Lebensdaten
1899 – 1965
Geburtsort
Königsberg (Preußen)
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
Dermatologe
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118730894 | OGND | VIAF: 32791744
Namensvarianten
  • Marchionini, Alfred

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Zitierweise

Marchionini, Alfred, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118730894.html [28.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Karl, Redakteur d. „Volksztg.“;
    M N. N. Domnick;
    1931 Mathilde (Thilde) Soetbeer ( 1976), Dr. med., Nervenärztin; kinderlos.

  • Biographie

    M. studierte Medizin an den Universitäten Königsberg, Leipzig und Freiburg/Br. Dabei war er nach dem frühen Verlust seines Vaters und einer Unterbrechung des Studiums – bedingt durch Kriegsdienst als Sanitäts-Gefreiter auf dem Balkan – gezwungen, seinen Lebensunterhalt als Werkstudent sicherzustellen. In Freiburg promovierte M. 1922 zum Dr. med. und arbeitete dann als Assistent an den Universitäten Leipzig, Kiel, Heidelberg und Freiburg. In Kiel führte er bei W. Schade physikalisch-chemische Forschungen durch, die die Grundlage der späteren Entdeckung des „Säureschutz-Mantels“ der Haut bildeten. 1928 habilitierte sich M. in Freiburg (als Schüler von E. A. Rost) als Privatdozent für Dermatologie. Sein Forschungsansatz schloß die wissenschaftlichen Disziplinen der Biochemie, physikalischen Chemie und Physiologie in Richtung einer funktionellen Dermatologie – im Gegensatz zur früheren, bloß morphologischen Betrachtungsweise – mit ein. So bereicherte M. die Dermatologie um eine Reihe spezifischer Aspekte: die Fachgebiete Tropendermatologie, Klimatologie, Ethnologie und die Beschreibung der speziellen Krankheitsbilder atopische Neurodermitis, Hauttuberkulose sowie mit serologischen Verfahren, Körperpflege, Kosmetik verbundenen Fragestellungen. Den Zusammenhang von Psyche und Soma bei Dermatosen erarbeitete er gemeinsam mit der Nervenärztin Thilde Soetbeer (Schülerin von A. Hoche), die er 1931 heiratete. Obwohl M. 1934 zum apl. Professor ernannt worden war, wählte er – dem wachsenden politischen Druck des nationalsozialistischen Regimes ausweichend – 1938 das Exil in der Türkei; er nahm den Ruf K. Atatürks nach Ankara als Direktor des Staatlichen Musterkrankenhauses an. Seine Frau hatte bereits wegen einer nichtarischen Großmutter ihre Praxis schließen müssen.

    In Ankara gelang ihm unter einfachsten Voraussetzungen (ohne Laboratorium) der erfolgreiche Aufbau einer leistungsfähigen dermatologischen Abteilung und Forschungsstätte. Die Arbeit der Klinik stellte nicht nur die ambulante Patientenbetreuung sicher, sondern führte auch in der dermatologischen Forschung zu neuen Perspektiven: Klimatophysiologie und -pathologie der Haut, Erstbeschreibung von Krankheitsbildern, Therapie subtropischer Hauterkrankungen (Orientbeule, Lepra). Bei dem Ausbau der Kliniken und Institute zur Volluniversität Ankara berief man M. 1946 zum ersten Ordinarius für Dermatologie. Dank seiner guten Verbindungen als Arzt des Diplomatischen Corps trug er während der Kriegsjahre entscheidend dazu bei, daß 10 000 türkische Juden in Frankreich vor deutschen Vernichtungslagern gerettet werden konn|ten. M. kann mit Recht als ein „Vater“ der türkischen Medizin bezeichnet werden. Obwohl ihn die türkischen Gastgeber nur schweren Herzens ziehen ließen, folgte M. 1948 einem Ruf der Univ. Hamburg. 1950 wurde er als Nachfolger Leo v. Zumbuschs auf den dermatologischen Lehrstuhl der Univ. München berufen. Diese frühen Jahre des Wiederaufbaus waren von den Bemühungen gekennzeichnet, das Mißtrauen der Weltöffentlichkeit gegen die deutsche Wissenschaft durch symbolhafte Rehabilitation jüdischer Wissenschaftler (Paul Unna-Büste in Hamburg) abzubauen und internationale Kontakte wieder herzustellen. In dieser Zeit gelangen M. die Gründung der Zeitschrift „Hautarzt“ wie auch Veröffentlichungen zur Penicillinbehandlung von Hautkrankheiten. In München konnte erfolgreich die Einrichtung einer dermatologischen Ausbildung mit internationaler Beteiligung etabliert werden. Höhepunkte seiner Arbeit an einem Gedankenaustausch jenseits aller Nationalitäten und Rassen bildeten 1955 die Einladung der gesamten Pariser Universität nach München (Rektorat 1954/55) und zahlreiche Reisen und Einladungen ins Ausland (Polen, Israel usw.). Er gab das Ergänzungswerk zum „Handbuch der Haut- und Geschlechtskrankheiten“ von W. Jadassohn (24 Bde. in 7 Teilen, 1959–79, W bei den jeweiligen Kap.) heraus.|

  • Auszeichnungen

    Dr. h. c. (Straßburg 1963);
    Ehrenmitgl. in mehr als 40 Dermatolog. Ges.

  • Werke

    Weitere W. u. a. Unterss. üb. d. Wasserstoffionenkonzentration d. kranken Haut, in: Archiv f. Dermatol. u. Syphilis 160, 1930, S. 139;
    Asthma-Ekzem, Asthma-Prurigo u. Neurodermitis als allerg. Hautkrankheiten, in: Würzburger Abh. 27, 1932, S. 337 (mit T. Soetbeer);
    Klin. u. experimentelle Unterss. üb. d. Vitamin A- u. Carotingehalt d. menschl. Blutserums b. Hautkrankheiten, ebd. 175, 1937, S. 419;
    Säuremantel d. Haut u. Bakterienabwehr, in: Klin. Wschr. 17, 1938, S. 663, 736, 1073, 1831;
    Klimat. bedingte Hautkrankheiten in Zentralanatolien, in: Türk. Archiv f. Dermatol. 7, 1940, S. 2095;
    Neuere Methoden d. Behandlung d. Orientbeule (Hautleishmaniose), 1945;
    Penicillinbehandlung d. Hautkrankheiten, 1950 (mit H. Götz);
    Fortschritt d. prakt. Dermatol., 3 Bde., 1952-59. – Mithrsg.: Archiv f. Dermatol. u. Syphilis.

  • Literatur

    R. Richter, Brief aus Ankara, in: Hautarzt 5, 1954, S. 518-20;
    Euromed 2, 1962, S. 20 (P);
    Chronik d. LMU 1963/64, in: Univ.archiv 1964, S. 138-40;
    M. Schmaus, Chronik d. LMU 1964/65, ebd., 1966, S. 20-23;
    S. Borelli, in: Parfümerie u. Kosmetik, 46, 1965, S. 161 (P);
    Bayer. Ärztebl. 20, 1965, S. 400 (P);
    W. Trummert, in: Münchener Med. Wschr. 26, 1965, S. 1319-21 (P);
    XIII. Congr. Internat. Dermatologiae (Bd. 1), 1968, S. 1 f. (P);
    A. M. (= Schrr. d. A. Marchionini-Stiftung, H. 4), 1979, S. 1-28 (P).

  • Autor/in

    Eberhard Wormer
  • Zitierweise

    Wormer, Eberhard J., "Marchionini, Alfred" in: Neue Deutsche Biographie 16 (1990), S. 114-115 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118730894.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA