Lebensdaten
1890 – 1972
Geburtsort
München
Sterbeort
Sankt Georgen bei Dießen/Ammersee
Beruf/Funktion
Gartenarchitekt ; Landschaftsarchitekt ; Naturschützer
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118760661 | OGND | VIAF: 40173984
Namensvarianten
  • Seifert, Alwin

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Zitierweise

Seifert, Alwin, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118760661.html [20.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Hermann (1848–1925), aus Unternitzschka b. Wurzen/Mulde, seit 1888 selbst. Bautechniker in M.;
    M Anna Sourell (1868–1927), aus Bernau b. Berlin;
    1) München 1914 1920 Anna Jäger ( 1920), 2) München 1924 Maria, T d. Heinrich Orff (1869–1949), bayer. Offz., u. d. Paula Köstler; kinderlos; Schwager Carl Orff (1895–1982), Komp. (s. NDB 19).

  • Biographie

    S. studierte 1909–13 Architektur an der TH München, u. a. bei Theodor Fischer (Diplomprüfung 1913) und absolvierte in den Sommern 1909–11 eine Maurerlehre, 1912 bestand er die Gesellenprüfung. 1913–14 arbeitete er als Bautechniker und Bauführer in einem Münchner Baugeschäft; 1915 meldete er sich als Freiwilliger zu einem Eisenbahnbataillion und nahm als Leutnant bis 1918 am 1. Weltkrieg teil. Nachdem das von ihm 1919–20 geleitete väterliche Baugeschäft in Konkurs gegangen war, unterrichtete S. 1920–23 als Assistent an der TH München bei Emil v. Mecenseffy (Hochbaukonstruktion) und Hermann Buchert (landwirtschaftl. Bauwesen). Seit 1923 arbeitete S. freiberuflich als Architekt und bildete sich autodidaktisch zum Gartenarchitekten weiter. Die Schriften von Paul Schultze-Naumburg (1869–1949) zu Landschaft und Technik beeinflußten ihn stark; zudem übernahm er wesentliche Teile der biologisch-dynamischen Landwirtschaftsform des Anthroposophen Rudolf Steiner (1861–1925) für seinen Hausgarten und propagierte sie in Publikationen und in seinen Entwürfen. S. entwarf Gärten, landwirtschaftliche Gebäude und ländliche Wohnhäuser für private Kunden, v. a. in Süddeutschland. Seit 1926 war er im Kleinen Bauausschuß des „Bayer. Landesvereins für Heimatschutz“ aktiv. Mit der Veröffentlichung der „Gedanken über bodenständige Gartengestaltung“ in der Zeitschrift „Gartenkunst“ wurde er 1929 in Fachkreisen überregional bekannt. An der TH München übernahm er 1932–44 den Lehrauftrag von Hans Grässel (1860–1939), der in „praktische Gartengestaltung“ umbenannt wurde.

    Seit 1934 erlangte S. nationale Bedeutung als freiberuflicher Berater des Generalinspektors für das dt. Straßenwesen, Fritz Todt, für die „landschaftliche Eingliederung“ der Reichsautobahnen. Als Leiter einer Gruppe von rund 35 „Landschaftsanwälten“ forderte S. mit wechselndem Erfolg die landschaftsarchitektonische Einbettung der Straßen in die Landschaft. Seine antisemitische und völkische Grundhaltung waren Bindeglieder an die NS-Ideologie (Mitgl. d. NSDAP 1937). Durch seine persönlichen Kontakte zu Todt und Rudolf Heß konnte er Einfluß auf die Gestaltung geplanter Wasserkraftwerke in den dt. und österr. Alpen nehmen. 1938 von Hitler an dessen Geburtstag zum Professor ernannt, erhielt S. aus Anlaß seines 50. Geburtstags von Todt den Ehrentitel „Reichslandschaftsanwalt des Generalinspektors für das deutsche Straßenwesen“. Als „Sympathisant“ der Anthroposophen wurde er nach Heß' England-Flug 1941 zeitweise von der Gestapo überwacht; sein Wunsch nach einem o. Lehrstuhl scheiterte am Widerspruch Martin Bormanns. Nach Internierung durch die US-Streitkräfte von Dez. 1945 bis Aug. 1946 wurde S. im Entnazifizierungsverfahren zunächst als Mitläufer und 1949 als unbelastet eingestuft.

    1950 nahm S. den Lehrauftrag für Gartenund Landschaftsgestaltung an der TH München wieder auf ( 1954–55 befristete ao. Professur). Er setzte seine Veröffentlichungstätigkeit für Naturschutzbelange fort und|wurde in der Folge durch seine Forderungen nach pestizidfreien Gärten und eine populäre Kompostfibel bekannt. 1950–70 war er als Berater tätig, v. a. im Wasserbau, und gestaltete Staustufen u. a. an der Donau (Kraftwerk Jochenstein, 1952), für den Rhein-Main-Donau-Kanal (seit 1954) und seit 1957 für den Ausbau der Mosel zur Großschiffahrtsstraße. S. steht für den Übergang von der Garten- zur Landschaftsarchitektur und die Professionalisierung des Berufes. Er verband ökologische Kriterien mit gestalterischen Ansprüchen. Während des Baus der Reichsautobahnen suchte er die Forderung nach „Bodenständigkeit“, der Verwendung heimischer Pflanzen, mit wissenschaftlichen Ergebnissen des Pflanzensoziologen Reinhold Tüxen (1899–1980) zu untermauern. Durch seine häufigen, oft polemischen Veröffentlichungen trug S. die Anliegen der Landschaftsgestaltung in eine breitere Öffentlichkeit, wobei er sich weniger für ein Bewahren der Landschaft als für deren aktive Gestaltung durch Experten aussprach. Eine akademische Schule hinterließ er nicht.

  • Auszeichnungen

    E. K. II;
    Olympia-Ehrenzeichen II. Kl. (1937);
    Ehrenmitgl. d. Bayer. Heimatbunds (1939), d. Univ. Innsbruck (1943), d. Bundesverbands d. Architekten u. Bauingenieure (1961, Ehrenpräs. 1966) u. d. Bunds Dt. Garten- u. Landschaftsarchitekten (1963);
    Mitgl. d. Bunds dt. Architekten d. NSDAP (1937–45);
    Vorstandsmitgl. d. Vereinigung Dt. Gewässerschutz;
    Bundesleiter d. Bunds Naturschutz in Bayern (1958–61);
    o. Mitgl. d. Dt. Ak. f. Städtebau u. Landesplanung (1955–60) u. d. Dt. Rates f. Landespflege;
    Preis f. Landschaftsgestaltung d. Fritz Schumacher-Ges. (TH Hannover 1960);
    Gr. BVK (1961);
    Bayer. Verdienstorden (1966); Ludwig Thoma-Medaille (Landeshauptstadt München 1967); Friedrich Ludwig v. Sckell-Ehrenring (Bayer. Ak. d. Schönen Künste 1969).

  • Werke

    Weitere W u. a. Gärten: Wohnanlage Borstei, München, 1930;
    Rudolf Heß, 1934;
    Martin Bormann, 1937;
    Obersalzberg, Wirtschaftsgarten mit Glashaus, 1937;
    Düsseldorf, Mustergärten „Gr. Reichsausst. Schaffendes Volk“, 1937;
    ca. 100 Privatgärten;
    Schrr.:
    Die Versteppung Dtlds.?, 1938;
    Im Za. des Lebendigen, Natur – Heimat – Technik, 1941;
    Über d. landwirtschaftl. Verwertung städt. Abwasser, 1942;
    Das echte Haus im Gau Tirol-Vorarlberg, 1943;
    Die Heckenlandschaft, 1944;
    Ital. Gärten, 1950;
    Ein Leben f. d. Landschaft, 1962;
    Der Kompost im „Garten ohne Gift“, 1963;
    Gärtnern, Ackern ohne Gift, 1971 ff. (mehrere Aufll.);
    Teilnachlässe:
    Lehrstuhl f. Landschaftsarchitektur u. öff. Raum, TU München;
    Dt. Mus., München, Archiv;
    Inst. f. Zeitgesch., München;
    Architekturmus. d. TU München (Pläne).

  • Literatur

    L G. Schiegerl u. A. Stiegler, Die Gärten A. S.s, 1985;
    G. Gröning u. J. Wolschke-Bulmahn, Die Liebe z. Landschaft, Bd. 1: Natur in Bewegung, 1986;
    dies., Grüne Biogrr., Biogr. Hdb. z. Landschaftsarchitektur d. 20. Jh. in Dtld., 1997;
    P.-G. Franke u. A. Kleinschroth, Kurzbiogrr. Hydraulik u. Wasserbau, 1991 (P);
    Ch. Reitsam, Das Konzept d. „bodenständigen Gartenkunst“ A. S.s., 2001;
    Th. Zeller, Straße, Bahn, Panorama – Verkehrswege u. Landschaftsveränderung in Dtld. 1930 bis 1990, 2002;
    ders., „Ganz Dtld. sein Garten“, A. S. u. d. Landschaft d. NS, in: Naturschutz u. NS, hg. v. J. Radkau u. F. Uekötter, 2003, S. 273–307;
    H.-W. Frohn u. F. Schmoll, Natur u. Staat, Staatl. Naturschutz in Dtld. 1906–2006, 2006, bes. S. 387 (P).

  • Autor/in

    Thomas Zeller
  • Zitierweise

    Zeller, Thomas, "Seifert, Alwin" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 189-190 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118760661.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA