Lebensdaten
erwähnt 12. – 19. Jahrhundert
Beruf/Funktion
Reicherbmarschälle
Konfession
mehrkonfessionell
Normdaten
GND: 118739255 | OGND | VIAF: 35251814
Namensvarianten
  • Pappenheim, Grafen von (seit 1628)
  • Marschalk von Pappenheim
  • Pappenheim, von
  • mehr

Quellen(nachweise)

Objekt/Werk(nachweise)

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Pappenheim, von, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118739255.html [29.03.2024].

CC0

  • Biographie

    Die Familie ist erstmals um 1100 faßbar. Aus der Reichsministerialität der Salier kommend, verwalteten die P. zunächst den Reichsgutsbezirk um Weißenburg (Franken). Seit dem Ende des 12. Jh. wurden Schloß und Markt Pappenheim zum Zentrum ihrer Herrschaft. Bedeutsam für den Aufstieg der Familie war der Besitz des kgl. Marschallamts seit der 1. Hälfte des 12. Jh. Das erste nachweisbare Familienmitglied ist der 1111 in der Umgebung von Kg. Heinrich V. genannte Heinrich, der sich wie viele seiner Nachkommen mit dem Beinamen „Haupt“ (caput; testa) nannte, wohl nach einem antiken Gemmensiegel, das später (als Mohrenkopf) zum ersten Wappen der P. wurde. Heinrich Haupt war 1116 Burggraf von Meißen, sein Sohn (?) Heinrich Haupt (Testa) ( 1191), der „alte Marschall“, wird um 1140 erstmals als Träger der Marschallwürde und als Herr von Pappenheim genannt. Er diente vor allem Ks. Friedrich I. und amtierte als Statthalter von Tuscien. Als sein Sohn gilt der für die Reichspolitik wichtige Reichsmarschall Heinrich v. Kalden (Kalentin, Callendin) (um 1145–1214, Kloster Kaisheim, s. LMA IV, Sp. 2094). Dieser war wohl Erzieher Heinrichs VI., ist 1185 als Marschall belegt, nahm als militärischer Führer am Kreuzzug 1189/90 teil, kämpfte 1197 für Ks. Heinrich VI. gegen die Aufständischen in Sizilien und übernahm beim Kreuzzug 1197/98 wieder die militärische Führung des Kreuzfahrerheeres. Nach dem Bamberger Königsmord vollstreckte er 1209 eigenhändig die Acht an Pfalzgf. Otto von Wittelsbach. 1209 zog Heinrich mit Otto IV. zur Kaiserkrönung nach Rom, 1213 schloß er sich dem Staufer Friedrich II. an.

    Sein Erbe trat die Biberbacher Linie der P. an. Deren Besitz ist im Pappenheimer Urbar (1214), das wohl nach dem Tod Heinrichs v. Kalden angelegt wurde, niedergelegt. Insbesondere während des Interregnum verloren die P. viele Besitzungen an die Herzöge von Bayern, etwa die Güter um Hemau und an der unteren Altmühl. Auch die Burggrafschaften um Neuburg/Donau sowie Weißenburg gingen verloren. 1279 teilten die Marschälle Heinrich (erw. 1267-1319) und Hiltprand (erw. 1267-98) ihre Güter. Es entstanden die beiden Linien P. und Biberbach (auch Bieberach, Piberbach, Piberpach, mit Rechberg). Es bildete sich die Gewohnheit heraus, daß jeweils der älteste Inhaber von Burg und Stadt Pappenheim das Marschallamt ausübte. Dessen Aufgabe umfaßte neben der Bewahrung des Reichsschwerts vor allem die Vorbereitung von Hof- und Reichstagen sowie die Mitwirkung bei den Wahl- und Krönungsfeierlichkeiten. Die hieraus zustehenden Einnahmen und Rechte, Zölle, Judenschutzgelder u. a. wurden zum großen Teil im 17. Jh. von den Reichsstädten abgelöst. In der Goldenen Bulle 1356 wurde das Marschallamt als Erzamt an Sachsen verliehen. Die weitgehend selbständige Ausübung des Reichsmarschallamts, in der Goldenen Bulle als Vizemarschallamt benannt, durch die P. blieb davon unberührt. Eine Lehensabhängigkeit des Pappenheimer Marschallamts und des Schlosses und Marktes Pappenheim von Sachsen ist erstmals um 1400 nachweisbar.

    Reichspolitische Bedeutung erlangten die Marschälle von P. vor allem wieder unter Haupt II. (um 1380–1438). Dieser konnte in einer Fehde mit Erkinger v. Biberbach-P. (1380–1413) die Ausübung des Marschallamts für die Pappenheimer Linie behaupten. 1573 kam es mit der Biberbacher Linie, welche mit dem Augsburger Domkanoniker Matthäus (s. 1) ausstarb, zu einem Vergleich wegen der Titel- und Wappenführung.

    Auf Grund der Heirat von Haupt II. mit Corona v. Rotenstein und Hattenberg fielen bis Ende des 15. Jh. der Allgäuer Besitz (Schönegg, Grönenbach, Worringen, Wolkenberg, Calden/Iller u. Altusried), sowie die Herrschaft Leoberg in Kärnten an den Pappenheimer Zweig. Haupt II. war unter Kg. Rupprecht und vor allem unter Ks. Sigismund Rat, Diplomat und kaiserl. Vertrauensmann, etwa beim Konstanzer Konzil 1414–18.

    Unter seinen Nachkommen wurde der Familienbesitz erheblich zersplittert (Erbteilung 1444). Es lassen sich mehrere Linien unterscheiden, wobei das Seniorat (das mit der Ausübung des Marschallamts betraut war) zwischen den Mitgliedern der Linien wechselte. Die Gräventhaler Linie wurde von Haupts II. Sohn Konrad ( 1482) begründet, der zunächst Jägermeister und Rat des bayer. Hzg. Wilhelm und später Geh. Rat und Hofmeister der sächs. Herzöge Friedrich und Wilhelm war. Diese belehnten ihn mit Stadt und Schloß Gräventhal bei Saalfeld. Konrads Enkel Sebastian ( 1536) war einer der einflußreichsten Räte des Kurfürsten von Sachsen und trat noch vor dem Augsburger Reichstag 1530 zum prot. Glauben über. Mit Christof Ulrich ( 1599) starb diese Linie aus. Die sächs. Besitzungen wurden von der Stülinger Linie 1621 an das Kfst. Sachen verkauft.

    Die Allgäuer und spätere Stülinger Linie gründete Heinrich XI. ( 1482), ein weiterer Sohn Haupts II. Er stand im Dienst Ks. Friedrichs III. Conrad (1534–1603), unter Rudolf II. Oberst der Trabantenleibgarde, erhielt 1582 vom Kaiser die Investitur in die Lgfsch. Stülingen (Klettgau), zu der Schloß und Herrschaft Hewen und die Stadt Engen gehörte. Doch konnte der Marschall, der sich die kaiserl. Ungnade zugezogen hatte, diese Erwerbung nicht behaupten. 1591 bis zu seinem Lebensende 1603 wurde er vom Württemberger Herzog in Tübingen gefangengehalten. Erst seinem Sohn Maximilian ( 1639), der auch die Herrschaft Möttingen (Schwarzwald) erwarb, gelang es 1605, sich die Landgrafschaft zu sichern. Nach seinem Tod fiel die Lgfsch. Stülingen an seinen Schwiegersohn, Friedrich Gf. v. Fürstenberg; der Allgäuer Besitz gelangte überwiegend an das Fürststift Kempten.

    Die Grönenbacher Linie der P. geht auf Marschall Alexander ( 1511) zurück, einen der sieben Söhne des Marschalls Heinrich XI., der bei der Teilung unter den Brüdern 1484 u. a. Grönenbach (Allgäu) erhalten hat. Mit seinem Enkel Alexander II. (1530–1612), der in Oxford studierte und in kaiserl. Diensten u. a. in Brüssel tätig war, starb diese Linie aus. Sein Erbe und Vetter Philipp ( 1619) führte in Grönenbach den calvin. Glauben ein, was erhebliche Konflikte mit dem Fürstabt von Kempten mit sich brachte.

    Die Treuchtlinger Linie geht auf Georg I. ( 1485), den sechsten Sohn Haupts II. zurück. Ihr prominentestes Mitglied war der kaiserl. Feldmarschall Gottfried Heinrich (1594–1632, 1628 Reichsgf., s. 2). Sein Sohn Wolfgang Adam (1618–47), der letzte dieser Linie, fiel im Duell.

    Unter den Linien, die von Haupts II. Söhnen ausgingen, konnte sich nur die vom jüngsten Sohn Sigmund II. ( 1496) gestiftete Alzheimer Linie über das 17.) h. hinaus halten. Diese teilte sich in eine 1697 erloschene kath. Linie, welche Wolfgang Philipp begründete, der 1645 konvertierte, aber trotzdem den calvin. Untertanen in seiner Besitzung Grönenbach auf Druck Brandenburgs die freie Religionsausübung zubilligen mußte, und eine ev. Linie mit seinem Bruder Franz Christof ( 1678) als Stammvater. Dessen Urenkel Gf. Friedrich Ferdinand (1702–93), der 1731-73 regierte, nahm 1732 Salzburger Exulanten auf und gründete in Pappenheim eine Lateinschule. 1742 erhielten die P. das Prädikat „Hoch- und Wohlgeboren“. Friedrich Ferdinands Sohn und Nachfolger Johann Friedrich (1727–92), der zum kath. Glauben konvertierte, brachte es am Hof des Pfälzer Kf. Karl Theodor in Mannheim zum Kommandanten der Leibgarde. Nach dem Umzug des Kurfürsten nach Bayern seit 1781 Statthalter von Ingolstadt, bemühte sich Johann Friedrich um eine Reform des Militärwesens; 1788 ernannte ihn der Kurfürst zum Generalinspekteur der bayer. Armee. 1806 kam die Gfsch. Pappenheim unter die Oberhoheit des Kgr. Bayern. Da die P. im Alten Reich keine Reichs- oder Kreisstandschaft besaßen, sondern lediglich der Reichsritterschaft (Kt. Kocher) inkorporiert waren, war zunächst unklar, ob sie verfassungsrechtlich in Bayern als „Standesherren“ mit Sitz in der 1. Kammer der bayer. Ständeversammlung gelten|konnten. 1825 erhielt Gf. Carl Theodor (1771–1853) die erbliche Reichsratswürde. 1797 hatte er als letzter regierender Reichsgraf von Pappenheim die Regierung von seinem Vater übernommen, diente seit 1783 in der kaiserl. Armee und trat 1809 in bayer. Dienste. Er machte sich 1813 unter Wrede bei der Verteidigung der Kinzigbrücke nahe Hanau gegen die Franzosen verdient und wurde als Generaladjutant des Königs in diplomatischen Missionen eingesetzt. Zum Kommandanten der 1. Armeedivision und 1840 zum Feldzeugmeister der bayer. Armee ernannt, zog er sich 1845 aus seinen militärischen Ämtern und als Reichsrat zurück. Carl Theodor ließ 1819 das von Leo v. Klenze entworfene neue Schloß in Pappenheim erbauen. Sein Bruder Albert (1777–1860) war seit 1810 Adjutant des Kronprinzen Ludwig, 1827-48 General. Er lebte vorwiegend in Augsburg und veröffentlichte Gedichte und Erzählungen.

    Die noch heute blühende ungar. Linie der P. begründete der im österr. Armeedienst bis zum Generalmajor und Truppenbrigadier aufgestiegene Gf. Alexander (1819–90). Er erbte über seine Frau die Herrschaft Iszka Szent György bei Stuhlweißenburg.

  • Literatur

    W. Kraft, Das Urbar d. Reichsmarschälle v. P. (1214), 1929;
    ders., Das Reichsmarschallamt in seiner geschichtl. Entwicklung, in: Jb. d. Hist. Ver. f. Mittelfranken 78, 1959, S. 1-36, 79, 1960/61, S. 38-96;
    ders., Marschall Heinrich v. Kalentin-P. in: Lb. Bayer. Schwaben 9, 1966, S. 1-37;
    H. Cf. v. Pappenheim, Die frühen Pappenheimer Marschälle v. 12. bis z. 16. Jh., 2 Bde., 1927;
    ders., Gesch. d. gräfl. Hauses zu P. 1739-1839, 1940;
    ders., Gesch. d. frühen Pappenheimer Marschälle vom 15. bis z, 18. Jh., 1951;
    E. Patzelt, Die Marschälle v. P zu Treuchtlingen, 1984;
    B. Stadler, Pappenheim u. d. Zeit d. Dreißigj. Krieges, 1991;
    GHdA Fürstl. Häuser XV, 1997, S. 318-24;
    Geneal. Hdb. d. in Bayern immatrikulierten Adels XX, 1994, S. 21-27;
    Lex. MA. |

  • Quellen

    Qu StA Nürnberg (Fam.archiv Pappenheim); HStA München (Bestand Reichskammerger.).

  • Autor/in

    Reinhard Heydenreuter
  • Familienmitglieder

  • Zitierweise

    Heydenreuter, Reinhard, "Pappenheim, von" in: Neue Deutsche Biographie 20 (2001), S. 48-50 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118739255.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA