Lebensdaten
1493 – 1560
Geburtsort
Augsburg
Sterbeort
Augsburg
Beruf/Funktion
Augsburger Handelsherr ; Graf von Kirchberg und Weißenhorn
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118694170 | OGND | VIAF: 806644
Namensvarianten
  • Fugger, Anton (bis 1526)
  • Fugger, Anton Graf (seit 1526)
  • fugger, anton graf
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Zitierweise

Fugger, Anton Graf (seit 1526), Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118694170.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Georg (1453–1506), Handelsherr, Mitbegr. d. Ges., vertrat sie längere Zeit in Nürnberg, S d. Jakob d. Ä. ( 1469, s. Gen. 1);
    M Regine ( 1526), T d. Peter Imhof ( 1504), Patrizier u. Handelsherr in A., u. d. Regina Walther;
    Ov Jakob d. Reiche s. (1);
    B Markus (1488–1511), Dompropst zu Regensburg, Speyer, Würzburg, Bamberg|usw., päpstl. Protonotar u. Scriptor, Raymund ( 1535, s. Gen. 4);
    Schw Regina ( 1533, 1512 Hans Baumgartnerd. J. , 1549, Kaufherr, s. NDB I);
    Vt Ulrich (1490–1525), Kaufherr, Gesellschafter, Hieronymus (1499–1538), Gesellschafter;
    Augsburg 1527 Anna (1505–48), T d. Patriziers Hans Rehlinger v. Horgau ( 1552) u. d. Anna Dietenhaimer (1486–1536);
    5 S, 6 T, u. a. Markus s. (6), Johannes s. (5), Hieronymus (1533–73), Gutsherr, Jakob (1542–98), Gutsherr (Ast Wellenburg), Catharina (1532–85, Jak. Gf. v. Montfort, 1572), Maria (1543–83, Michael Frhr. v. Aitzing, 1598, Gesch.schreiber, Publ., s. NDB I);
    N Joh. Jakob s. (4), E Joh. Gf. v. Montfort (1557–1619), Reichskammerger.präs.

  • Biographie

    Von den 3 bedeutenden Söhnen des Georg Fugger, der zu den Gründern der Handelsgesellschaft seiner Familie zählte, widmete sich Markus als Inhaber zahlreicher Pfründen neben kurialen Aufgaben der Vermittlung am päpstlichen Hof. Als Persönlichkeit geistlichen Standes kam er für die spätere Firmenführung nicht in Betracht. Der nächste Bruder, Raymund, schien durch seine berufliche Ausbildung und die Ehe mit Katharina Thurzo, Tochter der Teilhaberfamilie der Fugger am ungarischen Handel, hierfür vorbestimmt. Allein seine zarte Gesundheit, Spannungen mit Jakob Fugger und die Neigung für gelehrte Sammlungen und mäzenatische Passionen, verbunden mit der Vorliebe für ländliches Herrenleben, ließen ihn von der Kandidatur auf die Gesellschaftsleitung ausscheiden. Als letzter Anwärter verblieb Anton neben seinen Vettern Ulrich und Hieronymus Fugger, deren älterer vor Jakob Fugger starb, dieser aber den Jüngeren wegen Nichteignung testamentarisch von der Nachfolge ausschloß.

    Die Führung der Firma, die F. Ende 1525 übernahm, fiel ihm nicht von selbst zu. Sie wurde in scharfem Wettbewerb mit den nächsten männlichen Verwandten und nach harter Ausbildung in der Zentrale sowie an verschiedenen Filialen (Nürnberg, Breslau, Budapest, in Italien und Tirol) errungen. Die weiteste Nachwirkung für die humanistische Bildung F.s gewann sein mehrjähriger römischer Aufenthalt. Ohne die dortige Bewährung, wo er Dr. Johannes Eck am päpstlichen Hof einführte, würde seine Designation durch Jakob kaum erfolgt sein. Das erste bedeutsame Resultat seiner Geschäftsführung war die vertragliche und diplomatische Aussöhnung der Firma mit der ungarischen Krone 1526 dicht vor der Katastrophe Ludwigs II. bei Mohatsch, die nach zeitgenössischem Urteil ohne eine Verärgerung der Fugger vermieden worden wäre. Die Beziehungen zum Kaiserhaus waren hiervon nicht getrübt, weil F. gegen den Sultan benötigt wurde. Seine Erhebung in den Reichsgrafenstand (1526) beantwortete er nach dem Aussterben der Jagellonen mit einer finanziellen Unterstützung der ungarisch-böhmischen Thronpläne Ferdinands, wofür F. sich den Unwillen des nationalen Monarchen Johann Zapolya zuzog. Zur Enttäuschung F.s arbeitete Ferdinand jedoch lieber mit seinen Augsburger Rivalen, der Firma Höchstetter, denen der König die spanischen Quecksilbergruben zu Almaden vermitteln wollte. F. verteidigte diesen kostbaren Besitz und betrieb über Antwerpen im Laufe der nächsten Jahre mit Hilfe Lazarus Tuchers den Ruin der Konkurrenten. Gleichzeitig wurde von ihm dieselbe Auseinandersetzung im Geschäftsleben von Lyon unsichtbar vorangetrieben. Die Verbindung zu Karl V. blieb in alter Kraft erhalten. Mit seiner Gunst erschloß sich die Gesellschaft zwischen Buenos Aires, Westindien und Mexiko einen neuen Wirtschaftsraum unter Vermeidung unnötiger Reibungen mit den Welsern. Die Konsequenz dieses Bündnisses führte zur formalen Auflösung der römischen Fuggerfaktorei nach der Plünderung von 1527, da die Firma wegen ihrer kaiserlichen Orientierung am päpstlichen Hof unhaltbar wurde. Inoffizielle Kontakte wurden allerdings nach wie vor gepflegt.

    1527 betrug F.s „rechtes Kapital“ der Gesellschaft 1,6 Millionen Gulden. Sie wurden für eine Verteidigung der deutschen Wirtschaft in Italien und zur Finanzierung der kaiserlichen Politik eingesetzt. Weniger günstig entwickelten sich Verbindungen mit König Ferdinand, der 1528 den Fuggern durch ein Restitutionsabkommen die siebenbürgener Salzpacht auflud. Die großen Hoffnungen, die hieran geknüpft wurden, galten vielfach für problematisch. Wahrscheinlich um die Firma noch dichter im Vorfeld der Türken an sich zu klammern, hatte Ferdinand bei diesem Geschäft Entgegenkommen gezeigt. Seine Türkenabwehr von 1529 einschließlich der Befreiung Wiens erfolgte durch Kredite und Waffenlieferungen der Fugger.

    Dennoch rührte sich bei F. der Wunsch zum Aufbau einer den eigenen Wirtschaftsinteressen angepaßten, von der Krone stärker distanzierten, wenn nicht gar neutralisierten Politik. Die Realitäten des Augsburger Reichstages von 1530 verboten die Erfüllung dieses Wunsches. Karl und Ferdinand drangen in F., bis seine Gesellschaft ähnlich wie 1519 sich zur Gewinnung der deutschen Kurstimmen für den Habsburger Kandidaten bereitfand. Ferdinands Wahl und Krönung 1531 waren das Werk der mit Welser zusammen durch F. beschafften 1,5 Millionen Dukaten.

    Die stille Allianz beider Großfirmen wiederholte sich beim spanischen Quecksilbergeschäft und in der großen kontinentalen Finanzpolitik. Umfangreiche koloniale Konzessionen an der südamerikanischen Westküste und den vorgelagerten Inseln, hauptsächlich in Chile und Peru, bestätigten 1531 die Neigung Karls V. zur weltwirtschaftlichen Beiziehung F.s, der offenbar mit einer Passage im Raume von Panama rechnete. Als sich die umfangreichen Erwartungen nicht erfüllten, folgte um 1533 der Abbau des Fuggerschen Kolonialprojektes. Die Firma ersparte sich durch diesen Entschluß Rückschläge, die Welser in Venezuela erleben mußte. Im ausdrücklichen Bewußtsein der politischen Funktion jedes großen Kapitals setzte F. seine Unterstützung der Krone am Reichstag und gegen die Türken fort, ohne daß bei dem Freund des Erasmus von Rotterdam schon konfessionelle Grenzziehungen bemerkbar wurden. F.s Kampf gegen die Augsburger Zwinglianer, der zu einer kurzen Gefangenschaft führte, war von lokaler Bedeutung.

    Die 1532 geschehene Erneuerung des Gesellschaftsvertrags unterstrich F.s persönliche Führung. Auf ihn gingen daher jene weit verzweigten Entscheidungen zurück, mit denen er 1534 den österreichischen Feldzug gegen Württemberg, die katholische Restauration in Dänemark und als zweifelhaftestes Vorhaben eine Intervention Ferdinands im Kardinalskolleg, wo man eine deutsche Papstwahl statt der Erhebung Pauls III. betrieb, finanziell ermöglichte. Daß diesen Projekten der Effekt versagt blieb, war nicht F.s Schuld. Er empfing als kaiserliche Belohnung 1534 das Recht zur Münzprägung, nachdem er auch die Begründung eines konfessionellen Kampfbundes katholischer Reichsstände unter österreichischer Führung ermöglicht hatte. Solche Dienstbereitschaft, für deren Werke die Firma fremdes Kapital beizog, führte Karl V. dank seiner spanischen Kontrakte 1535 zur materiellen Vorbereitung des nordafrikanischen Feldzugs. F.s indirekte Erfolge vor Algier verlangten, daß er trotz Mißhelligkeiten am Preßburger Reichstag auf der Festlandsfront gegen die Türken aushielt. In diesen Jahren und nach 1535, in denen F. infolge des Todes seines Bruders Raymund und seines Vetters Hieronymus Fugger als letzter Sohn seiner Generation in der Gesellschaft verblieb, bestärkte sich die Zusammenarbeit mit Karl V. Dennoch gewann die Fühlungnahme zu dessen Bruder Ferdinand keinen verläßlichen Boden. Obwohl Schwierigkeiten innerhalb Augsburgs F. zwar zur zeitweisen Verlegung seines Sitzes in das Städtchen Weißenhorn bestimmte, unterblieb jegliche Provinzialisierung. Vielmehr steigerte sich von dort aus der Einsatz für die ländlichen und kleinstädtischen Weber seines Gebietes dermaßen, daß der Schmalkaldener Bund 1536 zur Beruhigung der Ulmer Freunde bei Heinrich VIII. von England gegen F.s Barchentexporte intervenierte. Diese politisch-ökonomische Taktik bestärkte F. in seiner durch Peruaner Silberflotten und Gewinne am Negerhandel gesicherten Stützungsaktion für die kaiserliche Festlandspolitik. Seine Subventionen zum Vorstoß der kaiserlichen Armee durch Frankreich nach Marseille steht 1536 im Zusammenhang mit dem Ankauf der Reichspflege Donauwörth durch F.. Er trieb damit zwischen die oberdeutschen Gegner Karls V. einen Keil. Die kommunale Reformation Augsburgs bestärkte 1537 die katholischen Neigungen F.s, so daß die Kurie bei der englischen Mission Kardinal Reginald Poles auf ihn rechnete. Die Beanspruchung durch Ferdinand und am Balkan beschränkte das Ausmaß dieser Bemühungen stark; denn die Zusagen in Ungarn und Sankt Joachimsthal sowie aus den Neapler Renten blieben derart ungewiß, daß die Gesellschaft hierauf nicht vertrauen konnte, sondern sich um den Beistand des protestantischen Herzogs Albrecht von Preußen bemühte, sobald es dänische Widerstände gegen den Fuggerschen Transithandel im Sund zu beseitigen galt. Die Firma begann mit ihrem Abzug aus Ungarn zu drohen, was für Habsburg größere Gefahr nach sich zog als die Forderung F.s auf Entschädigung seiner Verluste in der Molukkenschiffahrt.

    Die Erneuerung der spanischen Maestrazgospacht, eine fortdauernde, halb verborgene finanzielle Förderung des Pfalzgrafen Friedrich als Kandidaten auf den dänischen Thron und die unablässige Kreditgewährung an Karl V. belegen die Absicht der Gesellschaft zur Fortführung einer Zusammenarbeit mit der Krone, die F.s 1538 in Frankreich gleich wenig entraten konnte wie 1539 in Tunis. Trotzdem zeigte die Erweiterung des schwäbischen Herrschaftsbesitzes, zum Beispiel um Babenhausen, daß F. nicht sein gesamtes Vermögen in den Dienst der Politik stellen wollte. Auch die Verständigung mit Christian III. von Dänemark verbot jede zu einseitig konfessionspolitische Orientierung. Im protestantischen Bereich lockte die Aussicht auf Gruben in Schweden und Norwegen, in den österreichischen Erblanden die Quecksilbervorkommen von Idria und die Produktion des Zinnobers.

    Der stark wirtschaftlich orientierte Friedenswille F.s fand bei Ferdinand wenig Gegenliebe. Er mochte den 1539 überlegten Rückzug der Firma aus Ungarn nicht dulden, bedurfte F.s, um Interessen im Königreich Sizilien zu wahren. Dennoch erwog F., den das mangelnde wirtschaftliche Interesse der folgenden Generation seiner Familie und der Rückgang der kaufmännischen Begabung im Kreise seiner Helfer nachdenklich stimmten, eine Abkehr vom Geschäft, das ihn jedoch nicht mehr losließ. Kriegerische und soziale Wirren in Ungarn forderten 1540 die Unterstützung der Gesellschaft zum Besten der Krone. Mißerfolge des Erzhauses auf dem Balkan wie in Nordafrika kennzeichneten die Lage als derart „heillos“, daß F. 1541 vorsorglich seine Beziehungen zu den Dynastien Tudor und Wasa erneuerte. Die Loyalität Habsburg gegenüber wurde dadurch keineswegs geschmälert, sondern nach dem Mißerfolg der durch F. begrüßten Religionsgespräche von Hagenau wurden die ungarischen Verträge der Firma 1541 verlängert. Ohne Scheu vor der Antwerpener Geschäftskonkurrenz des Gaspar Ducci und den Ulmer Textilrivalen widmete F. 1542/43 alle verfügbaren Mittel der wirtschaftlichen Stärkung kaiserlicher Unternehmen gegen Frankreich und den Sultan. Er übermittelte englische Subsidien zum Franzosenkrieg und beschaffte 1543 gemeinsam mit Welser einen neuen Wechsel von 300 000 Dukaten.

    Das Bewußtsein, die Finanzhilfe an den Kaiser könne der Vorbereitung eines Krieges gegen die deutschen Protestanten dienen, war 1544 bei F. noch nicht erwacht. Ebenso fehlte die Einsicht in die Unvereinbarkeit des Wirkens zugunsten der Habsburger mit der 1544/45 anschwellenden Intensität der geschäftlichen Beziehungen zu Heinrich VIII. An die Stelle der gemeinsamen Feindschaft beider Monarchen mit Frankreich trat der prinzipielle Widerspruch ihrer Einstellungen zur Reformation und zu den Schmalkaldener Verbündeten. F.s Hilfe zum Marnefeldzug und im Lager bei Calais 1544 führte das Widersprechende nochmals zusammen. Erst die heimliche Aussprache mit Karl V. im Donauwörther Fuggerhaus 1546 zerstörte Illusionen darüber, daß der Kaiser jede Kraft auf einen Kreuzzug gegen den Islam konzentriere. Für dieses Ziel hätte F. sich zur Fortsetzung seiner ungarischen Pacht- und Darlehensverträge entschlossen. Andererseits beraubte die verspätete Orientierung der Gesellschaft die Krone aller zu einem Blitzkrieg gegen die Schmalkaldischen Verbündeten nötigen Kapitalien.

    Selbst nach seiner geheimen Informierung blieb F. um konfessionellen Ausgleich und die Rettung des Friedens bemüht. Da er im Reich, in Italien und Spanien gemeinsam mit Welser dem Erzhaus unerhörte Mittel flüssig machen mußte, zählte er wider Willen zu den realen Initiatoren des ersten deutschen Glaubenskrieges. Nach dem Ausbruch der Feindseligkeiten, den seine Bemühungen am Regensburger Reichstag 1546 nicht verhinderten, zog sich F. mit der Firmenleitung auf neutralen bayerischen Boden, später nach Schwaz in Tirol zurück. Das Ausmaß seiner taktischen Einwirkungsmöglichkeit auf Kriegführung und Diplomatie Karls V. wurde von den Protestanten überschätzt. Es blieb dem Kaufherrn als letzte Möglichkeit, durch Verzögerung der kaiserlichen Heeresfinanzierung und Verweigerung von Subsidien an die Gegenpartei den Krieg zu dämpfen und schließlich sich totlaufen zu lassen. Als eine Persönlichkeit des Vertrauens beider Richtungen schien F. der gegebene Friedensvermittler zu sein.

    Sobald in Süddeutschland anfangs 1547 der kritische Punkt erreicht war, kehrte F. nach Augsburg zurück und erleichterte durch diplomatische, finanzielle und persönliche Intervention, unternamhaften Opfern und nicht allein durch den berühmten Fußfall in Ulm, die Aussöhnung seiner Heimatstadt mit der Krone. Den Mitbürgern blieb dieses unbegreiflich, da F. nicht mit dem Herrscher brach, vielmehr seine Agenten an der Mühlberger Schlacht teilnahmen und Karl V. zu Wittenberg neue Subventionen gewährten. Der steigenden Entfremdung zwischen dem Kaiser und F., die spanische Sekretäre vertieften, entsprach die Wirtschaftshilfe für den gefangenen Kurfürsten von Sachsen.

    Die Verbrennung der kaiserlichen Schuldscheine durch F. ist Legende. Seit dem Herbst 1547 kühlte sich die Beziehung zur Krone weiter ab. Obwohl Karl im Fuggerhaus wohnte, vermied F. es lange, seinen Gast zu besuchen. Zahlungen, die er leisten mußte, grenzten an Erpressung. Ferdinand gegenüber erfolgte 1547 die Lösung der Gesellschaftsbindung an Ungarn, gleichzeitig mit einer Reihe von Liquidationen, die zur Distanzierung der Gesellschaft gegenüber den deutschen Habsburgern führte. Seit einiger Zeit wurde die Neigung zur Anknüpfung anderer Beziehungen deutlich. Sie wiesen nach England, Rußland, Portugal, zur Levante. Das neue und wichtigste Interessengebiet war jetzt der Herrschaftsbesitz, der fideikommissarisch gebunden wurde und den F. 1548 um Pfalz-Neuburg, ähnlich wie seinerzeit um die Markgrafschaft Burgau, zu erweitern trachtete. Die größten Projekte ließen sich freilich nicht verwirklichen. Man mußte sich mit kleineren|Erfolgen in Schwaben, dem Elsaß, in der Schweiz und in Italien zufrieden geben. Dennoch sprach 1548 die Ausgliederung des Tiroler und Kärntner Handels aus der Fuggergesellschaft, hernach 1549 F.s persönliche Trennung vom spanischen Geschäft und die Absicht zur Auflösung der Firma eine klare Sprache. Vielleicht rechnete F. mit seinem baldigen Tod, worauf das 2. Testament von 1550 hinweist. Mindestens wollte er sich vom Erzhaus distanzieren, seinen Waren- oder Geldhandel in Antwerpen nach Lissabon oder an den Hof Eduards VI. und Maria der Katholischen verlagern. Aber die durch Dezennien geförderte Kombination habsburgischer Interessen mit F.s Geschäften beraubte F. der nötigen Freiheit. Ohne echtes Zutrauen für die politische Konzeption des Herrschers mußten 1550/53 die kaiserliche Armee unter Moritz von Sachsen vor Magdeburg, die mediceisch-spanische Front gegen Siena und die Franzosen in Italien mit Gesellschaftsgeldern bezuschußt werden.

    Als 1552 der Sachse sich an die Spitze des deutschen Fürstenaufstandes gegen Karl V. stellte, rief dieser F. zu sich. Er sollte durch einen Asiento zu Villach den Kaiser vor einer Katastrophe bewahren. Einmal gerettet, hielt sich die Krone, die wie 1548 auch jetzt bei der katholischen Restauration Augsburgs auf F. zählte, nicht zu einer ordnungsgemäßen Tilgung verpflichtet. Lockung und Drohung gegenüber dem Antwerpener Faktor Matthäus Örtel erreichten 1552 Zuschüsse für die fehlgeschlagene Rückeroberung von Metz, den Beistand zur Verteidigung Braunschweigs und Kredite, die den Heiratsplan Philipps II. mit Maria von England 1553 fördern wollten.

    Da sich die Firma zur Annahme untauglicher Schuldverschreibungen in den Niederlanden schon 1552 und in der Folge genötigt sah und durch höfische wie kommerzielle Intrigen von einer Beteiligung am spanischen Silbervorkommen zu Guadalcanal 1553 ausgeschlossen wurde, gestaltete sich das Verhältnis zu Karl V. trotz einer Großanleihe von 1553 schlechter. Die Entsendung des Altfaktors Hans Dernschwam 1553/55 in die Türkei bezweckte neben gelehrten Aufgaben wahrscheinlich die Anbahnung auf südöstliche Ferngeschäfte ausgerichteter Projekte. Wiederum ließ die Bindung an das Erzhaus F. nicht frei. Heimliche Transaktionen der Antwerpener Filiale mit Philipp II., der F. in Spanien bedrängte, führten zu einer prekären Situation des Hauses in den Niederlanden. Man durfte wegen der Investitionen in vormals Mediceische Besitztümer des Herzogs Cosimo dessen politische Vorhaben in der Toscana nicht fallen lassen und mußte den fränkischen geistlichen Territorien seit 1555 geldlichen Beistand gegen Markgraf Albrecht Alkibiades leisten, dessen Anhänger F. persönlich nach Leben und Besitz trachteten.

    Der Rückzug Karls V. beseitigte die alten Beziehungen immer mehr. Am Augsburger Religionsreichstag 1555 bewohnte Ferdinand das Fuggerhaus. Eine Wiederannäherung der Gesellschaft mußte jedoch unterbleiben, weil sich für den König mit diesem Palast persönliche Erinnerungen an seinen Wettstreit mit dem spanischen Neffen um die Sukzession im Kaisertum verbanden. F. hatte sich beiden Linien des Erzhauses entfremdet. Dennoch stieg bei Auftreten der Konkurrenz des Frankfurter Juden Josef vom Goldenen Schwan die Geldleihe an Philipp II. 1556 wieder an. Die Firma gedachte, seine Gunst zurückzuerobern, und war bereit, das Weißenhorner Barchentgeschäft zu liquidieren. Allein die spanische Karte stach nicht mehr. Die bedenkliche Überschuldung zu Antwerpen und auf der Pyrenäenhalbinsel konnte zum Verhängnis ausschlagen.

    Durch zunehmende Krankheit an der aktiven Handelsführung behindert, griff F. 1557 nochmals durch, als das Zusammenspiel zwischen seinem Diener Matthäus Örtel und Philipp II. zunahm und dieser F.s Silbertransporte beschlagnahmte. Die spanischen Investitionen wurden reduziert, der verantwortliche Mann wurde entlassen, die Weißenhorner Textilproduktion abgebaut. Selbst die Aussicht auf erhebliche Einlagen von Seiten des Zaren in das Geschäft brachten F. nicht davon ab, dessen baldige Liquidation zu erwägen. Die Übermacht der Spanier im Felde führte F., entgegen seinem Wunsch zum Rückzug aus der Öffentlichkeit, zu abermaligen Krediten an Philipp II. im Herbst 1557, da man die Verärgerung der spanischen Habsburger nicht riskieren durfte. Die Beziehungen zu Ferdinand hatten sich ohnehin dem Zustand offener Feindseligkeit genähert. Wahrscheinlich wünschte die Gesellschaft auf solche Weise in Spanien jenem Schaden zu entgehen, den andere Firmen durch die französische Finanzkrise erlitten. Verbunden mit neuen Initiativen, zum Beispiel im toskanischen Bergbau, gelang es F. 1558, Kredit und Prestige seines Hauses auf der Antwerpener Börse zu retten. Die Rentabilität der Geschäfte war allerdings gesunken. In Spanien standen 1,7 Millionen Dukaten Forderungen ohne Aussicht auf Heimzahlung aus.

    Antwerpen bot fast die letzte Möglichkeit einer Kontaktpflege ins Große. Die Freundschaft zu Königin Elisabeth von England wurde durch alte Geschäftsverbindungen mit Sir Thomas Gresham erleichtert. Da jeder Versuch zur Verständigung mit König Ferdinand, dem künftigen Kaiser, fehlschlug, hoffte die Gesellschaft, durch eine Begünstigung der englischen Heiratspläne Philipps II. in Madrid wie in London ihre Stellung zu festigen. Heimlich wird um 1559 außerdem die religionspolitische Überlegung mitgesprochen haben. Aus der religiös toleranten humanistischen Einstellung hatte sich eine stark konfessionelle Gesamtausrichtung auch bei der geschäftlichen Wirksamkeit entwickelt. Sie wurde bestärkt durch den Kontakt mit Ignatius von Loyola, an dessen Stelle spätestens 1559 die menschliche Fühlung zu Petrus Canisius in Augsburg trat. Dennoch steht sein Einfluß kaum hinter F.schen Versuchen, den Schweizer Tschudikrieg gegen eidgenössische Protestanten zu fördern.

    Das Vordringen der Gegenreformation im Rahmen der eigenen Familie, die Förderung der kirchlichen Geistesrichtung und religiösen Erneuerung des Katholizismus in Augsburg, verbunden mit den Ansätzen zur Begründung eines schwäbischen Jesuitenkollegs, endlich die klare Umschaltung von humanistischen und protestantischen Autoren und Verlagen auf eine katholische Linie im Geistesleben und in der Weltpolitik gehören zu den typischen Kennzeichen der späten Jahre F.s. Als letzte Projekte wurden Gewürzgeschäfte über Venedig, ein Ochsengroßhandel am Balkan, der Wiedereintritt in das ungarische Bergwesen vorbereitet und bis zur Levante reichende Unternehmungen geplant, während man infolge der Unrentabilität den Tiroler Bergwerkshandel abzustoßen trachtete. Der Schaden der Gesellschaft infolge der einseitigen spanischen Staatsschuldenregelung durch Philipp II. führte nach anfänglichem Schwanken zu keinem Bruch. Die steigende Bewertung der geistespolitischen Faktoren war für den Freund der maßgeblichen Jesuiten, dann des Stanislaus Hosius und Karl Borromaeus Grund genug, um trotz wirtschaftlicher sowie politischer Nachteile die Verbindung zwischen Oberdeutschland und Spanien zu pflegen. Vielleicht stand auch hinter Darlehen an den jungen Maximilian II. die stille Hoffnung, nicht nur den künftigen Chef der deutschen Habsburger günstig zu stimmen, sondern diesen von der wirtschaftlichen Großmacht der Fugger und der ökonomischen Bedeutung des erstarkenden katholischen Lagers zu überzeugen. Nach langem Leiden verschied F. am 14.9.1560 zu Augsburg. Unternehmerische Energie und einfallsreiche Begabung dauerten bei ihm bis zu den letzten Tagen an, ohne sich von der Enttäuschung durch die wirtschaftliche Interesselosigkeit der Söhne und Neffen und die Überzeugung von der Notwendigkeit baldiger Auflösung der Gesellschaft lähmen zu lassen. Mit F. starb nach Meinung seiner Zeitgenossen „der König der Kaufleute“, der 1. Vorkämpfer einer ökonomisch planenden Gegenreformation, der letzte und vielleicht genialste Repräsentant der schwindenden Blütezeit schwäbischer Großwirtschaft. Die folgenden Generationen seiner Familie führten die Gesellschaft noch ein Jahrhundert fort. Der Schwerpunkt verschob sich dabei aus den Bereichen renaissancemäßiger und gegenreformatorischer Wirtschaft und Politik in eine andere Sphäre, die von einem signorilen Ästhetizismus und einem empfindsamen Manierismus gekennzeichnet und gesättigt war von den großen Passionen des Bauens, der Kunst- und Wissenschaftspflege. Mit dem Jahr 1560 verblaßt das Zeitalter epochaler Leistungen des führenden Augsburger Kaufmannsgeschlechts. An seine Stelle tritt das Klima hochbegabter, sensitiver, doch schon dem Abstieg sich nähernder fein nuancierter Epigonen.

  • Literatur

    ADB VIII;
    J. G. Schelhornd. J. , A. F.s Freundschaft gegen d. Erasmus, in: J. G. Schelhorn, Btrr. u. Erl. z. Gesch., 1772/73;
    K. Häbler, Die Gesch. d. Fuggerschen Handlung in Spanien, 1897;
    J. Strieder, Die Inventur d. Fa. Fugger a. d. J. 1527, in: ZStW, 17. Erg.h., 1905;
    ders., Ein Ber. d. Fuggerschen Faktors H. Dernschwam üb. d. Siebenbürgener Salzbergbau, in: Ungar. Jb. 13, 1933;
    H. J. Kirch, Die Fugger u. d. Schmalkald. Krieg, 1915;
    F. Babinger, H. Dernschwams Tagebuch e. Reise n. Konstantinopel u. Kleinasien 1553-55 n. d. Urschr. im Fuggerarchiv, 1923;
    H. F. Deininger, Die Gütererwerbungen unter A. F. 1526-60, Diss. München 1924 (ungedr.);
    K. H. Panhorst, Dtld. u. Amerika, 1928;
    G. Frhr. v. Pölnitz, Cosimo I. Medici u. d. europ. Anleihepol. der Fugger, 1941;
    ders., A. F. u. d. Röm. Königswahl Ferdinands I., in: Zs. f. bayer. Landesgesch. 16, 1951/52;
    ders., Das Titelbuch d. A. F., in: Archival. Zs. 50/51, 1955;
    ders., Der Asiento Karls V. vom 28.5.1552, in: HJb. 74, 1955;
    ders., A. F. I (1453-1535), 1958 (P).

  • Porträts

    Gem. v. H. Maler, 1525 (Karlsruhe, Kunsthalle), Abb. in: G. v. Pölnitz, A. F., 1958, u. ders., Die Fugger, 1960;
    Silberstiftzeichnung v. H. Holbein d. Ä. (Berlin, Kupf.kab.), Abb. in: ders., A. F., 1958;
    Zeichnung v. A. Dürer (Veste Coburg), Abb. in: N. Lieb, Die Fugger u. d. Kunst im Za. d. hohen Renaissance, 1958.

  • Autor/in

    Götz Freiherr von Pölnitz
  • Zitierweise

    Pölnitz, Götz Freiherr von, "Fugger, Anton Graf" in: Neue Deutsche Biographie 5 (1961), S. 714-719 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118694170.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA