Lebensdaten
1901 – 1961
Geburtsort
Schweinheim bei Aschaffenburg
Sterbeort
München
Beruf/Funktion
bayerischer Ministerpräsident
Konfession
katholisch
Normdaten
GND: 118612824 | OGND | VIAF: 74645907
Namensvarianten
  • Seidel, Franz Wendelin (eigentlich)
  • Seidel, Hanns
  • Seidel, Franz Wendelin (eigentlich)
  • mehr

Verknüpfungen

Von der Person ausgehende Verknüpfungen

Personen in der NDB Genealogie
Personen im NDB Artikel

Verknüpfungen auf die Person andernorts

Aus dem Register von NDB/ADB
Weitere Erwähnungen in der NDB-online/NDB/ADB

Verknüpfungen zu anderen Personen wurden aus den Registerangaben von NDB und ADB übernommen und durch computerlinguistische Analyse und Identifikation gewonnen. Soweit möglich wird auf Artikel verwiesen, andernfalls auf das Digitalisat.

Orte

Symbole auf der Karte
Marker Geburtsort Geburtsort
Marker Wirkungsort Wirkungsort
Marker Sterbeort Sterbeort
Marker Begräbnisort Begräbnisort

Auf der Karte werden im Anfangszustand bereits alle zu der Person lokalisierten Orte eingetragen und bei Überlagerung je nach Zoomstufe zusammengefaßt. Der Schatten des Symbols ist etwas stärker und es kann durch Klick aufgefaltet werden. Jeder Ort bietet bei Klick oder Mouseover einen Infokasten. Über den Ortsnamen kann eine Suche im Datenbestand ausgelöst werden.

Zitierweise

Seidel, Hanns, Indexeintrag: Deutsche Biographie, https://www.deutsche-biographie.de/pnd118612824.html [19.03.2024].

CC0

  • Genealogie

    V Johann (1875–1909), aus Sch., Kaufm. in Sch., S d. Jakob (1833–1905), aus Zirndorf, u. d. Barbara Riedenauer (1840–1903);
    M Christine (* 1881), aus Sch., Fabrikarb., T d. Franz Nagel (1852–1929) u. d. Margarethe Staudt (1852–81);
    5 Geschw; – Königsberg (Preußen) 1929 Ilse (1905–97, s. Bayernkurier v. 13.12.1997), T d. Johann Tenter, Dir. d. Aschaffenburger Zellstoffwerke AG in Walsum b. Duisburg, um 1940 Mitgl. d. Ostpreuß. Bezirksbeirats d. Dt. Bank, u. d. Wilhelmine Kersken;
    2 S u. a. Christian (* 1935, N. N., T d. N. N. Adolff, * 1904?, Textilfabr. in Backnang), Dr. oec. publ., Honorarprof. an d. Univ. München, Vorstandsmitgl. d. Dresdner Bank AG, norweg. Honorarkonsul (s. Wi. 1992).

  • Biographie

    Da der Vater früh starb, war S.s Jugend von Armut überschattet. Dennoch konnte er das Gymnasium besuchen und 1921 in Aschaffenburg das Abitur ablegen. Anschließend studierte er bis 1925 in Würzburg, Freiburg (Br.) und Jena Rechtswissenschaften, Volkswirtschaft und Germanistik. Nach dem Zweiten iur. Staatsexamen (1928) und der Promotion zum Dr. iur. ließ sich S. 1929 als Rechtsanwalt in Aschaffenburg nieder. Sein Engagement für die BVP, in die er 1932 eintrat, trug ihm die Gegnerschaft der Nationalsozialisten ein. Nach kurzer Haft im Juni 1933 wich S. für einige Wochen nach Memel aus, wo seine Schwiegereltern lebten, und wirkte dann wieder als Rechtsanwalt in Aschaffenburg. 1940 zur Wehrmacht eingezogen, nahm er als Angehöriger einer Panzerdivision (zuletzt Lt.) am 2. Weltkrieg teil.

    Nach seiner Entlassung aus amerik. Kriegsgefangenschaft kehrte S. im Juni 1945 in die Heimat zurück. Im Okt. 1945 ernannte ihn die amerik. Militärregierung zum Landrat von Aschaffenburg, im Juni 1946 wurde er durch Wahl bestätigt. Als Abgeordneter der Verfassunggebenden Landesversammlung wirkte S. an der Ausarbeitung der bayer. Verfassung mit und wurde im Dez. 1946 auch in den Landtag gewählt, dem er bis 1961 angehörte. Ende 1945 hatte sich S. der CSU angeschlossen; in den Flügelkämpfen der ersten Jahre zählte er zu den Anhängern Josef Müllers (1898–1979), dessen Konzept einer liberal-konservativen, interkonfessionellen Sammlungspartei für ihn richtungweisend wurde. S., der sich als Wirtschaftsfachmann rasch einen Namen gemacht hatte, übernahm im Sept. 1947 das Amt des bayer. Wirtschaftsministers. Konrad Adenauer wollte ihn im Febr. 1950 als Staatssekretär ins Bundeskanzleramt holen, doch S. zog es vor, bayer. Wirtschaftsminister zu bleiben; 1952 wurde seinem Ressort auch die Zuständigkeit für Verkehrsfragen übertragen.

    Im Dez. 1954 verlor S. sein Ministeramt, nachdem eine Regierungsbildung unter Führung der CSU gescheitert war. Im Jan. 1955 wurde er in Nachfolge Hans Ehards neuer Landesvorsitzender der CSU, wobei er sich gegen Franz Josef Strauß durchsetzte. Als Parteivorsitzender betrieb er die organisationspolitische Modernisierung, programmatische Öffnung und personelle Erneuerung der CSU und setzte sich für den Abbau der Spannungen zwischen kath. und ev. Christen in der Partei ein. Nach dem Zerfall|der von Wilhelm Hoegner (SPD) geführten Regierung wurde S. am 16. Okt. 1957 zum Ministerpräsidenten einer Koalition aus CSU, FDP und GB/BHE gewählt, die ihre Arbeit nach der Landtagswahl im Nov. 1958 fortsetzen konnte. In der Folge gelang es ihm und seinem Kultusminister Theodor Maunz (1901–93), 1958 mit dem Gesetz über die Ausbildung der Volksschullehrer eines der drängendsten, seit Jahren umkämpften Probleme der bayer. Kulturpolitik zu lösen. S.s eigentliches Anliegen war jedoch die politische Steuerung des Strukturwandels Bayerns vom Agrar- zum Industrieland. Durch eine engagierte Industrie-, Struktur- und Infrastrukturpolitik sollten Standortnachteile für die bayer. Wirtschaft kompensiert, die Lebensbedingungen der Bevölkerung v. a. im ländlichen Raum verbessert und der steuerschwache Freistaat finanziell auf eigene Füße gestellt werden. Damit hatte S.s Wirtschafts- und Strukturpolitik – wie seine Politik überhaupt – eine deutlich föderalistische Komponente. Von einer Wirbelsäulenverletzung, die S. im Juli 1958 bei einem Autounfall erlitt, erholte er sich nicht mehr. Er nutzte die Zeit des erzwungen Rückzugs aus der Tagespolitik, um seine Überlegungen zu Politik und Gesellschaft niederzuschreiben. Am 21.1.1960 trat S. aus gesundheitlichen Gründen vom Amt des Ministerpräsidenten zurück, im Febr. 1961 legte er auch den Parteivorsitz nieder.

  • Auszeichnungen

    Gr. BVK mit Stern u. Schulterband (1957, Großkreuz hierzu 1959); Bayerischer Verdienstorden (1957); AR-Vors. d. Rhein-Main-Donau AG;
    AR-Mitgl. d. Bayerwerk AG, Bayer. Landeselektrizitätsversorgung München, d. Innwerk AG, Töging, u. d. Vereinigten Aluminium-Werke AG, Berlin/Bonn;
    Hanns-Seidel-Stiftung d. CSU (seit 1961).

  • Werke

    Die Ausschließung d. Richters in d. freiwilligen Ger.barkeit, 1929 (Diss.);
    Wirtschaftspol. u. soz. Ethik, 1952;
    Die dt. Aufgabe Bayerns, 1958;
    Weltanschauung u. Pol., 1960;
    Zeitprobleme, 1961;
    Vom Mythos d. öff. Meinung, 1961.

  • Literatur

    Bayer. Staatsztg. v. 11. 8. 1961 (P);
    G. Stadtmüller, H. S., 1964;
    H. Pflaumer, in: Christl. Demokraten d. ersten Stunde, hg. v. d. Konrad-Adenauer-Stiftung, 1966, S. 331–61 (W, L, P);
    H. S., Ein Leben f. Bayern, 1987;
    H. F. Groß, H. S., 1992 (P);
    Weltanschauung u. pol. Handeln, H. S. z. 100. Geb.tag, hg. v. d. Hanns-Seidel-Stiftung, 2001 (P);
    K.-U. Gelberg, in: BLZ-report 01/03, Beil. d. Bayer. Staatsztg. v. Febr. 2003 (P);
    St. Deutinger, in: Zeitgesch. in Lb. XI, 2004 (P);
    Klimesch (P);
    D. Albrecht, in: Staatslex. IV, ⁷1988;
    Biogr. Lex. d. KV, T. 1, hg. v. S. Koß u. W. Löhr, 1991 (P);
    Munzinger;
    F. Knöpfle, in: Bayer. Lb. 1, 2002, S. 140–56;
    Gesch. d. Bayer. Parlaments 1819–2003, CD-ROM, 2003 (P);
    Nachlaß:
    Archiv f. Christl. Soz.-Pol. d. Hanns-Seidel-Stiftung.

  • Autor/in

    Thomas Schlemmer
  • Zitierweise

    Schlemmer, Thomas, "Seidel, Hanns" in: Neue Deutsche Biographie 24 (2010), S. 171-172 [Online-Version]; URL: https://www.deutsche-biographie.de/pnd118612824.html#ndbcontent

    CC-BY-NC-SA