Tilo von Kulm

Lebensdaten
um 1300 – nach 1353
Beruf/Funktion
Dichter ; Domherr
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118802267 | OGND | VIAF: 301529636
Namensvarianten

  • Kulm, Tilo von
  • magister Tilo de Culmine
  • Tylo de Culmine
  • Tylo von den Colmen
  • Tilo von Kulm
  • Kulm, Tilo von
  • magister Tilo de Culmine
  • Tylo de Culmine
  • Tylo von den Colmen
  • Kulm, Thilo von
  • Tilo, von Culm
  • Culm, Tilo von
  • Thilo, von Kulm
  • Tilo, de Culm
  • Tylo, de Culmine
  • Culmine, Tylo von
  • Tylo, von dem Colmen
  • Colmen, Tylo von dem
  • Tylo, von Ermland
  • Tilo von Culm
  • magister Tilo de Kulmine
  • magisther tilo de culmine
  • Tylo de Kulmine
  • Tylo von den Kolmen
  • Culm, Thilo von
  • Tilo, von Kulm
  • Thilo, von Culm
  • Tilo, de Kulm
  • Tylo, de Kulmine
  • Kulmine, Tylo von
  • Tylo, von dem Kolmen
  • Kolmen, Tylo von dem

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Zitierweise

Tilo von Kulm, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118802267.html [26.12.2025].

CC0

  • Tilo von Kulm (magister Tilo de Culmine, Tylo de Culmine, Tylo von den Colmen)

    |ermländischer und samländischer Domherr, Dichter, * um 1300, nach 1353.

  • Biographie

    T., im Bistum Kulm geboren, ist möglicherweise mit dem 1324 und 1328 als Domherr des ermländ. Kapitels und 1352/53 als Mitglied des Kapitels von Samland urkundlich nachgewiesenen Tilo identisch. Für den 8. 5. 1331 ist der Abschluß seiner Luther von Braunschweig (um 1275–1335, Hochmeister d. Dt. Ordens 1331–35) gewidmeten theol. Reimdichtung belegt. Die lat. Nachschrift der einzigen Handschrift (Univ.bibl. Torun ´ rps. 6/I) aus dem 14. Jh. nennt den Autor „magister“, was auf eine Universitätsbildung schließen läßt, die wohl in Italien stattgefunden hat. Die urkundlichen Nachweise sprechen ohne Titel von einem „Tylo von den Colmen“ bzw. „frater tylo de Culmine canonicus Sambiensis“. Die Identität der Personen ist damit nicht zwingend zu beweisen. Der ermländ. Domherr T. stiftete eine Bibelhandschrift an die Zisterzienser in Pelplin (Hipler). Sollte der Dichter samländ. Domherr geworden sein, so muß er spätestens zum Antritt dieses Amts dem Dt. Orden beigetreten sein, da das Kapitel (anders als das ermländ.) dem Orden inkorporiert war.

    T.s in ostmitteldt. Reimpaarversen abgefaßte Dichtung „Von siben ingesigeln“ (aus d. Königsberger Hs. hg. v. K. Kochendörffer, 1907) entstand 1331 nach dem Kolophon der einzigen Handschrift, die außerdem zwei ebenfalls T. zugeschriebene lat. Preisgedichte auf Luther von Braunschweig enthält. Es wurde vermutet, daß T. die Handschrift eigenhändig abfaßte, korrigierte und dem Hochmeister überreichte (Hipler, Steffenhagen), doch wurden die Korrekturen von verschiedenen Händen vorgenommen (Kochendörffer). In jüngerer Zeit wurde die Handschrift sogar als spätere Gebrauchsabschrift charakterisiert, die den Kolophon der Vorlage übernommen hat (Mentzel-Reuters).

    Die Dichtung „Von siben ingesigeln“ umfaßt 6284 Verse. Sie sind die eigenständige Neugestaltung zweier lat. Texte: Für die Verse 223–1120 diente der „Scheyerner Rhythmus“ als Vorlage, eine wohl eher nach Prag zu verortende Lehrdichtung über den Streit, den allegorische Teilkräfte („Töchter“) Gottes vor der Entsendung des Menschensohns ausfochten; für den restlichen Teil der Dichtung war der nur aus zwei (heute verlorenen) Handschriften in Königsberg und Danzig bekannte Prosatraktat „Libellus septem sigillorum“ Vorbild, von dessen 135 Kapiteln 50 Verwendung fanden. T.s Dichtung behandelt bei häufigem Einsatz heilstypologischer Bezüge zum Alten Testament die sieben Siegel der Apokalypse als Spiegelung des Lebens Christi: Inkarnation, Taufe, Passion, Auferstehung, Himmelfahrt, Herabkunft des Hl. Geistes und Parusie sowie darüber hinaus als sensus allegoricus die sieben Gaben des Hl. Geistes. Die Dichtung ist an die Seele (anima) des Menschen gerichtet, die dem Körper das Leben gibt; an der „Nova Militia“ eines Ritterordens ist sie nicht interessiert. Sie wird darum auch als Reformschrift im Sinne der „Mönchstheologie“ und Ausdruck des Selbstbewußtseins im aufstrebenden Bistum gedeutet (Neubau des Königsberger Doms 1327–33). Die Zuweisung weiterer Reimdichtung an T. (Hiob, vgl. Bartsch) hat sich nicht halten lassen.

  • Literatur

    L K. Bartsch, in: ADB 17;
    E. Steffenhagen, Zur Gesch. d. Dt. Poesie in Preußen im 14. Jh., in: Neue Preuß. Prov.-Bll., 3. F. 8, 1861, S. 213–24;
    F. Hipler, Lit.gesch. d. Bm. Ermland, 1873, S. 18 f.;
    G. Reissmann, T. v. C. Gedicht „Von siben Ingesigeln“, 1910;
    P. Hörner, T. v. K., eyn Got in dry personen, in: Stud. z. Forsch.problemen d. dt. Lit. in Mittel- u. Osteuropa, 1998, S. 79–104;
    A. Mentzel-Reuters, Durch mins herczen gral, Die „Siben Ingesigel“ T.s v. K. als Reformschr., in: Vom vielfachen Schriftsinn im MA, FS Dietrich Schmidtke, 2005, S. 283–307;
    N. Brettschneider, Die ‚Vier Töchter Gottes‘ b. Reinmar v. Zweter u. T. v. K., in: Neue Studien z. Lit. im Dt. Orden, hg. v. B. Jähnig u. A. Mentzel-Reuters, 2014, S. 169–76;
    W. J. Hoffmann, in: Marienlex. VI, 1994;
    Altpreuß. Biogr. II; Vf.-Lex. MA³.

  • Autor/in

    Arno Mentzel-Reuters,
  • Zitierweise

    Mentzel-Reuters, Arno, "Tilo von Kulm (magister Tilo de Culmine, Tylo de Culmine, Tylo von den Colmen)" in: Neue Deutsche Biographie 26 (2016), S. 286 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118802267.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA