Lebensdaten
1841 – 1924
Geburtsort
Köln
Sterbeort
Berlin
Beruf/Funktion
Architekt
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118967975 | OGND | VIAF: 147145857831323020113
Namensvarianten
  • Schwechten, Franz Heinrich
  • Schwechten, Franz
  • Schwechten, Franz H.

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Zitierweise

Schwechten, Franz Heinrich, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118967975.html [18.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Heinrich, Landger.rat in K.;
    M Justine Pauline Herstatt; ledig.

  • Biographie

    Nach der Schulzeit und einem Elevenjahr bei dem Kölner Stadtbaumeister Julius Raschdorff (1823–1914) begann S. im Okt. 1861 mit dem Architekturstudium an der Berliner Bauakademie. Bis zur Ernennung zum Bauführer 1863 studierte S. unter Leitung der Professoren Friedrich Adler, Carl Gottlob Wilhelm Bötticher und August Hermann Spielberg das Baufach mit dem Schwerpunkt Hochbau und Architektur. 1868 nahm S. an der „Schinkelkonkurrenz“ teil, die er mit einem Entwurf für ein Parlamentshaus gewann; die mit dem Preis verbundene Prämie nutzte er für einen längeren Italienaufenthalt.

    1871–82 war S. künstlerischer Leiter der Hochbauabteilung der Berlin-Anhaltischen Eisenbahngesellschaft. Unter seiner Verantwortung entstand in Zusammenarbeit mit dem Ingenieur Heinrich Seidel (1842–1906) der Anhalter Bahnhof als einer der bedeutendsten europ. Bahnhofsbauten (1871–80, bis auf Portikus 1960 abgebrochen). Danach betätigte sich S. im Wohnungs-, Geschäftshaus- und Verwaltungsbau sowie mit der Erstellung von Konzertgebäuden (Berliner Philharmonie 1888, zerstört). Im Bereich der funktionalen Architektur reüssierte er mit dem Industriegebäude Stemmler in Berlin (1887, zerstört). Ein weiterer Fabrikkomplex entstand 1887–91 für die Schultheissbrauerei in der Schönhauser Allee. Über einen langen Zeitraum plante S. im Auftrag der AEG und der Berliner Elektrizitätswerke zahlreiche Fabrikgebäude (1894–1907).

    1890 bedeutete der Gewinn des Wettbewerbs für die Ks.-Wilhelm-Gedächtniskirche einen wichtigen Schritt in S.s Laufbahn: Ks. Wilhelm II. sollte von nun an sein bedeutendster Auftraggeber werden. Die Gedächtniskirche war der Höhepunkt des Denkmalkultes, den Wilhelm II. für seinen Großvater Wilhelm I. initiiert hatte. Die Kirche wurde von S. als monumentaler Sakralmemorialbau ganz nach den ksl. Vorgaben geplant. Das Äußere war einem Formenapparat verpflichtet, der Zitate staufischer Sakralbaukunst verwendete; Wandmalereien und Mosaiken des Innenraums folgten einem ausgeklügelten ikonographischen Programm (1890–1906, Ruine erhalten, Neubau d. Kirche nach Plänen v. E. Eiermann 1959–61). Nach der Gedächtniskirche realisierte S. weitere Kirchen in Berlin, so die Apostel-Paulus-Kirche (1891–94) und die Simeonskirche (1892–97), beides großräumige Stadtkirchen, die gotische Backsteinbauten zitieren. Die Erlöserkirche in Bad Homburg (1903–08) entstand wiederum unter Einflußnahme Wilhelms II. neben dem Schloß der Landgrafen von Hessen-Homburg als ksl. Palastkapelle.

    Der letzte Bau im Auftrag des Herrscherhauses war das Kaiserschloß in Posen (1903–10), das als eine Art Pfalz die Machtansprüche des dt. Kaisers in der Provinz Westpreußen-Posen verdeutlichen sollte. Das Zentrum bildete ein viergeschossiger neoromanischer Prunkbau, in dem sich durch den verwendeten Stil und der Anlage eines Innenhofes Anklänge an Pfalzen mit denen einer barocken Cour d'honneur vermischten.

    Etwa zeitgleich mit dem Posener Schloß entstand in Berlin das Haus Potsdam, ein innovativer Mehrzweckbau mit einem Cafe, einem Kino, Geschäftsräumen und Büros (1910–12, im 2. Weltkrieg beschädigt, 1976 abgebrochen). Die Fassadengestaltung mit den streng geometrischen Wandöffnungen|zeigte in seiner Geschlossenheit Aufrißsysteme, wie sie Alfred Messel (1853–1909) in seinem Berliner Kaufhaus zukunftsweisend realisiert hatte. Auch das statische System des Baues orientierte sich mit einer stützenlosen Bügelkonstruktion an modernen Tragwerksystemen.

    S. war ein erfolgreicher, zugleich aber auch umstrittener Architekt. Der Anhalter Bahnhof, seine Fabriken- und Verwaltungsgebäude waren in ihrer Grundrißentwicklung wie in ihrer Raumdisposition beispielhaft und wurden in der Fachpresse hoch gelobt. In den ksl. Bauphantasien ist diese Qualität nur latent faßbar, da die architektonische Struktur durch die Ausstattung in den Hintergrund gedrängt wird. Beide Konzeptionen – moderner Zweckbau und historistische Repräsentationsarchitektur – prägen zu gleichen Teilen S.s Werk. Das Œuvre, das die wilhelminische Epoche in ihrer Vielfalt und auch Widersprüchlichkeit spiegelt, markiert einen Wendepunkt zwischen Historismus und Moderne.

  • Auszeichnungen

    o. Mitgl. d. Ak. d. Künste, Berlin (1885, Senator 1888, Präs. 1915–18);
    Mitgl. d. Ak. d. Bauwesens, Berlin (ao. 1889, o. 1903);
    Vorsteher e. Meisterateliers (1902–20);
    – Roter Adlerorden III. Kl.;
    Kronenorden II. Kl.;
    Rr. I. Kl. d. bad. Ordens v. Zähringer Löwen mit Eichenlaub;
    Gr. u. kl. Medaille überall f. Kunst.

  • Werke

    W Berlin : Kriegsak., 1880–83 (zerstört);
    Wohn- u. Geschäftshaus Kunheim, 1889/90 (zerstört);
    Roman. Häuser, 1893–99 (zerstört);
    Genezarethkirche, 1898–1905;
    Grunewaldturm, 1901;
    Mosaikfabrik Puhl & Wagner, 1903–05 (1972 abgebrochen);
    Wittenberg:
    Kreishaus, 1878/79;
    Kölleda:
    Kreishaus, 1879/80;
    Stettin:
    Konzert- u. Vereinshaus, 1882–84 (zerstört);
    Gedächtnisturm f. Johannes Quistorp, 1899–1902 (zerstört);
    Bernburg:
    Bauten f. d. Dt. Solvay-Werke, 1887–96 (zerstört);
    Witzenhausen:
    Kreishaus, 1889–91;
    Dessau:
    Mausoleum f. d. Hzg. v. Anhalt, 1894–98;
    Potsdam:
    Kriegsschule auf d. Brauhausberg, 1898–1902, seit 1991 Sitz d. LT d. Landes Brandenburg;
    Sirmione:
    Villa Cortine, 1898–1900;
    Bad Harzburg:
    Villa Wessel, 1899–1902;
    Essen:
    Erlöserkirche, 1902–09;
    Köln:
    Hohenzollernbrücke, 1905–11 (zerstört);
    Bensberg:
    Grabmal Budde, 1908;
    Gerolstein:
    Erlöserkirche, 1910–13;
    Rom:
    Dt. Ev. Kirche, 1910–22;
    Qu
    Geh. StA Preuß. Kulturbes., Berlin (Depositum Schwechten);
    Berlin, Ak. d. Künste (Personalakte).

  • Literatur

    u. a. Nachrufe in: Der Baumeister, 1924, H. 10;
    Dt. Bauztg. 58, 1924, S. 427 f.;
    – V. Frowein-Ziroff, Die Ks.-Wilhelm-Gedächtniskirche, 1982;
    Helmut Maier, Berlin, Anhalter Bahnhof, 1984;
    W. F. Streich, in: W. Ribbe u. W. Schäche, Baumeister – Architekten – Stadtplaner, 1987, S. 257–76 (P);
    ders., F. H. S., 1841–1924, Bauten f. Berlin, 2005;
    P. Zietz, F. H. S., Ein Architekt zw. Historismus u. Moderne, 1999 (W-Verz.);
    Das geistige Berlin, hg. v. R. Wrede, I, 1897;
    Wi. 1922;
    ThB;
    zur Fam.:
    Dt. Wappen-Kal. 13, 1939.

  • Autor/in

    Peer Zietz
  • Zitierweise

    Zietz, Peer, "Schwechten, Franz Heinrich" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 35-36 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118967975.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA