Lebensdaten
1885 – 1957
Geburtsort
Wien
Sterbeort
Maurepas (Département Yvelines)
Beruf/Funktion
Regisseur ; Schauspieler ; Schriftsteller
Konfession
konfessionslos
Normdaten
GND: 118756001 | OGND | VIAF: 76365463
Namensvarianten
  • Stroheim, Erich Oswald Hans Carl Maria von
  • Stroheim, Erich Oswald (eigentlich)
  • Stroheim Freiherr von Nordenwald, Erich
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Zitierweise

Stroheim, Erich von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118756001.html [29.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Benno S. (1857–1913, aus Gleiwitz (Oberschlesien), Hutmacher in W.;
    M Johanna Bondy (* 1863), aus Prag;
    B Bruno S. (1889–1958, Emma Goldblatt), Schriftst. (?);
    1) 1913 Margaret Knox ( 1915), 2) 1916 1918 Mae Jones, 3) 1918 1936 oder 1945 (?) Valerie Germonprez (1897–1988); Denise Vernac (1916–84), Journalistin, Schausp.;
    1 S aus 2) Erich jr. (1916–68), Regieassistent, 1 S aus 3) Josef (1922–2002, Toncutter.

  • Biographie

    S.s eigene Angabe, er sei um 1905 als Freiwilliger in die österr. Armee eingetreten, ist nicht zu belegen. Im Nov. 1909 wanderte er in die USA aus, war dort zunächst in verschiedenen Beschäftigungsverhältnissen tätig und gab sich als Erich Stroheim, Frhr. v. Nordenwald, k. u. k. Leutnant und Leibgardist bei Ks. Franz, aus. Seit 1914/15 arbeitete er als Stuntman in Hollywood sowie als Nebendarsteller und Assistent bei dem Regisseur David Wark Griffith. Als Berater für militärische Fragen und in Rollen als „preuß. Hunne“ reüssierte er in amerik. Kriegspropagandafilmen, u. a. in Wesley Ruggles’ „For France“ (1917). Die Rezeption von S.s Filmen und seiner Person blieb bis weit in die 50er Jahre von dieser Erscheinung des gefühlskalten und brutalen Deutschen bestimmt.

    1919 konnte S. für die Universal Pictures Carl Laemmles (1867–1939) seinen ersten|Spielfilm realisieren. Mit „Blind Husbands“, basierend auf seiner Erzählung „The Pinnacle“, kreierte er einen unverwechselbaren Stil, zeigte sich von Anfang an als Autor-Regisseur. S. entwarf in diesem Film ein mondänes Sittenbild, eine melodramatische Dreiecksgeschichte, in der er einen skrupellosen Verführer gab, eine Rolle, die er sich häufig zuschrieb. Wie in diesem Film inszenierte er auch in den meisten anderen Regiearbeiten Panoramen europ. Dekadenz, höchst dekorativ und bis ins Klischee getrieben, einem Flair der k. u. k. Monarchie verhaftet, das er aber ironisch als Abgesang auf eine Epoche unterminierte. Schon bei seiner ersten Regie überzog er den Kostenrahmen, und keiner seiner Filme passierte die Studiokontrolle und die Zensur der Motion Picture Association of America (MPAA) ohne schwere Eingriffe und Kürzungen. „The Devil’s Passkey“, ebenfalls 1919 gedreht, neuerlich eine exzentrisch überdehnte Liebesgeschichte, nun im Paris der ersten Nachkriegsjahre, gilt heute als verschollen. Für seinen dritten Film, „Foolish Wives“ (1921), ließ S. auf dem Studiogelände der Universal detailversessen das Spielerparadies Monte Carlo nachbauen. Entsprechend seinem Verständnis von erzählerischem Realismus bestand S. auf einer überdurchschnittlichen Spiellänge, was zu solchen Konflikten mit den Studios führte, daß er keine Aufträge mehr bekam. Zeitgenössische Rezensenten und Publikum erlagen wohl der Faszination seiner Filme, ihrem technischen Perfektionismus und ästhetischen Realismus. Die Darstellung menschlicher Abgründe, von Gemeinheit, innerer Brutalität und Häßlichkeit, führte letztlich jedoch zu Verstörung und Ablehnung; die Radikalität seiner Erzählungen und seiner Filmsprache erkannte man nicht. Gewarnt durch S.s exzentrisches Verhalten, stellte Laemmle ihm mit Irving Thalberg (1899–1936) einen „Aufpasser“ bei den Dreharbeiten zu „Merry-Go-Round“ (1923) an die Seite, dessen Vorgaben S. ignorierte, so daß ihm schließlich die Regie entzogen und Rupert Julian (1879–1943) übertragen wurde. Metro-Goldwyn-Mayer (MGM) ermöglichte S. seinen nächsten Film, „Greed“ (1924), nach dem Roman „McTeague“ von Frank Norris, ein schonungsloses Porträt menschlicher Gier. Wegen massiver Kürzungen muß eine integrale Fassung bis heute als verloren gelten. 1924/25 realisierte S. „The Merry Widow“, eine Adaption von Franz Lehárs Operette „Die lustige Witwe“. Nach Bruch mit der MGM 1927 wechselte S. zur Paramount, wo er „The Wedding March“ (1927) drehte, ein im Hochadel angesiedeltes Melodram, gewidmet „allen Verliebten der Welt“. Der zweite Teil dieses Films, „The Honeymoon“, wurde nicht fertiggestellt. Erneut für die Universal drehte er 1927/28 „Queen Kelly“ mit Gloria Swanson (1897?–1983) als Hauptdarstellerin, eine sarkastisch zugespitzte Lebensgeschichte einer Waise, vom Adel verführt und ins Bordell getrieben. „Walking Down Broadway“, 1932 bei der Fox begonnen, hätte seine erste Tonfilmregie werden sollen; das Studio akzeptierte jedoch S.s Fassung nicht, ließ den Stoff neu drehen und unter dem Titel „Hello, Sister“ in die Kinos bringen. Mit Beginn des Tonfilms konnte S., von allen Produktionsgesellschaften als Regisseur gemieden, nur noch als Schauspieler arbeiten. Zu einem Erfolg geriet seine Darstellung eines zwielichtigen Bauchredners in „The Great Gabbo“ (1930, Regie: James Cruze).

    Seit 1926 amerik. Staatsbürger, verließ S. zehn Jahre später die USA und zog nach Frankreich. Mit Jean Renoir als Regisseur drehte er 1936/37 „La Grande Illusion“ und übernahm in diesem pazifistischen Drama, mit Jean Gabin als Gegenspieler, die Rolle des dt. Festungskommandanten v. Rauffenstein, eine seiner eindrücklichsten schauspielerischen Interpretationen. In Frankreich trat er auch in Filmen dt. Emigranten auf, etwa in Robert Wienes „Ultimatum“, Fedor Oceps „Gibraltar“ (beide 1938), und Robert Siodmaks „Pièges“ (1939). Durch die Vermittlung des Filmagenten Paul Kohner (1903–88) erhielt S. erneut Filmangebote in den USA, wenn auch nur als Schauspieler. 1943 engagierte ihn Billy Wilder für die Rolle des Feldmarschalls Erwin Rommel in „Five Graves to Cairo“. Offiziere und sinistre Gestalten blieben sein schauspielerisches Metier, doch variierte er diese Rollenklischees und nahm ihnen jede Eindimensionalität. 1945 kehrte S. nach Frankreich zurück und zog mit seiner damaligen Lebenspartnerin 1947 von Paris nach Maurepas. Nach weiteren franz. Filmrollen war er 1950 nochmals in einem amerik. Film Wilders, „Sunset Boulevard“, in der Rolle eines monomanen, gescheiterten Filmregisseurs namens Max v. Mayerling, Alter Ego S.s, an der Seite von Gloria Swanson zu sehen.

    S. lebte „außerhalb“ seiner Zeit, einem geradezu romantischen Lebensentwurf verfallen, den er in ausufernden und wilden Bilderphantasien zu verwirklichen und – produktives Paradoxon – zu demaskieren und zu zerstören suchte. Die Radikalität seines künstlerischen Universums und das eigentlich Unvereinbare, das diesem innewohnte,|brachten S. Feindschaft und Unverständnis. Eine Würdigung seines Œuvres setzte erst nach seinem Tod ein.

  • Auszeichnungen

    A Mitgl. d. franz. Légion d`Honneur (1957).

  • Werke

    Weitere W u. a. Schauspieler in: Friends and Lovers, 1931 (Regie: V. Schertzinger);
    The Lost Squadron, 1932 (G. Archainbaud u. P. Sloane);
    As You Desire Me, 1932 (G. Fitzmaurice);
    Anna Karenina, 1935 (Cl. Brown);
    Mademoiselle Docteur (E. T. Gréville);
    L`Alibi (P. Chenal);
    Les Pirates du rail, alle 1937;
    Les Disparus de Saint-Agil, 1938 (beide Christian-Jaque);
    Macao, l`enfer du jeu (J. Dellanoy);
    Menaces, beide 1939 (E. T. Gréville);
    The North Star, 1943 (L. Milestone);
    The Lady and the Monster, 1944;
    Storm over Lisbon, 1944 (beide G. Sherman);
    The Great Flamarion, 1945 (A. Mann);
    On ne meurt pas comme ça, 1946 (J. Boyer);
    Le Signal rouge, 1948 (E. Neubach);
    Alraune, 1952 (A. M. Rabenalt);
    Schrr.:
    Paprika, 1935, franz. 1949;
    Les Feux de la Saint-Jean, 1. T.: Véronica, 1951, 2. T.: Constanzia, 1954, Nachdr. 1967;
    Poto-Poto, 1956, Nachdr. 2001.

  • Literatur

    G. Fronval, E. v. S., sa vie, ses films, 1939 (P);
    P. Noble, Hollywood Scapegoat, The Biography of E. v. S., 1950 (P);
    B. Bergut, Eric v. S., 1960 (P);
    J. W. Finler, S., 1967 (P);
    T. Quinn Curtiss, V. S., 1971 (P);
    F. Buache, E. v. S., 1972 (P);
    H. G. Weinberg, S., A Pictorial Record of His Nine Films, 1975 (P);
    R. Koszarski, The Man You Loved to Hate, 1983 (P);
    M. Bessy, Eric v. S., 1984, dt. 1985 (P);
    W. Jacobsen, H. Belach u. N. Grob, E. v. S., 1994 (P);
    F. Lignon, E. v. S., Du Ghetto au Gotha, 1998 (P);
    A. Lennig, S., 2000 (P);
    K. Moser (Red.), E. v. S., 2007 (P);
    Klassiker d. dt. Tonfilms, 1980;
    Der neue dt. Film, 1981;
    Kosch, Theater-Lex.;
    Personenlex. Österr.;
    Österreicher in Hollywood (P);
    ANB;
    Hdb. österr. Autoren jüd. Herkunft; – Dokumentarfilm:
    The Man You Loved to Hate (USA/GB) 1979, dt. u. d. T. E. v. S., Der Mann mit d. bösen Blick, 1982.

  • Autor/in

    Wolfgang Jacobsen
  • Zitierweise

    Jacobsen, Wolfgang, "Stroheim, Erich von" in: Neue Deutsche Biographie 25 (2013), S. 571-573 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118756001.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA