Lebensdaten
1585 – 1612
Geburtsort
Straßburg
Sterbeort
Speyer
Beruf/Funktion
Musiktheoretiker
Konfession
evangelisch?
Normdaten
GND: 119396637 | OGND | VIAF: 74662272
Namensvarianten
  • Lippius, Johannes
  • Lippius, Johann
  • Lipp, Johann
  • mehr

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Zitierweise

Lippius, Johannes, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd119396637.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johannes (1554–1622), Pfarrer in St., S d. Georg, Zunftmeister d. Schuhmacherzunft in St., u. d. Barbara Bertsch;
    M Susanne, T d. Pfarrers Christoph Clemens in Reitweiler u. Kirweiler u. d. Ottilie Blinkel; ledig.

  • Biographie

    L. erhielt in seiner Heimatstadt eine gründliche Unterweisung in allen philosophischen Disziplinen. Über seine musikalische Ausbildung berichtet er im Vorwort zur Synopsis Musicae novae. Nachdem er schon früh von seinem Vater in die Singekunst eingeführt worden war und mehrere Instrumente kennengelernt hatte, studierte er musiktheoretische Schriften und versuchte, durch Analysen mehrstimmiger Vokalwerke den Gesetzen der Harmonie auf die Spur zu kommen. Unter den für ihn vorbildlichen Komponisten nennt er auch den Straßburger Kantor, Komponisten und Musiktheoretiker Thomas Walliser. Nachdem er den Magistergrad erworben hatte, besuchte er seit 1609 zahlreiche deutsche Universitäten, hielt philosophische und musiktheoretische Vorlesungen und leitete Disputationen, die über seinen Lehrstoff abgehalten wurden. 1612 erwarb er in Gießen den Doktorgrad. Die ihm angebotene Stelle eines Theologieprofessors in Straßburg konnte er nicht mehr antreten.

    Obwohl L. schon im Alter von 27 Jahren gestorben ist, muß er zu den bedeutenden deutschen Gelehrten der Zeit um 1600 gerechnet werden. In seinem postum 1614 veröffentlichten Hauptwerk behandelt er im 2. Teil Metaphysik, Logik, Ethik (mit Affektenlehre) und Rhetorik. Wenn hier im einleitenden 1. Teil als Vorstufe zur eigentlichen Philosophie seine Synopsis Musicae novae von 1612 noch einmal abgedruckt wurde, so sollte damit dokumentiert werden, daß der Musiklehre in ihrer doppelten Eigenschaft als mathematische Disziplin (mit ihrem nach L.s Worten „göttlichsten Teil“, der Lehre von den Zahlenproportionen der Intervalle) und als eine der Rhetorik nahestehende Kunstlehre der höchste Rang unter den Artes liberales gebühre. Als wichtigste Neuerung setzt L. an die Stelle der traditionellen Ars contrapuncti, die von den Intervallen des zweistimmigen Satzes ausgegangen war, eine Lehre von den Akkorden. Der Dreiklang, die Trias harmonica, stellt für ihn eine Einheit dar. Er behält seine harmonische Bedeutung auch dann, wenn seine Grundform durch Oktawersetzung einzelner Töne verändert wird, wobei entweder der Terz- bzw. Quintton das Fundament bildet (nach unserer Terminologie: Sext- bzw. Quartsextakkord) oder die Einzeltöne aus der engen in die weite Lage auseinandergezogen werden. In einer Zeit, als die neue Generalbaßpraxis gerade erst bekannt zu werden beginnt, nimmt L. damit die Grundzüge der Lehre von Philippe Rameau voraus, der mit seinem Traité de l'harmonie von 1722 heute immer noch als der Begründer der modernen Harmonielehre gilt.

    In seiner eigentlichen Kompositionslehre nimmt sich L. nicht nur die Darstellungsmethode der rhetorischen Lehrbücher zum Vorbild, sondern weist auch auf die Übereinstimmungen zwischen Musik und Rhetorik hin. Von der homophonen Compositio pura unterscheidet er die textausdeutende Compositio ornata. Hier verwendet der Komponist neben Klauseln, Imitationen und Dissonanzen bestimmte Kunstmittel, die den rhetorischen Figuren vergleichbar sind. L. untergliedert in Ornamenta longitudinis (Tondauer, Taktarten, Synkopen, Pausen), latitudinis (Tonstärke, Dynamik, Klangfarbe) und crassitudinis (Höhe und Tiefe, enge und weite Lage, Intervalle, Satzdichte), ohne aber die einzelnen Figuren mit bestimmten Termini zu benennen, wie es 1599 Joachim Burmeister getan hatte. Die modernste italienische Musik hat L. offenbar noch nicht gekannt. Als größte Komponisten lobt er Orlando di Lasso mit seinen Motetten und Luca Marenzio mit seinen Madrigalen.

  • Werke

    u. a. Disputatio musica prima, 1609;
    Disputatio musica secunda, 1609;
    Disputatio musica tertia, 1610;
    Themata musica, 1610;
    Breviculum errorum musicorum, 1611;
    Themata fontem omnium errantium musicorum aperientia, 1611;
    Synopsis musicae novae, 1612, ²1614 als T. I v. Philosophiae verae ac sincerae synopticae I. Praeparatio per Musicam Diam, II. Perfectio inferior - realis per Metaphysicam, rationalis per Logicam;
    exterior - realis per Ethicam, rationalis per Rhetoricam, 1614.

  • Literatur

    H. H. Unger, Die Beziehungen zw. Musik u. Rhetorik im 16. bis 18. Jh., 1941;
    M. Ruhnke, Joachim Burmeister, 1955;
    C. Dahlhaus, Unterss. üb. d. Entstehung d. harmon. Tonalität, 1967;
    R. Dammann, Der Musikbegriff im dt. Barock, 1967;
    MGG VIII.

  • Autor/in

    Martin Ruhnke
  • Zitierweise

    Ruhnke, Martin, "Lippius, Johannes" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 664-665 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd119396637.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA