Lebensdaten
1739 oder 1740 – 1815
Geburtsort
Le Conquet (Bretagne)
Sterbeort
Wien
Beruf/Funktion
Naturforscher
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118699970 | OGND | VIAF: 3265197
Namensvarianten
  • Hacquet, Belsazar
  • Hacquet, Balthasar
  • Hacquet, Belsazar
  • mehr

Objekt/Werk(nachweise)

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Hacquet, Balthasar, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118699970.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    1799 N. N. ( 1809).

  • Biographie

    Nach humanistischen Studien am Jesuitenkolleg zu Pont-à-Mousson studierte H. in Paris Medizin. Auf dem Rückweg von einer Reise nach Spanien und England wurde er 1755 zum Dienst als Schiffsjunge in der französischen Flotte gepreßt. In der Folge diente er, mehrmals verwundet und in Gefangenschaft geraten, als Chirurg im französischen, englischen, wiederum im französischen, dann im preußischen und zuletzt in Prag im österreichischen Heer. Bei Friedensschluß 1763 entlassen, reiste er nach Konstantinopel. In Bessarabien von der Pest befallen, suchte er Erholung in Siebenbürgen. 1764 hörte H. an der Universität Wien Medizin, Rechtswissenschaft und andere Fächer. 1766 setzte G. van Swieten gegen verschiedene Widerstände H.s Anstellung als Werkschirurg in Idria (Krain) durch, wo der Naturforscher J. A. Scopoli als Werksarzt des Quecksilberbergwerkes sein Vorgesetzter wurde. Von dort ging H. 1773 nach Laibach als Professor der Anatomie, Physiologie und Hebammenkunst am Lyzeum, wo er ein reichhaltiges Naturalienkabinett und ein anatomisches Theater einrichtete. 1787 wurde er Professor der Naturgeschichte an der Universität Lemberg und nach deren Verlegung 1805 in Krakau, wo er 1807 Dekan der medizinischen Fakultät war. 1810 trat er in den Ruhestand und übersiedelte nach Wien.

    Über 3 Jahrzehnte jährlich mehrere Monate unterwegs, ist H. wohl der am meisten gereiste Forscher seiner Zeit. Bereits 1796 veröffentlichte er eine Anleitung für Bergsteiger. Darin sind Steigeisen und Seil und deren Gebrauch angeführt, auch aus ölgetränkten Stricken selbst verfertigte Kletterschuhe und Anweisungen über Kleidung, Proviant und die günstigste Zeit zum Bergsteigen. Einem selbst aufgestellten Grundsatz für Naturforscher treu, heiratete er erst im Alter. 1779 bestieg er – nach einer 1777 mißglückten Erstbesteigung – den Triglav als Zweiter. Da er mit S. von Hohenwart, F. X. von Wulfen, K. M. E. von Moll und anderen aus dem Klagenfurter Gelehrtenkreis bekannt war, ist er wohl bei der Erstbesteigung des Großglockner zumindest Mitinitiator. Er selbst kam wegen Schlechtwetters nur bis zur Pasterze.

    Religiös indifferent, stieß H. insbesondere in Idria und Laibach auf viel Widerstand. Wegen Äußerungen über die Geistlichkeit mußte er seine Reisen zum Teil unter falschem Namen machen, weil die Bevölkerung von den Priestern gegen ihn aufgehetzt worden war. Außer der gründlichen Durchwanderung Krains führten ihn seine Reisen 1768-87 nach Dalmatien, Istrien, Illyrien, Kärnten, Steiermark, Salzburg und Tirol, aber auch zu den Vulkangebieten Italiens, nach Bosnien und in die Türkei sowie (1785) nach Böhmen, Sachsen und Brandenburg. 1787-1810 durchwanderte er vor allem Galizien und die Karpathen, kam aber auch nach Sachsen, Schleswig-Holstein, Dänemark, Schweden und ans Schwarze Meer.– H.s mit selbstgezeichneten Abbildungen und Karten versehene Arbeiten atmen den Geist der Aufklärung, sie sind lebendig und persönlich gehalten, entbehren allerdings der systematischen Ordnung. Sie enthalten eine Fülle bemerkenswerter Beobachtungen zur Geologie, Paläontologie, Petrographie, Montanistik, Balneologie und Botanik – mit Neubeschreibungen einiger Pflanzen –, aber auch zur Volkskunde und Völkerkunde Auch barometrische Höhenmessungen stellte er an.

    H. hat an der Erschließung der Ostalpen und der Karpathen für Geologie und Touristik wesentlichen Anteil. Wenn er auch in Einzelheiten – wie der Auffassung des Alpenkalks als Primärgestein – irrte, verfolgte er doch bewußt das Ziel, den geologischen Aufbau zu erforschen. Im gleichen Jahr wie der Engländer R. Townson vom Süden her, bereiste er die Karpathen vom Norden aus (Besteigung des Krivan 1793). Mit J. W. von Valvasor steht H. am Beginn nicht nur der Länder- und Völkerkunde Krains, sondern der gesamten österreichischen Monarchie.

  • Werke

    W u. a. Oryctographia Carniolica d. i. Physikal. Erdbeschreibung d. Hzgt. Krain, Istrien u. z.T. d. benachbarten Länder, 4 Bde., 1778-80;
    Nachrr. v. Versteinerungen v. Schalthieren, die sich in ausgebrannten feuerspeienden Bergen finden, hrsg. u. mit Anm. verm. v. J. S. Schröter, 1780;
    Mineralog.-botan. Lustreise v. Berge Terglou in Krain zu d. Berge Glockner in Tirol im J. 1779, in: Schrr. d. Berliner Ges. naturforsch. Freunde, 1780, ²1782;
    Plantae alpinae Carniolicae, Wien 1782;
    Physikal.-pol. Reise aus d. Dinar, durch d. Jul., Karn., Rhät. in die Nor. Alpen im J. 1781 u. 1782, 2 T., 1785;
    Neueste physikal.-pol. Reisen in d. J. 1788 u. 1789 durch d. Dac. u. sarmat. Karpathen, 4 T., 1790-96 (enthält im 4. T., S. 222-46 d. Anleitung f. Bergsteiger);
    Reise durch d. Nor. Alpen, physikal. u. a. Inhalts, unternommen in d. J. 1784–86, 2 T., 1791;
    Phys. u. techn. Beschreibung d. Feuersteine, 1792;
    Abb. u. Beschreibung d. südwestl. u. östl. Wenden, Illyrier u. Slaven, deren geogr. Ausbreitung v. d. adriat. Meere bis an d. Ponto usw., 5 Hh., 1802-05;
    Blicke üb. d. menschl. Wissen in d. Naturkde., 1813 (anonym);
    Autobiogr., in: Die Wahrheit, 1908, H. 1-4 (wieder b. G. Jakob, 1930, s. L).

  • Literatur

    ADB X;
    P. v. Radics, Ein Katechismus f. Bergsteiger aus d. Tagen Kaiser Josephs, in: Österr. Touristenztg. 3, 1883, S. 61-66;
    E. Richter, Die Erschließung d. Ostalpen, 3 Bde., 1893 f.;
    R. Lorenzi, B. H., der erste Ostalpen-Geol., in: Jber. d. k. k. Staats-Gymnasiums in Villach 38, 1906/07, S. III-XXVII (W, L);
    A. Müllner, B. H. als Werkschirurg in Idria, in: Berg- u. hüttenmänn. Jb. d. k. k. montanist. Hochschule zu Leoben u. Přibram 55, 1907, S. 339-71;
    H. Seidel, B. H. als Karpathenforscher, in: Globus 95, 1909, S. 267-70;
    ders., Der Karpathenforscher B. H. in d. Liptóer Alpen, in: Jb. d. ungar. Karpathenver. 37, 1910, S. 127-44;
    G. Jakob, B. H. u. d. Erforschung d. Ostalpen u. Karpathen, 1913;
    ders., B. H., der Erschließer d. Ostalpen, 1928;
    ders., B. H., 1930, = Große Bergsteiger V (enthäll neben Auszügen aus H.s Werken auch d. Selbstbiogr.);
    A. Stois, Valvasor u. H., in: Dt. Alpenztg. 24, 1929, S. 268-73;
    N. Rau, B. H.s Kärntner Reisen, in: Neues Kärntner Jb. 1, 1935, S. 60-62 (P);
    O. Kühlken, Das Glocknerbuch, 1951, S. 55-60 (P);
    J. Wester, B. H., prvi raziskovalec naših Alp, Laibach 1954;
    E. Bernleithner, Die Entwicklung d. österr. Länderkde. an d. Wende d. 18. u. 19. Jh., Diss. Wien 1949 (ungedr.);
    ders., Die Entwicklung d. österr. Länderkde, v. ihren Anfängen b. z. Errichtung d. ersten Lehrkanzel f. Geogr. in Wien, in: Mitt. d. geogr. Ges. in Wien 97, 1955, S. 111-27;
    E. Lesky, Arbeitsmed. im 18. Jh., 1956;
    I. Mohorič, Rudnik živega srebra v Idriji, Idria 1960;
    Pogg. I;
    Wurzbach VII;
    I. Pinter, in: Slovenski biogr. leks. I, Laibach 1925–32, S. 284-87 (W, L);
    BLÄ;
    K. Maślankiewicz, in: Polski Słovnik biogr. 9, Breslau, Krakau, Warschau 1960 f., S. 221-23 (W, L);
    ÖBL.

  • Porträts

    Stich v. C. Kohl, 1777, n. Gem. v. F. Linder(er);
    Stich v. F. Halle, 1797, n. Gem. v. T. Klimeß, 1793.

  • Autor/in

    Helmut Dolezal
  • Zitierweise

    Dolezal, Helmut, "Hacquet, Balthasar" in: Neue Deutsche Biographie 7 (1966), S. 414-415 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118699970.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Hacquet: Balthasar H., Doctor der Philologie und Medicin, Ethnograph, Mineraloge und Botaniker, geboren 1739 zu Le Conquet in der Bretagne (nach anderen Quellen zu Metz), den 10. Jänner 1815 zu Wien. Wo H. seine Studien absolvirte, wie er nach Oesterreich kam, ist nicht näher bekannt. Während des siebenjährigen Krieges war er Unterarzt in österreichischen Diensten, erhielt durch van Swieten um 1780 eine Professur am Laibacher Lyceum und 1788 die Lehrkanzel der Naturgeschichte an der Universität zu Lemberg, welche Stelle er bis 1810 bekleidete. Die letzten Lebensjahre weilte H. in Wien. Er bereiste in den J. 1779—86 die Alpen Kärnthens, Krains und Istriens, ferner 1788 und 89 die Karpathen. Ueber diese Reisen berichtete H. in einer Reihe von Werken; außerdem veröffentlichte er viele andere Schriften und namentlich eine Abhandlung: „Plantae alpinae Carnioliae“ (1782). Seine Reisewerke förderten die Kenntniß der von ihm durchforschten Gegenden sehr wesentlich und enthalten werthvolle Angaben ethnographischen, mineralogischen, sowie botanischen Inhaltes.

    • Literatur

      Sartori, Vaterländ. Blätter s. d. österr. Kaiserst., Jahrg. 1815, S. 53. Gräffer u. Czikann, Oesterr. Nation.-Encyklop., II. S. 466. Wurzbach, Biograph. Lexik., VII. S. 163. Verh. d. k. k. zool. bot. Ges. in Wien, XI. (1861) S. 433.

  • Autor/in

    Reichardt.
  • Zitierweise

    Reichardt, Heinrich Wilhelm, "Hacquet, Balthasar" in: Allgemeine Deutsche Biographie 10 (1879), S. 300 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118699970.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA