen, sei es aus eigenem Trieb, sei es aus Noth veranlaßt, durch die Abneigung des Erzbischofs von Mainz gegen den „schwäbischen“ Rathgeber des Königs. Wenigstens erklärt es sich so am leichtesten, daß am 18. December 1494 der letztere ihm die eigenthümliche Gnade der licentia doctorandi zu Theil werden ließ mit der Befugniß, an den Hochschulen über Civilrecht zu lesen. Doch hat M. L. diesen Weg nicht eingeschlagen, sondern sich am Hofe behauptet, wo er täglich zunahm an Gnade, so daß er dem König bald völlig unentbehrlich wurde. Er hatte besonders die lateinische und welsche Correspondenz zu führen und gewann rasch solchen Einfluß auf die Geschälte, daß schon 1495 seine Stimme entscheidend gewesen zu sein scheint z. B. für die Besetzung des Postens des Reichsschatzmeisters. Seit den letzten Jahren des endenden Jahrhunderts suchten kluge Leute seine Fürsprache durch Geschenke sich zu sichern. Maximilians Eigenthümlichkeit gestattete dauernd keinem Rathgeber entscheidende Macht. Aber soweit es bei engem Anschluß an die Gesichtspunkte dieses Königs einem Menschen möglich war, eine bestimmte Einwirkung sich zu sichern, hat M. L. dieser Gewalt auf den Geist des Königs sich erfreut. Man muß in ihm jenes vertrautesten Rathgeber erkennen. Aber nach höherem strebte der glückliche Plebejer, der mit fester Gesundheit und gediegenem Wissen eine große persönliche Gewandtheit und guten politischen Blick verbunden haben muß. Nicht ausschließlich in die Schranken des Amts wollte er gebannt bleiben. Ein erster Schritt auf der Ehrenleiter gelang 1500, da des Königs Wille dem Augsburger Domcapitel unsern M. L. trotz heftigen Widerstrebens als Dompropst aufzwang. In Augsburg wollte man noch lange nachher wissen von der Simonie, mittelst deren der ehrgeizige Candidat den anwesenden päpstlichen Legaten zu seinen Gunsten gestimmt haben sollte. Es würde zu weit führen hier darzulegen, durch welchen Compromiß das adelsstolze Capitel, das den Augsburger Bürgersohn reprobirte, zur Nachgiebigkeit sich bestimmen ließ. Genug, M. L. war Dompropst und als solcher einer der wirksamsten Diplomaten Maximilian's. Von Residenz in Augsburg oder gar Uebernahme der Obliegenheiten der Pfründe Verlautet nichts. Fünf Jahre später erhielt er den Dank für seine weitere|Thätigkeit in den Verhandlungen mit Frankreich und während des pfälzischen Erbfolgekriegs durch seine Erhebung zum Bischof von Gurk. Damit hatte er eine Stellung, die seinen Ehrgeiz hätte befriedigen können. Aber er blieb unverdrossen auf der Jagd nach Ehre, Macht und Geld. 1514 entging ihm das erstrebte Bisthum Trient, dafür ward er 1515 Coadjutor des Erzbischofs von Salzburg sehr gegen dessen Willen und trat, kraft des damals ertheilten Rechts der Nachfolge, diese hohe reichsfürstliche Stellung 1519 nach dem Tode seines kaiserlichen Gönners an. Schon längst hatte (1513) Papst Leo X. ihn zum Cardinal vom Titel S. Angeli gemacht (sein Vorgänger war wol nur durch den Tod verhindert gewesen, den schon Ende 1512 feststehenden Entschluß auszuführen). Die von Max begehrte Verleihung der Legatenwürde wußte die Curie jedoch zu vermeiden. Beliebter war durch diese glänzende Carrière der mit Reichthum und Macht prunkende Emporkömmling nicht geworden. In Italien schalt man ihn anmaßend und hochfahrend, nicht wie ein Botschafter, sondern wie ein König hätte er 1511 vom Papst behandelt sein wollen. Im Reich war er einer der bestgehaßten Männer, wie denn 1519 die Kurfürsten von Brandenburg und Mainz schlechterdings in der Wahlfrage sich auf keine Verhandlung einlassen wollten, wenn unserm M. L. die Leitung übertragen würde. Dem gegenüber kann es kaum in Betracht kommen, wenn der stolze Mann, dessen Schritten bei feierlicher Prachtentfaltung wol achtzig Höflinge folgten, und der auf einem Reichstag als älterer Cardinal sogar dem Erzbischof Albrecht von Mainz den Vortritt nicht einräumen mochte, als einen Gönner der Gelehrten sich gern bewies, welche — von ihrem Standpunkt vielleicht nicht mit Unrecht — den hochstehenden Staats- und Kirchenfürsten aus allen Tonarten anfangen und ihn als eine der geistigen Leuchten Deutschlands begrüßten. Es darf ihm wohl geläuterter Geschmack und Sinn für geistige Schöpfungen nicht abgesprochen werden: aber man hüte sich, das individuell berechtigte Lob verpflichteter oder hoffender Poeten zu Verallgemeinern. Davor warnt schon die Erfahrung, daß er nicht ebenso bereit war in der Stille einem darbenden Talent aufzuhelfen, wie er bei der Hand war, wenn Preis oder Ehre einzuheimsen war. — Werfen wir noch einen Blick auf seine staatsmännischen Leistungen in den Tagen Maximilian's, dessen Person er, trotz aller Würden, stets eng attachirt blieb. Sich selbst vergaß er freilich nicht: aus der ihm obliegenden Regelung der italienischen Dinge im J. 1504 für sich und einige eingeweihte Collegen ein schönes Stück Geld herauszuschlagen, hielt er, wie andernorts gezeigt ist, für passend und nothwendig. Es ist ihm trotz dieser damals häufigen Schwäche nicht beigekommen, irgendwem das Interesse seines Gebieters preiszugeben! Die glänzendsten Verlockungen seitens des Papstes Julius II., sowie der Venetianer haben ihn während der Periode der Liga von Cambray von seiner Pflicht nicht abwendig gemacht. Uebrigens darf man in ihm einen Hauptförderer der in dieser Verbindung sich ausprägenden Politik erkennen: er hauptsächlich (neben der Regentin Margarethe) hat jene Liga zusammengeschweißt und durch sein Verhalten in Frankreich 1510 und in Italien als kaiserlicher Generalvicar 1511 zu ihrer Dauer beigetragen. Ganz im Gegensatz dazu hat er 1512 in Rom die Versöhnung mit dem Papst vermittelt. „Der Papst und ich,“ schrieb er damals. „werden eine neue Liga gegen Venedig aufrichten“. Eine nicht minder bedeutende Rolle hat er 1515 beim Zustandekommen der für Oesterreichs Zukunft so wichtigen habsburgisch-jagellonischen Heirathen gespielt. Unermüdlich, in allen Sphären, ausgenommen die des Heerführers, gleich bewandert, hat er klug und entschlossen, gleichgültig gegen den Tadel von der oder jener Seite, treu seinem Herrn gedient bis zu dessen letztem Athemzug. — Dessen Nachfolger wußte den erfahrenen Politiker zu schätzen. Karl V. machte ihn 1519 an erster Stelle zum Mitglied der obersten Regierung für alle österreichischen Lande; an Ferdinand's Seite zog er 1521 in Linz ein. Aber der centralen Leitung der Geschäfte ist er von da ab, sei es, weil die neuen Herren andere Günstlinge an Stelle des in Deutschland schwer mißliebigen Cardinals vorzogen, sei es, weil es ihn, endlich 1519 Erzbischof von Salzburg geworden, reizte, fortan selbständig zu schalten, fern geblieben. Als Reichsfürst hat er im nächsten Jahrzehnt eine nicht unwichtige Rolle gespielt bei den Bewegungen, welche durch Luther's Auftreten in unserem Vaterland hervorgerufen wurden. Von vornherein steht er dabei auf Seiten der Altgesinnten, obwohl Luther noch 1521 sich von ihm eines unparteiischen Urtheils versehen zu dürfen geglaubt hat. Aber es steht fest, daß er schon 1521 in seinem Lande ahndend gegen Anhänger der neuen Lehre, z. B. Speratus, eingeschritten ist. Im folgenden Jahre sucht er in seinem Sprengel durch Synodalbeschlüsse bessernd auf den Klerus einzuwirken. Den eifrigen und einflußreichen Fürsten durch Concessionen in der Frage der Suffraganbisthümer weiter fest zu halten, hat man in Rom nicht versäumt. So erscheint er im Fortgang der Bewegung 1524 unter den Begründern des Regensburger Bündnisses und blieb trotz aller Fährlichkeiten dieser Richtung treu, so daß der elende Pack mit gutem Schein 1528 ihn unter den Theilnehmern der Breslauer Verschwörung aufzählen konnte. Das Alter hatte seine Energie so wenig gebeugt, daß er auf dem Augsburger Reichstag von 1530 zu den heißspornigen Verfechtern der Anficht gehörte, daß man die Protestanten mit Waffengewalt zur Unterwerfung zwingen müsse. So blieb er auch dem Nürnberger Bund des Jahres 1538 nicht fern. Ebenso starr und gewaltsam hatte er sich den Salzburgern gezeigt, wo er nacheinander mit der Geistlichkeit, den Bürgern und den Bauern Conflicte auszufechten hatte. Begünstigung der Domgeistlichkeit machte ihm die Benedictiner der alten St. Petersabtei zu erbitterten Feinden. Bekannt ist, wie er denselben den alt und furchtsam gewordenen Staupitz zum Abt aufdrang. Mit den Einwohnern seiner Hauptstadt, welche schon unter seinem Vorgänger nach reichsfreier Stellung gestrebt hatten, gerieth er um so mehr in Streit, als daselbst die neue Lehre rasch Wurzel geschlagen hatte. Daraus ging der sogenannte lateinische Krieg hervor, dessen Ausbruch im Jahre 1523 den Cardinal zwang, sich nach Hülfe im benachbarten Tirol umzuschauen. Diesmal ward ihm der Triumph am 16. Juli im Harnisch und den Feldherrnstab in der Hand an der Spitze seines Kriegsvolks in die gedemüthigte Stadt einzuziehen und derselben, unter Verlust ihrer Freiheiten, die landesherrliche Gnade aufs Neue zu gewähren. Diese Art Großmuth ließ böses Blut im kranken Körper zurück. Neue, durch die prunkvolle Hofhaltung erforderliche Auflagen und eine blutige Rechtswidrigkeit, zu der sich der Erzbischof im Zorn über einen seiner Autorität angethanen Schimpf durch Einflüsterung seines schon anderswo verhängnißvoll wirkenden Berathers Dr. Volland hatte hinreißen lassen, steigerte die gährende Unzufriedenheit, so daß kaum irgendwo der Bauernkrieg des Jahres 1525 größere Erbitterung der Massen gegen den Landesherrn aufzuweisen hatte, als in diesem Erz bisthum. Mit solcher Gewalt trat die Bewegung auf, daß der Erzbischof Zuflucht suchen mußte auf dem festen Hohensalzburg, wo er nun fast zwei Monate eng belagert wurde. Die erhoffte baierische Hülfe blieb aus und die statt dessen angetragene Vermittelung begegnete im Lande der hartnäckigen Forderung der Resignation des Erzbischofs. Das Salzburger Völkchen wollte überhaupt vom Krummstab nichts mehr wissen; zeigte sich vielmehr geneigt, einen weltlichen Fürsten aus dem Hause Baiern sich zu erkiesen. Hier war man einer solchen Lösung anfänglich durchaus nicht abgeneigt, und wer vermag zu sagen, wozu die Verkettung der Dinge es hier unter den Bundesgenossen von 1524 hätte kommen lassen, wenn sich Baiern mit Oesterreich, welches unter dem Vorwand der Schirmvogtei seinerseits Ansprüche erhob, nicht in die Haare gerathen wäre. So ward denn unter Hülse des schwäbischen Bundes, dem der Erzbischof inzwischen beigetreten war, die Ordnung in Salzburg wieder hergestellt, so daß M. L. schließlich glimpflich genug aus dem bösen Handel davon kam. Seine Mittel waren freilich durch diesen Bauernkrieg arg mitgenommen. Das Kirchensilber hatte eingeschmolzen werden müssen: auf 300,000 Gulden schlug der Erzbischof seinen Schaden an. — Seit 1538 hört man nichts mehr von dem Cardinal, der in seinen letzten Jahren ganz kindisch geworden sein soll. Er starb in, der Charwoche 1540 im 72. Lebensjahre und ward zu Salzburg bestattet. Mit ihm ging der letzte deutsche Bürgersohn dahin, der im Reich vor der großen Säcularisation Inhaber eines erzbischöflichen Sitzes gewesen, zu dem der rücksichtslos sich vordrängende Emporkömmling auch nur durch die besondere Huld des Kaisers Max gelangt war. Alles in Allem eine sehr begabte, aber herrische und verletzend hochmüthige Persönlichkeit, die außerhalb des sie umjauchzenden Poetenschwarmes wenig Freunde gefunden zu haben scheint.

    • Literatur

      Vgl. über ihn die Angaben der Salzburgischen Geschichtsschreiber und J. D. Köhler's historische Münzbelustigungen V. Für seine specielle Wirksamkeit unter Maximilian kann ich nur auf meine Geschichte der Regierung Maximilian's, Bd. I S. 810 ff. verweisen, da die 1882 erschienene Schrift von A. Schopf: „Ein Diplomat Kaiser Maximilian's I.“ der Aufgabe in keiner Weise gerecht geworden ist. — Für die erzbischöfliche Epoche sind außer der allgemeinen reformationsgeschichtlichen Litteratur besonders die bekannten Werke von Buchholz, Zimmermann und Jörg benutzt worden.

  • Autor/in

    Ulmann.
  • Zitierweise

    Ulmann, Heinrich, "Matthäus" in: Allgemeine Deutsche Biographie 20 (1884), S. 610-613 unter Matthäus Lang [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119442620.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA