Lebensdaten
1866 – 1944
Geburtsort
Mühlhof bei Schwabach (Mittelfranken)
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
liberaler Politiker
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118737694 | OGND | VIAF: 8182795
Namensvarianten
  • Müller, Ernst (bis 1898)
  • Müller-Meiningen, Ernst
  • Müller, Ernst (bis 1898)
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Zitierweise

Müller-Meiningen, Ernst, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118737694.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Friedrich Justus Müller (1830–93) aus Brunnau, Volksschullehrer in Gleißenberg, Mühlhof u. Nürnberg, S d. Christian (1803–77), Lehrer in Feuerbach Kr. Scheinfeld, u. d. Christiane Hofmann (* 1800) aus Mainstockheim;
    M Pauline (1837–1917), T d. Andreas Maximilian Barthel (1804–83) aus Fürth, Konditor u. 2. Bgm. in Hildburghausen, u. d. Lisette Westhäuser (1806–76);
    B Max Müller (1862–1919), Prof. f. Ägyptol. in Philadelphia (Pennsylvania, USA) (s. Wi. 1914; DAB; Who was who in Egyptology, ³1995); – Frankfurt/Main 1903 Frida (1879–1941), T d. Heinrich Steinhard (1847–93) aus Hildburghausen, Amtsger.rat u. Landrichter in Meiningen, u. d. Isabella Michaelis (1856–1930) aus Eisfeld;
    2 S, 1 T, u. a. Ernst (* 1908), Dr. iur., Journalist (s. Kosch, Biogr. Staatshdb.);
    E Johanna (* 1937), Dr. phil., Kunsthist. am Stadtmus. München.

  • Biographie

    Nach dem Abitur am Melanchthon-Gymnasium in Nürnberg 1886 und einem Freiwilligen-Jahr beim bayer. 1. Infanterieregiment begann M. in München ein Jura-Studium, das er 1892 in Erlangen mit der Promotion abschloß. Drei Jahre später trat er als staatsanwaltlicher Hilfsarbeiter in den Staatsdienst ein. 1896 wurde er Staatsanwalt in Schweinfurt, 1898 Amtsrichter in Fürth, 1903 Landgerichtsrat, 1906 Oberlandesgerichtsrat in Aschaffenburg und 1911 in München. Seit 1920 am bayer. Obersten Landesgericht, wurde er 1928 zum Senatspräsidenten ernannt.

    Bereits durch das Elternhaus im linksliberalen Sinne politisiert, wurde M. 1898 von der lokalen Organisation der Freisinningen Volkspartei eine Reichstags-Kandidatur in Sachsen-Meiningen angeboten, wo er den dortigen I. Wahlkreis auf Anhieb gewann und bis 1918 behauptete. M., Spezialist für Urheberrecht, war im Reichstag zunächst Sprecher seiner Fraktion in Verfassungs- und Kulturfragen. Sein eigentlicher Aufstieg begann,|als er nach dem Tod von Eugen Richter 1906 Mitglied des Fraktionsvorstandes wurde. In den Jahren vor dem 1. Weltkrieg verfolgte er vor allem zwei Ziele: Als Anhänger der „Weltpolitik“ strebte er eine außenpolitische Neuorientierung seiner bis dahin antikolonialistisch eingestellten Partei an. Außerdem trat er für den Zusammenschluß aller liberalen Gruppierungen in einer großen Partei ein. Im Zusammenwirken mit Friedrich Naumann hatte er bis 1914 sowohl in Bayern Erfolg, wo er seit 1905 im Landtag saß und wo es zu einer parlamentarischen Zusammenarbeit von Links- und Nationalliberalen kam, als auch im Reich, wo sich die drei linksliberalen Parteien 1910 unter seiner Führung zur Fortschrittlichen Volkspartei zusammenschlossen. Das „Doppelbild M.s als eines nationalpatriotischen Linksliberalen“ (Reimann) zeigte sich besonders deutlich während des Weltkriegs: Einerseits war M. von der Kriegsschuld der Entente, insbesondere Englands, zutiefst überzeugt und befürwortete im Interesse größerer Sicherheit umfangreiche Grenzkorrekturen. Andererseits kritisierte er den Militarismus und die faktische Militärdiktatur in Deutschland, trat für innenpolitische Reformen und Demokratisierung ein und unterstützte phasenweise die auf einen Verständigungsfrieden zielende Politik der Reichstagsmehrheit von Zentrum, Sozialdemokratie und Linksliberalen.

    Nach der Revolution von 1918 trat M. trotz Bedenken der linksliberalen DDP bei. Sein politisches Wirken beschränkte sich nun, da er nicht mehr für den Reichstag aufgestellt wurde, auf Bayern, wo er die DDP 1919-24 im Landtag vertrat. Als scharfer Gegner der USPD und Befürworter eines militärischen Vorgehens gegen die Räterepublik wurde M. in der Koalitionsregierung Hoffmann im Mai 1919 Justizminister. Seine Hauptaufgabe sah er in der juristischen Bewältigung der Wirren im Zuge von Revolution und Räterepublik. Auf seine Initiative hin wurden im August 1919 mit Sondervollmachten versehene „Volksgerichte“ eingesetzt, die die Verfolgung von politischen Straftätern erheblich beschleunigten. Dabei wurde M. jedoch, beispielsweise im Fall des Eisner-Attentäters Arco-Valley, eine zu große Nachsichtigkeit gegenüber den Rechtsextremen vorgeworfen. Zwar konnte er sein Amt in der seit März 1920 amtierenden ersten Regierung Kahr zunächst behalten und sogar zum stellvertretenden Ministerpräsidenten aufsteigen, mußte aber nach der Niederlage der DDP bei der bayer. Landtagswahl im Juli 1920 zurücktreten. Seitdem konzentrierte sich M. vornehmlich auf die Publizistik, wo er immer schärfer den „Pazifismus“ und die „Verzichtspolitik“ nach außen und die „unbedingte Parteiherrschaft und politische Parteiwirtschaft“ in der Innenpolitik kritisierte und davon die eigene Partei nicht ausnahm. Der Bruch mit dieser kam bei der Reichspräsidentenwahl 1925, als M. entgegen der Parteilinie für Hindenburg als eine „verfassungstreue Persönlichkeit, die über dem Parteienstreit steht“, warb und die DDP verließ. Obwohl von der DVP umworben, blieb er parteilos. Nach einem Schlaganfall Ende 1930 lebte M., der als Senatspräsident des Bayer. Obersten Landesgerichts 1934 offiziell in den Ruhestand versetzt wurde, weitgehend zurückgezogen in München.

    M. war zwar stark von Eugen Richter und dessen Auffassung des Liberalismus als einer bürgerlichen Honoratioren-Partei beeinflußt, teilte aber keineswegs dessen Zweifel an der Wilhelminischen „Weltpolitik“. Einziger Bayer bei den überwiegend norddeutschen Freisinnigen, vertrat er zunächst zentralistische Positionen, setzte sich aber nach 1918 innen- wie außenpolitisch für eine Sonderrolle Bayerns ein. Aus dem innenpolitischen Reformer und Kritiker des Wilhelminismus wurde, als sich die von ihm als Ideal angesehene „demokratisch-parlamentarische Monarchie“ im Herbst 1918 nur als kurzes Übergangsstadium erwies, ein ebenso vehementer Kritiker der neuen, „durch die bitterste Not aufgezwungenen Staatsform“.

  • Werke

    Hat d. Staat d. Recht, d. Standesherren z. Einkommensteuer heranzuziehen?, Diss. Erlangen 1892;
    Kommentar d. Gesetzes z. Bekämpfung d. Unlauteren Wettbewerbs, ⁴1903;
    Kommentar z. Urheber- u. Verlagsrecht, 2 Bde., 1906;
    Kommentar z. Reichsvereinsgesetz, 1908;
    Belg. Eindrücke u. Ausblicke, 1916;
    Diplomatie u. Weltkrieg, 2 Bde., 1917;
    Der Weltkrieg u. d. Zusammenbruch d. Völkerrechts, 2 Bde., ⁴1917;
    Aus Bayerns schwersten Tagen, 1924;
    Parlamentarismus – Betrachtungen, Lehren u. Erinnerungen aus dt. Parlamenten, 1926;
    Bolschewismus, Faschismus od. Freistaat, Krit. Glossen z. pol. Bilanz d. 2. Reiches, 1931.

  • Literatur

    H. Ostfeld, Die Haltung d. Reichstagsfraktion d. Fortschrittl. Volkspartei zu d. Annexions- u. Friedensfragen in d. J. 1914-1918, 1934;
    J. Reimann, E. M. sen. u. d. Linksliberalismus in seiner Zeit, 1968 (P);
    ders., Der pol. Liberalismus in d. Krise d. Rev., in: Bayern im Umbruch, hrsg. v. K. Bosl, 1969, S. 165-99;
    W. Benz, Süddtld. in d. Weimarer Republik, 1970;
    W. Stephan, Aufstieg u. Verfall d. Linksliberalismus 1918-1933, 1973;
    J. C. Heß, „Das ganze Dtld. soll es sein“, Demokrat. Nationalismus in d. Weimarer Republik am Beispiel d. Dt. Demokrat. Partei, 1978;
    L. Elm, Fortschrittl. Volkspartei 1910-1918, in: Lex. z. Parteiengesch. 1789-1945, II, 1984, S. 599-609;
    W. Zorn, Bayerns Gesch. im 20. Jh., 1986;
    W. Ribhegge, Frieden f. Europa, Die Pol. d.|dt. Reichstagsmehrheit 1917–18, 1988;
    E. Wörfel, Liberalismus in d. thür. Staaten im Kaiserreich, in: L. Gall u. D. Langewiesche (Hrsg.), Liberalismus u. Region, 1995, S. 217-52;
    Amtl. Reichstagshdb., 11. Legislaturperiode, 1903;
    Kürschners Dt. Reichstag, Biogr.-Statist. Hdb. 1912-1917, 1917 (P).

  • Autor/in

    Jürgen Frölich
  • Zitierweise

    Frölich, Jürgen, "Müller-Meiningen, Ernst" in: Neue Deutsche Biographie 18 (1997), S. 505-507 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118737694.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA