Lebensdaten
1562 – 1613
Geburtsort
Müncheberg Kreis Lebus
Sterbeort
Frankfurt/Oder (an der Pest)
Beruf/Funktion
Kantor ; Komponist
Konfession
evangelisch
Normdaten
GND: 118694405 | OGND | VIAF: 20148739
Namensvarianten
  • Göß, Bartholomäus
  • Gese, Bartholomäus
  • Gesius, Bartholomäus
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Zitierweise

Gesius, Bartholomäus, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118694405.html [19.04.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Jacob Jese ( vor 1567), Ackerbürger u. Ratsherr in M.;
    M Wolprechte Jeuterbuck;
    Stief-V Michael Lievenow;
    B Jakob (1563–1626), Kantor, dann Pastor u. Kircheninsp. in M.;
    Muskau um 1590 N. N.;
    3 S, 4 T, u. a. Bartholomäus (* 1605), 1632-41 Kantor d. Lateinschule Fraustadt, 1642-49 d. Lateinschule Glogau;
    N Gothofried (1608–79), Hofprediger in Kopenhagen, seit 1641 Pastor in Hamburg.

  • Biographie

    G. verdankte Latein- und Musikgrundlagen dem Müncheberger Kircheninspektor Blasius Bethinus. 1578–85, unterbrochen 1582 durch Kantortätigkeit in Müncheberg, studierte er in Frankfurt/Oder Theologie. Hier erhielt er Förderung durch den Marienkantor G. Lange und theoretische Grundlegung durch Glareans „Dodekachordon“. Für die Musik als Lebensberuf entschied er sich erst nach seinem Erfolg als Komponist. Um 1587 trat G. in Dienst von H. G. Freiherr von Schoenaich zu Muskau. Von März 1593 an versah er im guten Einvernehmen mit Rat, Bürgerschaft und Universität das mit dem 3. Lehramt an der Ratsschule verbundene Stadtkantorat Sankt Marien in Frankfurt/Oder, bis er 1613, im Gegensatz zu anderen im Amte ausharrend, an der Pest starb. Vorzüglich sein frisches Wirken, für das auch ein schnell wachsender Schülerkreis aus der Mark, Lausitz, Schlesien und Mecklenburg zeugt, hob das Musikleben von Stadt und Universität merklich an, doch gründete sein Ruf ebenso auf dem kompositorischen Schaffen. Es beginnt 1588 mit der 2-5stimmigen deutschen responsorialen,|wohl in Hoffnung auf ein Amt dem Rat der Stadt Görlitz gewidmeten, Choralpassion nach Johannes und schließt 1613 mit der 6stimmigen lateinischen motettischen Matthäus-Passion. Das gesamte Werk steht in älteren Traditionen – vorab die 631 1stimmigen lateinischen und deutschen Gesänge der „Psalmodia choralis“ (1600) – und beruht bis zur Parodiemesse hin auf dem liedhaften Prinzip, bei freierer Behandlung in der Harmonie meist dessen Schlichtheit im homophonen Satz wahrend. Die bedeutenden Kantionalien folgen Osiander, die Motetten unverkennbar Orlando di Lasso, die deutsche Passion vielleicht Scandello. Der Alternatim-Praxis blieb er bis an sein Ende verhaftet; an den Neuerungen der Jahrhundertwende nahm er nicht mehr teil.

  • Werke

    Weitere W u. a. Hymni scholastici in schola Francof. … simplici 4 voc. contrapuncto ornati …, Frankfurt/O. 1597, 3 weitere Aufll. u. d. T.: Melodiae scholasticae;
    Geistl. Dt. Lieder D. Mart. Lutheri …, 4-5 v., 1. T. ebd. 1601, 2. u. 3. T. 1605, veränderte u. gekürzte Ausg. in 1 Bd., 1607;
    Christl. Haus- u. Tisch-Musica, Wittenberg 1605;
    Synopsis musicae variis exemplis illustrata …, Frankfurt/O. 1609, 1615, 1618;
    Cantiones sacrae chorales: Introitus, ut vocantur, Kyrie, Sequentia et plures aliae 4-6 v., ebd. 1610;
    Missae ad imitationem cantiorum Orlandi, et aliorum praest. musicorum 5 v., ebd. 1611. - Die Gelegenheitskomp.: Neujahrs-, Hochzeits-, Begräbnis- u. ak. Gratulationsmusiken d. J. 1593-1613, alle in Frankfurt gedr., s. MGG V, die Motette „Surge propera amica mea“ (Breslau) rührt jedoch v. G. Pencunius her. - Sämtl. W u. Ausgg. s. MGG.

  • Literatur

    ADB IX;
    B. Ringwaldt, Epithalamium, Vom Zustande e. Betrübten Widtwers, Frankfurt/O. 1595 (4 Strophen „Dem Herrn Cantori“);
    Solemnia anni Secularis … Academia Francofurti, ebd. 1606;
    F. W. Schönherr, B. G. Munchbergensis, phil. Diss. Leipzig 1920 (ungedr.);
    P. Blumenthal, Der Kantor B. G. zu Frankfurt/O., 1926;
    N. Hampel, Deutschsprachige prot. Kirchenmusiker Schlesiens b. z. Einbruch d. Monodie, phil. Diss. Breslau 1937;
    H. Grimm, Meister d. Renaissancemusik an d. Viadrina, Qu.btrr. z. Geisteskultur d. Nordosten Dtld.s vor d. 30j. Kriege, 1942, S. 199-211 u. Reg. (unter Göß, Bartel);
    A. Adrio, in: MGG V, Sp. 34-41 (auch f. S Barth.);
    Riemann.

  • Autor/in

    Heinrich Grimm
  • Zitierweise

    Grimm, Heinrich, "Gesius, Bartholomäus" in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 341-342 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118694405.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA

  • Biographie

    Gesius: Bartholomäus G. (Gese, Göß), Musiker, geb. um 1560 in Müncheberg, studirte, wie auch sein jüngerer Bruder, Jacob G. (geb. 1563), anfangs Theologie in dem benachbarten Frankfurt a/O. Doch nur der letztere übernahm später ein Pfarramt in seiner Vaterstadt ( 1626).G. dagegen erwählte die Musik zu seinem Lebensberufe und war eine Zeit lang im Dienste des Hans Georg von Schönaich, später in Wittenberg thätig, bis er sich dauernd in Frankfurt a./O. niederließ. Hier wird er zuerst 1595 in einem Epithalamium von Barthol. Ringwald als Cantor erwähnt und amtirte als solcher bis 1613, in welchem Jahre er wahrscheinlich an einer damals in der Stadt grassirenden Epidemie gestorben ist, denn 1614 ward Stephan Höpner sein Nachfolger im Amt. G. behauptet durch seine Compositionen einen ehrenvollen Platz unter den zeitgenössischen Musikern. Gleich sein erstes erhaltenes Werk, eine dramatisirte Gesangspassion nach dem Evangelium Johannes Cap. 18 u. 19 (Wittenberg 1588), ist ein beachtenswerthes Beispiel für die Entwicklung dieser Kunstgattung, welche seit der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts beim protestantischen Gottesdienste der Charwoche Eingang gefunden hatte. Ihre ältere Form, wonach die Recitation im Collectenton nur durch die, gewöhnlich vierstimmigen Chöre der „Haufen“ unterbrochen wurde, genügte bald nicht mehr dem Bedürfniß nach reicherer musikalischer Ausgestaltung des Textes. G. setzte daher, mit diesem Versuch in seiner Zeit nicht allein stehend, auch die Reden der einzelnen Personen, wie sie aus dem Bericht des Evangelisten hervortreten, für mehrere Stimmen und zwar die Reden Christi für vier, die des Petrus und Pilatus für drei, die der Mägde und Knechte für zwei Stimmen, sie dadurch einerseits von|der Recitation des übrigen Textes abhebend, andererseits den fünfstimmig arrangirten Chören der turbae, sowie einem Eingangs- und Schlußchor gegenüberstellend. So drückte er jedem Theile seiner Passionsmusik ein individuelles Gepräge auf, obwol er ohne weitere Tonmalerei die Stimme in gemessener Ruhe harmonisch führte. Es bezeichnete ein Aufgeben des streng kirchlichen Charakters dieser Passionen, als man später von der Mehrstimmigkeit wieder zur unisonen Recitation der Reden zurückkehrte, dabei aber durch stimmungsvolle Ausbildung der Melodie und Zuhülfenahme der Instrumentalmusik in neue Bahnen einlenkte, ein Uebergang, wie er sich namentlich in den verschiedenen Passionsmusiken von Heinr. Schütz verfolgen läßt. Außer der Johannes-Passion, welche neuerdings wieder in Commer's Orlando Lasso Bd. II und in Schoeberlein, Schatz des liturg. Chorgesangs II. S. 412—34 abgedruckt worden, hat G. noch gegen Ende seines Lebens eine ähnliche Passion nach dem Evangelium Matthäi gesetzt und zugleich mit einer Anzahl fünf- bis achtstimmiger Cantiones im Stil des Orlando Lasso 1613 herausgegeben. Weitere Erwähnung verdienen besonders seine beiden Cantionale, ein größeres ("Geistliche deutsche Lieder D. Mart. Lutheri und anderer frommen Christen“, Frankf. a./O. bei Joh. Hartmann, 3 Bde., 4°., 1601—7), 355 Nummern mit 217 verschiedenen Tonsätzen enthaltend, und ein kleineres ("Concentus ecclesiasticus quatuor vocum“, ebendas. 1607, 4 Stimmbb. in 12°.) mit etwa 300 Liedern. Sie sollten die seit 1552 in Frankfurt gebräuchlichen Gesangbücher aus der Eichorn’schen Officin ersetzen, deren Bestand an Liedern sie daher zum großen Theil aufnahmen und durch Hinzufügung neuer um mehr als das Doppelte erweiterten. Die Choralmelodien sind die damals gebräuchlichen; ob auch einige von G. selbst herrühren, kann bezweifelt werden; die Aufgabe, die er sich gestellt hatte, war die des Tonsetzers. Dabei führte er, nach dem Vorgange gleichzeitiger Kunstgenossen, die Melodie nicht mehr im Tenor, wo sie durch die darüber und darunter sich figurativ bewegenden Stimmen gleichsam verdeckt wurde, sondern im Discant und begleitete sie einfach contrapunktisch, im großen Cantionale mit 3—4, im kleinen mit 3 Stimmen. So half er der neuen Form des kirchlichen Tonsatzes, welche der Gemeinde die Theilnahme am Gesang erleichtern sollte, die Wege bahnen; daß er dabei nicht immer den strengeren Forderungen an eine correcte Stimmführung gerecht geworden ist, hat v. Winterfeld a. a. O. an einzelnen Beispielen erörtert. Von seinen sonstigen Arbeiten, die jedoch kaum noch in wenigen Exemplaren vorhanden sind, lassen sich anführen: eine Anzahl Tonsätze für kirchlichen Chorgesang, Hochzeits- und Begräbnißgesänge, die vierstimmigen hymni scholastici (1597), deren Texte (34 lateinische, 3 deutsche) theils aus der alten Kirche, theils von Dichtern des 16. Jahrhunderts herrühren, seine „Christliche Haus- und Tisch-Musica“, 1605 (nach Paschasius Reinick v. Wusterhausen, Schul-Jungfrauen Lustgarten 1603), endlich ein theoretisches Werk zum Gebrauch für Schüler: „Synopsis musicae practicae“, 1609, mit einem Anhang von 24 lateinischen Hymnen in den verschiedenen Kirchentönen. Einige seiner Werke erschienen erst nach 1613 zum ersten Male oder in erneuten Auflagen; man hat daraus mehrfach ohne Grund auf ein späteres Todesjahr des Verfassers geschlossen. Wenn Fétis a. a. O. behauptet, daß er erst am 1. Jan. 1657 gestorben sei, so beruht dies auf einer irrthümlichen Angabe bei v. Winterfeld, Ev. Kircheng. II. S. X über die Frankfurter Sterberegister, welche nicht erst mit jenem Termin, sondern schon 1618 beginnen und des G. Namen nicht mehr enthalten.

    • Literatur

      v. Winterfeldt, Evangel. Kirchengesang, 1843, I. 359—366. — Fétis, Biogr. univers. des music., 1862, III. 468.
      Müller, Die musikal. Schätze der Königsberger Univ.-Bibl. 1870, S. 179. — Schwarze, Mittheilungen des historischen Vereins zu Frankfurt a. S. 1873, S. 85 u. 136—145.

    • Korrektur

      Korrektur: Zu Gesius vgl. die Aufzeichnung seiner noch vorhandenen Compositionen bei Schwarze in den Mitth. des histor. Ver. zu Frankfurt a. O. 1885, S. 96 ff.

  • Autor/in

    Schwarze.
  • Zitierweise

    Schwarze, "Gesius, Bartholomäus" in: Allgemeine Deutsche Biographie 9 (1879), S. 93-94 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118694405.html#adbcontent

    CC-BY-NC-SA