Lebensdaten
1903 – 1976
Geburtsort
Pilsen
Sterbeort
Mainz
Beruf/Funktion
Soziologe ; Historiker
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118800825 | OGND | VIAF: 111821281
Namensvarianten
  • Lemberg, Eugen

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Zitierweise

Lemberg, Eugen, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118800825.html [23.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Vinzenz (1870–1948), k. u. k. Hauptm., später k. k. Verwaltungsbeamter, S d. Vinzenz Lemberg (1812–1879), Baumwollhändler in Grulich, aus e. seit dem 16. Jh. hier ansässigen Fam., u. d. Gabriela Groh aus Kouřim;
    M Rosa (1875–1950) aus Pettau, Pianistin, T d. k. u. k. Militärarztes Karl Waldbrunn aus Wagstadt u. d. Adalberta Bobory aus Hohenmauth;
    Prag 1932 Maria (1904–83), T d. Franz Hewera (1860–1946) aus Mislitz, Pedell an d. Prager Dt. Universität, u. d. Marianne Vašina aus Brankowitz (Bez. Wischau);
    1 S, 2 T, u. a. Hans (1933-2009), Prof. f. Osteurop. Gesch. in Marburg.

  • Biographie

    L. studierte an der Deutschen Univ. Prag Germanistik, Slawistik und Geschichte und erwarb 1927 als Schüler von Erich Gierach mit einer Studie über die nationale Situation in Böhmen um 1800 den philosophischen Doktorgrad. Einer mehrjährigen Assistentur an G. Schreibers Institut für Auslandskunde in Münster (Westfalen) folgte seit 1934 die Tätigkeit im deutschsprachigen höheren Schuldienst der ČSR. 1937 habilitierte sich L. mit einer Untersuchung über Volksbegriff und Nationalbewußtsein bei den Polen zwischen den Teilungen und der Mitte des 19. Jh. an der Deutschen Univ. Prag für Gesellschafts- und Volkswissenschaft. Nach Angliederung tschechoslowak. Grenzgebiete an das Deutsche Reich (1938) wurde er als Oberstudiendirektor Leiter der Lehrerbildungsanstalt in Reichenberg. – Nach Kriegsdienst und Gefangenschaft, während der L. an den Lageruniversitäten Concordia (Kansas) und Trinidad (Colorado) osteurop. Geschichte unterrichtet hatte, kam er 1946 nach Hessen, wo seine Familie nach der Vertreibung lebte. 1947 wurde er Dozent am Pädagogischen Institut in Kassel und 1951 Leiter der Hess. Lehrerfortbildungsstätte (Reinhardswaldschule) in Ihringshausen b. Kassel, seit 1952 als ao. Professor. 1954 übernahm er für wenige Monate das Kulturreferat im Bundesvertriebenenministerium und wurde 1955 als Ministerialrat Leiter der Schulabteilung im Hess. Kultusministerium. 1957 wurde er als Ordinarius für Soziologie des Bildungswesens an die Hochschule für internationale pädagogische Forschung in Frankfurt berufen, deren Direktor er 1961-63 war. 1972 wurde er emeritiert.

    L.s soziologisches Interesse an der Großgruppe wurde angeregt durch die nationalen Kämpfe in seiner Heimat und durch seine Mitgliedschaft in der kath. bündischen Jugend. Wesen und Bedeutung von solchen Großgruppen stellte er zunächst am Beispiel der Nation dar. Dabei hat er die aus der ostmitteleurop. Wirklichkeit gewonnene Unterscheidung zwischen dem politischen und dem ethnischen Nationsbegriff als überzeugendes Erklärungsmuster verwendet. – Als konstitutiv für Entstehen und Existenz eines Nationalismus bestimmte L. die nationale Ideologie, also das System der Vorstellungen, die den Nationsgenossen helfen, sich in der Auseinandersetzung mit einer andersnationalen Umwelt ihrer Eigenart bewußt zu werden („Risorgimento-Nationalismus“) und zu bleiben. Von hier aus wandte er sich, vom nationalen Anlaß nahezu gänzlich abstrahierend, später der Untersuchung des Charakters von Ideologien selbst zu, ihrer anthropologischen Funktion und ihrer sozialen Bedeutung. – Von den Erscheinungen der Gegenwart, die L. als aktuelles Anschauungsmaterial benutzt hat, seien genannt: Die durch den Ausgang des Krieges bewirkten Massenzwangswanderungen, die er im Fall der deutschen Vertriebenen nicht als Anlaß zur Resignation, sondern als Möglichkeit für einen sozialen und kulturellen Neuanfang verstand, und die Begegnung der marxistischen Ideologie in der von der sowjetischen Führung dogmatisierten und machtpolitisch instrumentalisierten Form mit dem eigenständigen Nationalismus in den verschiedenen Staaten des sozialistischen Lagers. Auch setzte er sich für eine größere Beachtung von Geschichte und Gegenwart des östlichen Europa im deutschen Bildungswesen ein („Ostkunde“). – Mitgl. d. Johann-Gottfried-Herder-Forschungsrats, Marburg (1950, 1959-63 Präsident), Hist. Komm. d. Sudetenländer, Heidelberg-München (1951), Dt. Ges. f. Soziol. (1952); Georg-Dehio-Preis d. Künstlergilde (1965), Sudetendt. Kulturpreis (1967).

  • Werke

    u. a. Grundlagen d. nat. Erwachens In Böhmen, Geistesgeschichtl. Studie, am Lebensgang Jos. G. Meinerts (1773–1844) unternommen, Im Anhang: Briefwechsel zw. J. G. Meinert u. Jos. Dobrowsky, 1932 (Diss.);
    Wege u. Wandlungen d. Nat.bewußtseins, Stud. z. Gesch. d. Volkwerdung in d. Niederlanden u. in Böhmen, 1934;
    Die Ausweisung als Schicksal u. Aufgabe, Zur Soziol. u. Ideol. d. Ostvertriebenen, 1949;
    Gesch. d. Nationalismus in Europa, 1950;
    Umdenken in d. Verbannung, Ein neues Verhältnis zu Ostmitteleuropa? 1955;
    Nationalismus, 2 Bde., I: Psychol. u. Gesch., II: Soziol. u. pol. Päd., 1964, ²1967 f.;
    Ref. im Kommunismus? Ideolog. Wandlungen im Marxismus-Leninismus Ostmitteleuropas, 1967;
    Ideol. u. Ges., Eine Theorie d. ideolog. Systeme, ihrer Struktur u. Funktion, 1971, ²1974;
    Anthropol. d. ideolog. Systeme, 1977. -
    Hrsg.: Die Vertriebenen in Westdtld., 3 Bde., 1959 (mit F. Edding);
    Ostkde. u. pol. Bildung, 1967;
    Die Deutschen u. ihre östl. Nachbarn, Ein Hdb., 1967 (mit V. Aschenbrenner, E. Birke, W. Kuhn);
    Die Darst. Osteuropas im dt. Bildungswesen, Ein|Btr. z. Erziehung zu internat. Verständigung, 1968. - W-Verz.
    in: Zs. f. Ostforschung 23, 1974, S. 546-56, 26, 1977, S. 411-15.

  • Literatur

    E. Lehmann, in: Sudetenland. Böhmen, Mähren, Schlesien, Vjschr. f. Kunst, Lit., Wiss. u. Volkstum 9, 1967, S. 90-96 (P);
    H. Jilek, Das wiss. Werk E. L.s, in: Zs. f. Ostforschung 26, 1977, S. 385-411;
    K. Bosl, in: Bohemia, Jb. d. Collegium Carolinum 18, 1977, S. 398-401;
    P. Burian, in: HZ 229, 1979, S. 253-55;
    F. Seibt, in: Jbb. f. Gesch. Osteuropas NF 27, 1979, S. 152-57;
    Gedenkband, bearb. v. dems. mit L.s Lebenserinnerungen (in Vorbereitung);
    Ottův slovník naučný nové doby III, 2, 1935, S. 1136;
    W. Kosch, Biogr. Staatshdb. II, 1963, S. 751;
    H. Sturm (Hrsg.), Biogr. Lex. z. Gesch. d. böhm. Länder II, 1983, S. 422;
    H. Knospe, in: W. Bernsdorf u. H. Knospe (Hrsg.), Internat. Soziologenlex. II, ²1984, S. 483.

  • Autor/in

    Peter Burian
  • Zitierweise

    Burian, Peter, "Lemberg, Eugen" in: Neue Deutsche Biographie 14 (1985), S. 181-183 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118800825.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA