Wipo

Dates of Life
vor 1000 – zwischen 1047 und 1050
Place of birth
im alemannischen Teil von Burgund
Occupation
Hofkaplan der Kaiser Heinrich II., Konrad II. und Heinrich III. ; Geschichtsschreiber ; Dichter ; Schriftsteller ; Priester
Religious Denomination
katholisch
Authority Data
GND: 118807633 | OGND | VIAF: 89474915
Alternate Names

  • Wigbert
  • Guipo
  • Wipo
  • Wigbert
  • Guipo
  • Wipo, Presbyter
  • Guipo, Presbyter
  • Guippo, Presbyter
  • Presbyter, Wipo
  • Wigbert von Solothurn
  • Wippo, Presbyter
  • Wipo, Wigbert
  • Wipo, Capellanus Regius
  • Wipo, aus Burgund
  • Wipo, Presbyther
  • Guipo, Presbyther
  • Guippo, Presbyther
  • Presbyther, Wipo
  • Wippo, Presbyther
  • Wipo, Kapellanus Regius

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Citation

Wipo, Index entry in: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118807633.html [12.12.2025].

CC0

  • Wipo (Wigbert, Guipo)

    | Geschichtsschreiber, Dichter, Hofkapellan, * vor 1000 im alemannischen Teil von Burgund, zwischen 1047 und 1050 (?).

  • Biography

    W. erhielt in jungen Jahren eine fundierte schulische Ausbildung, die neben dem Studium biblisch-christlicher und klassisch-antiker Autoren auch neuplatonisches Gedankengut (über die Lektüre von Macrobius) umfaßte.

    Spätestens 1024, unter dem neuen Herrscher, Konrad II. (reg. 1024–39), begegnet W. erstmals am Hof des Königs, der ihn zum Hofkapellan bestellte. In der Folge stieg er zu einem der engsten Berater und chronikalischdichterischen Begleiter der ersten beiden salischen Könige auf. W. unterstützte Konrad in dessen Ansprüchen auf das Kgr. Burgund.

    Als Teilnehmer am Winterfeldzug 1032/33 würdigte und legitimierte er den erzwungenen Erwerb Burgunds in seinem – verlorenen–Werk „Gallinarius“.

    W. hat die sakrale Konzeption und bildliche Inszenierung des salischen Königtums nachhaltig beeinflußt. Auf ihn geht vielleicht das „neue Design“ (Th. Kölzer) des königlichen Siegels seit 1029 zurück, das den Herrscher mit einem – von einem stilisierten Adler bekrönten–Szepter in seiner Rechten zeigt. Zudem gilt er als Schöpfer der programmatischen Devise, die seit 1033 das gesamte Mittelalter über bis zur Zeit Ks. Friedrichs III. (1415–93) die Rückseite der kaiserlichen Bullen zierte. Mit „Roma caput mundi regit orbis frena rotundi“ (Rom, das Haupt der Welt, führt die Zügel des Erdkreises) demonstrierten Konrad II. und seine Nachfolger den universellen Anspruch ihres Kaisertums und zugleich den Vorrang gegenüber Byzanz und dem Papsttum vor aller Welt. W. ist außerdem der wichtigste Gewährsmann (oder gar Urheber?) für die am königlichen Hof entwickelten, in die Zukunft weisenden Vorstellungen (Gesta c. 7) von dem auf Dauerhaftigkeit angelegten, transpersonal-institutionellen Charakter des Reichs und dessen eigenständiger Größe neben der Person des Königs.

    Zeitlebens Heinrich III. (1017–56) besonders nahestehend, hatte W. maßgeblichen Anteil an der Entwicklung des Hofs zum geistigen Zentrum des Reichs. Als einer der Erzieher Heinrichs dedizierte er seinem Zögling schon 1028 eine – vielgelesene (24 erhaltene Handschriften)–Sammlung lehrhafter Sätze und moralisierender Reimsprüche („Proverbia“, in 100 Versen) in der Tradition biblischer Spruchdichtung. Auf die von W. entwickelten Vorstellungen gründete Heinrich III. seine theokratische Herrschaftskonzeption und|seine auf Friedensidee und Befehlsgewalt gestützte Politik. Sein programmatisches Konzept einer (kaiserlichen) Verwirklichung göttlicher Herrschaft auf Erden legte W. in seinem „Tetralogus“ dar, den er Heinrich widmete und Weihnachten 1041 überreichte. In diesem als ‚Viergespräch‘ angelegten Gedicht mit 326 zumeist gereimten Hexametern treten der Dichter, die Musen sowie die Personifikationen von Gesetz (lex) und Gnade (gratia) zur Lobpreisung und Ermahnung Heinrichs III. auf. Im Zentrum steht W.s Appell an Heinrich, als Sachwalter Gottes auf Erden für die Verwirklichung der göttlichen Friedensidee einzutreten. Die ihm als alleinigem Haupt der Welt auferlegte, erfolgreiche Errichtung der gottgefälligen Herrschaft des Friedens auf Erden und (Wieder-)Herstellung einer universalen politischen Ordnung sei jedoch an die strikte Beachtung von Gesetz und Gnade geknüpft – ebenso wie Gott im Himmel neben der Strenge auch Barmherzigkeit und Gnade walten lasse (Tetralogus, v. 94–100, 120–22, 237–49 u. 319–25).

    Von dem vermutlich umfangreichen, literarisch und stilistisch anspruchsvollen Œuvre W.s haben sich nur fünf (der mindestens neun nachweisbaren) Werke erhalten. Starken Widerhall fand W.s in vielen Sammelhandschriften und Missalien zumeist anonym überlieferte Ostersequenz „Victimae paschali laudans“, die bis zum 2. Vaticanum einen festen Platz in der kath. Osterliturgie behauptete. Seine Heinrich III. im Febr. 1040 überreichte (fragmentarische) Totenklage „Versus pro obitu Chounradi imperatoris“ (auch Gesta c. 40) in acht vierzeiligen Strophen gedenkt Konrads II. als würdigem Träger der Königs- und Kaiserwürde und Haupt der Welt, der die Interessen des Reichs in Italien wie in Schwaben erfolgreich zu wahren und durchzusetzen verstand.

    W.s Ruhm als Geschichtsschreiber beruht auf den nach 1047 vollendeten „Gesta Chounradi imperatoris“. Diese zählen wegen W.s Zeitzeugenschaft und Verwendung (verlorener) zeitgenössischer Annalen für die Jahre 1025–1044, ungeachtet mancher Irrtümer, zu den wichtigsten Quellen der frühen Salierzeit.

    W.s Darstellung der Taten Konrads konzentriert sich auf vier Hauptthemen: den Regierungsauftakt, die Italienzüge, den Konflikt mit dem Stiefsohn Hzg. Ernst II. von Schwaben und den Erwerb Burgunds. Dabei erscheint Konrad als politisch erfolgreicher, aber wenig frommer Herrscher, dessen simonistische Praktiken und Eingriffe in kirchliche Belange vor dem Hintergrund der reformerischen Haltung Heinrichs III. kritisiert werden. Die geplante Fortsetzung zur Regierung Heinrichs kam offenbar nie zustande.

  • Primary Sources

    Qu Die Werke W.s, hg. v. H. Bresslau, ed. MGH SS rer. Germ. (61), ³1915; W., Taten Ks. Konrads neu übertr. v. W. Trillmich, in: Qu. d. 9. u. 11. Jh. d. Hamburg. Kirche u. d. Reiches, ⁵1978, S. 505–613.

  • Literature

    |ADB 43;
    H. Beumann, Zur Entwicklung transpersonaler Staatsvorstellungen, in: Das Kgt., hg. v. Th. Mayer, 1963, S. 185–224, Nachdr. in: ders., Wiss. v. MA, 1972, S. 135–74;
    T. Struve, Kst. u. Romgedanke in sal. Zeit, in: DA 44, 1988, S. 425–54, bes. S. 425–28;
    J. Fried, Tugend u. Heiligkeit, Beobachtungen u. Überlegungen zu d. Herrscherbildern Heinrichs III. in Echternacher Hss., in: MA, Annäherungen an e. fremde Zeit, hg. v. W. Hartmann, 1993, S. 41–85, 52–55 u. 60–62;
    H. Hoffmann, Mönchskg. u. rex idiota, Stud. z. Kirchenpol. Heinrichs II. u. Konrads II., 1993, S. 127–33;
    H. Keller, Das Bildnis Ks. Heinrichs im Regensburger Evangeliar aus Montecassino, in: Frühma. Stud. 30, 1996, S. 173–214, bes. S. 194–97;
    L. Körntgen, Kg.herrschaft u. Gottes Gnade, Zu Kontext u. Funktion sakraler Vorstellungen in Historiogr. u. Bildzeugnissen d. otton.-frühsal. Zeit, 2001, S. 136–55;
    S. Bagge, Kings, Politics, and the Right Order of the World in German Historiography c. 950–1156, 2002, S. 189–230;
    V. Huth, W., neu gelesen, Quellenkrit. Notizen z. ‚Hofkultur‘ in spätotton.-frühsal. Zeit, in: Adel u. Kgt. im ma. Schwaben, FS f. Th. Zotz z. 65. Geb.tag, hg. v. A. Bihrer u. a., 2009, S. 155–68;
    Th. Haye, Verlorenes MA, Ursachen u. Muster d. Nichtüberlfg. mittellat. Lit., 2016, S. 510–18;
    S. Groth, Auf d. Weg z. Dynastie, Heinrich II. u. d. ‚Salier‘, in: Heinrich III., Dynastie–Region–Europa, hg. v. G. Lubich u. D. Jäckel, 2018, S. 39–72;
    Th. Kölzer, Die Salier haben e. Vogel, in: Von d. Ostsee z. Mittelmeer, Forschungen z. ma. Gesch. f. Wolfgang Huschner, hg. v. S. Roebert u. a., 2019, S. 173–95, bes. S. 174–82 u. 185;
    LexMA (ältere L);
    LThK³;
    Vf.-Lex. MA²;
    MGG²;
    Enc. of the Medieval Chronicle.

  • Author

    Hubertus Seibert
  • Citation

    Seibert, Hubertus, "Wipo (Wigbert, Guipo)" in: Neue Deutsche Biographie 28 (2024), S. 274-275 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118807633.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Wipo

  • Biography

    Wipo bezeichnet sich selbst als Kaplan König Konrad's II., bemerkt aber zugleich, daß Kränklichkeit ihn oft verhindert habe, dem Hoflager zu folgen. Seine Heimath war allem Anschein nach Burgund, und auf den Bischof von Lausanne beruft er sich als Gewährsmann. Bei Konrad's Königswahl ist er zugegen gewesen und hat uns eine anschauliche und berühmt gewordene Beschreibung davon hinterlassen; damit beginnt die Lebensbeschreibung des von ihm sehr verehrten Kaisers, welche er dessen Sohn Heinrich III. nach der Kaiserkrönung (1046) überreicht hat. Es ist seit Ludwig d. Frommen die erste Biographie nicht kirchlicher Art, einfach chronologisch geschrieben, aber mit Wärme und Lebhaftigkeit, und wenn er, was behauptet ist, schon Jahrbücher zu Grunde gelegt hat, so hat er doch durch seine ausführlichen Nachrichten ein ganz anderes Werk daraus gestaltet. Anschaulich und lebensvoll tritt uns daraus der kraftvolle, unermüdliche Herrscher und Kriegsmann entgegen, der des Reiches Macht und Einheit unerschütterlich aufrecht hielt; nicht ohne einige Schwächen, welche W. nicht verschweigt. Einen tieferen historischen Blick für die geschichtlichen Verhältnisse darf man freilich bei ihm nicht suchen. Er sammelte auch Materialien für die weitere Fortführung der Geschichte, und hoffte, daß ein Nachfolger sie für ein Leben Heinrich's III. verwenden würde, aber wir wissen nicht, was daraus geworden ist.

    Besondere Vorliebe hatte W. für Dichtungen in metrischer und in rhythmischer Form, hervorragend ist in dieser sein Klagelied um Konrad's II. Tod. Für Heinrich III., an dessen Erziehung er wahrscheinlich Antheil gehabt hat, verfaßte er schon 1027 oder 1028 die vortrefflichen proverbia und Weihnachten 1041 überreichte er dem jungen König den Tetralogus in leoninischen Hexametern, in welchem das Lob des Königs sehr geschickt mit Ermahnungen verbunden ist. Dem Gesetz selbst legte er die Mahnung in den Mund, stets Recht und Gesetz als Grundlage des Thrones zu betrachten; bemerkenswerth ist außerdem besonders die Aufforderung, ein Gesetz zu erlassen, daß alle die Söhne der höheren Stände wissenschaftlichen Unterricht erhalten sollten, um später im Gericht die Rechtsbücher verstehen zu können. So hielten es die Italiener, nur bei den Deutschen galt es für schimpflich, etwas zu lernen, wenn man nicht Cleriker werden wollte. Noch andere Gedichte von W. sind uns nur durch Anführungen bekannt; seine Ostersequenz Victimae paschali laudes wird heute noch gesungen.

  • Literature

    Wiponis Opera ed. Bresslau, Hannov. 1878. Uebers. d. Biogr. Konrad's II. von W. Pflüger. 2. A., bearb. von W. Wattenbach 1888. —
    Wattenbach, Deutschl. Geschichtsquellen (1894) II, 11—16. —
    J. R. Dietrich. Die Geschichtsquellen des Kl. Reichenau bis z. Mitte des 11. Jahrh. (Gießen 1897) stellt neue Ansichten über Wipo's Verhältniß zu den Annalen und die Schicksale seiner gesammelten Nachrichten auf.

  • Author

    Wattenbach.
  • Citation

    Wattenbach, Wilhelm, "Wipo" in: Allgemeine Deutsche Biographie 43 (1898), S. 514 [online version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118807633.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA