Lebensdaten
1854 – 1899
Geburtsort
Hachtel bei Mergentheim (Württemberg)
Sterbeort
Baltimore (USA)
Beruf/Funktion
Setzmaschinenerfinder ; Mechaniker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118909746 | OGND | VIAF: 67264317
Namensvarianten
  • Mergenthaler, Ottmar

Objekt/Werk(nachweise)

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Personen in der NDB Genealogie

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Mergenthaler, Ottmar, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118909746.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann Georg (1820–93), Dorfschullehrer in H., S d. Georg Christoph, gen. Hegnachersohn;
    M Rosine (1828–59), T d. Johann Christoph Ackermann, Bauer, Lehrer u. Geometer in Eibstätt, u. d. Christine Hetzer;
    Baltimore 1881 Emma (1861–1934), T d. Bildhauers Louis Carl Lachenmayer u. d. Paulina Rosina Koerner;
    4 S, 1 T.

  • Biographie

    Nach der Schulzeit erlernte M. bei seinem Onkel Louis Hahl in Bietigheim das Uhrmacherhandwerk. Nach abgeschlossener Lehre begab er sich 1872 auf die Reise nach den Vereinigten Staaten, um dort bei August Hahl, dem Sohn seines Lehrmeisters, weitere Kenntnisse zu erwerben. Dieser betrieb in Washington eine Fabrik für elektrische Instrumente. Eine Wirtschaftskrise 1874 zog auch das Unternehmen des Vetters in Mitleidenschaft, doch verhinderte ein größerer Auftrag zur Lieferung von Signalinstrumenten für die Weltausstellung von Philadelphia 1876 den Zusammenbruch. 1875 wurde die Firma von Washington nach Baltimore verlegt. Dort erhielt M. die Anregung für sein Lebenswerk. Im August 1876 verbesserte er die Konstruktion einer lithographischen Schreibsetzmaschine des Charles T. Moore aus Virgina. Dieses Gerät sollte Schreibmaschinenvorlagen liefern, die dann direkt auf den lithographischen Stein übertragen wurden. Damit wollte man die zeitraubende Handarbeit der Schriftsetzer vereinfachen, um so aktuelle Berichte schnell und billiger drucken zu können. Diese Idee einer Rationalisierung des Setzens versuchte M. auch für den Buchdruck zu verwirklichen. Für die Finanzierung konnte er die Bankiers James O. und Louis Clephane aus Washington gewinnen, deren Name „Clephane“ mit M.s weiteren Erfindungen verbunden blieb.

    1878 arbeitete M. an einer Maschine, bei der die Druckform durch das Ausgießen einer Matrize in einer kompakten Zeile entstand und nicht – wie bisher – vom Handsetzer durch das Zusammenfügen der einzelnen Lettern gebildet werden mußte. Bei dieser Stereotypiemethode verwendete M. als Gießform eine weiche Masse (Papiermaché), in die die Buchstaben mit Stahlstempeln eingeprägt wurden. 1883 trennte sich M. von seinem Vetter August Hahl und gründete in Baltimore ein eigenes Unternehmen unter dem Namen „National Typographic Company“. Noch im selben Jahr baute er eine Stereotypie-Setzmaschine (Band-Maschine) in den eigenen Werkstätten, die jedoch immer noch den konstruktiven Nachteil besaß, daß die Prägestempel vom Papiermaché gelöst werden mußten, ehe die Masse ganz getrocknet war. Durch gelegentliches Hängenbleiben des Papiermachés kam es so zu Gießfehlern. M. war sicher, daß er dieses Problem nur durch Metallmatrizen lösen konnte, die er zu Zeilen aneinanderfügte. Die von ihm nach diesem Gedanken konstruierte Setzmaschine besaß eine Schreibmaschinen-Tastatur, mit deren Hilfe mechanisch aus einem geordneten Magazin die gewünschten Gießformen abgerufen werden konnten. Diese Gießformen (Matrizen) wurden zu Wörtern und Zeilen zusammengefügt, automatisch mit Hilfe von Keilen ausgeschlossen, d. h. mit Zwischenräumen versehen, und als fertig formatierte Zeile in einem Stück mit Letternmetall ausgegossen. Die gegossene Zeile wurde in wenigen Sekunden nach dem Erkalten des Letternmetalls ausgeworfen. Anschließend konnte die Matrize automatisch wieder in das Magazin zurückgeordnet werden. Bis Oktober 1885 war die Maschine zur Serienreife entwickelt worden; sie erhielt den Namen „Blower“. Für die Herstellung im großen wurde unter dem Namen „Mergenthaler Printing Company“ eine neue Gesellschaft gegründet. Am 3.7.1886 wurde zum Satz der „New York Tribune“ zum ersten Mal die „Blower“-Maschine verwendet. Der Verleger dieser Zeitung, Whitelaw Reid, führte den Namen Linotype ein. Die „Blower Linotype“ erhielt das US-Patent Nr. 378 798 vom 28.2.1888. Mit einem verbesserten Modell „Simplex-Linotype“ aus dem Jahre 1890 gelang der endgültige Durchbruch im Druckgewerbe. Im Oktober 1894 wurde in Berlin die Mergenthaler Setzmaschinen-Fabrik GmbH gegründet.

    Die Linotype-Maschinen brachten eine technische Revolution im Druckgewerbe mit sich. An die Stelle des Handsetzers war in weiten Anwendungsbereichen nun der Maschinensetzer getreten. M. konnte die Früchte seiner Erfindungen zwar ernten – in den USA waren 1892 bereits ca. 1000 Linotype-Maschinen verkauft oder vermietet, und er wurde ein wohlhabender Mann –, doch konnte er sie nur noch wenige Jahre genießen, ehe er 1899 an Tuberkulose starb. M.s Setzmaschinen wurden von der Firma Linotype bis 1976 gebaut, ehe sie dem neuen elektronischen System der Textverarbeitung weichen mußten.

  • Literatur

    ADB 52;
    F. Schröder, Die Mergenthaler Setzmaschinenfabrik GmbH Berlin, 1932;
    ders., O. M., 1941;
    O. Lohr, in: Lb. Schwaben I, 1940, S. 366-76 (L, P);
    W. Mengel, Die Linotype erreichte d. Ziel,|1955;
    Th. Heuss, Dt. Gestalten, 1949;
    100 J. O. M., z. 11. Mai 1954, in: Linotype-Post (Hausmitt. d. Linotype GmbH), NF, H. 19;
    H. Marx, Deutsche in d. Neuen Welt, 1983, S. 349 (P);
    DAB;
    Pogg. VII a Suppl., S. 438-40 (Bibliogr.).

  • Autor/in

    Ernst H. Berninger
  • Zitierweise

    Berninger, Ernst H., "Mergenthaler, Ottmar" in: Neue Deutsche Biographie 17 (1994), S. 133-134 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118909746.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Mergenthaler: Ottomar M., der Erfinder der modernen Setzmaschine, wurde am 10. Mai (oder November) 1854 zu Dürrmenz, Oberamt Mühlacker, in Württemberg geboren. Im benachbarten Hachtel als Sohn eines Dorflehrers aufwachsend, zeigte er von Jugend auf regstes Interesse für Mechanik, erlernte vorläufig bei seinem Oheim Hahl in Bietigheim die Uhrmacherei und trat 1872, über den Ocean ausgewandert, in seines Vetters Hahl in Washington Fabrik elektrotechnischer Apparate in Stellung, wo er bald durch Fleiß und Selbständigkeit sich einen Achtung gebietenden Posten errang. Umgang mit Schriftsetzern brachte ihn auf die Idee seiner epochemachenden Erfindung. Unmittelbarer Anlaß dazu war der Auftrag, für die inzwischen nach Baltimore verlegte Anstalt eine sehr mangelhafte Schreibmaschine umzuconstruiren. Anfangs wollte er die Erzeugnisse der letzteren mittels Steindrucks vervielfältigen. Als ihm ein solches Verfahren neben dem Steindruck nicht concurrenzfähig erschien, löste er das Problem erfolgreich in durchaus origineller Weise. Er construirte nämlich eine Maschine, mit deren Messingmatrizen er einzelne Buchstaben in Maternplatten prägte, um von diesen Sterotypplatten zu gießen. Auf diesem Wege ließ sich nun allerdings kein dem bisherigen Handsatz ebenbürtiger herstellen, da die eingeprägten Buchstaben oft zu hoch oder zu tief in der Satzebene standen und nicht Linie hielten. Dieselbe Unregelmäßigkeit trat M. entgegen, als er statt der Typen Matrizen setzte und von diesen goß. Endlich nach den kostspieligen Mühen und Versuchen zwölfjähriger anstrengender Geistesarbeit, die über 4 Millionen Mark amerikanischer Capitalien verschlungen haben sollen, stellte M. anfangs der achtziger Jahre auf Grund harmonisch in einander greifender Erfindungen in New-York die erste selbstthätige Zeilen-Setz-, Gieß- und Ablegemaschine auf. Diese setzt als Grundelement des Satzes an die Stelle des Buchstabens die Zeile von Messingmatrizen mit je einem Buchstaben durch eine anreihende Claviatur, gießt sie in einem in der Maschine befindlichen Gießapparat druckfertig und legt sie automatisch ab; sie vertritt also die Thätigkeit dreier verschiedener Fachleute zugleich und leistet, indem das Ablegen wegfällt, die Arbeit 5—6 geübter Handsetzer. Die Durchschnittsleistung des an ihr arbeitenden Maschinensetzers beginnt mit 3500 und steigt bis auf über 10 000 Buchstaben in der Stunde. Dies Wunder- und Meisterwerk, die Linotype geheißen, hat sich seitdem in der Praxis tausendfach bewährt, J. Gutenberg's Riesenthat gleichsam neu gekrönt und den unermüdlichen Genius Mergenthaler's unsterblich gemacht. Dieser selbst erhielt vom Technical Institute zu Philadelphia den großen Ehrenpreis für die bedeutendste Erfindung des Decenniums. Zwar gründete er 1893 in Baltimore eine eigene Fabrik, mußte sich aber infolge der durch Ueberanstrengung entstandenen argen Erschütterung seiner Gesundheit schon einige Jahre danach vom Betriebe zurückziehen und ist in der Blüthe des Lebens, 45 Jahre alt, zu New-York viel zu früh einem tückischen Lungenleiden erlegen, am 28. October 1899. Die Geschichte der Buchdruckerkunst, der er, ein würdiger Nachfolger Friedrich König's, des genialen Schöpfers der Schnellpresse, das zweitschwierigste technische Räthsel müh- und wundersam bewältigt hat, wie die der neuzeitlichen Erfindungen überhaupt verzeichnen seinen Namen mit goldenen Lettern. Man höre aber, daß, wie König für die Ausnutzung seiner innerhalb des Druck-, insbesondere des Zeitungswesens umstürzlerischen Erfindung erst in England die nöthige finanzielle Unterstützung gefunden, Yankeegeld Mergenthaler den Ausbau seiner sieggekrönten Idee ermöglicht hat, im Vertrauen auf das richtige Princip der deutschen Construction, auf das Genie ihres Urhebers.

    Anderthalb Jahrzehnte nach ihrer endgültigen Einführung war die Linotypemaschine in Amerika und England in mehreren Tausenden von Exemplaren in Verwendung und hatte auch trotz ihres verhältnißmäßig teuren|Preises im Vaterlande des Erfinders, Deutschland, ihren Einzug gehalten; aber noch bei Mergenthaler's Tode gebrauchte man bei uns nur erst Maschinen amerikanischen Ursprungs, und Schwartzkopff in Berlin fing erst mit der Herstellung für das Deutsche Reich an. J. R. Rogers' und F. E. Bright's Imitation Typographe trat bald in umfänglichem Maaße — anderthalb Jahre nach Mergenthaler's Ableben in Deutschland neben 211 System Linotype 169 Typograph —, W. S. Scudder's Monoline, dann System Thorne, Vorreiter und Müllendorf (Berlin) u. A. in geringerem mit der großartigen Leistung Mergenthaler's in mehr oder weniger lauteren Wettbewerb, ohne ihm den Ruhmeskranz, daß er das Eis gebrochen, und das durchschlagende Hauptverdienst an dem eintretenden gewaltigen Fortschritte entwinden zu können.

    Nachruf Gartenlaube 1899, Nr. 46, Beilg., mit Bildniß und knapper Erläuterung des Technischen. Letzteres ausführlich in dem Nekrolog des Allgemein. Anzeigers für Druckereien (Frankfurt a. M.), 26. Jahrg., daraus abgedruckt z. B. in der Feuilletonbeilage zu Nr. 306 des Beobachters am Main (Aschaffenburg) v. 11. Novbr. 1899; in dieser Tageszeitung Nr. 144 vorzüglicher Aufsatz über Mergenthaler's Erfindung vom Redacteur E. K[ley], ebd. 1901, Nr. 71 S. 2 Ziffernangaben über die Setzmaschinen in Deutschland, nach dem „Correspondenten für die Buchdrucker“. Vgl. auch: Typographische Jahrbücher, Archiv f. Buchgewerbe, Deutsch. Buch- und Steindrucker (6. Jahrg.; darin i. d. Weihnachts-Nr. v. 1899, S. 149, Angaben über den Eroberungszug der Linotype in Deutschland, der oben benutzt wurde), Journal für Buchdruckerkunst, Neuer Druckerei-Anzeiger, Oesterr.-ungar. Buchdrucker-Ztg.; in sämmtlichen älteren Ursprungs sind auch die betreffenden Artikel aus der Periode des ersten Hervortretens der Linotype zu vergleichen, hierfür auch das besonders eingeheftete ausführliche Specialreferat über Setzmaschinen in Meyer's Conversationslex.⁵ XV, 947 mit Abbildungen, wie auch in den meisten soeben angezogenen Artikeln. Kurzer Artikel über M. i. d. 249. Beilg. d. Allg. Ztg. 1899, S. 8, und den meisten größeren Tageszeitungen. Lebens- und Charakterskizze vom Unterzeichneten im Biograph. Jhrbch. u. Dtsch. Nekrolog IV, 259.

  • Autor/in

    Ludwig Fränkel.
  • Zitierweise

    Fränkel, Ludwig, "Mergenthaler, Ottmar" in: Allgemeine Deutsche Biographie 52 (1906), S. 325-327 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118909746.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA